Energiepolitik > Fossile Energie / Atomkraft
Atomkraft in Deutschland- Was ist überhaupt noch sicher?
Wolfgang_AW:
Warum die Atomenergie Grundrechte verletzt
--- Zitat ---Die aktuelle deutsche Atomrechtsdebatte hält sich bei der Frage auf, ob die Bundesregierung ein Moratorium für Gesetze verhängen darf. Das zentrale Verfassungsproblem der Atomenergie ist jedoch der Schutz von Leben und Gesundheit. Viel drängender muss daher über erneuerbare Energien und die Energieversorgung als solche gesprochen werden, meint Felix Ekardt.
(...)
Der Streit über §§ 17, 19 Abs. 3 AtG lenkt jedoch vom eigentlichen Verfassungsproblem ab. Selbst wenn man die relativ atomfreundliche Verfassungsinterpretation des BVerfG zugrunde legt, ist die Atomkraft spätestens nach den Erkenntnissen aus Japan verfassungswidrig.
Das BVerfG hat seit dem Kalkar-Urteil 1978 stets betont, dass die Atomenergie mit dem Recht auf Leben und Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nur \"derzeit\" noch vereinbar sei, da das atomare Gefährdungspotenzial bisher nur im Bereich theoretischer Vorstellung liegt.
Dies hat sich jetzt ersichtlich geändert. Denn man kann bei den japanischen Erfahrungen mit den Folgen stromausfallbedingt ausfallender Kühlsysteme nicht wie bei Tschernobyl sagen, dies sei in Deutschland ausgeschlossen.
(...)
Die wirksamsten Instrumente fürs Energiesparen sind die Streichung schädlicher Subventionen und die Anhebung der Energiepreise über eine einschneidende Reform von Energieabgaben und EU-Emissionshandel, ergänzt durch eine reformierte Erneuerbare-Energien-Förderung. Auf Dauer ist dies - das ist unter Klimaökonomen unumstritten - bei weitem billiger und risikoärmer als der bisherige energiepolitische Weg.
--- Ende Zitat ---
Die NZZ (siehe Beitrag RR-E-ft) schreibt in einem Artikel vom 25.03.2011 dazu:
--- Zitat ---Wenn dann zudem der Staat einspringen muss, wird der Steuerzahler schliesslich auch direkt zur Kasse gebeten. Er kommt also für die gesamte Differenz zwischen der Versicherungssumme und dem Gesamtschaden auf. Die ungenügende Haftung der Betreiber ist ein klassisches «Moral hazard»-Problem. Analog zur «Too big to fail»-Thematik bei Grossbanken werden auch in der Atombranche Gewinne privatisiert und Kosten sozialisiert.
(...)
Die Politik muss sich fragen, ob sie Atomstrom weiterhin subventionieren will und inwiefern sie den Betreibern nicht eine deutlich stärkere Internalisierung der externen Kosten auferlegen will. Da die Betreiber dies kaum aus eigenem Interesse vorantreiben werden, kann eine Annäherung des Preises von Atomstrom an den «wahren» Wert nur über die Änderung der regulatorischen Rahmenbedingungen erfolgen. Solche müssten auf jeden Fall für neue AKW gelten. Nach Fukushima sollte dies aber auch für die bestehenden AKW in Betracht gezogen werden – je näher sie dem Ende ihres Lebenszyklus kommen, desto dringlicher.
(...)
Um künftig Fehlallokationen zu vermindern, sollte die Politik externe Effekte nicht nur beim Atomstrom stärker internalisieren, sondern gleichzeitig auch bei fossilen Energiequellen die schädlichen Folgen für Klima und Gesundheit verstärkt berücksichtigen. Im Gegenzug müssten aber auch beispielsweise bei erneuerbaren Energien wie Wasserkraft oder Windenergie negative Einflüsse auf die Landschaft und andere externe Effekte mit einberechnet werden.
Gelänge es, die Kostenwahrheit über alle Energieformen herzustellen, könnte auch die Subventionierung von erneuerbaren Energien reduziert werden, da sie automatisch konkurrenzfähiger würden. Bei höheren Energiepreisen bestünden zudem Sparanreize. Effizienzsteigerungen wären attraktiver – sowohl für Private wie auch für Unternehmen. Letztlich würde der Markt – bei weniger stark verzerrten Preisen – für eine bessere Allokation der knappen Ressource Energie sorgen.
--- Ende Zitat ---
In diesem Sinne, sollte (muss) sich die Bundesregierung neu orientieren und einen gesellschaftlichen Konsens über die Energieversorgung der Zukunft und deren Kosten herstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang_AW
RR-E-ft:
Von einer einzelnen Dame in roter Jacke hört man in diesen Tagen alleweil, es mache keinen Sinn aus der Atomkraft in Deutschland auszusteigen, wenn wir danach Atomstrom importieren.
Möglicherweise eine gefaselte Worthülse.
Es steht nicht zu erwarten, dass sich sogleich alle europäische Nachbarn (zumal Frankreich) von der Atomenergie verabschieden. Auf dem gemeisamen europäischen Markt kann jeder Energie beziehen, wie er will, also auch Atomenergie.
Nach der leeren Floskel käme ein Ausstieg Deutschlands folglich wohl nur in Betracht, wenn auf dem gemeinsamen europäischen Markt keine Atomenergie mehr verfügbar wäre. Der Gedanke an sich erscheint absurd.
Als Bonbon gibt es immer unterschwellig den Hinweis darauf, die Atomkraftwerke im Ausland, aus denen die Stromerzeugung dann stammen würde, wären unsicherer als die Atomkraftwerke, die man in Deutschland vom Netz nehmen würde. Warum die Atomkraftwerke im Ausland unsicherer sein sollten, bleibt ebenso offen, wie Maßnahmen, welche die Bundesregierung auf EU- Ebene gegen deren unsicheren Betrieb unternommen hat bzw. zu unternehmen gedenkt.
Cremer:
--- Zitat ---Der Streit über §§ 17, 19 Abs. 3 AtG lenkt jedoch vom eigentlichen Verfassungsproblem ab. Selbst wenn man die relativ atomfreundliche Verfassungsinterpretation des BVerfG zugrunde legt, ist die Atomkraft spätestens nach den Erkenntnissen aus Japan verfassungswidrig
--- Ende Zitat ---
Na was schwafelt Dr. Ekardt hier oder sind das die Worte des Schreiberlings dieser Presse??
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von Cremer
--- Zitat ---Der Streit über §§ 17, 19 Abs. 3 AtG lenkt jedoch vom eigentlichen Verfassungsproblem ab. Selbst wenn man die relativ atomfreundliche Verfassungsinterpretation des BVerfG zugrunde legt, ist die Atomkraft spätestens nach den Erkenntnissen aus Japan verfassungswidrig
--- Ende Zitat ---
Na was schwafelt Dr. Ekardt hier oder sind das die Worte des Schreiberlings dieser Presse??
--- Ende Zitat ---
@Cremer
Fraglich, welcher Schreiberling schwafelt.
--- Zitat ---Prof. Dr. Felix Ekardt, LL.M., M.A. Jurist, Philosoph und Soziologe, Universität Rostock, Leiter der Forschungsgruppe Nachhaltigkeit und Klimapolitik, Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie ist politikberatend national und international im Klimaschutz tätig und arbeitet vor allem in den Bereichen Energie- und Klimaschutzrecht, WTO-Recht, Gerechtigkeits- und Menschenrechtstheorie und transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung.
--- Ende Zitat ---
Seine zitierte Kernaussage lautet:
--- Zitat ---Das BVerfG hat seit dem Kalkar-Urteil 1978 stets betont, dass die Atomenergie mit dem Recht auf Leben und Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nur \"derzeit\" noch vereinbar sei, da das atomare Gefährdungspotenzial bisher nur im Bereich theoretischer Vorstellung liegt. Dies hat sich jetzt ersichtlich geändert. Denn man kann bei den japanischen Erfahrungen mit den Folgen stromausfallbedingt ausfallender Kühlsysteme nicht wie bei Tschernobyl sagen, dies sei in Deutschland ausgeschlossen. Für Stromausfälle braucht es auch kein Erdbeben und keinen Tsunami. Deshalb muss der Gesetzgeber einen zügigen Atomausstieg beschließen, eher noch zügiger als ursprünglich von der rot-grünen Bundesregierung geplant. Legt man das AtG verfassungskonform anhand des Kalkar-Urteils aus, kommt vielleicht sogar schon ohne eine solche Gesetzesänderung ein endgültiger Widerruf der Kraftwerksgenehmigungen nach dessen Bestimmungen in Betracht.
--- Ende Zitat ---
Das Bundesverfassungsgericht sprach im Kalkar- Urteil vom nicht entrinnbaren \"Restrisiko\", dessen Realisierung lediglich im Bereich theoretischer Vorstellung liege. Eben jenes Risiko hat sich nun bei einem bauartgleichen Kraftwerk tatsächlich realisiert, so dass neu bewertet werden muss, ob dieses Risiko, wie es sich in Japan just realisiert hat, in Deutschland noch lediglich zu diesem \"Restrisiko\" zählt oder aber dem allgemeinen Betriebsrisiko zuzuordenen ist.
Davon spricht auch die Bundesregierung, nämlich von einer Zäsur, die dadurch eingetreten sei, dass sich ein bisher nur theoretisch vorstellbarer Geschensablauf Wirklichkeit gegriffen habe.
Es spricht einiges dafür, dass Ekardt mit seiner Einschätzung richtig liegt, die besagt, dass bei Zugrundelegung der Grundsätze des Kalkar- Urteils des BVerfG die Zulassung des Betriebs von Atomkraftwerken in Deutschland nunmehr gegen Art. 2 Abs. 2 GG verstößt.
Bedeutung erlangen kann dabei auch, dass Altkanzler Kohl nun in der Presse verbreitet, dass in Japan tatsächlich realisierte Risiko sei früheren Bundesregierungen bereits immer bekannt gewesen (und von diesen billigend in Kauf genommen worden), es sei - entgegen der Darstellung der derzeitigen Bundeskanzlerin in der Öffentlichkeit - gar nicht neu.
Es gibt Risiken, die darf aufgrund der Grundrechtsbindung keine Bundesregierung billigend in Kauf nahmen. Eben diese Frage ist ein verfassungsrechtliches Problem.
In Japan besteht die Gefahr, dass ausgehend von der Atomruine 35 Millionen Menschen im Großraum Tokio an ihrer Gesundheit beschädigt werden, zudem dass weite Terretorien aufgrund der Strahlenbelastung und Kontamination mit hochgiftigem Plutonium dauerhaft aufgegeben werden müssen.
Keine Bundesregierung darf nach dem Grundgesetz eine derartige Gefährdung bzw. das erkannte Risiko einer solchen in Deutschlad zulassen.
PLUS:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Von einer einzelnen Dame in roter Jacke hört man in diesen Tagen alleweil, es mache keinen Sinn aus der Atomkraft in Deutschland auszusteigen, wenn wir danach Atomstrom importieren.
Möglicherweise eine gefaselte Worthülse.
Es steht nicht zu erwarten, dass sich sogleich alle europäische Nachbarn (zumal Frankreich) von der Atomenergie verabschieden. Auf dem gemeisamen europäischen Markt kann jeder Energie beziehen, wie er will, also auch Atomenergie.
Nach der leeren Floskel käme ein Ausstieg Deutschlands folglich wohl nur in Betracht, wenn auf dem gemeinsamen europäischen Markt keine Atomenergie mehr verfügbar wäre. Der Gedanke an sich erscheint absurd.
--- Ende Zitat ---
\"Der Professor aus Heidelberg\", \"Die Dame in roter Jacke\", das ist der nicht vertretbare Stil mit dem man gute Leute aus der Politik vertreibt. Der Rest bleibt, das ist dann für die Menschen auch ein \"Rest\"-Risiko! Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Das Restrisiko der Atomenergie schert sich nicht um den europäischen Markt oder um irgendwelche Grenzen. Es macht unter der Risikobetrachtung wirklich wenig Sinn, wenn Deutschland alleine aus der Atomkraft aussteigen würde.
Es ist in diesem Zusammenhang eine sehr berechtigte Frage, wie wir unseren Energiebedarf decken oder woher wir unseren Strom beziehen. Das ist keine leere Floskel, die Kanzlerin hat hier recht. Es ist überhaupt nicht egal, wie wir den Ausstieg und den Umstieg organisieren und gestalten. Mit Brechstangen geht da sehr wahrscheinlich einiges und wesentliches kaputt. Das erste Ziel sollte der Konsens zwischen den Energieversorgern, der Regierung und dem Volk sein, die abgeschalteten Altreaktoren endgültig stillzulegen. Es gibt da ja offensichtlich noch juristische und andere Hürden zu überwinden. Ich hoffe, die Kanzlerin ist hier erfolgreich.[/list]
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln