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Autor Thema: Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...  (Gelesen 36126 mal)

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Offline Black

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #105 am: 11. März 2011, 14:33:28 »
Zitat
Original von RR-E-ft
§ 242 BGB knüpft daran an, dass der Grundversorger den Tarif absichtlich in gesetzwidriger Weise fehlerhaft zu hoch kalkuliert hatte, und greift deshalb nur bei einem Antrag des Versorgers auf gerichtliche Ersatzbestimmung in diesem Falle.

Sie verlieren den Faden. Wir diskutieren gerade den absichtlich fehlerhaft zu niedrig kalkulierten Preis.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #106 am: 11. März 2011, 14:38:25 »
Zitat
Original von Black
Sie verlieren den Faden. Wir diskutieren gerade den absichtlich fehlerhaft zu niedrig kalkulierten Preis.

@Black

Auch ich wollte den Fall des absichtlich fehlerhaft zu niedrig kalkulierten Preises erörtern. Dabei hatte ich in meinem  vorhergehenden Beitrag in dem von Ihnen zitierten Satz einmal unabsichtlich fehlerhaft \"zu hoch\" statt \"zu niedrig\" geschrieben, was nunmehr korrigiert wurde. Ich bitte das Versehen zu entschuldigen.

Bleiben wir deshalb weiter bei dem absichtlich zu niedrig kalkulierten Tarif:

Welcher betroffene Kunde erlangt wann wie Kenntnis von einem - mit Wissen und Wollen der Unternehmsführung - absichtlich zu niedrig kalkulierten Tarif und wie soll sich dies für den betroffenen Kunden auswirken?

Wenn der absichtlich zu niedrig kalkulierte Tarif als derjenige der Billigkeit entsprechende Tarif fingiert wird, bleiben doch wohl gar keine Fragen offen.

Der Versorger hätte seiner gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 36 Abs. 1, 2 abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG vollends genügt und dieser zu niedrig kalkulierte Tarif wäre auch für die betroffenen Kunden gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB verbindlich, nicht minder wie für den betreffenden böswilligen Grundversorger.

Oder meinen Sie, eine Billigkeitskontrolle auf Veranlassung eines betroffenen Kunden könnte zu dem Ergebnis führen, dass der vom Grundversorger absichtlich zu niedrig kalkulierte Tarif nicht der Billigkeit entspräche?!

Wie es dazu kommen könnte, kann ich mir schlecht vorstellen.

In der Regel ist es ja so, dass der Grundversorger behauptet, sein veröffentlichter Tarif entspräche jedenfalls der Billigkeit.

Für den betroffenen Kunden kann immer nur der gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG vom Grundversorger einseitig festgesetzte und veröffentlichte Preis verbindlich sein, wenn dieser denn der Billigkeit entspricht, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Und dann soll wohl der Versorger im Prozess mit der Erklärung aufwarten, er habe den veröffentlichten Tarif jedenfalls absichtlich zu niedrig kalkuliert und darauf hoffen, für ihn  könnte sich - vollkommen ohne Rücksicht auf § 242 BGB - irgendetwas Günstiges daraus ergeben ?!

Stellt der Grundversorger einen mit Wissen und Wollen der Unternehmensführung zu niedrig kalkulierten Tarif zur Abrechnung, werden die betroffenen Kunden hierdurch auch schließlich nicht betrogen.
Betrügen kann sich der betreffende Grundversorger dabei allenfalls selbst.
Diesbezüglich kann er von der Rechtsprechung ein mildes Lächeln erwarten.

Anwälte, die dem Versorger ein solches Vorgehen empfohlen haben, werden sich hingegen warm anziehen müssen.

Offline tangocharly

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #107 am: 12. März 2011, 17:43:46 »
Zitat
Original von @RR-E-ft
Der Versorger hätte seiner gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 36 Abs. 1, 2 abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG vollends genügt und dieser zu niedrig kalkulierte Tarif wäre auch für die betroffenen Kunden gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB verbindlich, nicht minder wie für den betreffenden böswilligen Grundversorger.  Oder meinen Sie, eine Billigkeitskontrolle auf Veranlassung eines betroffenen Kunden könnte zu dem Ergebnis führen, dass der vom Grundversorger absichtlich zu niedrig kalkulierte Tarif nicht der Billigkeit entspräche?!  Wie es dazu kommen könnte, kann ich mir schlecht vorstellen.

Eben.
Ich kann da keinen Zusammenhang mit Unbilligkeit und Unverbindlichkeit i.S.v. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB erkennen.

Aber bevor euch beiden Disputanten die Luft ausgeht. Für @Black ist ja der Gas-Ball der Größte, sozusagen der Jupiter unter den Planeten (pardon: Senaten).

Die Sockelproblematik findet sich ja immer noch im Verbraucherrecht. Und die schlichte Zahlung auf eine Rechnung führt zu keinem Anerkenntnis (so ja auch der VIII.). Der fehlende Widerspruch, der nicht einmal expressis verbis in § 315 BGB erwähnt wird, soll den Preis der unwidersprochenen Jahresabrechnung \"zum Vereinbarten\" machen.

Die Implikation des VIII. lautet: Wer widerspricht bleibt; wer nicht widerspricht geht.

Das Gesetz geht davon aus, dass der Grundversorger einseitig den Preis bestimmt. Es bedarf keiner Preisvereinbarung und es bedarf keines Festhaltens am fehlenden Widerspruch.

Verwirkung ist seit der Schuldrechtsmodernisierungsreform nur noch ganz ausnahmsweise, d.h. innerhalb der recht kurzen Verjährungsfristen in Betracht zu ziehen (vgl. OLG Köln, 19.02.2010, Az.: 19 U 143/09, Tz. 80, OLG Koblenz, 12.02.2009, Az.: U 781/02 Kart, Tz. 60 ff.).

Der BGH (VIII.) hat bislang auch noch keine Begründung dafür geliefert, warum der Verbraucher \"alsbald\" Widerspruch gegen die Abrechnung erheben muß, der Versorger sich aber Jahre mit seiner Klage Zeit lassen darf.

Und wo bleibt die Konsequenz, wenn angeblich der unterlassene Widerspruch des Verbrauchers gegen die Jahresabrechnung diesen Preis \"zum Vereinbarten\" machen soll, d.h. Vertragsautonomie, diesen Kunden, der sich zu einer Preisvereinbarung hernieder gelassen haben soll, zum Sondervertragskunden zu stylen ?
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline Rebell77

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #108 am: 19. März 2011, 20:36:10 »
Für mich nicht vorstellbar, dass bei einer Gesamtkalkulation der Gaspreise, bestehend aus Grund-, Arbeits-, Leistungspreis (Heizungsleistung), Netzentgeltkosten usw. ein EVU seine Preise zu niedrig kalkuliert haben soll...

Und wenn doch, dann ließ die nächste Preisbildung nicht lange auf sich warten (z. B. 3-3-1 Regelung), die dann wahrscheinlich umso heftiger -
nach oben – ausfiel; bestimmt berücksichtigt nach Jahreszeit.

rebell77
Viele Grüße,
rebell77


www.initiative-gaspreise-swn.de

Offline tangocharly

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Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...
« Antwort #109 am: 19. Mai 2011, 20:47:35 »
Für alle diejenigen, welche demnächst erstmalig ihren Gashahn öffnen, aus dem Leitungsnetz Energie entnehmen und sich über den \"Sockelpreis\" informieren wollen:

\"Mein Sockelpreis\".

So und wenn Sie das gelesen haben, dann drücken Sie auf Ihrem Rechner den Button \"drucken\", nehmen das Papier und reiben dieses Ihrem Versorger unter die Nase.

Der wird Ihnen dann gern Aufschluß bieten, wieviel Cent/kWh hier und wieviel Cent/kWh da im Preis stecken.  

Wenn Sie dann schlauer sind, dann drücken Sie Ihrem Gesprächspartner mit den Worten die Hand: \"So jetzt haben wir den Sockel vereinbart\".

Sollte dieses Gespräch aber nicht den gewünschten Verlauf nehmen, dann werden Sie wohl wieder Ihren PC bemühen müssen, indem Sie Ihrem Grundversorger mitteilen:

\"Lieber Grundversorger,
da wir am xxxxx keine Einigung über die Bestandteile Ihres \"Anfangs-/Sockelpreises\" treffen konnten, will ich Sie hiermit auffordern, mir die Billigkeit des Gesamtpreises der angebotenen Energie nachzuweisen.
Bis dahin erlaube ich mir, Zahlungen für die abgenommene Energie ausschließlich unter dem Vorbehalt der Rückforderungen zu leisten.
Im Übrigen verwahre ich mich gegen jegliches Präjudiz in der Sache, insbesondere in Gestalt eines etwaigen Anerkenntnisses, welches Sie aus meinem Verhalten (der Energieentnahme aus dem Netz) zu schließen beabsichtigen.  
Ferner will ich darauf hinweisen, dass Sie meinen Unbilligkeitseinwand bis auf Weiteres dadurch aus der Welt schaffen können, indem Sie den gewünschten Billigkeitsnachweis nachliefern. Da mir die aus dem Netz entnommene Energie das Dasein sichert, erachte ich es für treuwidrig, mir einerseits keine Klarheit über die Bestandteile des Gesamtpreises zu bieten, mich aber andererseits an einer Faktizität festhalten zu wollen, für die mir jegliches Erklärungsbewußtsein fehlt. Ich betone ausdrücklich, dass mir die Kenntnis über die Zusammensetzung des Gesamtpreise der von Ihnen angebotenen Energie wichtig und in keiner Weise egal ist.\"
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

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