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Autor Thema: Versorger scheitert mit Klage  (Gelesen 10193 mal)

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Offline Maharik

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Versorger scheitert mit Klage
« am: 10. Juni 2011, 07:25:55 »
Gute Nachrichten aus Steinfurt !

Soweit bisher bekannt, ist der Versorger SWST am OLG Düsseldorf gescheitert, bzw. hat - angeblich auf Anraten des eigenen Anwaltes - das Handtuch geworfen!

In der ersten Instanz hatte des LG in Dortmund wohl die Klage letzlich abgewiesen, weil die SWST bis auf eines der üblichen \'Privatgutachten\' keine weiteren Unterlagen zur Preisgestaltung offenlegen wollten. Die SWST sind dann zwar in die Berufung gegangen, haben aber hier anscheinend kurz vor Torschluss Panik bekommen, dass das OLG an der Linie der Offenlegung der Kalkulation festhält.

Nun ist das Verfahren beendet, Revision ist nicht zugelassen und - soweit das zu übersehen ist - sind die Forderungen wegen einbehaltener Zahlungen (Rechnungskürzungen) zwischen 2004 und 2010 damit vom Tisch.

Außerdem stehen die Stadtwerke jetzt etwas dumm da, weil sie über Jahre laut getönt haben, die Preise wären \'billig\' und alles ginge mit rechten Dingen zu, nur die dummen Gasrebellen wollten das nicht einsehen.

Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht und ob es Klagen auf Rückzahlung z.B. von denen gibt, die Widersprochen aber nichts einbehalten haben.

Und wie es mit dem \'auslaufenden\' Tarif und der angeblichen Kündigung der Altverträge zum 31.12.2010, bzw. der Einstufung in die Grundversorgung weitergeht, wo immer noch eine neue Sperrandrohung im Raum steht.

Aber: auf der großen Linie ist wohl wieder ein kleiner Sieg errungen!

Offline superhaase

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #1 am: 10. Juni 2011, 07:39:29 »
Ging es hier um einen Kunden in der Grundversorgung, d.h. nicht um einen Sondervertrag?
8) solar power rules

Offline bolli

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #2 am: 10. Juni 2011, 08:08:56 »
Zitat
Original von superhaase
Ging es hier um einen Kunden in der Grundversorgung, d.h. nicht um einen Sondervertrag?
Das ist letztlich wohl noch nicht geklärt gewesen, da das LG Dortmund dazu keine Entscheidung getroffen hat sondern gesagt hat, diese Entscheidung könne dahinstehen, da in jedem Fall ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (entweder gesetzlich oder vertraglich vereinbart) bestanden hätte und der Versorger deshalb die Billigkeit seiner Preise nachweisen müsse.  Und hier (LG Dortmund Urt. v. 20.08.2009, Az. 13 O 179/08 (Kart)) findet sich das Urteil der Erstinstanz.

Zitat
Original von maharik
Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht und ob es Klagen auf Rückzahlung z.B. von denen gibt, die Widersprochen aber nichts einbehalten haben.
Tja, dass dürfte sich dann aber deutlich schwieriger gestalten, da dann der Kläger die Unbilligkeit nachweisen muss, was nach bisherigen Erfahrungen  wohl ein mehr als schwieriges Unterfangen wird. Einbehalten und den Versorger die Billigkeit nachweisen lassen (so es denn soweit kommt) wäre die deutlich bessere Lösung gewesen.

Zitat
Original von maharik
Außerdem stehen die Stadtwerke jetzt etwas dumm da, weil sie über Jahre laut getönt haben, die Preise wären \'billig\' und alles ginge mit rechten Dingen zu, nur die dummen Gasrebellen wollten das nicht einsehen.
Die Erfahrung der Vergangenheit mit Versorgern bei solchen Ereignissen zeigt, dass die sich auch weiterhin in der o.g. Weise äußern, vor allem, wenn sie die Klage zurückgezogen haben sollten, da dann ja kein negatives Urteil vorliegt. Warum zurückgezogen und nicht offenegelegt wurde, wenn man sich der richtigen Kalkulation sicher ist, wird natürlich nicht oder nur umständlich begründet.

Offline RR-E-ft

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #3 am: 10. Juni 2011, 09:38:02 »
Wurde die Berufung gegen das Urteil des LG Dortmund zurückgenommen und somit das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig oder hatte das OLG Düsseldorf inhaltlich über die Berufung zu entscheiden und hierüber ein eigenes Berufungsurteil getroffen?

Nur wenn es überhaupt ein Berufungsurteil des OLG Düsseldorf gegeben hätte, hätte sich die Frage nach der Zulassung der Revision gestellt.
Diese Frage stellt sich  selbstverständlich nicht bei Rücknahme der Berufung, wodurch der Berufungsführer seines Rechtsmittels verlustig geht und das angefochtene Urteil rechtskräftig wird.

Soweit die Klage rechtskräftig abgewiesen wurde, wurde über die eingeklagten Zahlungsansprüche schlussendlich entschieden, über mehr nicht.

Das LG Dortmund hatte offen gelassen, ob dem Versorger im konkreten Vertragsverhältnis überhaupt ein Preisänderungsrecht zustand, da die Klage schon deshalb der Abweisung unterlag, da zur Überzeugung der Kammer jedenfalls die Billigkeit auch  nicht nachgewiesen sei, was an den unzureichenden Darlegungen gelegen habe.

Offline Maharik

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #4 am: 10. Juni 2011, 10:27:16 »
@RR-E-ft

Habe die näheren Angaben des Anwaltes auch noch nicht, sondern nur die \'allgemeinen Informationen\'. Sobald ich mehr weiß, werde ich es hier mitteilen.

Offline Maharik

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #5 am: 10. Juni 2011, 11:20:36 »
@RR-E-Ft

Als Zwischenstand ist davon auszugehen, dass die Klageabweisung oder, wenn ich das juristisch richtig verstehe, das Urteil der Erstinstanz rechtskräftig geworden ist.

Was das juristisch heißt, würde mich interessieren.

Heißt es prinzipiell, dass für die beiden Beklagten dieses Fallesdie Sache damit  für immer vom Tisch ist, die STSW aber jeden andern \'Gasrebellen\' nun z.B. vorm hiesigen Amtsgericht neu auf Zahlung der geschuldeten Preise verklagen können?

Offline RR-E-ft

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #6 am: 10. Juni 2011, 11:36:22 »
Zitat
Original von RR-E-ft

Soweit die Klage rechtskräftig abgewiesen wurde, wurde über die eingeklagten Zahlungsansprüche schlussendlich entschieden, über mehr nicht.

Natürlich steht es den Stadtwerken frei, jeden auf Zahlung zu verklagen, von dem sie vermeinen, gegen ihn noch einen Zahlungsanspruch zu haben.

Die dabei eingeklagten Zahlungsansprüche müssen dann in den neuen Verfahren jeweils geprüft werden.

Offline Maharik

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #7 am: 10. Juni 2011, 12:24:11 »
@RR-E-Ft

Und ich nehme an, die Gerichte (und Richter) können sich dabei die Freiheit nehmen, entweder das oben genannte Verfahren zur Kenntnis zu nehmen und zu \'würdigen\', oder sie können sich eine eigene \'Ansicht\' bilden und zu dem Schluss kommen, die Preisbildung sei korrekt und das Geld stünde ihnen zu?

Nach dem Motto: was geht es mich an, was andere Gerichte denken oder entscheiden?

Offline RR-E-ft

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #8 am: 10. Juni 2011, 12:51:44 »
Die Richter entscheiden über die Klagen nach Recht und Gesetz.

Und wenn sich die betroffenen Beklagten gar nicht oder anders verteidigen als die Beklagten in dem rechtskräftig abgeschlossenen konkreten Verfahren vor dem LG Dortmund Az. 13 O 179/08 (Kart), dann kann deren Verfahren jedenfalls auch anders ausgehen.

Und selbst wenn die Klage inhaltlich vollkommen identisch aufgebaut ist (was schon nicht der Fall sein muss) und sich die  Beklagten vollkommen identisch  durch Bestreiten und Beweisangebote verteidigen wie in dem genannten Verfahren vor dem Landgericht Az. 13 O 179/08 (Kart), ist nicht vollkommen ausgeschlossen, dass die Entscheidung am Ende anders ausfallen kann.

Offline bolli

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #9 am: 10. Juni 2011, 15:02:44 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Die Richter entscheiden über die Klagen nach Recht und Gesetz.

Und selbst wenn die Klage inhaltlich vollkommen identisch aufgebaut ist (was schon nicht der Fall sein muss) und sich die  Beklagten vollkommen identisch  durch Bestreiten und Beweisangebote verteidigen wie in dem genannten Verfahren vor dem Landgericht Az. 13 O 179/08 (Kart), ist nicht vollkommen ausgeschlossen, dass die Entscheidung am Ende anders ausfallen kann.
Recht und Gesetz sind halt nichts absolutes. Das ist ja das schöne daran (zumindest für die Anwälte).   ;)

Offline Maharik

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #10 am: 10. Juni 2011, 15:10:55 »
@bolli

Das habe ich inzwischen auch verstanden. Die Frage ist - nicht im wörtlichen Sinne, denn wir wissen ja nicht was die Geschäftsführer oder Anwälte so denken - ob das Scheiternlassen des Prozesses am OLG sowas wie ein Bauernopfer war, um nun eben mit neuen Klagen vor das Amtsgericht vor Ort zu ziehen.

Ich meine, sowas \'vernommen\' zu haben, dass die Zuständigkeitsfrage in der letzten Zeit wieder dahin zurückgeschwappt ist, dass solche Klagen eben \'vor Ort\' und nicht an einem anderen Gericht mit anderem Schwerpunkt verhandelt werden.

Gibt es da Erfahrungen aus anderen Versorgungsgebieten oder mit anderen Versorgern?

Offline bolli

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #11 am: 14. Juni 2011, 08:34:49 »
@Maharik
Es gibt zwar zunehmend AG, die die Zuständigkeit für ihren Bereich bejahen bzw. eine Weiterverweisung gem. § 102 EnWG ans LG als erste Instanz verweigern, jedoch hat sich die Rechtssprechung bei Sonderverträgen in einigen wesentlichen Punkten durch einige BGH-Urteile in den letzen 2 Jahren derart konkretisiert, dass die Erfolgsaussichten in vielen Fällen auch vor den Amtsgerichten sehr gering für die Versorger sind. Das einzige, was sie mittels neuer Klagen versuchen können, ist die Kunden zu verunsichern und möglicherweise mittels Vergleich noch zu retten, was zu retten ist.
Da gilt es, Ruhe zu bewahren und sich einen möglichst kompeteten Anwalt zu suchen. Den Rest sollte bei normalem Verlauf dann das Gericht erledigen.  ;)

Offline RR-E-ft

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #12 am: 14. Juni 2011, 13:11:47 »
Im neuen Prozess sind die Karten wieder offen:

AG Erfurt weist Gaspreiszahlungsklage ab

Offline Kampfzwerg

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Versorger scheitert mit Klage
« Antwort #13 am: 15. Juni 2011, 18:42:57 »
Zitat
Original von bolli
...jedoch hat sich die Rechtssprechung bei Sonderverträgen in einigen wesentlichen Punkten durch einige BGH-Urteile in den letzen 2 Jahren derart konkretisiert, ... Das einzige, was sie mittels neuer Klagen versuchen können, ist die Kunden zu verunsichern und möglicherweise mittels Vergleich noch zu retten, was zu retten ist.
Da gilt es, Ruhe zu bewahren und sich einen möglichst kompeteten Anwalt zu suchen. Den Rest sollte bei normalem Verlauf dann das Gericht erledigen.  ;)
Grundsätzlich sehe ich das definitiv ebenso.
Aber manchmal kann man es auch mit Juliane Werding ausdrücken: wenn du denkst du denkst, dann denkst du nur du denkst. ;)
Anders gesagt Versuch macht klug oder auch normal? kann ja jeder  ;)

 

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