Das Transparenzgebot des § 307 BGB soll der Umsetzung einer EU- Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen entsprechen,
hier lesen.Die bis zum 01.04.07 von EWE verwendete Preisänderungsklausel (inhaltsglich mit § 4 AVBGasV) entspricht vollkommen unstreitig nicht den Anforderungen, welche die Rechtsprechung des BGH sonst nach dem Transparenzgebot an die Konkretisierung von Preisänderungsklauseln und Leistungsänderungsvorbehalte in Allgemeinen Gechäftsbedingungen stellt.
BGH, Urt. v. 13.07.04 KZR 10/03 unter II. 6.:
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeit der Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213). Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer
Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).
Der VIII. Zivilsenat des BGH hält jedoch die Zulässigkeit einer solchen Klausel gleichwohl durch § 310 Abs. 2 BGB gerechtfertigt.
Tatsächlich lässt § 310 Abs. 2 BGB schon seinem Wortlaut nach jedoch gar keine Einschränkung bei der Inhalts- und Transparenzkontrolle des § 307 BGB zu. Die entsprechende Auslegung erscheint zudem mit den entsprechenden EU- Richtlinien unvereinbar.
Bei Abschluss von Sonderverträgen wird regelmäßig ein im Rahmen der Vertragsfreiheit vom Versorger angebotener Preis vereinbart. Die Vereinbarung einer Preisänderungsklausel ist nicht erforderlich.
Vertraglich vereinbart ist deshalb gerade kein (der gerichtlichen Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB unterliegendes) einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (vgl. BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).
Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers in Bezug auf den vertraglich geschuldeten Preis ergibt sich dabei deshalb weder aus Gesetz noch aus Vertrag.
Anders verhält es sich mit der gesetzlichen Regelung des § 5 Grundversorgungsverordnung.
Dabei handelt es sich schon um keine einer gerichtlichen Inhalts- und Transparenzkontrolle unterliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingung.
Der Gesetzgeber hat den Grundversorgern in Bezug auf die Allgemeinen Tarife ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt und sie zugleich zu einer möglichst preisgünstigen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas verpflichtet und ihnen aufgegeben, die von ihnen in Erfüllung des gesetzlichen Rechts zur Preisbestimmung und der gesetzlichen Verpflichtung zur Preisbestimmung, Allgemeine Preise öffentlich bekannt zu geben, §§ 36, 2, 1 EnWG.
Gedankliche Voraussetzung für die öffentliche Bekanntgabe solcher Allgemeinen Preise ist zuvor deren einseitige Festlegung durch den Grundversorger.
Sie sind demnach wohl
per se weder Ergebnis von Preisverhandlungen zwischen Versorger und Kunden noch einer Marktpreisbildung durch Wettbewerb, sondern Ergebnis einer kostenbasierten Preiskalkulation des Grundversorgers.
§ 5 Abs. 2 Grundversorgungsverordnung bestimmt darüber hinaus lediglich eine besondere Ausformung der Ausübung dieses einseitigen Leistungsbestimmungsrechts in Abweichung von § 315 Abs. 2 BGB.
Der Gesetzgeber hat sowohl das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Grundversorgers hinsichtlich der Preise für die Belieferung im Rahmen der gesetzlichen Versorgungspflicht als auch die gerichtliche Billigkeitskontrolle dergestalt einseitig bestimmter Preise für Elektrizität und Gas ausdrücklich vorgesehen, vgl. § 17 Abs. 1 Satz 3 Grundversorgungsverordnung.
Allgemeine Tarife sind (wohl von Anfang an) gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18].
§ 5 Abs. 2 Grundversorgungsverordnung stellt demnach gar keine Preisänderungsklausel hinsichtlich eines vertraglich vereinbarten Preises dar und kann mit einer solchen auch nicht gleichgesetzt werden.
Es erscheint deshalb abwegig, wenn der VIII. Zivilsenat des BGH aus § 310 Abs. 2 BGB herauslesen will, dass der Gesetzgeber mit § 4 AVBV bzw. § 5 Abs. 2 GVV selbst den Maßstab für die \"Transparanz\" für Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen bestimmt hätte.
Letzteres - dem Gesetzgeber vom BGH- Senat lediglich unterstellte Handeln - widerspräche wohl auch schon dem in Artikel 5 Satz 1 der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vorgeschriebenen Transparenzgebot.
Tatsächlich ist wohl rein gar nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetztgeber in irgendeiner Weise eine Abweichung von dem Transparenzgebot der EU- Richtlinie oder der bisherigen BGH- Rechtsprechung hierzu wollte.
Eine entsprechende Klärung der Grundsatzfrage scheint wichtig.