Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: E.ON Ruhrgas auf dem Rückzug  (Gelesen 5223 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
E.ON Ruhrgas auf dem Rückzug
« am: 07. Oktober 2005, 13:37:15 »
Quelle: http://www.strom-magazin.de (Professionals)

GASLIEFERVERTRÄGE
07.10.2005, 11:46 Uhr

Freiwillige Selbstverpflichtung der E.ON Ruhrgas

Wie die E.ON Ruhrgas in einer Pressemitteilung erklärt, bietet sie ihren weiterverteilenden Kunden ab sofort eine flexible Gestaltung von langfristigen Gaslieferverträgen an. Wie in der vergangenen Woche angekündigt, geht die Gasgesellschaft damit eine freiwillige Selbstverpflichtung ein.
...  

Für bestehende Verträge biete E.ON Ruhrgas eine Übergangsregelung an, die den Vertrauensschutz angemessen berücksichtige. Bergmann betonte, dass die bestehenden Verträge die sichere Versorgung der Stadtwerke und ihrer Kunden gewährleisten. Obwohl E.ON Ruhrgas der Auffassung ist, dass die bestehenden Verträge Vertrauensschutz haben, sei das Unternehmen auch in diesem Bereich zu Änderungen bereit. Kunden sollen bei bestehenden Verträgen, die heute eine Absatzdeckung von über 50 Prozent haben, ab Herbst 2006 ein Sonderkündigungsrecht erhalten. Dieses sei so gestaltet, dass die Kunden unter Berücksichtigung des bereits heute bestehenden 20 prozentigen Sonderkündigungsrechts ihre Gasbezüge bei E.ON Ruhrgas dann auf 50 Prozent ihres Absatzes beschränken können. Zum 1. Oktober 2008 sollen die heute bestehenden Verträge enden. Die betreffenden Kunden der E.ON Ruhrgas könnten damit zum 1. Oktober 2008 ihre Gasbezüge neu disponieren.

\"Wir sind davon überzeugt, mit dieser Lösung einerseits den Wettbewerb entscheidend voranzubringen und andererseits der Nachfrage nach langfristig gesicherten Erdgaslieferungen nachzukommen. Im Gegensatz zu den Vorstellungen des Kartellamts erhält unsere freiwillige Selbstverpflichtung den Kunden die Vertragsfreiheit\", sagte Bergmann zu dem vorgestellten Angebot.

Links zur News
http://www.eon-ruhrgas.de/




Die neue Rückzugslinie der E.ON Ruhrgas wird sich ersichtlich nicht halten lassen:

Das OLG Düsseldorf hatte bereits 2001 entschieden, dass bestehende Langfristverträge bereits seit 1998 kartellrechtswidrig und nichtig sind.

Es ist absurd, wenn sich jemand in Kenntnis dieser Rechtsprechung heute (vier Jahre danach) immer noch auf einen Vertrauensschutz hinsichtlich solcher Verträge berufen will.

Es ist nicht ersichtlich, warum das OLG Düsseldorf heute hinsichtlich der Kartellrechtswidrigkeit und Nichtigkeit solcher Verträge anders entscheiden sollte als seinerzeit, zumal offenbar wird, dass man die Rechtsprechung des Gerichts beharrlich ignorierte, was Verbotsverfügungen gerade erfordert.

Demnach gibt es bereits heute keine wirksamen Langfristverträge
( welche den Kriterien unterfallen) mehr. Auf ein formelles Verbot durch das Bundeskartellamt kommt es nicht erst an. Es kann keinen Vertrauensschutz für die Fortsetzung solcher Verträge geben, die den konstatierten Marktverschluss auch nur noch einen Tag länger aufrecht erhalten.

Dann sollte sich auch heute niemand mehr zur Begründung von Preiserhöhungen auf solche Langfristverträge berufen können, kartellrechtswidrig und verboten bedeutet Nichtigkeit ohne Wenn und Aber.


Nach Auffassung des Kartellsenats des OLG Düsseldorf bereits seit 1998 !!!!

Die logische und rechtliche Konsequenz:

Die Belieferung erfolgt dann aktuell im vertragslosen Zustand (klassischer Interimsfall), auf den bekanntlich §§ 315, 316 BGB Anwendung finden.

Stadtwerke und Regionalversorger könnten ihre Zahlungen mit Hinweis darauf gegenüber den Vorlieferanten sofort selbst unter Verweis auf Unbilligkeit kürzen!!!

Möglicherweise könnten Stadtwerke für überteuerte Gaslieferungen nach 1998 (unter Beachtung der Verjährungsfrist) Geld zurückverlangen wegen §§ 812 BGB, 315 BGB.

Eigentlich spricht alles dafür und die Stadtwerke können das Geld wohl auch gut gebrauchen, um sich für den Wettbewerb zu wappnen.


Eine Gegenwehr kann sich also für Stadtwerke sogar ausgesprochen lohnen.


Keine Chance jedenfalls für weitere Preistreiberei.

Stadtwerke können ihre \"Sandwich\"- Situation sofort beenden und im Interesse ihrer Kunden mit günstigen Preisen durchstarten.

Preisenkungen stehen deshalb an, nicht Preiserhöhungen.


Siehe auch hier:

http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=11523


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline RR-E-ft

  • Rechtsanwalt
  • Forenmitglied
  • ***
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
E.ON Ruhrgas auf dem Rückzug
« Antwort #1 am: 11. Oktober 2005, 17:23:09 »
Quelle: http://www.strom-magazin.de (Professionals)

GASSTREIT
11.10.2005, 13:41 Uhr
Kartellamt will Verfahren gegen E.ON Ruhrgas weiter vorantreiben

Im Streit um die langfristigen Gaslieferverträge will das Bundeskartellamt das angekündigte Verfahren gegen E.ON Ruhrgas trotz der neuen Kompromissvorschläge des Unternehmens weiter vorantreiben. Nach Ansicht von Behörden-Präsident Ulf Böge bietet die freiwillige Selbstverpflichtung nichts Neues.
   
Berlin/Essen (ddp/sm) - Das Kartellamt halte es daher für geboten, eine Grundsatzentscheidung über die Zulässigkeit langfristiger Bindungen herbeizuführen, um Rechtssicherheit für alle Marktbeteiligten zu schaffen. Nach Einschätzung Böges wird eine Entscheidung des zuständigen Oberlandesgerichts Düsseldorf nicht allzu lange dauern. \"Ich gehe davon aus, dass wir im ersten Halbjahr 2006 Klarheit darüber haben werden\", sagte der Präsident der Bonner Wettbewerbsbehörde. Eine insbesondere auf Artikel 81 und 82 des EG-Vertrags gestützte Entscheidung sei auch \"sofort vollziehbar\". Falls das Gericht allerdings zu einer anderen Entscheidung als das Kartellamt komme, müsse das Verfahren in der Hauptsache abgewartet werden. Dies könne eine erhebliche Verzögerung zur Folge haben.
...
Nach den Worten Böges ist die von E.ON Ruhrgas vorgelegte Selbstverpflichtung aus Wettbewerbssicht aber immer noch unzureichend. Das Unternehmen sei zwar formal dazu bereit, seine Forderungen hinsichtlich Laufzeit und Bedarfsdeckungsgrad zu übernehmen, allerdings nur für neue Verträge, kritisierte Böge. Bestehende Verträge, sowohl Altverträge aus der Zeit vor der Liberalisierung von 1998 als auch später abgeschlossene, blieben unberührt. Ruhrgas räume seinen Abnehmern zwar erstmals auch ein Sonderkündigungsrecht ein, aber nur für einen Teil der Liefermenge.

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz