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Autor Thema: BGH, Urt. v. 08.11.11 EnZR 32/10 zur gerichtlichen Ersatzbestimmung eines Netznutzungsentgelts  (Gelesen 3316 mal)

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Offline RR-E-ft

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BGH, Urt. v. 08.11.11 Az. EnZR 32/10 zur gerichtlichen Ersatzbestimmung eines Netznutzungsentgelts

Die Klägerin hatte klageweise die Feststellung eines der Billigkeit entsprechenden Netzentgelts gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und Rückzahlung überzahlter Beträge verlangt.

Ausdrücklich gerichtlich beantragt war somit  eine gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Der beklagte Netzbetreiber hatte seiner Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Billigkeit der Netzentgeltbestimmung nicht genügt.

Der Kartellsenat des BGH sieht es als rechtsfehlerhaft an, dass das Berufungsgericht daraufhin das Netzentgelt auf null Euro  festgesetzt hatte.



Zitat
Nach diesen Maßgaben ist die Festsetzung des billigen Netznutzungsentgelts der Beklagten auf null Euro rechtsfehlerhaft.

Insoweit ist zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das Vorbringen der Parteien nicht ausgeschöpft hat. Wie bei einer nach § 287 ZPO vorzunehmenden Schätzung darf die Festsetzung eines geschuldeten billigen Entgelts nur dann unterbleiben, wenn es hierfür an greifbaren Anhaltspunkten mangelt (vgl. BGH, Urteile vom 22. Mai 1984 - III ZR 18/83, BGHZ 91, 243, 256 f., vom 22. Oktober 1987 - III ZR 197/86, NJW-RR 1988, 410 und vom 11. März 2004 - VII ZR 339/02, NJW-RR 2004, 1023).

Dies ist hier indes nicht der Fall. Vielmehr hätte das Berufungsgericht jedenfalls das Vorbringen der Parteien in seine Ermessensentscheidung einbeziehen müssen, wonach die von der Bundesnetzagentur nach Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 auf der Grundlage einer kostenorientierten Entgeltbildung durchgeführten Genehmigungsverfahren zu Kürzungen der Netznutzungsentgelte um - so die Klägerin - durchschnittlich 12% bzw. - so die Beklagte - 10-18% geführt hätten.

Die Heranziehung der Ergebnisse der unmittelbar nach Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 durchgeführten Entgeltgenehmigungsverfahren hat der Senat gebilligt und die Kürzungen der Regulierungsbehörden im Rahmen der Entgeltgenehmigungsverfahren als taugliche Vergleichsparameter angesehen (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 41 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV). Dabei hat der Senat im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast des Netzbetreibers für die Billigkeit der von ihm verlangten Entgelte im Grundsatz auch eine Ausschöpfung des von den Regulierungsbehörden mitgeteilten Rahmens der Entgeltkürzungen nach oben für vertretbar gehalten (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, aaO, Rn. 51); etwas anderes wird allerdings dann zu gelten haben, wenn der Netzbetreiber konkret darlegt, dass die ihn betreffende Kürzung geringer ausgefallen ist.


Vorinstanz OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.03.10 Az. VI 2 U Kart 5/06

 

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