Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Kein Schutz für Sondervertragskunden bei ordnungsgemäßer Kündigung
BerndA:
Hallo Herr Fricke,
ich habe da nochmal ein wichtige rechtliche Frage:
Mehrere Widerspruchseinleger eines hiesigen Versorgers wurden bereits im April 2007 von diesem Versorger in die \"Grundversorgung\" abgeschoben, weil diese ein neues Sondervertragsangebot nicht angenommen hatten.
Dieser neue Sondervertrag bzw. die Abschiebung in die sonst fällige Grundversorgung wurden mit einer Einführung eines neuen Preissystems des Versorgers begründet. Es wurde jedoch in diesem Zusammenhang keine ordentliche Kündigung des bisherigen Tarifes ausgesprochen !
Daher hatten die Widerspruchseinleger deraus ihrer Sicht unzulässigen Abschiebung in die Grundversorgung widersprochen und sind davon ausgegangen, dass der bis dahin gültige Status als Kunde in einem Sonderabkommen weiterhin Gültigkeit hat.
Der Versorger hat sich damals so ausgedrückt:
\"Wenn Sie sich nicht für unseren neuen Sondervertrag entscheiden, werden Sie ab April 2007 automatisch in den Grundversorgunsgtarif \"Midi\" des neuen Tarifsystem (welches übrigens erheblich teurer war) überführt. Hierfür gelten die \"Allgemeinen Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden\".
Wenn jetzt dieser Versorger ein frist- und formgerechte Kündigung \"des bestehenden Erdgasliefervertrages\" ausspricht, ist dies dann eine gültige Kündigung eines Sondervertrages/Sonderabkommens oder ein unwirksame Kündigung eines bestehenden Grundversorgungsverhältnisses ?
Mit freundlichen Grüßen
B. Ahlers
BdEv Münsterland
RR-E-ft:
Überführt werden kann man nach Lebensende an den Ort seiner Wahl.
Kommissare können Missetäter überführen.
Wurde der Sondervertrag nicht wirksam gekündigt, besteht er ungekündigt fort.
Wenn der Versorger schreibt, dass er zukünftig die Grundeversorgungstarife zugrunde legt, ohne die Kündigung des bisherigen Vertrages zu erklären, so ist das reines Wunschdenken des Versorgers (siehe Rückforderungsurteile LG Dortmund und OLG Hamm in Sachen VZ NRW gegen RWE).
Ob ein bestehender Sondervertrag bisher wirksam gekündigt wurde, ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen.
Wurde der Sondervertrag bisher nicht wirksam gekündigt, kann er freilich jetzt wirksam ordentlich gekündigt werden. Ein Grundversorgungsvertrag kann vom Versorger hingegen regelmäßig nicht ordnungegemäß gekündigt werden, § 20 Abs. 1 Satz 3 GVV.
Die ordentliche versorgerseitige Kündigung eines Energielieferungsvertrages spricht deshalb dafür, dass der Versorger von einem bestehenden Sondervertrag ausgeht, der ordentlich gekündigt werden kann und soll.
sternenmeer:
Kann bei einem Anschluss- und Benutzungszwanges (Fernwärme-Monopol)
nur dem einzigen Protestler (rechtswidr. Preisänderungsklausel) vom Ver-
sorger rechtswirksam gekündigt werden und ein neuer Vertrag zu schlech-
teren Konditionen angeboten werden?
Hier kann doch der Beitrag \"Kein Schutz für Sondervertragskunden bei ord-
nungsgemäßer Kündigung\" nicht gelten,auch wenn die Kündigung formal
vertragsgemäß korrekt erfolgte.
Die Möglichkeit eines Versorgerwechsels ist bei Fernwärme nicht gegeben.
Stellt eine solche Kündigung nicht einen Verstoss gegen den Gleichbehand-
lungsgrundsatz (Diskriminierung) dar und ist gerade nicht wirksam
(§19 Abs. 1 GWB i.V. mit § 134 BGB),sodass der alte Vertrag weiter gilt?
Hätte der Versorger nicht alle Verträge ordnungsgemäß wegen der rechts-
widrigen Preisänderungsklausel kündigen müssen?
RR-E-ft:
Bei der Fernwärmeversorgung gibt es keine Unterscheidung in Tarifkunden und Sondervertragskunden. Bei Fernwärme, insbesondere bei Anschluss- und Benutzungszwang und Monopolstellung stellen sich die Fragen deshalb auch vollkommen anders. Deswegen sollte man sich von einem Anwalt beraten lassen.
Black:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Wenn der Versorger schreibt, dass er zukünftig die Grundeversorgungstarife zugrunde legt, ohne die Kündigung des bisherigen Vertrages zu erklären, so ist das reines Wunschdenken des Versorgers (siehe Rückforderungsurteile LG Dortmund und OLG Hamm in Sachen VZ NRW gegen RWE)
--- Ende Zitat ---
Der BGH äußert sich in seiner aktuellen Entscheidung so:
--- Zitat ---BGH, 09.02.2011, VIII ZR 295/09, Rz. 24
Ein Preisänderungsrecht nach § 4 AVBGasV besteht aber auch dann nicht, wenn das Versorgungsunternehmen - wie hier - dazu übergeht, einen Kunden, der bis dahin als Tarifkunde versorgt worden ist, aus dessen Sicht außerhalb der allgemeinen Tarifpreise unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu Sonderpreisen zu versorgen.
--- Ende Zitat ---
Der BGH bejaht also scheinbar, dass der Versorger auch einseitig durch eine Umstellung der Belieferung die Vertragssituation ändern könne.
Kann ein EVU einseitig zwischen Tarif- und Sondervertrag wechseln?
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