Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Konkludenter Vertragsabschluss von Sonderverträgen, Einbeziehung der AVBGasV
tangocharly:
--- Zitat ---@Black
Zu 1.) Wer vor der Gasabnahme erklärt, er akzeptiere den Preis nicht und dann gleichwohl eine Vorleistung des EVU in Anspruch nimmt verhält sich widersprüchlich. Der Widerspruch ist dann unbeachtlich.
--- Ende Zitat ---
Tut mir leid, aber Ihre Bemerkung reizt mich zu einem Wortspiel: Mein Widerspruch ist unbeachtlich, weil widersprüchlich.
Überzeugt mich aber auch nicht. Denn der Widerspruch hat ja nur einen Inhalt, d.h. denjenigen den Regelungen gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB und gem. §§ 1 u. 2 EnWG Rechnung zu tragen. Ergo will ich ja explicit gerade das nicht, was von Versorgerseiten gerne bemüht wird, nämlich Gas für umsonst, sondern nur eine spätere (gerichtliche) Feststellung des dann geschuldeten billigen Preises (Satz 2).
Und damit stellt die Aktion (der Widerspruch) ein schützenswertes Interesse des Abnehmers dar (BGH, 30.04.2003, VIII ZR 279/02, Unter Ziff. II.2.a. -S. 9- ; ). Wenn ich aber ein berechtigtes (schutzwürdiges) Interesse zur Geltung bringe (ausübe), dann kann dies nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. In § 242 BGB ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens statuiert.
Widersprüchliches Verhalten wäre : Gas ohne Geld (dafür bräuchte man nicht einmal § 242 BGB zu bemühen; das sagt einem schon der Anstand).
Der VIII. Senat muß sich an die Nase fassen lassen, wenn es um den Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung gehen soll. Dass neben einem Widerspruch auch das (Grund-)Versorgungsverhältnis durch Kündigung beendet werden kann, ergibt sich aus § 20 Abs. 1 GasGVV. Aus der genannten Bestimmung ergibt sich keine Pflicht zum Wechsel des Versorgers.
Es könnte sich somit allenfalls die Frage widersprüchlichen Verhaltens auftun, wenn das Versorgungsverhältnis beendet wird, ohne den Vertragspartner wechseln zu wollen.
Was spricht dagegen, bei Auftreten einer späteren Erkenntnis von der Existenz ungünstiger Vertragskonditionen, diese Vertragsbindung auf dem von der Rechtsordnung vorgesehenen Weg zu beenden. Genau das will der VIII. Senat ja zementieren: Du hast ungünstige Konditionen akzeptiert, also bleibst du für den Rest hieran gebunden.
Wenn der VIII. Senat am 15.07.2009 (VIII ZR 56/08, Tz. 36; ) dann von den bestehenden zwei Alternativen spricht, d.h. entweder zu wechseln oder die Preise nach § 315 BGB überprüfen zu lassen, dann wurde auch hier wieder die Komponente ausgeblendet, dass mit einer Kündigung - jedenfalls nicht zwangsläufig - verbunden kein Wechsel des Versorgers verbunden sein soll.
Wenn dies ausgeblendet wird, dann stellt der BGH seine Rechtsprechung zur Berechtigung einseitiger Leistungsbestimmungen indirekt hierdurch in Frage. Denn dort soll der Hintergrund hierfür geradewegs die Aufrechterhaltung des Versorgungsverhältnisses sein, ohne dass der Versorger von vornherein kalkulatorische Aufschläge aufbuchen oder ggf. zur Kündigung greifen müsste.
Mit der Rechtsprechung des VIII. Senats bleibt der Abnehmer am Sockel kleben, selbst wenn die der Billigkeit entsprechenden Preise unter diesen Sockel absinken. Das letzte Mittel diesem \"Faul-Ei\" zu begegnen stellte sodann nur die Kündigung durch den Abnehmer dar. Und dies - wäre es als widersprüchlich zu werten - soll dann dem Abnehmer nur zur Möglichkeit eines Wechsels verhelfen ?
Christian Guhl:
--- Zitat ---Original von Black
Zu 1.) Wer vor der Gasabnahme erklärt, er akzeptiere den Preis nicht und dann gleichwohl eine Vorleistung des EVU in Anspruch nimmt verhält sich widersprüchlich.
--- Ende Zitat ---
Widersprüchlich verhält sich der Energieversorger, wenn der Kunde vor der Gasabnahme Widerspruch einlegt und er den Kunden trotzdem im Grundversorgungstarif (anstatt in der Ersatzversorgung) beliefert. Ich sehe dies als konkludente Anerkennung des Widerspruchs.
RR-E-ft:
Wenn die vom BGH mehrfach festgestellte Verpflichtung aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit besteht, bei rückläufigen Kosten die Preise zugunsten der Kunden anzupassen (zu deutsch: abzusenken) [BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18], dann bleibt keiner dieser Kunden am Preissockel kleben, weil ja auch von einem solchen aus die Verpflichtung zur Preisabsenkung besteht.
Von wo aus sollten denn sonst die Preise entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung abgesenkt werden?
Wenn der Versorger entsprechend verpflichtet ist, dann hat der Kunde einen Anspruch darauf. Der Senat hat bisher nur offen gelassen, wie diese Verpflichtung des Versorgers bzw. der Anspruch des Kunden auf Preisabsenkung justiziabel durchgesetzt werden soll, wenn er seine fingierte - eine gerichtliche Billigkeitskontrolle ausschließende - Preisvereinbarung in den Weg stellen will.
Dieser Widerspruch in sich lässt sich gedanklich kaum noch nachvollziehen. Der Senat sagt aber beides immer wieder (Billigkeitskontrolle ausschließende Preisvereinbarung einserseits und Verpflichtung zur Preisanpassung zugunsten der Kunden bei rückläufigen Kosten wegen der Bindung an den Maßstab der Billigkeit andererseits).
Nur hat er beides ersichtlich noch nie in einer Entscheidung zusammen herausgestellt. Man hat fast den Eindruck, wenn er einmal das eine und andernmals wieder das andere sagt, sei jeweils wechselseitig eine Gehirnhälfte ausgeschaltet. Anders kann man es sich fast nicht vorstellen. Die entsprechende besondere Technik beherrschen wohl nur wenige.
Der Senat hat wiederholt festgestellt, dass der (grundversorgte) Tarifkunde die Möglichkeit hat, die einseitige Leistungsbestimmung des Versorgers gerichtlich auf Billigkeit kontrollieren zu lassen, oder sich aus dem Vertragsverhältnis zu lösen.
--- Zitat ---BGH VIII ZR 246/08 Rn. 44
Er kann entweder am Vertrag festhalten und die Preisänderung gemäß § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin überprüfen lassen. Oder er kann sich spätestens gleichzeitig mit dem Wirksamwerden der Preisänderung vom Vertrag lösen und den Anbieter wechseln (Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 56/08, aaO, Tz. 35 f.).
--- Ende Zitat ---
Er muss freilich auch bei einer Lösung vom bisherigen Vertragsverhältnis nicht den Anbieter wechseln, sondern kann auch beim bisherigen Lieferanten ein vollkommen neues Vertragsverhältnis eingehen, etwa zu einem (neuerlich) angebotenen Sondervertrag mit Festpreis wechseln. Herrschaftszeiten.
Black:
--- Zitat ---Original von Christian Guhl
--- Zitat ---Original von Black
Zu 1.) Wer vor der Gasabnahme erklärt, er akzeptiere den Preis nicht und dann gleichwohl eine Vorleistung des EVU in Anspruch nimmt verhält sich widersprüchlich.
--- Ende Zitat ---
Widersprüchlich verhält sich der Energieversorger, wenn der Kunde vor der Gasabnahme Widerspruch einlegt und er den Kunden trotzdem im Grundversorgungstarif (anstatt in der Ersatzversorgung) beliefert. Ich sehe dies als konkludente Anerkennung des Widerspruchs.
--- Ende Zitat ---
Das ist schön für Sie.
Black:
--- Zitat ---Original von tangocharly
--- Zitat ---@Black
Überzeugt mich aber auch nicht. Denn der Widerspruch hat ja nur einen Inhalt, d.h. denjenigen den Regelungen gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB und gem. §§ 1 u. 2 EnWG Rechnung zu tragen. Ergo will ich ja explicit gerade das nicht, was von Versorgerseiten gerne bemüht wird, nämlich Gas für umsonst, sondern nur eine spätere (gerichtliche) Feststellung des dann geschuldeten billigen Preises (Satz 2).
--- Ende Zitat ---
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH wird der Anfangspreis nicht einseitig vom Versorger festgesetzt (RR-E-ft vertritt eine andere Auffassung, aber diese wird eben nicht von den Gerichten mitgetragen).
Durch seine öffentlich bekannt gemachten Tarife und durch konkrete Sondervertragsangebote gibt der Versorger nur ein Angebot ab, den Kunden zum Preis X zu beliefern. Der Kunde kann dann entscheiden, ob er das Angebot annimmt und sich eben zu diesem Anfangspreis X beliefern läßt oder nicht. So wie bei jedem anderen Warenkauf auch.
Wenn dem Kunden dieser Anfangspreis X zu teuer erscheint, kann er sich entweder einen anderen günstigeren Versorger suchen oder aber auch generell auf die Energieabnahme verzichten.
Der Kunde kann jedoch nicht einerseits das Angebot annehmen (und Energie verbrauchen) und gleichwohl zum Ausdruck bringen, dass er den Preis von Anfang an (zumindest in dieser Höhe) nicht zahlen will. Es ist wie an der Tankstelle. Sie können dort eben auch nicht verkünden, der dort ausgewiesene Preis sei überhöht und werde von Ihnen nicht akzeptiert und danach trotzdem ihren Tank füllen mit der Begründung die Tankstelle müsse nun die Kalkulation ihres Lieferpreises offenlegen und gerichtlich prüfen lassen.
--- Ende Zitat ---
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