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Autor Thema: Hilfe! Der Strom soll diese Woche abgeschaltet werden.  (Gelesen 7964 mal)

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Offline price

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Hilfe! Der Strom soll diese Woche abgeschaltet werden.
« am: 04. Oktober 2010, 11:22:57 »
Der Versorger ENWAG hatte den bisherigen Vertrag schon 2007 gekündigt und mich in den teueren, sogenannten Allgemeintarif eingestuft. Der Versorger forderte mich dazu auf, den neuen GVV-Vertrag abzuschließen. Dies tat ich nicht. Also es galt meiner Meinung nach weiterhin AVBEltV. Ich bezahlte den verminderten Tarif. Zu der Erhöhung legte ich gemäß §315 BGB Widerspruch ein.

Nach Drohungen, den Strom zu sperren, sprach ich ein Hausverbot für mein Grundstück mit Ausnahme den Zähler abzulesen aus. Darauf beantragte der Versorger eine einstweilige Verfügung (Streitwert 351,74€), um meinen Stromanschluss abschalten zu können. In der darauf folgenden mündlichen Verhandlung am 30.09.2010 am AG Wetzlar, die ich leider ohne Rechtsanwalt führte, soll der Richter mein Angebot den Streitwert zu bezahlen als Zugeständnis mit dem gegnerischen Antrag verstanden haben , den Strom abschalten zu lassen. Ich habe wegen eines unguten Gefühls über den Ablauf der Verhandlung - leider erst nach der Verhandlung - einen Rechtsanwalt aufgesucht, der dieses Ergebnis durch ein Telefongespräch mit dem Richter erfahren haben will. Ich habe noch kein Protokoll der Verhandlung erhalten und diese Auskunft bisher nur von diesem Rechtsanwalt.

Ich habe natürlich nicht zugestimmt, den Strom abschalten zu lassen.

Was kann ich jetzt noch machen, um die Abschaltung zu verhindern?

Vielen Dank im Voraus.

Offline ESG-Rebell

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Hilfe! Der Strom soll diese Woche abgeschaltet werden.
« Antwort #1 am: 04. Oktober 2010, 11:57:36 »
Zitat
Original von price
... soll der Richter mein Angebot den Streitwert zu bezahlen als Zugeständnis mit dem gegnerischen Antrag verstanden haben
[...]
Was kann ich jetzt noch machen, um die Abschaltung zu verhindern?
Das was Sie bereits angeboten haben: Bezahlen Sie die Forderung; dann ist die Sperre unzulässig.

Kürzen Sie nicht weiter sondern suchen Sie sich einen anderen Anbieter (http://www.verivox.de).

Dann richten Sie wenigstens keinen Kollateralschaden (posivites Urteil für die ENWAG) an.

Mann - es ist echt zum Haareraufen, wie dilletantisch manche Kunden vorgehen. :(

Gruss,
ESG-Rebell.

Offline bolli

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Hilfe! Der Strom soll diese Woche abgeschaltet werden.
« Antwort #2 am: 04. Oktober 2010, 14:57:25 »
Zitat
Original von price
Der Versorger ENWAG hatte den bisherigen Vertrag schon 2007 gekündigt und mich in den teueren, sogenannten Allgemeintarif eingestuft.
Wenn dem so war, dass Sie vorher einen günstigeren Tarif bezahlt haben, dürften Sie in einem Sondervertrag gewesen sein. Denn die Preise in der gesetzlichen Grundversorgung dürften bei gleichen Abnahmemengen sowohl bei alten als auch bei neuen Verträgen gleich sein.  Demzufolge sollte eine Kündigung zulässig gewesen sein, sofern die formalen Kriterien in Ordnung waren (Frist, Unterschrift etc.) Danach rutschen Sie, sofern Sie keinen neuen Sondervertrag abschließend AUTOMATISCH in die GV, sofern Sie weiter Strom verbrauchen. Der alte Vertrag mit AVBEltV dürfte da wohl nicht wieter gelten.

Zitat
Original von price
Der Versorger forderte mich dazu auf, den neuen GVV-Vertrag abzuschließen. Dies tat ich nicht. Also es galt meiner Meinung nach weiterhin AVBEltV. Ich bezahlte den verminderten Tarif. Zu der Erhöhung legte ich gemäß §315 BGB Widerspruch ein.
Auch wenn Sie keinen neuen schriftlichen Vertrag abgeschlossen haben, dürften Sie derzeit in der GVV versorgt werden, da hier im Gegensatz zum Sondervertrag schon die Stromentnahme konkludent als Vertragsabschluss gewertet wird. (§2 Strom GVV).


Zum Rest kann man nur sagen: An der falschen Stelle gespart.  :rolleyes:

Offline price

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Hilfe! Der Strom soll diese Woche abgeschaltet werden.
« Antwort #3 am: 04. Oktober 2010, 16:06:57 »
Der Antrag von ENWAG geht nicht um Bezahlung des Streitwerts. Dies zu bezahlen hatte ich mich bereits erklärt. ENWAG will den Strom unterbrechen, damit etwaige weiteren Lieferungen den Bedingungen der GVV unterliegen. Sonst wäre jedes Jahr ein neuer Gang zum Gericht fällig.
Zugegeben, dilettantisch ist es gewesen. Nur, wie kriegt man jetzt das Kind aus dem Brunnen?

Offline RR-E-ft

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Hilfe! Der Strom soll diese Woche abgeschaltet werden.
« Antwort #4 am: 04. Oktober 2010, 20:40:40 »
@price

Wurde ein Sondervertrag 2007 wirksam gekündigt und hat man nach Beendigung des selben als Haushaltskunde im Sinne von § 3 Nr. 22 EnWG weiter Elektrizität  aus dem Netz bezogen, ohne anderweitig einen Vertrag abzuschließen, kann hierdurch gem. § 2 Abs. 2 StromGVV  konkludent ein Grundversorgungsvertrag neu abgeschlossen worden sein, für den die Bestimmungen der StromGVV kraft Gesetzes bereits gelten.

Warum für den (gekündigten) vorhergehenden Vertrag die AVBEltV gegolten haben soll, ist nicht ersichtlich geworden, erst recht nicht, warum diese für Stromlieferungen nun noch weiter gelten sollte.  

Es geht nicht (mehr) darum, sich bereit zu erklären, zu bezahlen, sondern darum, nun tatsächlich zu bezahlen, so dass die Voraussetzungen für eine Versorgungseinstellung gem. § 19 Abs. 2 StromGVV nicht mehr vorliegen.
Die Zahlung sollte man dem Gericht schriftsätzlich nachweisen, also den Zahlungsbeleg oder die Quittung in Kopie vorlegen.

Wurde aber bereits eine einstweilige Verfügung zugunsten des Versorgers vom Gericht (als Urteil am Ende der Sitzung) erlassen, (das dieser erst noch zustellen lassen muss) muss man unter Nachweis der Zahlung - am besten mit Anwalt - Vollstreckungsschutzantrag stellen bzw. -klage erheben.

Zudem sollte man schnellstmöglich den Stromversorger wechseln. Auch in Wetzlar gibt es sicher weit günstigere Angebote von Stromlieferanten als die Grundversorgung der Stadtwerke.

Sparen in Wetzlar


Dass die Stromversorgung eingestellt werden sollte, musste gem. § 19 StromGVV einen Monat vorher angedroht worden sein.
Da hatte man genug Zeit, sich anwaltlich beraten zu lassen.
Erst recht, als es darum ging, dass man zu einer mündlichen Verhandlung beim Gericht geladen wurde....
Denkbar erscheint sogar, dass die Voraussetzungen des § 19 II StromGVV gar nicht vorlagen bzw. vorliegen, man sich jedoch in der mündlichen Verhandlung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht richtig eingelassen (verteidigt) hatte.

Offline price

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Hilfe! Der Strom soll diese Woche abgeschaltet werden.
« Antwort #5 am: 05. Oktober 2010, 13:12:27 »
Die Einstellung des Stroms wurde längst angedroht. Im Nachhinein hätte ich einen RA aufsuchen sollen. Nur betreffende Rechtsprechungen bis dahin berechtigten Einwände zur Tariferhöhung gemäß §315 und untersagten eine Liefersperre. Damit war mir die Rechtslage so klar, dass m. E. ein RA überflüssig wäre. Zugegeben, es ist eine falsche Entscheidung gewesen.

Mittlerweile ist das Urteil vom Amtsgericht eingetroffen. Es lautet „Anerkenntnisurteil“, was bedeutet, dass der Antrag des Gegners anerkannt wurde. Vorsichtshalber habe ich den Streitwert überwiesen. Aber nach Aussage der Rechtspflegerin am Gericht sei ein Vollstreckungsschutzantrag nicht mehr möglich. Ein Wechsel zu einem neuen Lieferant dauert einige Wochen.  Muss ich in der Zeit auf Strom verzichten?

Offline RR-E-ft

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Hilfe! Der Strom soll diese Woche abgeschaltet werden.
« Antwort #6 am: 05. Oktober 2010, 13:49:14 »
Ein Anerkenntnisurteil ist nur zulässig, wenn der Klageantrag (Zutritt und Duldung der Versorgungseinstellung) in einem vorbereitenden Schriftsatz oder im Termin zu Protokoll vom Bekl. anerkannt wurde.
Erklärungen zu Protokoll werden in der Regel nochmals laut vorgespielt und von der Partei genehmigt, was sich aus dem Protokoll selbst ergeben muss.

Offene Zahlungsansprüche sind bei einer Klage auf Zutritt und Duldung der Versorgungseinstellung schon nicht streitgegenständlich.

Angebote kann die andere Seite annehmen oder nicht.
\"Ein Angebot den Streitwert zu bezahlen\" (weiß keiner, was damit gemeint sein soll)  ist wohl kein Anerkenntnis eines gerichtlich geltend gemachten Anspruchs auf Zutritt und Duldung der Versorgungseinstellung, § 308 ZPO.

Der Streitwert ist kein Zahlungsanspruch, sondern ein gerichtlich festzusetzender Wert, nachdem sich die von der unterlegenen Partei zu tragenden Verfahrenskosten (Gerichtskosten und Anwaltskosten nach RVG) bemessen.  

Fehlte es an dieser Voraussetzung muss Urteilsberichtigung beantragt werden. Das macht man nicht allein, sondern über einen Anwalt.  Es sind dafür kurze Fristen zu beachten, die ab Urteilszustellung zu laufen beginnen.

Wenn keine offenen Forderungen mehr bestehen und nachträglich - nach Schluss der mündlichen Verhandlung - die Gründe für die Versorgungseinstellung entfallen sind, vgl. § 19 Abs. 4 StromGVV muss die Belieferung bis zur Vertragsbeendigung weiter erfolgen.

Von einem Anwalt sollte man prüfen lassen, ob gegen das Urteil ggf. ein Rechtsmittel gegeben ist und ob die Voraussetzungen für eine Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 Abs. 2 ZPO vorliegen.

Andernfalls muss man nach erfolgter Volltreckung einen Anspruch auf Belieferung im Wege der Gruznd - bzw. Ersatzversorgung gerichtlich geltend machen (ggf. im Wege einstweiligen Rechtsschutzes) und dabei insbesondere glaubhaft machen, dass Gründe für eine Versorgungsunterbrechung nicht mehr vorliegen.


Zitat
§ 19 Abs. 4 StromGVV

Der Grundversorger hat die Grundversorgung unverzüglich wiederherstellen zu lassen, sobald die Gründe für ihre Unterbrechung entfallen sind und der Kunde die Kosten der Unterbrechung und Wiederherstellung der Belieferung ersetzt hat. Die Kosten können für strukturell vergleichbare Fälle pauschal berechnet werden; die pauschale Berechnung muss einfach nachvollziehbar sein. Die Pauschale darf die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Kosten nicht übersteigen. Auf Verlangen des Kunden ist die Berechnungsgrundlage nachzuweisen. Der Nachweis geringerer Kosten ist dem Kunden zu gestatten.

Jetzt mit allen Unterlagen schleunigst zu einem Rechtsanwalt.

 

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