OLG Nürnberg, Urt. v. 06.12.11 Az. 1 U 1480/11 (N-Ergie)Das OLG Nürnberg bestätigt, dass es sich beim Tarif IdealM um keinen Allgemeinen Tarif handelt, so dass zugunsten des Versorgers kein gesetzliches Preisänderungsrecht bestand.
Mangels wirksamer Einbeziehung ergäbe sich ein Preisänderungsrecht auch nicht aus einer Allgemeinen Geschäftsbedingung des Versorgers.
Der Senat wertet jedoch die Preiswidersprüche des Kunden - Rüge der Unbilligkeit mit Zugeständnis 2% - als
nachträgliche so stillschweigende wie individuelle Vereinbarung eines einseitigen Preisänderungsrechts zugunsten des Versorgers.
Zwischen der Klägerin und dem Ehemann der Beklagten ist aber ein Recht der Klägerin zureinseitigen Preisfestlegung individuell vereinbart worden.
Voraussetzung eines Leistungsbestimmungsrechts ist eine entsprechende Einigung der Parteien, die aber auch konkludent erfolgen kann (Rieble. in: Staudinger, 8GB, Neubearbeitung 2009,§ 315 Rn. 234).
Der Ehemann der Beklagten hat in seinem Schreiben vom 7.8.2005 (Anl. K 1) ein einseitiges Preisänderungsrecht der Klägerin nicht grundsätzlich in Abrede gestellt, sondern die konkrete Preiserhöhung für unbillig gehalten; er hat sogar erklärt, eine Erhöhung von 2% zu akzeptieren. In seinem Schreiben vom 17.12.2006 (Anl. K 24) führt er aus: \"...akzeptiere ich Ihre Preiserhöhungen nicht, da Sie eine Offenlegung ihrer Kalkulation verweigern, wozu Sie meiner Meinung nachgemäß § 315 BGB verpflichtet sind\", erstellt eine Abrechnung für den Zeitraum 28.11.2005 bis 21.11.2006 auf der Grundlage der von ihm akzeptierten Preisänderung von 2% und kündigt dann an, 2007 eine Abschlagszahlung von 153 EUR monatlich zu leisten.
Aus der Abrechnung der Klägerin vom 17.12.2007 (Anl. K 5) geht hervor, dass er in der Folgezeit diese Abschlagszahlungenauch bezahlt hat. Die Klägerin hat diese Abschlagszahlungen in ihrer Abrechnung akzeptiert, obwohlder Verbrauch einen höheren Abschlag gerechtfertigt hätte.
Die Vertragsparteien haben damit übereinstimmend zu erkennen gegeben, dass der Klägerin ein Recht zur einseitigen Änderung der Preise zustehen soll, die Preisänderungen aber einer Überprüfungnach § 315 BGB unterliegen sollen.
Dies erscheint sehr zweifelhaft, weil es schon kein Angebot auf Einräumung eines einsitigen Preisänderungsrechts darstellt, wenn ein bisher tatsächlich nicht bestehendes Recht nicht grundsätzlich in Abrede gestellt wird.
Wird einmalig eine Erhöhung um 2 % akzeptiert, so kann sich allein daraus für die Zukunft auch kein einseitiges Preisänderungsrecht ergeben.
Allenfalls kann dabei ein um die anerkannten 2 % erhöhter Preis für die Zukunft als neu vereinbarter Preis gelten.
Voraussetzung für eine Anwendung des § 315 BGB wäre, dass die Parteien -
in Abänderung der bisher bestehenden vertraglichen Abreden - wirksam individuell vereinbart haben müssten, dass der Gasversorger die Gaspreise zukünftig einseitig bestimmen soll (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.07 VIII ZR 36/06 Rn. 32, Urt. v. 19.11.08 VIII ZR 138/07 Rn. 16, Urt. v. 08.07.09 VIII ZR 314/07 Rn. 16).
Besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, käme es auf den Zugang entsprechender unwiderruflicher Willenserklärungen an, mt denen das Recht ausgeübt werden soll (§§ 315 Abs. 2, 130 BGB).
Haben die Parteien vertraglich wirksam vereinbart, dass der Gasversorger die Preise nach Vertragsabschluss einseitig bestimmen soll, so unterliegt dabei der Gesamtpreis der Billigkeitskontrolle (vgl. BGH, Urt. v. 13.06.07 VIII ZR 36/06 Rn. 32, Urt. v. 19.11.08 VIII ZR 138/07 Rn. 16, Urt. v. 08.07.09 VIII ZR 314/07 Rn. 16 - Umkehrschluss- ).
Der Senat mein indes, die Billigkeitskontrolle betreffe auch dabei gerade nicht den Gesamtporeis, sondern nur die vorgenommenen einseitigen Preisänderungen.
Sodann befindet der Senat die vorgenommenen Preisänderungen als billig, obschon jeweils erhebliche Differenzen zwischen der Preisänderung und der Bezugspreisänderung bestehen.
Der Senat hat die Revision zu seiner sehr fragwürdigen Entscheidung nicht zugelassen.