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Autor Thema: Rechtsstreit LG Wiesbaden, Az. 3 O 266/07  (Gelesen 13682 mal)

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Offline mathaub

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Rechtsstreit LG Wiesbaden, Az. 3 O 266/07
« am: 18. September 2010, 14:13:13 »
Rückforderungsansprüche durch Gericht vorläufig bestätigt

In dem vor dem LG Wiesbaden anhängigen Rechtsstreit hat das Gericht zu erkennen gegeben, daß die schriftlichen Versorgungsverträge aus 1996 Sonderverträge sind (Versorgungsgebiet ist Rüdesheim, die Süwag Rechtsnachfolger des Vorversorgers).
Der Süwag fehle die einseitige Preisänderungsbefugnis, dem Versorgungsnehmer stehen Rückforderungsansprüche für den nicht verjährten Zeitraum zu.
Das Gericht tendiert zu einer Anpassung auf einen Mittelpreis zwischen 1996 und dem ersten Widerspruch des Versorgungsnehmers in 2006. Hiergegen wird sich der Versorgungsnehmer noch mit guten Gründen wehren.

Die Rückforderungsansprüche sind mit Widerklage geltend gemacht. Besonderheit: Die Süwag hat wegen des Widerspruchs in 2006 und danach alle Jahresrechnungen neu berechnet und nur den Preis aus 2006 der Klageforderung zugrunde gelegt.

Es wird weiter berichtet.
1ß.09.2010.
mathaub

Offline tangocharly

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Rechtsstreit LG Wiesbaden, Az. 3 O 266/07
« Antwort #1 am: 18. September 2010, 15:35:52 »
Bei der Fülle von Rückforderungsprozessen, welche in der Folge der Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Sonderabnehmerverhältnissen entstehen, wirft sich doch die grundsätzliche Frage auf, auf welcher rechtsstaatlichen Grundlage sich die Legitimation zu einseitigen Preisanpassungen herleiten lassen soll, wenn diese EVU\'s nicht einmal in der Lage sind, rechtswirksame Preisanpassungsklauseln in diesen Sonderabnehmerverhältnissen zu gestalten.

Das schlechte Licht, welches die Praxis der Energiewirtschaft in diesem Zusammenhang auf sich selbst wirft, müsste doch jedem Richter - zumindest am Rande eines Gasprozesses - zu denken geben, wenn ihm die in der Regel zauberhaften Zahlenwerke der EVU\'s und/oder ihrer hochbezahlten Wirtschaftsprüfergesellschaften präsentiert werden, hinter denen die EVU\'s ihre Preisanpassungen in der Grundversorgung verstecken.

Dass der Richter nicht rechnet, wissen wir ja. Dass er lesen kann, wissen wir auch. Wenn die zauberhaften Zahlenwerke aus der Bilanz bzw. den Geschäftsberichten studiert werden, dann ist dort noch lange nichts dazu ausgedrückt, ob diese Zahlenwerke den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, der Rationalität, der Preisgünstigkeit und der Transparenz entsprechen können. Geschweige denn zu etwaigen möglichen Kompenationen im durchaus recht aufgefächerten Bereich der sonstigen Kosten etwas vernünftiges aussagen können.

Aber der bundesdeutsche (Schnell-)Richter, der rechnet nicht und der gewichtet nicht. Er liebt das Argument des Ermessensspielraums ( wo es doch nur um \"0-Komma-Cents/kWh) geht und kann sich durchaus vorstellen, dass es für die Berechnung und Gewichtung unter Einschaltung eines kompetenten Gutachters schnell zu einem Ungleichgewicht zwischen Streitwert und Kostenaufwand kommen könnte.

Und so kommt man dann am Ende (und ganz schön fatal) zur : \"Unbilligkeit der Billigkeitsprüfung\"
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline mathaub

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Rechtsstreit LG Wiesbaden, Az. 3 O 266/07
« Antwort #2 am: 16. September 2011, 17:03:23 »
Erfolg vor dem LG Wiesbaden!
In diesem Rechtsstreit obsiegte der Versorgungsnehmer gegen die Klage in vollem Umfang.
Tenor: Der Süwag stand keine einseitige Preisänderungsbefugnis seit Vertragsabschluß 1996 und in einem zweiten Fall 1997 zur Seite. Die Klage auf Zahlung der Gasentgelte ab 2006 - freiwillig von Süwag auf Preisbasis des ersten Widerspruchs berechnet - in Höhe von € 13.400 wurde abgewiesen.
Der Widerklage des Versorgungsnehmers auf Rückzahlung zuviel gezahlter Entgelte in Höhe von 58.000 € gab das LG Wiesbaden nur für die Zeit ab 2007 statt und verurteilte die Süwag zur Zahlung von € 15.400.

Besonderheit: Kunde war Unternehmer, Klausel in den Verträgen aus 1996 und 1997 war unwirksam gem. § 307 BGB und hat folgenden Wortlaut:

\"Die REW (Rechtsvorgängerin der Klägerin) behält sich vor, den Arbeitspreis und/oder den Grundpreis zu ändern, wenn sich die für die Preisbildung maßgebenden Faktoren, insbesondere der Einkaufspreis, andern. Preisänderungen werden aufgrund individueller Benachrichtigung des Kunden oder nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.\"
Die AVBGasV sollte ergänzend - unstreitig nicht übergeben - gelten.

16.09.2011
mathaub

Offline Cremer

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Rechtsstreit LG Wiesbaden, Az. 3 O 266/07
« Antwort #3 am: 20. September 2011, 11:25:55 »
@mathaub

Urteil in die Sammlung gegeben?
MFG
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Offline mathaub

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Rechtsstreit LG Wiesbaden, Az. 3 O 266/07
« Antwort #4 am: 20. September 2011, 11:35:09 »
Das Urteil liegt dem BdEV vor. ich gehe davon aus, daß es eingestellt wird.

20.09.2011
mathaub

Offline DieAdmin

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Rechtsstreit LG Wiesbaden, Az. 3 O 266/07
« Antwort #5 am: 10. Oktober 2011, 16:07:36 »
ich nehme mal an, es handelt sich um dieses:

Urteil LG Wiesbaden v. 15.09.11 - Az: 3 O 266/09

welches nun in der Entscheidungssammlung ist:

http://www.energieverbraucher.de/de/site/Preisprotest/site/site__2899/

Offline jofri46

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Rechtsstreit LG Wiesbaden, Az. 3 O 266/07
« Antwort #6 am: 17. Oktober 2011, 17:38:25 »
@mathaub

Hier wäre ich noch dankbar, wenn Sie mitteilen könnten, ob das Urteil des LG Wiesbaden rechtskräftig geworden ist oder Rechtsmittel eingelegt wurde und ggfs. wo anhängig.

 

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