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Autor Thema: Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach  (Gelesen 17580 mal)

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Offline Kampfzwerg

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #15 am: 16. April 2011, 18:22:02 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Der Anwalt, der die ganze Arbeit damit hatte, hat es geschafft.  ;)Der Beitrag des Mandanten lag im Mut zum Widerspruch, ein paar kurzen Widerspruchsschreiben und darin, einen entsprechenden Anwalt für sich streiten zu lassen.
Ohne einen entsprechenden Mandanten hätte der Anwalt wohl gar keine Arbeit gehabt.  ;)
Man sollte einen solchen daher generell - auch im Hinblick auf vielleicht weniger risikofreudige Zeitgenossen, die durch Herrn Cremer Mut zu entsprechenden Aktionen fanden - nicht geringschätzen.
Vielleicht einigen Sie beide sich daher noch auf eine obligatorische Symbiose?  ;)


Herr RA Dr. Hempel scheint überhaupt ein sehr umtriebiger Zeitgenosse zu sein, der seine Pfründe auf mannigfaltige Art zu mehren weiß.

Offline Cremer

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #16 am: 17. April 2011, 10:53:53 »
Hallo Herr Fricke,

natürlich gebührt Ihnen auch der große Dank für die tolle juristische Leistung.

Einfach top kann man sagen.

Jedoch ohne meine in 2004 getroffene Entscheidung, Widerspruch gegen die Energiepreise einzulegen, die Abschläge zu kürzen, eigene Jahresrechnugnen zu erstellen und bei jeder Preiserhöhung den Widerspruch zu bekräftigen, wäre dies wohl nicht zustande gekommen.

Viele meiner Bekannten hatten gesagt \"Das lohnt sich nicht, man verliert ja sowieso\"

Nachdem die Stadtwerke am 14. August 2007 Klage erhoben haben, war meine Entscheidung genau richtig, Sie mit dem Mandat zu beauftragen.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline Cremer

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #17 am: 22. April 2011, 14:39:20 »
Die Urteilsbegründung ist da.

Das Urteil beinhaltet 26 Seiten. Die Kammer hat hier sehr ausführlich die Gründe der Kalgeabweisung dargelegt.

Vermutlich auch deshalb so ausführlich, da 3 weitere Verfahren am Amtsgericht Bad Kreuznach seit letztem Jahr anhängig sind. Das Amtsgericht hatte bisher noch keine Verhandlungstermine angesetzt.

Diese sind:
- Feststellungsklage auf 10-jähre Verjährungsfrist durch den 2. Vorsitzenden der BIFEP
- Bei 2 von 3 Widerspprüchen der Mahnverfahren hatte die SW KH Klage eingereicht. Eine Klage gegen den 3. Widerspruch haben die wohl vergessen:-) Rüge hat das Amtsgericht den SW KH erteilt, dass die Klagen wohl zu spät eingereicht wurden.
- 20 Rückforderungssammelkläger hatten gegen die SW KH  Klage auf Rückzahlung von ca. 60.000 € eingereicht.

Jetzt wird es auch hier weitergehen.

Gemäß dem Geschäftsbericht haben die SW KH auch bereits Rückstellungen gebildet.

Die BIFEP fordert alle Kunden auf, Rückforderungsklagen für die Jahre 2008 bis 2010 einzureichen.
Hierzu wird die BIFEP einen Informationsstand demnächst in der Fußgängerzone betreiben.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline Kampfzwerg

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #18 am: 23. April 2011, 18:38:22 »
Zitat
Original von Cremer
Vermutlich auch deshalb so ausführlich, da 3 weitere Verfahren am Amtsgericht Bad Kreuznach seit letztem Jahr anhängig sind. Das Amtsgericht hatte bisher noch keine Verhandlungstermine angesetzt.

Diese sind:
- Feststellungsklage auf 10-jähre Verjährungsfrist durch den 2. Vorsitzenden der BIFEP
Das ist ja spannend! Bitte so bald wie nur irgendwie möglich nähere Info!

Um dieses eventuelle Risiko auch noch abzudecken, man denke nur an die abgeschlossenen Sonderverträge und deren Einstandspreise von annodazumal, müssten die STW Rückstellungen in wahrhaft astronomischer Höhe bilden  ;)

Offline DieAdmin

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #19 am: 27. April 2011, 11:47:00 »
Das Urteil ist in der Entscheidungssammlung:
http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/site/site__2823/

Interessant fand ich im besonderen, das nicht immer berechnet werden konnte, ob denn ein Zahlungsanspruch unter Zugrundelegung der damals vereinbarten Preise besteht: \"mangels ordnungsgemäßer Abrechnung\"

@Cremer,

sind die Abrechnungen von den Stadtwerken so wüst?

Offline RR-E-ft

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #20 am: 27. April 2011, 12:10:16 »
Die Stadtwerke trugen die Darlegungs- und Beweislast für die insgesamt bestrittenen Zahlungsansprüche.

Sie haben jedoch - trotz Hinweises des Gerichts und Schriftsatznachlass - schon nicht vorgetragen, welche Forderungen sich bei Zugrundelegung der bei Vertragsabschluss ursprünglich vereinbarten Preise überhaupt ergeben haben sollen. Insbesondere wurden keine Verbrauchsabrechnungen auf der Grundlage dieser Preise vorgelegt.  

Dies geht regelmäßig zu Lasten der für den bestrittenen Kaufpreisanspruch darlegungs- und beweisbelasteten Partei.

Offline DieAdmin

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #21 am: 27. April 2011, 12:35:19 »
Vielen Dank Herr Fricke für die Erklärung.

Wird wohl ein Geheimnis bleiben, warum die Stadtwerke keine entsprechende Berechnung dem Gericht vorlegten.

Offline RR-E-ft

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #22 am: 27. April 2011, 12:39:42 »
Es steht zu vermuten, dass es an der Erfahrung des Prozessbevollmächtigten der Stadtwerke lag.
Schließlich hätte sich dann wohl schon nach den Darlegungen der Klägerin ergeben, dass sie nichts mehr beanspruchen konnte.

Offline Cremer

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #23 am: 04. Mai 2011, 07:25:53 »
Brief an den Geschäftsführer der Stadtwerke:

Mit Verwunderung habe ich gestern festgestellt, dass der Gasanschluß des Hauses XXXXXXXXXX auf der Straße abgeklempt wurde. Hierzu wurde ein 2 x 2m Meter großes Loch gegraben, das Gasschiebergestänge unten an der Gashauptleitung demontiert und das Gashausanschlußrohr auf ca. 30 cm  Länge abgetrennt.

Aufgrund, dass ich im September 2010 auf eine elektrische Luftwärmepumpe umgestellt habe, kann ich keine Gründe für eine solche Maßnahme erkennen und es ist technisch auch nicht notwendig dies durchzuführen. Die Stadtwerke hätten genausogut den Hausanschlußgasschieber abstellen können. Sofern künftige Mieter in der Mietwohnung einen Gasanschluß wünschen, ist dies durch diese Maßnahme verhindert.

Die Stadtwerke verursachen durch diese technisch unnötige Maßnahme Kosten, die letztlich auf die Gaspreise umgeschlagen werden. Ferner ist durch das große Loch von 2x2 Meter der Straßenbelag beschädigt worden; eine Wiederherstellung der Asphaltdecke wird später immer zu Unebenheiten führen.

Ich kann mir den Eindruck nicht verwehren, dass dies Ihre unmittelbare, höchst persönliche Reaktion auf die verlorene Klage der Stadtwerke am LG Bad Kreuznach gegen mich ist.

(Edit Evitel2004: Adresse anonymisiert)
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline RR-E-ft

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #24 am: 19. Mai 2011, 14:13:10 »
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 18.04. zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 15.05.11 Berufung zum OLG Koblenz einlegen lassen und erklärt, dass Berufungsantrag und Begründung einem gesonderten Schriftsatz überlassen bleiben.

Die Berufung ist am OLG Koblenz unter dem Aktenzeichen U 570/11 Kart anhängig.

Abzuwarten bleibt, in welchem Umfang das Urteil angefochten wird und worauf man die Berufung stützen möchte.

Offline RR-E-ft

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Schlappe für die Stadtwerke Kreuznach
« Antwort #25 am: 07. Mai 2012, 11:06:10 »
Am 03.05.12 fand im Sitzungssal 10 EG, Regierungsstraße 7, Dienstgebäude II vor dem Kartellsenat des OLG Koblenz unter Vorsitz des Vizepräsidenten Sartor zum Aktenzeichen U 570/11 Kart. die Berufungsverhandlung statt, die folgendes erbracht hat:

Die durch RA Dr. Dietmar Hempel, Dortmund vertretenen Stadtwerke beantragten,

das Urteil des Landgericht Bad Kreuznach vom 14.04.11 - 5 HK O 36/09 teilweise abzuändern und
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.896,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz aus 429,37 EUR seit dem 17.02.2006, aus 500,62 EUR seit dem 25.01.2007 und aus 966,46 EUR seit dem 29.01.2008 zu zahlen,
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 3.303,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunktzen über dem Basiszinssatz aus 136,26 EUR seit dem 31.01.2006, aus 732,02 EUR seit dem 25.01.2007 nd aus 2.434,75 EUR seit dem 29.01.2008 zu zahlen,
hilfsweise den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen,
hilfsweise gegen ein die Berufung zurückweisendes Urteil die Revision zuzulassen.


Der durch RA Thomas Fricke, Jena vertretene beklagte Kunde beantragte,

die Berufung zurückzuweisen und der Klägerin auch die Kosten des Berufungsrechtszugs aufzugeben.

Der Sach- und Streitstand wurde eingehend erörtert.
Die Formalien der Berufung wurden eingehalten, so dass diese form- und fristgerecht erfolgt war.

Der Senat folgt in seiner vorläufigen Rechtsauffassung der Beurteilung des Landgerichts in folgenden Punkten:

Im November 2004 wurde ein neuer Sondervertrag für die Strom- und Gaslieferungen begründet.
Die darin enthaltenen AGB- Preisänderungsklauseln der Stadtwerke für Strom und Gas waren gem. § 307 BGB unwirksam.
Eine Beschränkung der Einzugsermächtigung, führte entgegen der Auffassung der Stadtwerke nicht zum Wegfall des Vertrages, sondern  konnte die Stadtwerke allenfalls zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen.
Eine außerordentliche Kündigung wurde deshalb jedoch von den Stadtwerken gar nicht erklärt.
Der Sondervertrag war für die Stadtwerke ordentlich kündbar mit einer Frist von drei Monaten zum Ende der Vertragslaufzeit.
Die von den Stadtwerken ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 19.10.2006 konnte jeweils nicht vor dem 31.12.07 wirksam werden.

Nach alldem konnten die Stadtwerke für den streitgegenständlichen Zeitraum nur die Preise beanspruchen, welche im November 2004 vereinbart worden seien.

Anders als das Landgericht hält der Senat aus dem Vortrag der Parteien die Ermittlung der vertraglichen Schuld auf der Basis der bei Vertragsabschluss im November 2004 vereinbarten Preise für möglich.
Der Senat könne die Forderung selbst berechnen/ ausrechnen.

Wurden etwa geringere als die bei Vertragsabschluss vereinbarten Preise bezahlt, muss deshalb mit einer berechtigten Nachforderung der Stadtwerke und in diesem Umfange mit einer Verurteilung zur Zahlung gerechnet werden.

Beim Wasserpreis habe es sich das Landgericht zu einfach gemacht, weshalb die Entscheidungsgründe die getroffene Entscheidung wohl nicht tragen.

Es gehe nicht nur um die Erhöhung des Wasserpreises.  

Der Wasserpreis unterliege nach der Rechtsprechung des BGH im Urt. v. 13.07.11 Az. VIII ZR 342/09 Rn. 36 ff. in entsprechender Anwendung des § 315 BGB insgesamt der gerichtlichen Billigkeitskontrolle,
insbesondere als der beklagte Kunde nach dem Vortrag der Stadtwerke deren Wasserpreise bereits 2005 als unbillig gerügt und einen Billigkeitsnachweis durch Offenlegung der Preiskalkulation verlangt hatte.

Für die Billigkeitskontrolle der Wasserpreise sei deshalb die vollständige Offenlegung der Preiskalkulation der Stadtwerke erforderlich.

Soweit es hierfür auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten ankommen sollte, könnte ein solches mit Kosten in Höhe von über 10.000 EUR verbunden sein.

Die Stadtwerke tragen insoweit die Darlegungs- und Beweislast und hätten deshalb auch die Gerichtskosten für die Einholung eines Sacheverständigengutachtens vorzuschießen.

Sollte den Stadtwerken mit einem gerichtlichen Sachverständigengutachten der Billigkeitsnachweis gelingen, hätte der beklagte Kunde die zur Abrechnung gestellten Wasserpreise zu zahlen und im Umfange seines Unterliegens die Verfahrenskosten zu tragen, zu denen dann auch die Kosten des gerichtlichen Sachverständigengutachtens zählen.

Der Klägerin stand noch die Möglichkeit offen, wegen der geringen Nachforderung in Bezug auf die abgerechneten Wasserpreise in Höhe von ca. 150 EUR die Berufung ohne Zustimmung des Beklagten zurückzunehmen.
Davon machte sie jedoch keinen Gebrauch. Sie beantragte vielmehr ausf entsprechenden Hinweis des Senats  hilfsweise Zurückverweisung an das Landgericht.

Die entsprechende Billigkeitskontrolle sei beim Landgericht nicht erfolgt, weshalb der Rechtsstreit insoweit auf den Hilfsantrag der Stadtwerke wohl insoweit abgetrennt dorthin zurückverweisen werden müsse, um die entsprechenden Feststellungen darüber, ob die abgerechneten Wasserpreise der Billigkeit entsprechen und für den beklagten Kunden verbindlich sind, nachzuholen.

Im Falle einer Zurückverweisung an das Landgericht wird wohl für die Klägerin noch die Möglichkeit bestehen, die Klage insoweit mit Zustimmung des Beklagten zurückzunehmen.

Der beklagte Kunde wird wohl  die Klageforderung wegen der Wasserpreise vor Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens immer noch anerkennen können.

Dem beklagten Kunden wurde auf Antrag Schriftsatznachlass bis zum 18.05.12 gewährt.

Termin zur Verkündung einer Entscheidung wurde bestimmt auf den 08.06.12, 8.45 Uhr auf dem Zimmer der Geschäftsstelle.

 

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