Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Die andere Meinung aus Dresden (RA Mielke)
khk:
--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---
Unverbindlichkeit schließt Fälligkeit aus.
--- Ende Zitat ---
Richtig ! Eine billige Leistungsbestimmung ist aber nicht unverbindlich und wird es auch nicht durch den Einwand des Schuldners !
--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---
Die Gerichte haben immer wieder ausgeführt, dass das EVU darlegen und beweisen muss, dass es seine Ermessensentscheidung im Rahmen der Billigkeit getroffen hat. Legt es hierzu nichts dar, fehlt es an der Substantiierung und eine Zahlungsklage ist abzuweisen.
--- Ende Zitat ---
Vertretbar ! Aber die Pflicht zum Nachweis eines Anspruches hat mit dessen Fälligkeit nichts zu tun. Jeder muss im Prozess notfalls beweisen, dass er eine Forderung hat. Der möglicherweise fehlende oder nicht ausreichende Beweis ändert aber am materiellen Bestand der Forderung und insbesondere an deren Fälligkeit nichts.
Die Beweislast vor oder im Prozess hat also mit der Fälligkeit nichts zu tun. Daher kann auch das vorgerichtliche Bestreiten nicht zum Wegfall der Fälligkeit einer berechtigten Forderung führen.
Ihre Ansicht trifft nur dann zu, wenn die einseitige Preisbestimmung unbillig ist. Dann ist aber nicht der Unbilligkeitseinwand derjenige, der zum Wegfall der Fälligkeit führt, sonder sie ist bereits wegen § 315 BGB suspendiert.
Freundliche Grüße aus Dresden
R. Mielke
RR-E-ft:
Sehr geehrter Herr Kollege Mielke,
die feine Nuance der verschiedenen Auffassungen, die in Ihrem letzten Satz deutlich zum Ausdruck kommt, stellt einen eher akademischen Streit dar:
Mag die Forderung auch objektiv \"unbillig\" sein, wird sie doch erst unverbindlich durch die Berufung des Schuldners auf die Unbilligkeit und Unverbindlichkeit. Sonst bleibt sie fällig.
Solange nicht klar ist, ob die Forderung nun \"unbillig\" ist oder nicht, kann nichts anderes gelten:
Alles andere hieße, dem Streit über genau diese Frage der \"Billigkeit\" der Preisbestimmung vorzugreifen.
Dieser Streit muss jedoch erst im Zahlungsprozess unter Beachtung der dort geltenden Darlegungs- und Beweislast entschieden werden.
Denn auch erst noch dort, kann sich das Bestimmungsopfer auf die Unbilligkit der Tariffestsetzung berufen.
Alles andere hieße, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Bestimmungsopfers zu verkürzen.
Wie sollte der Kunde eines EVU auch erkennen können, ob die vom EVU geforderten Tarife nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH NJW-RR 1992, 183 ff.) der Billigkeit entsprechen oder nicht.
Das ist ohne vertiefte Kenntnisse der Kostenstruktur des EVU und seiner Gewinnsituation schlicht objektiv nicht erkennbar.
Der Bestimmungsberechtigte hingegen kann immer sogleich auf Zahlung klagen und incident die Frage der Billigkeit zügig gerichtlich klären lassen.
Er allein hat es in der Hand, dass es zeitnah zu einer gerichtlichen Klärung kommt und dass nicht erst immer größere Beträge auflaufen.
Freundliche kollegiale Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
Graf Koks:
@khk:
Lieber Kollege,
Die von mir und Coll. Fricke vertretene Auffassung findet ihre Stütze an durchaus berufener Stelle, nämlich in den Motiven zum BGB.
Durch die Regelung soll dem Betroffenen nicht nur ein einfacher Weg eröffnet werden, um zur gerichtlichen Bestimmung der Leistung zu kommen (Mot. II, 192), sondern man war sich schon bei der Formulierung des Gesetzestextes darin einig, dass die richterliche Entscheidung über die Frage, welche Leistung billig sei, regelmäßig in dem Rechtsstreit über die Leistungsfrage zu treffen sei (Prot. I, 465). Bei der gerichtlichen Entscheidung handelt es sich um ein verdecktes Gestaltungsurteil. Ihre Auffassung, wonach die Fälligkeit offen ist, verträgt sich m.E. nicht mit dem Wortlaut von § 315 Abs. 3 S. 1 BGB \"nicht verbindlich ...\" .
Was soll den anderes unter Verbindlichkeit zu verstehen sein als die Fälligkeit der aus der Leistungsbestimmung resultierenden Forderung ?
Will man mit der h.M. in § 315 BGB das Korrelat zur einseitgien Bestimmungsmacht einer Vertragspartei sehen, so kann man diese wirkungsvoll und ökonomisch nur damit umsetzen, dass bis zur Darlegung der Billigkeit keine Fälligkeit eintritt. Es geht nicht allein darum, eine unbillige Leistungsbestimmung abzuwehren, sondern viel früher darum, einen Nachweis der Billigkeit fordern zu können, ohne in Verzug zu geraten. Das eine geht nicht ohne das andere. Es ist ja dann dem Bestimmenden i.S.v. § 315 BGB unbenommen, zügig den Nachweis zu erbringen und die Fälligkeit seiner Forderung herbeizuführen.
Zitat: Jeder muss im Prozess notfalls beweisen, dass er eine Forderung hat. Der möglicherweise fehlende oder nicht ausreichende Beweis ändert aber am materiellen Bestand der Forderung und insbesondere an deren Fälligkeit nichts.
Richtig. Aber in den meisten anderen Fällen besteht über die Höhe der Forderung keine rechtliche oder tatsächliche Unsicherheit. Dies ist aber bei einer im Streit stehenden Neubestimmung der Leistung i.S.d. § 315 BGB gerade der Fall, und dies ist die Besonderheit. Bei anderen vertraglichen Leistungen steht die Gegenleistung z. Zt. des Vertragsschlusses fest. Die Fälligkeit i.S.d. § 270 BGB setzt Bestimmtheit der Forderung voraus (vgl. statt vieler BGHZ 122, 32, 46; Held NZM 2004 S. 174).
Jede andere Auffassung führt in den Rückforderungsprozess, der sich für Versorgungsunternehmen schnell als teure Falle erweisen kann, vgl. das hier bereits besprochene Urteil des LG Mühlhausen.
M.f.c.G. aus Berlin
Graf Koks
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