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OLG Nürnberg, Urt. v. 06.12.11 Az. 1 U 1480/11 - Preiswiderspruch mit Tücken II (N-Ergie Nürnberg)

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tangocharly:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
[...]
Ein Kunstgriff.

Weil es sich um einen konreten Einzelfall handele, wurde auch die Revision nicht zugelassen.

Noch ein Kunstgriff.
--- Ende Zitat ---

Ja, das sehe ich auch so.

Und man darf dies nicht nur als Einzelfall betrachten. Die (gerichtliche) Praxis hat hier schon eine gewisse Linie entwickelt, der man, angesichts der Problematik, nur mit Sorge entgegen sehen kann.

Dennoch, wenn schon die Sonderverträge - unter Einbeziehung der AVB/GVV - einer Vorlagenprüfung unterzogen werden müssen, dann gilt die Vorlagepflicht für den Gerichtshof in Nürnberg erst recht.

P.S.: Da mach mir doch einer den Wulff.

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von tangocharly

Dennoch, wenn schon die Sonderverträge - unter Einbeziehung der AVB/GVV - einer Vorlagenprüfung unterzogen werden müssen, dann gilt die Vorlagepflicht für den Gerichtshof in Nürnberg erst recht.
--- Ende Zitat ---

Aber doch nur, wenn das streitentscheidende einseitige Preisänderungsrecht des Versorgers sich aus der entsprechenden gesetzlichen Regelung oder einer entsprechenden - einer Inhaltskontrolle unterliegenden -  Allgemeinen Geschäftsbedingung ergeben soll, nicht jedoch bei individuell vertraglich vereinbartem Preisänderungsrecht, von welchem der Nürnberger Senat kunstgriffig ausgeht.

tangocharly:
:D

RR-E-ft:
Möglicherweise sind dem Senat seine Ausführungen zu dem so konkludent wie individuell vertraglich vereinbarten einseitigen Preisänderungsrecht selbst nicht ganz geheuer, weshalb noch nach einer Hilfsbegründung gesucht wurde.

Das OLG Nürnberg meint in der Entscheidung, selbst wenn ein einseitiges Preisänderungsrecht nicht wirksam individuell vereinbart worden sei, ergäbe es sich im konkreten Einzelfall dann aber doch durch ergänzende Vertragsauslegung.

Denn mangels wirksamer Einbeziehung der Bedingungen der AVBGasV habe für den Versorger kein Recht zur ordentlichen Kündigung bestanden.

Diese Beurteilung ist unzutreffend.

Der BGH hat bereits mit B. v. 15.09.09 VIII ZR 241/08 entschieden, dass für den Energieversorger ein Recht zur ordentlichen Kündigung auch dann besteht, wenn es zwar nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart, aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde.



--- Zitat ---BGH, B. v. 15.09.09 VIII ZR 241/08 Rn. 6:

Die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, ist bereits - konträr zur Auffassung des Berufungsgerichts - vom Bundesgerichtshof beantwortet worden (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - III ZR 145/05, NJW-RR 2006, 1427, 1428, Tz. 5; vgl. auch Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 74/07, NJW 2008, 1064, Tz. 23). In beiden nach der Schuldrechtsreform ergangenen Urteilen hat der Bundesgerichtshof die grundsätzliche Möglichkeit bejaht, ein Dauerschuldverhältnis in entsprechender Anwendung der §§ 584, 624, 723 BGB ordentlich unter Einhaltung einer Frist zu kündigen. Auf beide in den genannten Entscheidungen zu beurteilende Sachverhalte kam gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB neues Schuldrecht zur Anwendung. Daran ist festzuhalten.
--- Ende Zitat ---

Es bestand also  - mangels vertraglichem Ausschluss - ein Recht zur ordentlichen Kündigung für den Versorger, so dass dieser sich in überschaubarer Frist aus dem Vertragsverhältnis lösen konnte und somit die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung schon nicht vorlagen.

Selbst wenn jedoch das Recht zur ordentlichen Kündigung des Versorgers ausgeschlossen gewesen wäre und die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung deshalb vorgelegen hätten, müsste eine solche wohl daran scheitern, dass die Parteien ein Preisänderungsrecht auf vielerlei unterschiedliche Weise hinsichtlich Anlass, Richtlinien und Grenzen hätten vereinbaren können und nicht ersichtlich ist, auf welche Variante sie sich dabei geeinigt hätten.

RR-E-ft:
Soweit das OLG Nürnberg aufgrund eines Preisänderungsrechts die Billigkeit einer Preissenkung, mit der gesunkene Bezugspreise nicht unverzögert und vollständig weiteregeben wird, dadurch annimmt, dass der Versorger den Abschluss vollkommen neuer Verträge anbietet, begeht es einen Kardinalfehler.

Es muss jedenfalls das Äquivalenzverhältnis im bestehenden Vertragsverhältnis gewahrt werden, also ausdrücklich ohne Neuabschluss eines neuen Vertragsverhältnisses.


--- Zitat ---BGH, B. v. 18.05.11 VIII ZR 71/10 Rn. 11

Aus dieser gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit folgt nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen.

Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen.

Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisänderung auch die Pflicht hierzu, wenn die Änderung für den Kunden günstig ist (BGH, Urteile vom 29. April 2008 - KZR 2/07, aaO; vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 Rn. 18 mwN).
--- Ende Zitat ---

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