Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Billigkeit von Strompreisen

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RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von marten
Ich habe anwaltlich die Info erhalten, das immer mehr Gerichte den Billigkeitseinwand bei grundversorgten Kunden nicht oder nicht mehr anerkennen. Bei Strom schon länger, bei Gas seit dem letzten Jahr.
Es wurde mir empfohlen, die neuen Abschläge nicht mehr zu kürzen, sondern die errechneten Beträge des Versorgers zu bezahlen. ( Unter Vorbehalt)
--- Ende Zitat ---

Diese Empfehlung erscheint mit Rücksicht darauf, dass der BGH nun vom EuGH erst klären lassen will, ob dem Grundversorger überhaupt wirksam gesetzlich ein Recht zur einseitigen Preisänderung eingeräumt wurde, nicht nachvollziehbar.

Sollte der EuGH bei dieser Prüfung die Rechtsauffassung des BGH bestätigen, wonach ein der Billigkeitskontrolle unterliegendes Preisänderungsrecht gesetzlich wirksam eingeräumt wurde, so muss eine Billigkeitskontrolle laut BGH erfolgen (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 Rn. 17). Anders verhielte es sich dabei nur dann, wenn der Versorger die Preise entweder nicht einseitig geändert hatte oder aber der Preisänderung nicht in angemessener Frist widersprochen worden war.

Billigkeitskontrolle und Anbieterwechsel sind zudem nach der gesetzlichen Regelung  gleichwertige Alternativen des grundversorgten Kunden, wie der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden hat.


--- Zitat ---BGH, Urt. v. 15.07.09 Az. VIII ZR 56/08 Rn. 36, juris:

Im Gesamtzusammenhang gewährleisten die Vorschriften damit, dass dem Grundversorgungskunden im Falle einer Preisänderung zwei Alternativen offen stehen. Er kann entweder am Vertrag festhalten und die Preisänderung gemäß § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin überprüfen lassen. Oder er kann sich spätestens gleichzeitig mit dem Wirksamwerden der Preisänderung vom Vertrag lösen und den Anbieter wechseln.
--- Ende Zitat ---


--- Zitat ---BGH, Urt. v. 14.07.10 Az. VIII ZR 246/08 Rn. 41 f., juris:

Daraus ergibt sich aber nicht, dass auch die gegenüber den Sonderkunden der Beklagten erfolgenden Preisänderungen wie bei dem gesetzlichen Preisänderungsrecht nach § 5 Abs. 2 GasGVV der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB unterliegen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO, Tz. 20; BGHZ 172, 315, Tz. 16 f.; 178, 362, Tz. 26).

Bei kundenfeindlichster Auslegung kommt vielmehr auch ein Verständnis der Klausel in Betracht, nach dem der Beklagten wegen der festen Koppelung der Preisänderungen an die Änderungen der Grundversorgungspreise kein Ermessensspielraum zusteht und deshalb keine Billigkeitskontrolle stattfindet (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 270/05, WM 2007, 40, Tz. 19).

Mit diesem Inhalt hält die Klausel einer Prüfung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand, denn sie stellt keine unveränderte Übernahme des gesetzlichen Preisänderungsrechts gemäß § 5 Abs. 2 GasGVV dar, weil es an der Möglichkeit der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB fehlt.
--- Ende Zitat ---

Schließlich ist nicht ersichtlich, welchen Vorteil eine Zahlung unter Vorbehalt gegenüber einer gem. § 17 Abs. 1 Satz 3 GVV zulässigen Zahlungskürzung überhaupt erbringen soll.
Man müsste dann jedenfalls selbst auf Rückzahlung klagen, wenn man das Geld zurück erlangen wollte.

Man sollte deshalb nur die Abschläge bezahlen, die sich bei Zugrundelegung der bisher vereinbarten Preise ergeben, wenn man einseitigen  Preisänderungen in angemessener Frist widersprochen hatte.

Und bitte:

Beim Preiswiderspruch zunächst grundsätzlich das Recht zur einseitigen Preisänderung bestreiten und nur hilfsweise die Billigkeit der einseitigen Preisänderung/ des einseitig geänderten Preises, ferner vorsorglich einen Billigkeitsnachweis durch Vorlage der zu Grunde liegenden  bisherigen und geänderten Preiskalkulation verlangen.

marten:
Die Empfehlung wurde von mir einer der bekanntesten Anwältin in diesem Bereich im Rahmen des Energieschutzbriefes gegeben. Da muss ich einfach davon ausgehen, dass diejenige weiss wovon sie spricht.
Sie teilte mir mit, dass eine Korrektur meiner Jahresrechnung ihr aus den genannten Gründen nicht möglich sei.
Ich bin ihren Empfehlungen gefolgt, und habe keine Kürzung meines vom Versorger errechneten Jahresabschlages vorgenommen.

RR-E-ft:
Dann vertritt die Frau Kollegin wohl eine andere Rechtsauffassung als ich und gibt deshalb andere Empfehlungen ab.
Ich orientiere mich wie aufgezeigt an der aktuellen Rechtsprechung des BGH.

marten:
Nur wenn diese Kollegin, die den Bund der Energieverbraucher u.a. auch juristisch berät, diese Empfehlungen weitergibt muss ich doch auf diese Rechtsauffassung vertrauen.
Ich habe mir jetzt seit Jahren von ihr die Rechnung meines Versorgers korigieren lassen, was jetzt aus den genannten Gründen nicht mehr möglich sein soll. Das Prozessrisiko wäre zu hoch. Das war in den vergangenen Jahren ihrer Ansicht nicht so.

Didakt:
@ marten


--- Zitat ---Original von Ihnen
Ich habe anwaltlich die Info erhalten, das immer mehr Gerichte den Billigkeitseinwand bei grundversorgten Kunden nicht oder nicht mehr anerkennen. Bei Strom schon länger, bei Gas seit dem letzten Jahr.
--- Ende Zitat ---

Wenn dem so ist, müsste Ihre Anwältin doch beispielhaft entsprechende Gerichtsurteile benennen können. Erst dann wäre eine konkrete Bewertung möglich.

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