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Autor Thema: AG Dannenberg, Urt. v. 27.07.10 Az. 31 C 378/09 Strom/ Gas (E.ON Avacon)  (Gelesen 4458 mal)

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AG Dannenberg, Urt. v. 27.07.10 Az. 31 C 378/09

Soweit die Gaspreiszahlungsklage der E.ON Avacon abgewiesen wurde, überzeugt die Entscheidung.

Nicht überzeugt die Begründung für die Verurteilung des Beklagten wegen Stromentgelte in Höhe von 241 EUR, gegen die wegen zu geringer Beschwer eine Berufung nicht zulässig ist. Da sollte ggf. mit Gehörsrüge gem. § 321a ZPO innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung noch nachgebohrt werden.

Das Gericht erkennt zutreffend, dass die Strompreiserhöhungen, soweit gem. § 4 AVBEltV ein Preisbestimmungsrecht bestand, der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB unterliegen.

Unzutreffend sind die Ausführungen zur Indizwirkung der Tarifgenehmigung nach BTOElt. Diese genügt nur im Rückforderungsprozess des Stromkunden, weil dieser dort die Darlegungs- und Beweislast für den verfiolgten Rückzahlungsanspruch und somit die Unbilligkeit und Unverbindlichkeit der Tarife trägt (BGH NJW 2003, 1449).

Anders verhält es sich jedoch im Zahlungsprozess, wo der Versorger die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit trägt.

Die Tatsache einer erteilten Tarifgenehmigung schließt die Möglichkeit der Unbilligkeit nicht aus (BGH X ZR 60/04 unter II 1 c); BGH VIII ZR 240/90 = NJW-RR 1992, 183 unter III 2 e)  

Zitat
BGH VIII ZR 240/90 unter III 2 e)

Überdies ist die Ausübung staatlicher Aufsicht über einseitig festgelegte Entgelte, selbst wenn es sich dabei um behördlich genehmigte Preise handelt, grundsätzlich nicht für die privatrechtliche Überprüfung anhand des § 315 BGB präjudiziell. Trotz einer derartigen Genehmigung unterliegen einseitige Leistungsbestimmungen der richterlichen Inhaltskontrolle mit dem möglichen Ergebnis, daß der einseitig bestimmte und von der zuständigen Behörde gebilligte Preis die von § 315 BGB gesetzten Grenzen überschreitet (so zu § 43 LuftVZO BGH, Urteil vom 24. November 1977 - III ZR 27/76 = WM 1978, 1097 unter I 2 m.w.Nachw.; zur beschränkten Bedeutung von § 12 BTOElt a.F. im zivilrechtlichen Verhältnis der Parteien des Liefervertrages siehe auch Evers, Das Recht der Energieversorgung, 2. Aufl., S. 169).

Der Versorger muss zumindest die Tarifegenehmigung einschließlich aller Antragsunterlagen und Kostenträgerrechnung vorlegen, weil der beklagte Kunde erst dann in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob diese Zweifel an der Ordnungsgemäßheit des Genehmigungsverfahrens gebieren (Hempel, RdE 2002, 246).

Da es sich bei der Tarifgenehmigung nach BTOElt um eine Höchstpreisgenehmigung handelt, liegt es im - gerichtlich nach § 315 BGB gerichtlich überprüfbarem Ermessen des Energieversorgers, ob es den genehmigten Rahmen voll ausschöpft (BGH NJW 1998, 3188 [3192], BVerwG NVwZ 1994, 999) oder etwa von einer genehmigten Tariferhöhung keinen Gebrauch macht.

Da der Kunde am Tarifgenehmigungsverfahren nicht beteiligt war, der Versorger die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit im Zahlungsprozess vor dem ordentlichen Gericht trägt, bedarf es konkreten Vortrages im Klageverfahren zur konkreten Kosten- und Erlösentwicklung, wobei der Hinweis auf ein behördliches Tarifgenehmigungsverfahren nicht ausreicht.

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