Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Vertragsabschluß mit Vorbehalten
berghaus:
Alte Kamellen aufarbeiten oder: Wenn ich damals schon so viel gewusst hätte wie heute!
In dem Thread \'RWE Westfalen Ems\' von RR-E-ft vom 14.07.07 kann ich keine weiteren Beiträge erstellen. Deshalb hier neu:
Zitat von bjo am 06.08.07
--- Zitat ---Verbraucherzentrale NRW = Vertragsangebot unterzeichnen mit dem Zusatz-----Alte Rechte vorbehalten: Wer bei seinem Versorger oder einem anderen Anbieter einen neuen Vertrag abschließt, sollte schriftlich mitteilen, dass der Abschluss nur aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt und man sich alle Rechte aus dem bisherigen Vertrag vorbehält. Damit wird dem Argument des Versorgers vorgebeugt, dass durch den Neuabschluss die Schlussrechnung aus dem alten Vertrag anerkannt werde und Kunden nun auch keine Ansprüche mehr geltend machen könnten. Das ist besonders für alle jene wichtig, die gegen Preiserhöhungen bereits Widerspruch eingelegt haben.
--- Ende Zitat ---
Mit diesem Vorbehalt habe auch ich 2007 den von RWE angebotenen neuen Vertrag unterzeichnet und frage mich heute: Ist es wirklich zu einem neuen Vertragsabschluss gekommen?
Bedeutet dieser Zusatz, dass man für die Zukunft die Preise und Bedingungen des neuen Vertrages akzeptiert hat und nur für die Vergangenheit sich noch ein wenig über die Abrechnungen des alten Vertrages über Rückforderungen oder Nachforderungen streiten möchte.
Oder konnte es gar nicht zu einem neuen Vertrag kommen, weil man sich alle Rechte aus dem alten Vertrag vorbehält, d.h. z.B. die Gaslieferung, die Preise, die Kündigungsfristen usw.?
Zitat von RR-E-ft am 06.09.2007
--- Zitat ---Wenn man an einem Vertragsangebot Änderungen vornimmt (Vorbehalte erklärt), gilt dies als Ablehnung, verbunden mit einem geänderten Angebot, welches wiederum der Annahme des anderen bedarf, § 150 Abs. 2 BGB.Ein neuer Vertrag kommt also nur zustande, wenn die Gegenseite annimmt. Die Annahme kann gem. § 362 I HGB darin liegen, dass der Versorger (Kaufmann) nicht unverzüglich dem eigenen Angebot des Kunden widerspricht.
--- Ende Zitat ---
Kann es überhaupt zu einem Vertragsabschluss kommen, wenn ein weiterer Vorbehalt des Kunden lautet: „Ich widerspreche schon jetzt einer Abrechnung auf der Grundlage der im Preisblatt (Stand 01.11.2007) genannten Preise ……….und fordere Sie auf, der Abrechnung im Juni 2008 angemessene Preise zugrunde zu legen.“?
berghaus 26.07.11
RR-E-ft:
Gewiss, da fragt man sich nun.
War denn seinerzeit - aus wirtschaftlichen Gründen - ein neuer Vertragsabschluss gewollt?
Warum hatte man sonst das neue Vertragsangebot überhaupt unterzeichnet?
Was sollte der Zusatz denn aus Sicht des Erklärenden seinerzeit bedeuten?
Heute - Jahre später- reut es einen, weil man nun wieder etwas neu gelernt hat?
[Der Raucher, der nun die Gesundheitsschäden feststellt verlangt vom Kioskbesitzer das Zigarettengeld der letzten zwanzig Jahre zurück, weil er die täglichen Kaufverträge nachträglich für sittenwidrig und nichtig hält.]
Will man, dass man derzeit keinen Vertrag und somit keinen vertraglichen Lieferanspruch hat?
Was soll bzw. kann denn der Widerspruch bei Vertragsabschluss bewirken?
BGH, B. v.13.04.11 VIII ZR 127/10 Preisvereinbarung bei konkludentem Vertragsabschluss (Strom)
berghaus:
--- Zitat ---Was soll bzw. kann denn der Widerspruch bei Vertragsabschluss bewirken?
--- Ende Zitat ---
Genau das ist meine Frage!
Kann es überhaupt zum Vertragsabschluss kommen, wenn man als Vorbehalt in den Vertrag u.a. reinschreibt:
„Ich widerspreche schon jetzt einer Abrechnung auf der Grundlage der im Preisblatt Stand 01.11.2007) genannten Preise, weil ich diese nach einer ungeheuren und ungerechtfertigten Preissteigerung von 52 % in nur drei Jahren nach wie vor für unbillig (§ 315 BGB) halte und fordere Sie auf, der Abrechnung im Juni 2008 angemessene Preise zugrunde zu legen.“
Das heißt doch: Ich akzeptiere auf keinen Fall den angeboten hohen Preis, verlange einen niedrigeren, auch wenn der Versorger den hohen Preis für angemessen hält.
Dieses Gegenangebot von mir kann der Versorger doch auch wegen der Undiffernziertheit des Preises wohl kaum annehmen.
Den Richter, der darüber zu befinden hat, ob es zu einem neuen Vertragsabschluss gekommen ist, der den alten Vertrag aufhebt, werden wohl kaum die (wirtschaftlichen) Motive des Verbrauchers interessieren, wohl aber die möglicherweise für einen Sonderkunden nicht zutreffenden Hinweise in dem Angebotsschreiben des Versorgers vom Juli 2007:
„Auslöser für unser Vertragsangebot sind das neue EnWG und die „Verordnung über Allg. Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz.“
Und besonders folgende Drohung für den Fall, dass man nicht unterschreibt:
„Wir möchten zukünftig alle Kunden nach neuem Gesetz und neuer Verordnung beliefern. Deshalb werden wir nach Ablauf der gesetzlichen Anpassungsfristen (§§ 115, 116 des Energiewirtschaftsgesetzes) - falls erforderlich- Ihren bisherigen Vertrag in die gesetzliche Grundversorgung (§ 36 Energiewirtschaftgesetz) überführen. Die Bedingungen und Preise der Grundversorgung können Sie auch im Internet unter http://www.rwe.com einsehen.“
Da habe ich mich genötigt gefühlt, glaubte ja noch an das Recht des Versorgers zur Preisanpassung, glaubte um billige Preise gem. § 315 kämpfen zu müssen, wusste noch nichts von unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen, usw.
Das waren die Motive und ich habe damals durch die Vorbehalte versucht, zu retten, was zu retten ist.
Einen Monat später kam dann ein Schreiben des Versorgers:
„Leider haben wir bis heute noch keinen von Ihnen unterschriebenen Vertrag vorliegen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir (für den Fall, dass Sie den Vertrag schon zurückgeschickt haben) weder Streichungen noch Änderungen in dem Vertrag annehmen können.\"
Ich bin dann davon ausgegangen, dass kein neuer Vertrag zustande gekommen ist, habe das dem Versorger auch mitgeteilt und für den Fall, dass er meint, dass doch ein neuer Vertrag (mit oder ohne Vorbehalte) zustande gekommen ist, meine Zustimmung zu dem neuen Vertrag (noch vor Lieferbeginn) widerrufen. (Antwort: „Für solche Energielieferungsverträge besteht kein Widerrufsrecht (§ 312 d Absatz 4 Nr. 1,3 Alt. Bürgerliches Gesetzbuch).
Seitdem geht der Versorger von einem neuen Vertrag aus, hat diesen nach den neuen Regeln zu Jahresende gekündigt und rechnet ab 2011 in der Grundversorgung ab. Und ich nach dem Vertrag von 1975.
berghaus 28.07.11
tangocharly:
@ berghaus
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann liegt der Sachverhalt so:
(1) Versorger gibt schriftlich ein Vertragsangebot \"X\" ab (§ 147 Abs. 2 BGB).
(2) Kunde nimmt schriftlich an, erklärt dabei aber \"X-\" (§§ 150 Abs. 2, 146 BGB).
(3) Aus Erklärung \"X-\" wird nun \"Y\" (§ 150 Abs. 2 BGB).
(4) Versorger erklärt Ablehnung (§ 146 BGB).
(4a.) Erklärt Versorger aber \"Halte mein Angebot X bis dato aufrecht\" (§§ 150 Abs. 2, 146 BGB).
(5) Kunde erklärt Ablehnung (§ 146 BGB).
(5.a.) Kunde reagiert nicht (§§ 146, 147 Abs. 2 BGB).
(5.b.) Folge: Ersatz- und anschließend Grundversorgung (§§ 36, 38 EnWG)
(6) Widerspruch gegen die Billigkeit (§ 315 BGB) erst jetzt.
(6.a.) Folge: Sockelpreis
(7) Widerspruch (§ 315 BGB) bereits bei obiger Ziffer (2) erklärt.
(7.a.) Folge: Sockelpreis schwebend unwirksam (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Wegen des Widerspruchs gegen die Billigkeit kann der Anfangspreis nicht als vereinbart gelten (RGZ 111, 310). Als \"Sockel\" bleibt nur die Pflicht, den als billig festgestellten Preis zu zahlen.
(Anm.-1-: Manche meinen, der anfängliche Widerspruch sei treuwidrig, weil es unredlich sei, Energie zu beziehen aber nicht zahlen zu wollen. Zirkelschluss; denn das wird aber gerade nicht erklärt, wenn sich nur gegen die Billigkeit verwahrt wird, nicht aber gegen die Pflicht zur Zahlung).
(Anm. -2-: Manche meinen, der anfängliche Widerspruch sei wirkungslos, weil sich dieser nicht auf den vereinbarten Preis sondern nur auf den nachträglich geänderten Preis beziehe. Zirkelschluß; denn wenn schon der Anfangspreis nur einseitig festgesetzt ist, dann kann er auch nicht zum (vereinbarten) \"Sockelpreis\" werden.
berghaus:
@tangocharley
Der Sachverhalt ist etwas anders:
Ich habe bei der RWE (früher VEW) einen Uraltvertrag von 1975, der bis heute nicht gekündigt wurde.
2001 erster Widerspruch gegen 45 % Preiserhöhung innerhalb eines Jahres: Keine Antwort und von mir nicht weiter verfolgt.
2006 erster Gasrebell-Widerspruch gegen die Jahresrechnungen von 2005 und 2006 und Einbehalt der Nachzahlung für 2006.
2007 – 2011 zunehmender Einbehalt und Aufrechnung mit meinen Rückforderungen für vergangene Jahre.
Juli 2007 kommt (1) Angebot („gute Nachricht, günstigere Preise, Auslöser ist das neue EnWG“)
August 2007: (2)mit der Folge, dass, wenn es zum Vertragsabschluss kommt, „mit Vertragsbeginn am 01.11.07 alle früheren Verträge für die Lieferstelle enden“.
(3) August 2007: Mein Gegenangebot mit den Vorbehalten
(4) und (4a) September 2007: Versorger: „Leider haben wir noch keinen von Ihnen unterschriebenen Vertrag vorliegen. Möglicherweise fehlt Ihre Unterschrift. Bitte haben Sie auch Verständnis dafür, dass wir weder Streichungen noch Änderungen in dem Vertag annehmen können.“
(5) September 2007: Kunde beharrt darauf, dass es nicht zum neuen Vertragsabschluss gekommen ist, widerruft hilfsweise seine Zustimmung zum Vertrag.
(5b) – (7a) trifft nicht zu, da Versorger von 01.07 – 12.10.11 nach den neuen, steigenden und fallenden Preises des seiner Meinung nach zustande gekommen Sondervertrages abrechnet. Der Kunde macht seine Gegenrechnung mit dem Preis des Vertrages von 1975.
November 2010 Versorger kündigt den m.E. nicht existierenden Vertrag zum Jahresende und macht (1). Kunde (5). Folge (5b) Abrechnung ab 01/11 in der Grundversorgung.
Kunde macht Gegenrechnung beharrlich nach dem Vertrag von 1975.
Mir ging es bei der Eröffnung des Threads nicht um die Preise und auch nicht um die Frage, ob man die Zustimmung zu abgeschlossenen Energielieferungserträgen, aus welchen Gründen auch immer, noch vor Lieferbeginn und sogar vor Vertragsbeginn widerrufen kann, sondern zu diskutieren, ob unter den gegebenen Umständen überhaupt ein neuer Vertrag zustande gekommen sein kann.
berghaus 29.07.11
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