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Autor Thema: BGH, Urt. v. 13.07.11 VIII ZR 339/10 - Fernwärmeklausel unwirksam  (Gelesen 6513 mal)

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Verhandlungstermin: 13. Juli 2011   VIII ZR 339/10  
LG Zwickau - Urteil vom 17. November 2009 – 5 O 66/09  
OLG Dresden - Urteil vom 30.November 2010 –  9 U 64/10    

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen. Sie verlangt von der Beklagten, einer Wohnungseigentümergemeinschaft, restliche Zahlung für die Lieferung von Fernwärme für die Jahre 2006 bis 2008. Die Klägerin erhöhte in diesem Zeitraum sowohl den Grundpreis als auch den Arbeitspreis wiederholt, dem trat die Beklagte entgegen und nahm Zahlungen nur auf der Basis der 2005 gültigen Preise vor. Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit vorrangig um die Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen Preisänderungen wirksam sind. Insoweit heißt es in dem zwischen den Parteien geschlossenen Fernwärmeliefervertrag:   \"…   5. Preisanpassung   Der Grundpreis (=Nennpreis) gemäß Ziffer 1 ändert sich nach folgender Formel:        L        I   GP = GP0 x (0,21+0,43 x -- + 0,36 x -- )        L0                     I0   Die Arbeitspreise (=Nennpreise) gemäß Ziffer 2 ändern sich nach folgender Formel:       L             H            G   AP= AP0 x (0,3 x -- + 0,5 x -- + 0,2 x -- )      L0            H0           G0   Darin bedeuten:    GP=Grundpreis in DM/kW   L=Anfangsvergütung (Stufe 0) der Ecklohngruppe 6 des Tarifvertrages für Beschäftigte des Arbeitgeberverbandes energie- und versorgungswirtschaftlicher Unternehmen e.V. Berlin (AVEU)   AP=Arbeitspreis der jeweiligen Zone in Pf/kWh   …\"   Bei dem mit H bezeichneten Faktor handelt es sich um den vom Statistischen Bundesamt monatlich veröffentlichten Preis für leichtes Heizöl der so genannten Rheinschiene (dies entspricht dem Durchschnitt aus den Preisen für Düsseldorf, Frankfurt am Main und Mannheim/Ludwigshafen). Der Faktor G kennzeichnet den Gaspreisindex, der Faktor I den Erzeugerpreisindex für gewerbliche Produkte, welche ebenfalls vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden. Die jeweiligen mit \"0\" bezeichneten Faktoren bezeichnen die Ausgangswerte.   Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Die in dem Vertrag verwandte Preisanpassungsklausel sei wirksam, sie verstoße weder gegen § 307 Abs. 1 BGB* noch gegen § 24 Abs. 3 Satz 2 und 3 AVBFernwärmeV** [aF]. Insbesondere benachteilige die Verwendung der von der Klägerin gewählten Faktoren in der Preisanpassungsformel die Beklagte nicht, denn es handele sich um nachvollziehbare und objektive Kriterien, die sowohl die Kostenentwicklung der Klägerin als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt aufgriffen. Zwar stellten die Formeln nicht auf die konkreten Kosten der Klägerin ab, dieses sei aber nicht zu beanstanden, denn die Berücksichtigung der ständigen Veränderungen unterworfenen tatsächlichen Kosten der Klägerin ließe sich nur schwer in eine transparente Formel fassen.    Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.    * § 307 BGB: Inhaltskontrolle    (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.    …   **§ 24 AVBFernwärmeV: Abrechnung, Preisänderungsklauseln (in der vorliegend anwendbaren Fassung (aF); in der Neufassung vom 4. November 2010 ist diese Bestimmung in Abs. 4 enthalten)   …   (3) Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen.  

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BGH, Urt. v. 13.07.11 VIII ZR 339/10 - Fernwärmeklausel unwirksam
« Antwort #1 am: 13. Juli 2011, 15:11:24 »
Zitat
Original von ESG-Rebell
Von der Verhandlung um 10:00 in der Sache VIII ZR 342/09 - XXX gegen EVM Energie-Versorgung GmbH - habe ich nichts erfahren.
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Verhandlung am 13. Juli 2011 von 12:00 bis 12:24 Uhr.
8. Zivilsenat: Ball, Dr. Milger, Dr. Achilles, Dr. Schneider, Dr. Fetzer

VIII ZR 339/10

LG Zwickau - Urteil vom 17. November 2009 – 5 O 66/09
OLG Dresden - Urteil vom 30.November 2010 – 9 U 64/10

Kläger: Wohnungseigentümergemeinschaft, RA Keller, Dr. Mennemeyer, Dr. Herzog
Beklagte: envia THERM GmbH, RA Dr. Semmler, RA Adolf Topp (AGFW)

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Aus den Terminhinweisen des Bundesgerichtshofs:

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen. Sie verlangt von der Beklagten, einer Wohnungseigentümergemeinschaft, restliche Zahlung für die Lieferung von Fernwärme für die Jahre 2006 bis 2008. Die Klägerin erhöhte in diesem Zeitraum sowohl den Grundpreis als auch den Arbeitspreis wiederholt, dem trat die Beklagte entgegen und nahm Zahlungen nur auf der Basis der 2005 gültigen Preise vor. Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit vorrangig um die Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen Preisänderungen wirksam sind. Insoweit heißt es in dem zwischen den Parteien geschlossenen Fernwärmeliefervertrag:

\"...
5. Preisanpassung

Der Grundpreis (=Nennpreis) gemäß Ziffer 1 ändert sich nach folgender Formel:

GP = GP0 x (0,21+0,43 x L/L0 + 0,36 x I/I0 )

Die Arbeitspreise (=Nennpreise) gemäß Ziffer 2 ändern sich nach folgender Formel:

AP= AP0 x (0,3 x L/L0 + 0,5 x H/H0 + 0,2 x G/G0 )

Darin bedeuten:

GP = Grundpreis in DM/kW
L = Anfangsvergütung (Stufe 0) der Ecklohngruppe 6 des Tarifvertrages für Beschäftigte des Arbeitgeberverbandes energie- und versorgungswirtschaftlicher Unternehmen e.V. Berlin (AVEU)
AP = Arbeitspreis der jeweiligen Zone in Pf/kWh
...\"

Bei dem mit H bezeichneten Faktor handelt es sich um den vom Statistischen Bundesamt monatlich veröffentlichten Preis für leichtes Heizöl der so genannten Rheinschiene (dies entspricht dem Durchschnitt aus den Preisen für Düsseldorf, Frankfurt am Main und Mannheim/Ludwigshafen). Der Faktor G kennzeichnet den Gaspreisindex, der Faktor I den Erzeugerpreisindex für gewerbliche Produkte, welche ebenfalls vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden. Die jeweiligen mit „0“ bezeichneten Faktoren bezeichnen die Ausgangswerte.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Die in dem Vertrag verwandte Preisanpassungsklausel sei wirksam, sie verstoße weder gegen § 307 Abs. 1 BGB* noch gegen § 24 Abs. 3 Satz 2 und 3 AVBFernwärmeV** [aF]. Insbesondere benachteilige die Verwendung der von der Klägerin gewählten Faktoren in der Preisanpassungsformel die Beklagte nicht, denn es handele sich um nachvollziehbare und objektive Kriterien, die sowohl die Kostenentwicklung der Klägerin als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt aufgriffen. Zwar stellten die Formeln nicht auf die konkreten Kosten der Klägerin ab, dieses sei aber nicht zu beanstanden, denn die Berücksichtigung der ständigen Veränderungen unterworfenen tatsächlichen Kosten der Klägerin ließe sich nur schwer in eine transparente Formel fassen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
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----- 12:00 ----------------------------------------------------------------------
Ball:
Leitet in den Sachverhalt ein, siehe oben.

Die Verwendung verschiedener Indexe in einer Preisanpassungsklausel kann problematisch sein im Hinblick auf die Erfordernisse des § 24 Abs. 3 Satz 2 und 3 AVBFernwärmeV.

Der Senat hat sich nach dem OLG-Urteil mit Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferverträgen befasst. Diese unterliegen den speziellen Anforderungen des (damligen) § 24 Abs. 3 Satz 3 AVBFernwärmeV. Danach sind die tatsächlichen Kosten angemessen zu berücksichtigen. Für die Preisanpassungsklausel ist sowohl ein Kosten- als auch ein Marktelement erforderlich.

Das Berufungsgericht betrachtete ein Marktelement als nicht erforderlich weil der Anbieter auf dem regionalen Markt eine Monopolstellung innehabe. Dem kann der Senat nicht folgen. Gerade bei einem Monopolisten ist doch ein Marktelement erforderlich um ausgleichend einzuwirken. Ggf. muss ein weiter gefasster Markt in den Vergleich einbezogen werden.

Das Berufungsgericht beurteilt das Kostenelement als hinreichend transparent. Der Senat vertritt die Auffassung, dass Indexwerte nur dann als Teil einer Preisanpassungsklausel geeignet sind, wenn ihre Entwicklung die Entwicklung der tatsächlich entstehenden Kosten wiedergibt. Auf den ersten Blick genügen die o.g. Klauseln dem jedenfalls nicht.

----- 12:08 ----------------------------------------------------------------------
Keller:

Führt kurz aus, dass die Preisanpassungsklausel nicht hinreichend transparent ist.
Überlässt dem Gegner das Wort und wird ggf. auf dessen Ausführungen erwidern, falls das dann noch erforderlich sein sollte.

----- 12:10 ----------------------------------------------------------------------
Semmler:

Die Investitionskosten sind nicht berücksichtigt, stecken aber im Index mit drin. Dies hat der Senat aber nicht thematisiert. Investitionskosten machen ohnehin nur einen vergleichsweise kleinen Anteil aus.
Ebenso hat der Senat mögliche Kosten und Einkünfte aus der Kraft-Wärme-Kopplung nicht thematisiert. Zur damaligen Zeit waren diese aber auch noch nicht absehbar.

In der Preisanpassungsklausel sind die Brennstoffkosten über einen Index anderer Brennstoffe berücksichtigt.
Derselbe Index stellt aber auch das benötigte Marktelement dar.

Der Brennstoffkostenindex ist zudem mit dem Vorlieferanten vereinbart. Es handelt sich um rein durchlaufende Kosten.
Daher bildet der Index die Entwicklung der Bezugskosten ab, sodass diese hinreichend berücksichtigt sind.
Entscheidend ist bei der Fernwärme die Kostennähe, nicht die Kostenechtheit.

Er verweist auf ein BGH-Verfahren der Stadtwerke Lübeck.

Der genannte Index bietet drei Vorteile:
* er fungiert auch als Marktelement,
* er bildet die tatsächlichen Kosten als durchlaufenden Posten ab,
* er ist verständlicher

----- 12:15 ----------------------------------------------------------------------
Der Senat beginnt nun eine recht lebhafte Diskussion mit Dr. Semmler.

Es ist doch nicht einmal bekannt, mit welchem Brennstoff die Fernwärme erzeugt worden ist. Wurden bspw. Öl und Gas eingesetzt dann müssten sich Kostenelemente in der Formel finden lassen, die das tatsächlich verwendete Verhältnis Öl/Gas angeben. Nur dann wären die Kostenbestandteile hinreichend berücksichtigt.

Ebenfalls nicht bekannt ist ob der Vorlieferant Fernwärme- oder Brennstofflieferant ist. Es taucht nur irgendeine ominöse Schwesterfirma der Beklagten auf.

Der Index stellt zudem nur auf die Kostenentwicklung, nicht die tatsächlichen Kosten ab. Mit diesen dürftigen Angaben können wir nicht operieren.

Die Diskussion geht weiter. Der Senat bemängelt die fehlende Identifizierbarkeit der tatsächlich entstandenen Kosten in der Klausel.

Ein einzelnes Element, dass sowohl als Markt- wie auch als Kostenelement fungiert, ist problematisch.

Das Berufungsgericht hat nicht geurteilt, dass die Kosten tatsächlich durchlaufend sind.

Nicht die Anwendung einer Klausel sondern der Inhalt der Klausel selbst ist entscheidend.

Die Klausel hat nur dann eine Chance zu bestehen, wenn sie sowohl die Markt- als auch die Kostenverhältnisse wiedergibt.

----- 12:24 ----------------------------------------------------------------------
Ball an Keller gewandt:
\"Meinen Sie dass der Senat hinreichend beeindruckt ist oder wollen Sie noch erwidern?\"

Keller: \"Dem brauche ich wohl nichts mehr hinzuzufügen.\"

Ball:
Eine Entscheidung wird noch heute ergehen.
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Gruss,
ESG-Rebell.

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BGH, Urt. v. 13.07.11 VIII ZR 339/10 - Fernwärmeklausel unwirksam
« Antwort #2 am: 13. Juli 2011, 15:12:32 »
Zitat
Original von tangocharly
Zitat
Bundesgerichtshof  Mitteilung der Pressestelle  _________________________________________________________________________________ Nr. 128/2011 vom 13.07.2011  

Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferverträgen  

Der Bundesgerichtshof hat heute erneut über die Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in einem Fernwärmeliefervertrag entschieden.    

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen. Sie verlangt von der Beklagten, einer Wohnungseigentümergemeinschaft, restliche Zahlung für die Lieferung von Fernwärme für die Jahre 2006 bis 2008. Die Klägerin erhöhte in diesem Zeitraum sowohl den Grundpreis als auch den Arbeitspreis wiederholt, dem trat die Beklagte entgegen und nahm Zahlungen nur auf der Basis der Ende des Jahres 2005 geltenden Preise vor. Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit vorrangig um die Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen Preisänderungen wirksam sind. Insoweit enthält der Vertrag Preisanpassungsformeln, die neben einem Lohnfaktor auf verschiedene vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Indizes abstellen. Dieses sind für den verbrauchsabhängigen Arbeitspreis ein Heizöl- und Gaspreisindex und für den Grundpreis der Erzeugerpreisindex für das investitionsgüterproduzierende Gewerbe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.    

Die dagegen gerichtete Revision der beklagten Fernwärmekundin hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass Preisanpassungsklauseln nur dann gemäß § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF* (entspricht Abs. 4 nF) zulässig sind, wenn sie neben einem Marktelement auch ein Kostenelement enthalten. Nur hierdurch wird sichergestellt, dass neben der Kostenentwicklung auf dem Wärmemarkt auch die konkreten Erzeugungskosten und daneben die Kosten für die Bereitstellung von Fernwärme (etwa Transport, Verteilung) bei einer Preisanpassung angemessen berücksichtigt werden.    

Dies erfordert, dass als Bemessungsgröße für den verbrauchsabhängigen Arbeitspreis ein Indikator gewählt wird, der an die tatsächliche Entwicklung der konkreten Bezugskosten des bei der Wärmeerzeugung überwiegend eingesetzten Brennstoffs anknüpft. Eine Orientierung an den konkreten Kosten fehlt hingegen, wenn – wie hier – alleine auf Preisindizes für eingesetzte Energieträger abgestellt wird. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn sichergestellt ist, dass sich die konkreten Energiebezugskosten im Wesentlichen – wenn auch mit gewissen Spielräumen – in gleicher Weise entwickeln wie der Index. Da von den Vorinstanzen hierzu bislang keine Feststellungen getroffen worden sind, ist das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden.      

Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass die Verwendung des Erzeugerpreisindexes in der Preisanpassungsformel für den Grundpreis zur pauschalisierten Erfassung der Investitions- und Vorhaltekosten des Energieversorgers im Grundsatz keinen Bedenken begegnet. Da § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF nicht verlangt, dass sich die Tarife spiegelbildlich zu der Kostenstruktur des Energieversorgers entwickeln, ist eine derartige Pauschalisierung dann zulässig, wenn sich hierdurch der Gesamtpreis nicht von den kostenmäßigen Zusammenhängen löst und wenn das von § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF geforderte angemessene Verhältnis von Markt- und Kostenelement beim Gesamtpreis gewahrt bleibt. Auch hierzu muss das Berufungsgericht nach der Zurückverweisung noch weitere Feststellungen treffen.      

*§ 24 AVBFernwärmeV: Abrechnung, Preisänderungsklauseln (in der vorliegend anwendbaren Fassung (aF); in der Neufassung vom 4. November 2010 ist diese Bestimmung in Abs. 4 enthalten)   …   (3) Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen.  

Urteil vom 13. Juli 2011– VIII ZR 339/10  
LG Zwickau - Urteil vom 17. November 2009 - 5 O 66/09  
OLG Dresden - Urteil vom 30. November2010 - 9 U 64/10    

Karlsruhe, den 13. Juli 2011  
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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« Antwort #3 am: 15. Juli 2011, 11:34:20 »
Zitat
Parteivertreter, Herr Semmler:  
[...]In der Preisanpassungsklausel sind die Brennstoffkosten über einen Index anderer Brennstoffe berücksichtigt. Derselbe Index stellt aber auch das benötigte Marktelement dar.  Der Brennstoffkostenindex ist zudem mit dem Vorlieferanten vereinbart. Es handelt sich um rein durchlaufende Kosten. Daher bildet der Index die Entwicklung der Bezugskosten ab, sodass diese hinreichend berücksichtigt sind.
Entscheidend ist bei der Fernwärme die Kostennähe, nicht die Kostenechtheit.

Da schau hin; die Kostennähe ! Auf welcher Weide grast denn dieses Rindvieh ?

Das pfeifen doch schon die Spatzen von den Dächern: \" Knapp daneben ist eben auch daneben\".

Mir ist da die Kostenechtheit viel genehmer, wenn meine Bank bei der nächsten Vario-Zinsanpassung mit ihren Nähekosten operieren wollte, welche dann bei einer Anpassung nach oben immer \"viel näher\" sind, als bei einer Senkung nach unten.
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