Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Der Sockelpreis - wohin soll er gehen ...

<< < (15/22) > >>

bolli:

--- Zitat ---Original von Black
Stellen Sie sich vor, zwei Kunden in der Grundversorgung  klagen unanhängig voneinander gegen den selben Versorger im selben Netzgebiet auf Feststellung der Unbilligkeit des aktuellen Lieferpreises und Neufestsetzung eines billigen Preises durch das Gericht.

Kunde 1 landet mit seiner Klage bei Richter 1
Kunde 2 landet mit seiner Klage bei Richter 2

Richter 1 legt den Preis im Urteil nach billigem Ermessen mit 14,5 ct/kWh fest. Richter 2 legt den Preis in seinem Urteil mit 15,5 ct/kWh fest. Beide Urteile werden rechtskräftig.

Dann haben Sie Ihre Preisspaltung.
--- Ende Zitat ---
Neben der Tatsache, dass solche Sachverhalte vielleicht der Grund sind, gleichartige Verfahren zu bündeln (bei uns am AG bei einem Amtsrichter), gibt\'s da auch andere Möglichkeiten, sich abzustimmen, trotz richterlicher Unabhängigkeit. Schließlich gibt es auch am BGH der Großen Senat als letzte Instanz, falls unterschiedliche Meinungen der Senat zu bestimmten Problemstellungen auftreten.

SIE vertreten also die Auffassung, dass es in EINEM Netzgebiet bei EINEM Grundversorger und ansonsten gleichen Kosten MEHRERE (beliebig viele) unterschiedliche Allgemeine Preise geben kann ? (ja oder nein reicht).

Black:

--- Zitat ---Original von bolli
Neben der Tatsache, dass solche Sachverhalte vielleicht der Grund sind, gleichartige Verfahren zu bündeln (bei uns am AG bei einem Amtsrichter), gibt\'s da auch andere Möglichkeiten, sich abzustimmen, trotz richterlicher Unabhängigkeit. Schließlich gibt es auch am BGH der Großen Senat als letzte Instanz, falls unterschiedliche Meinungen der Senat zu bestimmten Problemstellungen auftreten.
--- Ende Zitat ---

Es gibt aber keine Pflicht zur Bündelung oder Abstimmung. Bei einem größeren Netzgebiet könnten sogar verschiedene Amtsgerichte zuständig sein. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass der von mit geschilderte Fall eintritt.


--- Zitat ---Original von bolli
SIE vertreten also die Auffassung, dass es in EINEM Netzgebiet bei EINEM Grundversorger und ansonsten gleichen Kosten MEHRERE (beliebig viele) unterschiedliche Allgemeine Preise geben kann ? (ja oder nein reicht).
--- Ende Zitat ---

Der von mir geschilderte Fall zeigt doch, dass es passieren kann, dass ein Versorger dazu verpflichtet wird.

RR-E-ft:
@bolli

Grundversorger selbst dürfen die Preise nicht spalten.

Das Beispiel von Black mit Richter 1 und Richter 2 zeigt bei Lichte betrachtet nur, dass die veröffentlichten Allgemeinen Preise des verklagten Grundversorgers jedenfalls unbillig und deshalb für die betroffenen Kunden gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich waren und lediglich für Kläger 1 und Kläger 2 eine gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB getrooffen wurde, es für alle anderen betroffenen Kunden demnach dabei verbleiben muss, dass die einseitige Preisbestimmung dieses Grundversorgers jedenfalls bisher unwirksam ist, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB (BGH X ZR 60/04 unter II.1).

Nicht ohne Grund sehen §§ 108, 102, 103 EnWG eine Konzentratsionswirkung bei einem Spruchkörper vor, wenn der Streit darum geht, ob der Grundversorger mit seiner einseitigen Preis(neu)bestimmung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG seine gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG tatsächlich erfüllt hat.

Black:

--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Das Beispiel von Black mit Richter 1 und Richter 2 zeigt nur, dass die veröffentlichten Allgemeinen Preise jedenfalls unbillig und deshalb für die betroffenen Kunden gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich waren und lediglich für Kläger 1 und Kläger 2 eine gerichtliche Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB getrooffen wurde, es für alle anderen betroffenen Kunden demnach dabei verbleiben muss, dass die einseitige Preisbestimmung dieses Grundversorgers jedenfalls bisher unwirksam ist, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.
--- Ende Zitat ---

Aha. Und wie ist dann für all diese anderen Kunden der Preis zu bestimmen? Muss jetzt jeder Einzelne verklagt werden um eine gerichtliche Festlegung für ihn persönlich zu erreichen?


--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Nicht ohne Grund sehen §§ 108, 102, 103 EnWG eine Konzentratsionswirkung bei einem Spruchkörper vor, wenn der Streit darum geht, ob der Grundversorger mit seiner einseitigen Preis(neu)bestimmung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG seine gesetzliche Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG tatsächlich erfüllt hat.
--- Ende Zitat ---

Erzählen Sie das mal dem OLG Celle, OLG Köln oder OLG FFM  :rolleyes:

RR-E-ft:
@Black

Wie halten es denn nun die ehrbaren Kaufleute unter den Grundversorgern mit ihrer gesetzlichen Preisbestimmungspflicht gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG, wenn sie merken, dass die bisherige Tarifbestimmung fehlerhaft und der Tarif deshalb bisher überhöht ist ?!

Interessant vielleicht gerade auch dann, wenn - wie in Ihrem Besipiel - auch schon Gerichte festgestellt haben, dass deren bisherige Preisbestimmung gegenüber grundversorgten Kunden jedenfalls nicht der Billigkeit entsprachen und deshalb für die betroffenen Kunden gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich sind.

Schließlich kommt ja bekanntlich die Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB - wie in Ihrem Beispiel -  nicht schon dann in Betracht, wenn die Frage der Billigkeit offen geblieben ist, sondern nur dann, wenn die Unbilligkeit entweder vom Versorger im Prozess eingeräumt wurde oder aber durch Beweisaufnahme vom Gericht positiv festgestellt wurde (BGH VIII ZR 240/90 am Ende).


--- Zitat ---Original von RR-E-ft

@Black


--- Zitat ---Original von RR-E-ft  

Der Grundversorger  bleibt schließlich gesetzlich verpflichtet, die bisher unterlassene Tarifanpassung zugunsten der grundversorgten Kunden so schnell als möglich nachzuholen (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].  

Das kann er jedoch nur durch eine, in die Zukunft gerichtete Preisneufestsetzung gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG, die für alle grundversorgten Kunden gleichermaßen Wirkung entfaltet.

Der Versorger kann sich gerade nicht darauf zurückziehen, die betroffenen Kunden hätten bisher nicht gemerkt, dass die bisher getroffene Tarifbestimmung nicht ordnungsgemäß ist, der Tarif überhöht ist, und diesen weiter zur Abrechnung stellen und bei den betroffenen Kunden einfordern (BGH 5 StR 394/08].
--- Ende Zitat ---

Wenn der Grundversorger nunmehr feststellt, dass er bisher ihm durchaus mögliche Tarifanpassungen zugunsten der Kunden [ganz aus Versehen] unterlassen hatte, sein Tarif deshalb schon länger überhöht ist, muss er ihn nunmehr jedenfalls schnellstmöglich absenken (BGH 5 StR 394/08] undzwar gegenüber allen grundversorgten Kunden, unabhängig davon, wann der Vertragsabschluss erfolgte.  

Dies ergibt sich unmittelbar aus §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG.   Der Versorger kann also nicht sagen, er senke den Allgemeinen Preis nur gegenüber bestimmten grundversorgten Kunden (Bestandskunden) ab, nicht jedoch gegenüber anderen grundversorgten Kunden (Neukunden).  Sagen könnte er es schon, aber er dürfte es jedenfalls nicht in die Tat umsetzen. Denn eine solche Preisspaltung zwischen Bestands- und Neukunden wäre in der Grundversorgung  jedenfalls gesetzlich unzulässig.
--- Ende Zitat ---

Wenn die bisherige Tarifbestimmung unbillig war, dann verbleibt für zurückliegende Zeiträume wohl nur die Möglichkeit, die betroffenen Kunden wegen einer gerichtlichen Ersatzbestimmung zu verklagen. Jedenfalls dann, wenn der Versorger insoweit Zahlung beanspruchen wollte. Dies folgt unmittelbar aus § 315 Abs. 3 BGB (vgl. nur BGH X ZR 60/04 unter II.1).

Die genannten OLG haben offensichtlich nicht erkannt, dass der Streit der Parteien um die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung des Versorgers aus §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG geht, wohl weil sie es sich nicht bei Lichte betrachtet hatten.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln