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Autor Thema: Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?  (Gelesen 48562 mal)

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Offline Schwalmtaler

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #120 am: 24. Februar 2011, 11:38:25 »
habe mich vielleicht nicht klar ausgedrückt, sorry!

Hintergrund der Frage ist folgende Überlegung: Wenn ein Versorger einen alten Sondervertrag mit nicht gesetzlich abgesicherter Preisanpassungsklausel nur bei denen kündigt, die sich auf deren Nichtigkeit berufen und bei denen weiterlaufen lässt, die einfach immer brav bezahlen und nicht auf ihr Recht bestehen, könnte m.E. die Kündigung rechtsmissbräuchlich sein.
Denn wenn ein Versorger meint, dass er diesen Vertrag aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr aufrechterhalten kann, muss er m.E. diesen Vertrag auch allen kündigen und nicht nur einigen.
Lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #121 am: 24. Februar 2011, 11:41:26 »
Und was hat eine rechtsmissbräuchliche Kündigung mit Betrug zu tun?
In diesem Thread geht es um eine mögliche Betrugsstrafbarkeit.

Vielleicht habe ich mich nicht klar ausgedrückt, sorry!

Zitat
Original von RR-E-ft
Was macht man gegen...?
Gegen Rotweinflecke soll Speisesalz helfen. Wer behauptet, das Bestreichen mit Marmelde helfe gegen Fettflecke, muss sich deshalb nicht unbedingt wegen Betruges strafbar machen.
Das sind so Fragen, die nicht in diesem Thread diskutiert werden sollten.  ;)

Offline Schwalmtaler

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #122 am: 24. Februar 2011, 13:40:35 »
Ist es kein Betrug, einer Verbraucherdurch eine Rechtsmissbräuchliche Kündigung in einen teuren neuen Vertrag (und damit Vermögensschaden)
 zu zwingen? was ist es dann?

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #123 am: 24. Februar 2011, 13:43:34 »
Zitat
Original von RR-E-ft

Betrug setzt eine Täuschung voraus, die zu einem Irrtum führt, der wiederum eine Vermögensverfügung bedingt, welche zu einem rechtswidrigen Vermögensvorteil und einem deckungsgleichem Vermögenschaden führt.

Zitat
Original von Schwalmtaler
Ist es kein Betrug, einer Verbraucherdurch eine Rechtsmissbräuchliche Kündigung in einen teuren neuen Vertrag (und damit Vermögensschaden)
 zu zwingen? was ist es dann?

Täuschung? Dadurch bedingter Irrtum? Dadurch bedingte Vermögensverfügung? ... Es wird wohl eher Unfug sein.

Nicht jeder, der einen Schaden hat, ist deshalb betrogen worden. Allenfalls vom Leben. Wenn einem die wertvolle Münze aus Versehen unrettbar  ins Gullyloch kullert, hat man gewiss einen Vermögensschaden.
Deshalb kann man jedoch nicht das Gullyloch vor Gericht stellen.

Offline Goetz-lebt

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #124 am: 25. Februar 2011, 20:43:56 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Der BGH sagt, dass mit den Abrechnungen eine stillschweigende Erklärung über die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung und der Ordnungegemäßheit der Tarifkalkulation inne wohnen kann, wenn eine besondere Tarifbestimmungspflicht besteht.

Der BGH sagt ferner, dass eine die Betrugsstrafbakeit begründende Täuschung vorliegen kann, wenn die mit der Abrechnung verbundene stillschweigende Erklärung falsch ist.

Der Versorger (die Verantwortlichen bei diesem) weiß, ob er seiner gesetzlichen Tarifanpassungspflicht zu Gunsten der betroffenen Kunden genügt hat oder nicht, mithin ob seine mit der Abrechnung verbundene stillschweigende Erklärung deshalb  zutreffend ist oder nicht.

Dann liegen wir mit unseren Ansätzen doch näher beieinander als Sie es zunächst angenommen haben.

Wenn eine besondere Tarifbestimmungspflicht besteht, muss der Verpflichtete auch die Anknüpfungstatsachen offenlegen.
Sonst ist eine solche \"Pflicht\" entweder nur heiße Luft oder eröffnet dem Versorger  Tür u. Tor zum Tricksen. Und ich denke darauf zielt ja letztlich die Eingangsfrage ab.

Auf die Gefahr hin, ebenfalls einen \"off-topic-Vorwurf\" zu ernten, möchte ich dennoch auf einen m. E. sehr interessanten Gesichtspunkt des Bundesver-
fassungsgerichts im jüngsten Urteil zum sog. \"Flughafenverbot\" hinweisen.
In seinem (glaube am Dienstag verkündeten) Urteil zur Versammlungs- u.
Meinungsfreiheit hat das BVerfG darauf hingewiesen, dass der betroffene
Flughafenbetreiber zwar privatrechtlich organisiert sei - da aber die öffentliche Hand an diesem Unternehmen die Mehrheit hält, sei der Betreiber trotzdem unmittelbar an die Grundrechte gebunden.
Das bedeutet: immer, wo der Bund, die Länder o. Kommunen direkt o. indirekt die Kontrolle über ein Unternehmen haben, gilt der Grundrechts-
schutz.
In diese Richtung geht daher auch mein o.g. Gedanke, dass im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge andere Maßstäbe zu gelten haben als im Bordell oder bei albanischen Hütchenspielern...

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #125 am: 25. Februar 2011, 20:58:10 »
Gerade wenn der Kunde die Grundlagen der Tarifbestimmung nicht kennt, kommt eine betrugsrelevante Täuschung durch die mit der Abrechnung verbundene stillschweigende Erklärung über die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung und die Ordnungsgemäßheit der getroffenen Tarifbestimmung in Betracht. In diesem Thread geht es deshalb gerade nicht um die Frage nach der Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen gegenüber dem Kunden.
Die gesetzliche Tarifbestimmungs- und -anpassungspflicht betrifft alle Grundversorger gleichermaßen, vollkommen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und einer etwaigen Beteiligung der sog. öffentlichen Hand oder der offen gehaltenen Hand.

Offline Goetz-lebt

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #126 am: 25. Februar 2011, 21:15:00 »
Zitat
Original von RR-E-ft
 
Die gesetzliche Tarifbestimmungs- und -anpassungspflicht betrifft alle Grundversorger gleichermaßen, vollkommen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und einer etwaigen Beteiligung der sog. öffentlichen Hand oder der offen gehaltenen Hand.

Das ist wohl wahr, aber wie sieht die Realität aus ?

Gewiefte Vertragsanwälte und geschickt verklausulierte Vertragsbestimmungen
(insb. in den AGBs) machen es dem Kunden nicht unbedingt einfacher, seine konkrete Rechnung im Hinblick auf o.g. Pflichten zu überprüfen - oder noch zugespitzter formuliert: welcher Kunde (vor allem \"Verbraucher\") kennt denn die Feinheiten ?
Wo kein Kläger, da kein Richter...

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #127 am: 25. Februar 2011, 21:23:33 »
In der Grundversorgung gibt es nur die gesetzlichen Bestimmungen, nämlich §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG iVm. StromGVV/ GasGVV.

Gerade weil die betroffenen Kunden den Wahrheitsgehalt der mit den Abrechnungen des Grundversorgers stillschweigend verbundenen Erklärung nicht selbst überprüfen können und deshalb darauf angeweisen sind, diesen zu vertrauen, kommt eine betrugsrelevante Täuschung in Betracht. In diesem Zusammenhang stellt sich auch nicht die Frage nach vermeintlich gewieften Vertragsanwälten.

Dafür, ob ein Betrug vorliegt oder nicht, kommt es gerade nicht darauf an, ob die betroffenen Kunden die Feinheiten der Abrechnung überhaupt kennen, wenn sie auf die stillschweigend erklärte Ordnungsgemäßheit der Abrechnung und der getroffenen Tarifbestimmung vertrauen (können) müssen. Die gesetzliche Tarifbestimmungs- und -anpassungspflicht dient schließlich auch dem Schutz der Vermögensinteressen der betroffenen Kunden.

In diesem Thread geht es schließlich auch nicht um die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle. Die Möglichkeit einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle für die betroffenen Kunden schließt die mögliche Betrugsstrafbarkeit gerade nicht aus.
In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht auf einen privaten Kläger, sondern auf die staatlichen Ankläger bzw. die staatlichen Anklagebehörden an.


Zitat
Original von Goetz-lebt
Gewiefte Vertragsanwälte und geschickt verklausulierte Vertragsbestimmungen (insb. in den AGBs) machen es dem Kunden nicht unbedingt einfacher, seine konkrete Rechnung im Hinblick auf o.g. Pflichten zu überprüfen - oder noch zugespitzter formuliert: welcher Kunde (vor allem \"Verbraucher\") kennt denn die Feinheiten ? Wo kein Kläger, da kein Richter...

Mit Verlaub: Weiteres allgemeines Bla, bla brauchen wir an dieser Stelle nicht.

Bei Sonderverträgen, die im Rahmen der Vertragsfreiheit angeboten und abgeschlossen werden, gibt es grundsätzlich weder eine gesetzliche Tarifbestimmungspflicht noch eine gesetzliche Tarifanpassungspflicht zugunsten der Kunden.
Es gilt vielmehr der im Rahmen der Vertragsfreiheit (frei) vereinbarte Preis:

LG Frankfurt/O. Urt.v. 22.02.11 Az. 6a S 30/10 Widerklage gegen Gasversorger erfolgreich (EWE)

Offline Lothar Gutsche

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #128 am: 25. Februar 2011, 23:29:19 »
In dem Thread \"Preiserhöhungen trotz unwirksamer Preisanpassungsklausel – kann das einen Betrugsverdacht begründen?\" gab es schon einmal eine Diskussion zum möglichen Betrug bei vorsätzlich überteuerten Sonderverträgen mit unwirksamer Preisanpassungsklausel.

Zitat
Original von RR-E-ft, 13.02.2011 19:35
Bei Sonderverträgen besteht keine gesetzliche besondere Preisbestimmungspflicht.
Es besteht regelmäßig auch keine vertragliche besondere Preisbestimmungspflicht.

Erkennt der Versorger jedoch, dass er zu einseitigen Preisänderungen infolge nicht wirksam einbezogener oder unwirksamer Preisänderungsklauseln nicht berechtigt ist und stellt er gleichwohl einseitig erhöhte Entgelte entgegen dieser Kenntnis weiter zur Abrechnung, kann auch dies zu einer Täuschung der Kunden darüber führen, die zur Abrechnung gestellten Entgelte seien vollständig geschuldet, was sie tatsächlich jedoch nicht sind.

Nicht schon das Verwenden der unwirksamen Klauseln an sich ist strafbar, sondern erst das wider besserem Wissen weiterhin Zur-Abrechnung-Stellen tatsächlich nicht geschuldeter Beträge kann womöglich eine Betrugsstrafbarkeit begründen, jedenfalls dann, wenn der Versorger das besondere Vertrauen seiner Kunden hat und für eigene Zwecke in Anspruch nimmt.
Der Berliner Professor Dr. Kurt Markert hatte deshalb Strafanzeigen gegen E.ON Hanse und die Berliner Gasag gestellt, vgl. im Detail den Beitrag vom 4.8.2010 unter http://www.energienetz.de/de/Energiebezug/Strom/Stromwirtschaft/Stromversorger/eon-Hanse__2333/ContentDetail__11496/.

Viele Grüße
Lothar Gutsche
Email: Lothar.Gutsche@arcor.de

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #129 am: 26. Februar 2011, 00:04:56 »
Herr Dr. Gutsche,

zum wievielten Male bringen Sie den Verweis darauf an?

Betrug ist auch an Spielautomaten möglich....

Das ist ein vollkommen anderes Thema und wird bitte auch in einem vollkommen anderen Thread weiter diskutiert.

Ich weiß um die Strafanzeigen von Herrn Prof. Markert und hatte dazu angemerkt, dass ich ihn als Energierechtsexperten sehr schätze, er nicht auch noch Strafrechtsexperte sein muss. ;)

Zitat
Die Kunden werden dadurch absichtlich darüber getäuscht, dass die Zahlungsansprüche ungerechtfertigt sind.

Eher nicht.

Zitat
\"Die von E.ON Hanse Vertrieb ihren Sonderkunden seit 2004 gestellten Jahresrechnungen sind insoweit unrechtmäßig, als sie die unwirksamen Erhöhungsbeträge einschließen\".

Kenntnis haben konnten die Verantwortlichen jedenfalls erst mit Rechtskraft der BGH- Entscheidungen und nur wenn danach die unrechtmäßigen Beträge immer noch, aber jedenfalls erst noch weiter zur Abrechnung gestellt werden, könnte eine Betrugsstrafbarkeit begründet sein.

Insbesondere dann, wenn Sondervertragskunden wegen fehlendem Preisänderungsrecht Rechnungen widersprochen und Rechnungsbeträge gekürzt hatten und dann unbegründet auf Zahlung verklagt werden, können sie ja durch die Zahlungsklage auch nicht darüber getäuscht werden, dass die behaupteten Zahlungsansprüche tatsächlich bestehen. Sie werden wohl vielmehr von Anfang an die Unbegründetheit der Zahlungsklage erkennen.  ;)

Der Fall liegt jedoch noch bedeutend anders als bei einer gesetzlichen Tarifbestimmungs- und -anpassungspflicht zugunsten der Kunden, die dem Schutz der Vermögensinteressen der betroffenen Kunden dient, die betroffenen Kunden für den Grundversorger erkennbar nur im Vertrauen auf die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung und der getroffenen Tarifbestimmung vorbehaltlos und vollständig Zahlungen auf die inkrimnierten Abrechnungen leisten.

Und darum geht es in diesem Thread, undzwar nur darum.

Sonst fühle ich mich um meine Lebenszeit betrogen.  ;)

Offline tangocharly

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #130 am: 26. Februar 2011, 14:48:19 »
Zitat
Der Fall liegt jedoch noch bedeutend anders als bei einer gesetzlichen Tarifbestimmungs- und -anpassungspflicht zugunsten der Kunden, die dem Schutz der Vermögensinteressen der betroffenen Kunden dient, die betroffenen Kunden für den Grundversorger erkennbar nur im Vertrauen auf die Ordnungsgemäßheit der Abrechnung und der getroffenen Tarifbestimmung vorbehaltlos und vollständig Zahlungen auf die inkrimnierten Abrechnungen leisten.

Staun! Wird hier jetzt Betrug (§ 263 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB) diskutiert ?

Seit wann hat der Grundversorger eine Vermögensbetreuungspflicht?

Der Gedanke wäre zwar nicht schlecht (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB), dann bräuchte man auch sich nicht ständig mit der dämlichen Widerspruchsproblematik auseinander zu setzen, die offensichtlich nur der \"Sicherung der Ertrags- und Erlöslage\" der Versorgungswirtschaft dient (BGH, VIII 36/06).
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline Jagni

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #131 am: 26. Februar 2011, 17:10:00 »
Im Moment geht es nur um die Täuschung.  Wer von einer Unrechtmäßigkeit Kenntnis hat, wird wohl nicht mehr vorbringen können, dass er dahingehend getäuscht wurde. Anders bei dem Millionenheer von Verbrauchern in der Grundversorgung, die alle nur deswegen brav zahlen, weil sie wissen, dass die Versorger einer gesetzlichen Preisbestimmungspflicht unterliegen und darauf vertrauen können und müssen, dass ihr gefolgt wird. Diese Verbraucher werden tatsächlich in die Irre geführt.

Insoweit sehe ich auch in der gesetzlichen Preisbestimmungspflicht einen Schutz für das Vermögen der Verbraucher, in das ungerechtfertigt eingegriffen werden soll.

Hinsichtlich einer Täuschung stellt sich jedoch auch die Frage, ob  gegenüber bestehenden Tatsachen in die Irre geführt, also getäuscht wird, und das ist ebenso entscheidend.

Dazu die Argumentation aus der Versorgerwelt:

Der Versorger bestreitet, dass das Gesetz entsprechende Tatsachen parat hält. Er weiß nur, dass er seiner Preisbestimmungspflicht der Billigkeit entsprechend  nachkommen muss. Und was die Rechtsprechung zur Billigkeit entwickelt hat, z.B. die Rechtspflicht zur Kostenabsenkung usw.,  sind Erkenntnisse, die sich aus der Rechtsanwendung heraus gebildet haben  - also Rechtsfragen und somit keine wahren Tatsachen. Solche Tatsachen wird man vergeblich im Gesetz suchen.

Mir stellt sich somit  die Frage, ab wann diese Rechtsfragen mit ihren von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Merkmalen in den Zustand von Tatsachen im Sinne  § 263 StGB übergehen, weil nur im Hinblick auf Tatsachen getäuscht werden kann.

Zitat
Zitat von RR-E-ft
Mit der Abrechnung sind stillschweigend objektiv prüffähige Tatsachenbehauptungen verbunden.
Gerade darin liegt ja der Abrechnungsbetrug begründet (BGH Az. 5 StR 394/08]
Für die angezogene BGH-Entscheidung wird das wohl zutreffen. Denn hier waren die Tatsachen im Straßenreinigungsgesetz konkret umschrieben und es konnte schon aus dem Gesetz heraus erkannt werden, wie mit den Kosten umzugehen ist.

In der Grundversorgung wird das aus Versorgersicht jedoch bestritten werden. Die mit der Abrechnung stillschweigend verbundene Behauptung werden Versorger immer nur darauf beziehen wollen, dass sich ihre Preisbildung und danach auch die Abrechnung ausschließlich im Rahmen von billigem Ermessen vollzogen hat. Diese Aussage verankern Versorger sogar in ihren AGB, gewissermaßen als ein Gütesiegel dafür, wie pflichtbewusst und gesetzestreu sie bei ihrer Preisbildung vorgehen.

Wird irgendwann einmal ihr tatsächliches Preisgehabe durch ein Gericht ans Licht gezerrt, nach dem Maßstab billigen Ermessens verworfen und hinsichtlich des Preises eine Ersatzbestimmung vorgenommen, dann werden sie nach ihren Aussagen nur geirrt, möglicherweise eine fehlerhafte Handlung begangen, aber niemals getäuscht oder gar betrogen haben.
Auch die danach vorgenommenen Abrechnungen werden sie immer mit der Erklärung verbinden, dass sie „ausschließlich nach Maßgabe der Billigkeit“ erfolgt sind.

So lange das Gesetz und die dazugehörigen Verordnungen die verpflichtenden Tatsachen derart dürr und matt ausgestalten und es ausschließlich einer Billigkeitsbetrachtung im Rahmen der Rechtsprechung überlassen, die dazugehörigen Merkmale im weiten Spielraum dieses Ermessens aufzutreiben, so lange werden die Versorger die Billigkeit wie ein Bollwerk benutzen, um dahinter ihrem ureigensten Interesse zu folgen. Black hat das erkennbar gemacht.

Es wird nun interessant sein, wie die sogenannten CCO’s  aus ihren Stellenbeschreibungen heraus mit diesem Billigkeitsgebaren in ihren Unternehmen umgehen und wie sie dabei das Gehör ihrer Vorstandskollegen finden.

Gruß
Jagni

Offline RR-E-ft

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Machen sich Versorger durch unbillige Preisbestimmungen strafbar?
« Antwort #132 am: 26. Februar 2011, 17:37:32 »
Es geht hier um die mögliche Betrugsstrafbarkeit hinsichtlich der Grundversorgung.

Konkret geht es um die gesetzliche Tarifbestimmungs- und -anpassungspflicht zugunsten der Kunden (BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18].

Zitat
BGH KZR 2/07 Rn. 26, VIII ZR 81/08 Rn. 18:

Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit (BGHZ 172, 315 Tz. 16 f.) ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist

Diese gesetzliche Pflicht der Grundversorger dient offensichtlich dem Schutz der Vermögensinteressen der betroffenen Kunden.

Die stillschweigende Erklärung, die deshalb mit den Abrechnungen der Grundversorger in Bezug auf die Ordnungegemäßheit der Abrechnung und die Ordnungsgemäßheit der getroffenen Tarifbestimmung verbunden sind, wurde weiter oben bereits konkret  aufgezeigt. Diese stillschweigende Erklärung betrifft keine Rechtsfragen, sondern immer objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptungen.

Zitat
Original von RR-E-ft
Die stillschweigende Erklärung, die mit jeder Abrechnung des Grundversorgers verbunden ist, lautet:


\"Wir haben unserer gesetzlichen Tarifanpassungspflicht entsprochen. Wir haben immer wieder eigenverantwortlich neu umfassend geprüft, ob eine Tarifanpassung zu Ihren Gunsten möglich ist. Wir sind dabei jeweils eigenverantwortlich zu dem Ergebnis gelangt, dass sich auch nach Ausschöpfung aller unserer Möglichkeiten für Sie nichts Günstigeres ergeben konnte.\"


Das ist die in jeder Verbrauchsabrechnung des Grundversorgers stillschweigend verkörperte Tatsachenbehauptung. Diese steht auch in Zusammenhang mit der gesetzlichen Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EnWG.

Und diese Tatsachenbehauptung lässt sich jedenfalls objektiv daraufhin überprüfen, ob sie zutreffend ist oder aber falsch ist.

Schließlich muss es über die entsprechenden fortlaufenden Prüfungen bei jedem Grundversorger im Hause entsprechende Dokumentationen geben,  welche die durchgeführten Prüfungen und deren jeweiliges Ergebnis auch für Dritte nachvollziehbar und überprüfbar  belegen.

Wenn sie falsch ist, kann deshalb eine Betrugsstrafbarkeit der Verantwortlichen begründet sein.

Eine andere stillschweigende Erklärung ist mit der Verbrauchsabrechnung jedenfalls nicht verbunden, insbesondere kein auf Annahme gerichteter Antrag auf Entgeltneuvereinbarung gem. §§ 145 ff. BGB. Denn dann könnte der Kunde in Abweichung von § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB jedenfalls darüber entscheiden, ob er die Preise ablehnt und jedenfalls allein deshalb nicht vertraglich zur Zahlung verpflichtet ist. Dies aber liefe der gesetzlichen Regelung des § 36 Abs. 1 EnWG ganz offensichtlich zuwider.

Denn bereits aus § 36 Abs. 1 EnWG ergibt sich zwingend, dass in diesem Bereich ausnahmslos alle Haushaltskunden zu dem vom Grundversorger infolge dessen gesetzlicher Tarifbestimmungspflicht eigenverantwortlich  festgelegten Tarif versorgt werden müssen, anderweitige Preisvereinbarungen deshalb  jedenfalls gesetzlich unzulässig sind.

Die betroffenen Kunden zahlen die Verbrauchsabrechnungen nur dann vorbehaltlos und vollständig, wenn sie der o. g. stillschweigenden Erklärung des Grundversorgers vertrauen. Ihre vorbehaltlosen und vollständigen Zahlungen dokumentieren deshalb nur dieses Vertrauen, welches der Grundversorger weder enttäuschen, noch missbrauchen darf.

 

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