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Autor Thema: BGH Urt. v. 28.10.14 XI ZR 348/13 zehnjährige Verjährungsfrist für Rückforderung  (Gelesen 4011 mal)

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Offline RR-E-ft

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Zu dem Urteil des BGH vom 28.10.14 Az. XI ZR 348/13 liegt bisher nur die PM vor:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=69186&linked=pm&Blank=1

Zitat
In beiden Rechtsstreiten sind die Berufungsgerichte im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die jeweilige Beklagte die streitigen Bearbeitungsentgelte durch Leistung der Klagepartei ohne rechtlichen Grund erlangt hat, § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB***. Die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verbraucherkreditverträge ist, wie der XI. Zivilsenat mit seinen beiden Urteilen vom 13. Mai 2014 entschieden hat, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB**** unwirksam (vgl. dazu Pressemitteilung Nr. 80/2014). Diese Rechtsprechung gilt auch für die hier streitgegenständlichen Entgeltregelungen.

Die Rückzahlungsansprüche beider Kläger sind zudem nicht verjährt; die gegenteilige Annahme der Vorinstanzen in der Sache XI ZR 348/13 ist unzutreffend. Bereicherungsansprüche verjähren nach § 195 BGB grundsätzlich in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Nicht erforderlich ist hingegen in der Regel, dass er aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann aber die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag. Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. In einem solchen Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Angesichts des Umstands, dass Bearbeitungsentgelte in "banküblicher Höhe" von zuletzt bis zu 2 % von der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebilligt worden waren, war Darlehensnehmern vorliegend die Erhebung einer Rückforderungsklage erst zumutbar, nachdem sich im Laufe des Jahres 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte. Seither musste ein rechtskundiger Dritter billigerweise damit rechnen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs künftig versagt werden würde.

Ausgehend hiervon sind derzeit nur solche Rückforderungsansprüche verjährt, die vor dem Jahr 2004 entstanden sind, sofern innerhalb der absoluten - kenntnisunabhängigen - 10jährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB vom Kreditnehmer keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind.

Ebenso könnte es sich verhalten, wenn die Preisanpassungsrechte in der Grundversorgung seit 2004 wegen Verstoßes gegen EU- Recht unwirksam sind (EuGH, Urt. v. 23.10.14 Rs. C-359/11), die einseitigen Preisanpassungen deshalb unwirksam waren und die Versorger deshalb insoweit keinen Anspruch auf die von ihnen zur Abrechnung gestellten Preise hatten und die betroffenen Kunden ohne Widerspruch einzulegen vorbehaltlos die erhöhten Preise zahlten.

Die betroffenen Kunden konnten möglicherweise frühestens ab dem Beschluss des BGH v. 18.5.11 Az. VIII ZR 71/10 Kenntnis von möglichen Rückforderungsansprüchen haben, nachdem es bis dahin seit dem Urteil v. 13.06.07 Az. VIII ZR 36/06  der ständigen Rechtsprechung des BGH entsprach, dass ein gesetzliches Preisanpassungsrecht besteht und ein einseitig erhöhter Preis dadurch zum neu vereinbarten Preis wird, wenn der grundversorgte Kunde der Preiserhöhung nicht widerspricht und den zur Abrechnung gestellten Preis vorbehaltlos zahlt.

Erst seit dem Urteil des EuGH vom 23.10.14, an welches der BGH gebunden ist, herrscht Rechtsklarheit darüber, dass mit den Regelungen des § 4 AVBEltV/ AVBGasV bzw. § 5 StromGVV/GasGVV den Grundversorgern seit 2004 ein Preisanpassungsrecht nicht wirksam eingeräumt war. 
« Letzte Änderung: 28. Oktober 2014, 18:36:11 von RR-E-ft »


 

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