Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: LG Frankft/Oder, Urt.v. 02.09.2010, Az 31 O 150/10, Zahlungsklage Gasversorger abgewiesen (EWE)  (Gelesen 4430 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline agilius

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 17
  • Karma: +0/-0
  • Geschlecht: Männlich
    • http://www.jakstadt.de
Das LG Frankfurt/Oder, 1. Kammer für Handelssachen, hat mit Urteil vom 02.09.2010 die erstinstanzliche Klage des Gasversorgers gegen einen Sondervertragskunden auf Nachzahlung angeblicher Zahlungsrückstände in vollem Umfang abgewiesen. Die Kammer hat insbesondere deutlich gemacht, dass es auch vor dem 01.04.2007  - vgl. zur Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel der EWE nach dem 01.04.2007 BGH, Urt. 14.07.2010, VIII ZR 246/08 - an einer wirksamen Rechtsgrundlage für einseitige Preisanpassungen fehlt. Insbesondere sieht das LG Frankfurt/Oder auch keine AGB-rechtliche Grundlage für Preisanpassungen, da es an einer wirksamen Einbeziehung der AVBGasV – die sich hier noch nach § 2 Abs. 1 AGBG (heute § 305 Abs. 2 BGB) beurteilte - fehlte.

Das LG hat sich dabei eingehend mit der Frage beschäftigt, ob eine etwaige Übermittlung des Textes der AVBGasV an den Kunden im Rahmen einer nachträglichen Vertragsbestätigung ausreichen würde und dies verneint. Insbesondere reiche dies dann nicht aus, wenn das Vertragsverhältnis zunächst im Rahmen der Tarifkunden- bzw. Grundversorgung begründet wurde und erst später auf Sondervertragsbasis umgestellt worden ist. Wer als Tarifkunde/grundversorgter Kunde einen Gesetz- bzw. Verordnungstext erhalte, hat keine Veranlassung zu vermuten, dass dieser Text später einmal AGB-Vertragsgrundlage im Rahmen einer Belieferung außerhalb der allgemeinen Versorgung/Grundversorgung werden könnte.

Die Berufung wurde nicht zugelassen.

Das vollständig begründete lesenswerte Urteil ist in Kürze in der Urteilsdatenbank nachzulesen.

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Es ist doch immer wieder erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit ein Teil der Rechtsprechung den Willen des Gesetzgebers vollzieht, die Zuständigkeit nach §§ 102 ff. EnWG auf die Kammern für Handelssachen zu konzentrieren (Gegenbeispiel: OLG Celle, 27.05.2010, Az.: 13 AR 1/10).

Wenn es überkommen erschien, dass die Bestimmungen des EnWG nicht nur den Zugang zur öffentlichen Versorgung (§ 36 EnWG) regeln, was noch für das OLG Celle ausschlaggebend gewesen war, so wird doch landauf und landab ständig das Regelungswerk der AVBGasV und der GasGVV zitiert, ohne weiter zu fragen, worauf diese Verordnungen wurzeln ( §§ 36 u. 39 EnWG).

Wenn schon, wie auch landauf und landab ständig zu lesen, das einseitige Preisbestimmungsrecht des Versorgers auf dem Boden von AVBGasV und/oder GasGVV wurzelt, dann muß man sich diese Rechtsquelle erst einmal hinweg denken und dann weiter fragen, woher sonst soll dann noch das Recht zu einseitigen Preisanpassung hergeleitet werden, wenn keine vertragliche Vereinbarung hierüber existiert.

Hier, mit der zitierten Entscheidung, hat ein Landgericht nicht einmal zur Annahme seiner Zuständigkeit die gesetzlichen Preisanpassungsregelungen benötigt, sondern ein Sonderabnehmerverhältnis auf dem Prüfstand vorgefunden  -  und dort steht eben nur ein vertragliches Anpassungsrecht auf dem Prüfstand.

Das Gericht hat - vermutlich - zurecht (wie im Übrigen allerdings auch der VIII. BGH-Senat)  auf die Bestimmungen der §§ 1 u. 2 EnWG geachtet, was landauf und landab ständig als reine \"geistige Selbstbefriedigung\" des bundesdeutschen Gesetzgebers abgetan wird.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz