BGH VIII ZR 327/07 UrteilstextEs kommt zunächst auf die Frage der wirksamen Einbeziehung einer Preisändrungsklausel gem. § 305 Abs. 2 BGB an.
In jedem Einzelfall außerhalb der Grundversorgung ist zu prüfen, ob dem Kunden vor Vertragsabschluss die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis gebracht wurden und er bei Vertragabschluss mit der Einbeziehung einverstanden war.
Der Senat geht davon aus, dass bei der vollständigen Einbeziehung der Bedingungen der AVBGasV in einen Sondervertrag mit der Bestimmung des § 4 AVBGasV eine wirksame Preisänderungsklausel bestünde, die dem Versorger ein gerichtlich kontrollierbares einseitiges Leistungsbestimmunsgrecht einräumt.
Dies überzeugt nicht, weil sich § 4 AVBGasV [auch bei Einbezieung als AGB!] inhaltlich ausschließlich mit der Änderung der Allgemeinen Tarife, nicht jedoch mit der Änderung von vereinbarten Sonderpreisen befasst, folglich
weder tatbestandlich noch rechtsfolgenseitig eine Regelung zur Änderung des konkret vereinbarten Vertragspreises enthält (BGH KZR 2/07 Rn. 29), was gem. § 305c Abs. 2 BGB im Zweifel zu Lasten des Klauselverwenders gehen muss. Schließlich verstößt eine solche Klausel auch gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB (BGH VIII ZR 225/07 Rn. 23, XI ZR 78/08 Rn. 25 ff., Rn. 36 ff.) Aus § 310 Abs. 2 BGB lässt sich eine Abweichung vom Transparenzgebot des § 307 BGB jedoch gerade nicht rechtfertigen (a.A. BGH VIII ZR 225/07 Rn. 24). § 310 Abs. 2 BGB rechtfertigt schon seinem Wortlaut nach keine Abweichung vom Transparenzgebot des § 307 BGB.
Der Senat hält an seiner Preisneuvereinbarungsfiktion bei gesetzlichem Leistungsbestimmungsrecht und unterlassenem Widerspruch fest und überträgt diese sogar auf Sonderverträge mit entsprechenden Preisänderungsklauseln, weil er dies für \"interessengerecht\" hält.
Diese Preisneuvereinbarugsfiktion ist nach wie vor rechtsdogmatisch nicht nachvollziehbar.
Abgestellt wird nicht auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung geänderter Preise, sondern auf die vorbehaltlose Zahlung einer Jahresverbrauchsabrechnung, welche die unwidersprochen gebliebenen geänderten Preise ausweist.
Dies steht auch weiterhin im offenen Widerspruch zu anderen (zutreffenden) Entscheidungen des Senats:
I. Dem Weiterbezug von Energie kommt dann kein Erklärungsgehalt zu, wenn bereits eine wirksame vertragliche Vereinbarung zum Energiebezug besteht (VIII ZR 144/06 Rn. 20).
II. Die Ausübung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts gem. § 315 Abs. 2 BGB ist kein Angebot im Sinne des § 145 BGB, so dass allein deshalb eine Neuvereinbaung durch Einigung ausscheidet (BGH VIII ZR 199/04 unter II 2. b). Die vertragliche Geltung einer einseitigen Leistungsbetimmung im Sinne von § 315 Abs. 1 und 2 BGB hängt nämlich gerade nicht von der Annahmeerklärung des anderen Vertragsteils, sondern gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB allein davon ab, ob sie der Billigkeit entspricht. Die unwiderrufliche Willenserklärung gem. § 315 Abs. 2 BGB, mit welcher ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 Abs. 1 BGB ausgeübt werden soll, kann schon nach der gesetzlichen Regelung mithin nie ein auf Annahme gerichtetes Angebot im Sinne von § 145 BGB sein.
III. Der Bezahlung einer Rechnung kommt grundsätzlich über die Erfüllungshandlung hinaus kein Erklärungsgehalt hinsichtlich eines Anerkenntnisses zu (BGH VIII ZR 265/07 Rn. 12). Im nichtkaufmännichen Verkehr gilt zudem der Grundsatz, dass derjenige, der schweigt, nichts erklärt.
Für konkludente Erklärungen ist mithin regelmäßig kein Raum. Eine konkludente Annahmeerklärung des Kunden für eine Neuvereinbarung über den Preis sollte eigentlich schon am fehlenden Zugang einer Angebotserklärung des Versorgers gem. §§ 145, 130 BGB scheitern.
IV. Entscheidend erscheint jedoch der Widerspruch zwischen einer die gerichtliche Billigkeitskontrolle ausschließenden Preisneuvereinbarungsfiktion und der Entscheidung des Senats, wonach sich aus der Bindung des Tarifs an billiges Ermessen insbesondere auch eine Verpflichtung zur Preisabsenkung bei rückläufigen Kosten ergibt (BGH VIII ZR 81/08 Rn. 18]. Wäre der Preis vertraglich vereinbart, gäbe es gar keine solche Verpflichtung zur Preisanpassung zugunsten der Kunden.
Bei der Billigkeitskontrolle ist zu beachten, dass eine vorgelegte Wirtschaftsprüferbeschenigung einen bestrittenen Bezugskostenanstieg nicht zu beweisen vermag. Beachtet werden solllte daüber hinaus, dass entsprechend BGH VIII ZR 138/07 Rn. 39 in die Beurteilung der Billigkeit
jedenfalls auch die Entwicklung der weiteren preisbildende Kostenfaktoren des Preissockels mit einbezogen werden
muss.