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Autor Thema: OLG Hamm, Urt. v. 15.02.11 Az. I- 19 U 96/09 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde  (Gelesen 3166 mal)

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Offline RR-E-ft

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OLG hamm, Urt. v. 15.02.11 Az. I - 19 U 96/09 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde

Weitere Einzelheiten, insbesondere des erstinazlichen Verfahrens am LG Dortmund Az. 8 O 272/07, sind (mir) nicht bekannt.

Offline tangocharly

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Zitat
Original von RR-E-ft
OLG hamm, Urt. v. 15.02.11 Az. I - 19 U 96/09 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertragskunde

Weitere Einzelheiten, insbesondere des erstinazlichen Verfahrens am LG Dortmund Az. 8 O 272/07, sind (mir) nicht bekannt.

Bemerkenswerte Kreativität des OLG

Zitat
Die im einschlägigen Preisblatt der Beklagten (Bl. 199 d.A.) enthaltene Bezeichnung der Einzelstufen der Preisstaffel ist ambivalent und erlaubt eine Zuordnung der Sonderpreise bzw. Sonderabkommen sowohl zu einem Sondervertrag als aber auch zu Sonderkonditionen im Rahmen allgemeiner Versorgung. Die sonstigen, hinzuzunehmenden Einzelfallumstände sprechen mehr für als gegen Letzteres. 25  

Das ist ein absolutes Novum:

\"Sonderkonditionen im Rahmen allg. Versorgung\"


Zitat
Im Gegensatz zum Sonderkundenvertrag, bei dem der Sondervertragskunde einen Preis erhält, der nur Kunden mit einer bestimmten Mindestabnahmemenge, dagegen nicht der Allgemeinheit, eingeräumt wird, erfolgt hier unstreitig eine sogenannte Bestpreisabrechnung der Beklagten nach dem jeweils günstigsten Tarif aus den unteren oder den oberen, sogenannten Sonderpreisen. Diese Abrechnung beruht nicht auf einer -im Voraus nicht möglichen- Vereinbarung, sondern wird für jeden Kunden im Rahmen der Tarifeinstufung aufgrund einseitiger Einordnung durch die Beklagte allein abhängig vom jeweiligen Verbrauch erstellt. Die Bestpreisabrechnung lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht selbst zum Sondervertragsmodus machen, weil sich je nach Verbrauch die vom Zufall bestimmte und stets wandelbare Möglichkeit einer Einordnung als Tarif- oder als Sondervertragskunde ergäbe; das wäre angesichts der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung gerade im Hinblick auf Preisänderungen offensichtlich nicht handhabbar und kann somit auch aus Kundensicht nicht gewollt gewesen sein.

Was soll das ?
Ob es vom Kunden gewollt ist, ständig zwischen Grundversorgung und Sonderversorgung zu switchen, ist doch überhaupt nicht die Frage.

Die Frage ist doch eher die, ob ein Sondervertragskunde, der in einer Abrechnungsperiode mit seinem Verbrauch einmal unter 1.500 kWh/a  fallen sollte, automatisch aus der Sonderversorgung fallen müsste, bloß weil es vom Zufall abhängt, welche Mengen er gerade bezieht oder bezogen hatte.

Die Allg. Versorgung erlaubt keine Sondervereinbarungen - auch nicht von Sonderkonditionen \"im Rahmen der allg. Versorgung\".

Es grenzt an Zauberei, wie immer wieder versucht wird, den Flohzirkus der Grundversorgung unter den zerbeulten Hut der Billigkeitskontrolle zusammen zu halten.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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Die Ausführungen stehen wohl im Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH, wonach insbesondere bei Bestabrechnung mit automatischer Tarifeinstufung bei Belieferung zu einem Sonderpreis/ Sondertarif ein Sondervertrag vorliegt (VIII ZR 246/08 Rn. 27 ff., VIII ZR 295/09 Rn. 24).

Sonderpreise/ Sonderabkommen sind nun mal keine Allgemeinen Tarife.
Schließlich soll ein Tarifkundenvertrag dadurch geprägt sein, dass der Kunde mit dem Versorger bei Vertragsabschluss einen eindeutig bestimmten Tarif vereinbart hat, den der Versorger nachträglich abändern kann bzw. abzuändern gesetzlich verpflichtet ist (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Eine Bestabrechnung, welche dem Versorger eine Tarifeinordnung in mehrere betehende Tarife nach Verbrauchsmenge überlässt, ist jedenfalls nach der gesetzlichen Regelung nicht Gegenstand eines Tarifkundenvertrages bzw. eines Grundversorgungsvertrages.

Bereits nach der BTOGas konnte sich jeder Tarifkunde zwischen den Pflichttarifen Kleinverbrauchstarif K (§ 3 BTOGas) und Grundpreistarif G (§ 4 BTOGas) entscheiden (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 BTOGas, BGBl. I 1959, S. 46).
Diese Tarife standen also allen Tarifkunden zur Verfügung.

Von den Gasversorgern freiwillig angebotene, preislich günstigere Sonderabkommen/ Sonderpreise wurden hingegen in der Regel nur denjenigen Kunden mit einem hohen Jahresverbrauch gewährt (vgl. auch OLG Dresden, Urt. v. 26.01.10 Az. 14 U 983/08].

Eine vom Versorger praktizierte Bestpreisabrechnung zwischen Allgemeinen Tarifen und Sonderpreis-Regelungen ändert nichts daran, dass es sich bei den Sonderabkommen/ Sonderpreisen um Sonderverträge handelt (BGH VIII ZR 246/08 Rn. 26 ff.).

 

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