Energiepreis-Protest > E.ON Avacon
AG Wolfenbüttel entscheidet zu Gunsten des Versorgers
RR-E-ft:
Zu Sonderverträgen wird ja auch die Rechtsauffassung vertreten, dass dort unter bestimmten Voraussetzungen auch die gerichtliche Billigkeitskontrolle zu erfolgen habe.
Und deshalb hätte der Beklagte gut daran getan, auch enstprechenden Vortrag zur Billigkeit nicht unbestritten zu lassen.
Einige Heimwerker meinen, dass sei vollkommen schnuppe und finden die gerichtliche Entscheidung jedoch betrüblich. :rolleyes:
Didakt:
Nein, das ist nicht \"vollkommen schnuppe\".
Angenommen, die Billigkeit wäre bestritten worden. Und dann? Es gibt bisher - soweit mir aus dem Forum bekannt ist - nur sehr wenig Fälle, in denen ein Gericht einen \"angemessenen Preis\" festgesetzt hat. Also kaum eine Orientierungshilfe.
Wer will sich denn bei dem hier genannten geringen Streitwert dem Risiko aussetzen, ggf. für die bekanntlich hohen Kosten eines Gutachtens aufkommen zu müssen.
Also bitte, alles ist relativ zu betrachten
RR-E-ft:
--- Zitat ---Original von Didakt
Angenommen, die Billigkeit wäre bestritten worden. Und dann? Es gibt bisher - soweit mir aus dem Forum bekannt ist - nur sehr wenig Fälle, in denen ein Gericht einen \"angemessenen Preis\" festgesetzt hat. Also kaum eine Orientierungshilfe. Wer will sich denn bei dem hier genannten geringen Streitwert dem Risiko aussetzen, ggf. für die bekanntlich hohen Kosten eines Gutachtens aufkommen zu müssen.
--- Ende Zitat ---
@Didakt
Die meisten Didakten und Heimwerker haben doch wohl 2004 ff. angefangen, vornehmlich die Billigkeit zu bestreiten....
Opa Ete scheint sowieso verwirrt, wie denn wohl das Amtsgericht Wolfenbüttel ohne weiteres die Billigkeit feststellen konnte und steht damit gewiss nicht allein.
Selbst bange machen, zählt nicht.
So betrachtet ist Ihr Beitrag relativ daneben. ;)
Also gerade die Tarifkunden berufen sich auf die Unbilligkeit und wissen, dass es bei ihnen jedenfalls auf die Billigkeit ankommt. Sie sind deshalb auch nicht schlecht beraten.
Sie gehen wohl von Anfang an von falschen Grundannahmen aus.
Dem Kunden ist es regelmäßig ein Leichtes, den Vortrag zur Kosten- und Erlösentwicklung insgesamt mit Nichtwissen zu bestreiten, ebenso dass es sich um vergleichbare Unternehmen handelt, deren Preise sich in einem Wettbewerb gebildet haben (BGH VIII ZR 314/07). Freilich sollte man unter Beweisantritt auch ein paar Takte zu sagen wissen, weshalb die Preiserhöhungen selbst nach dem insgesamt bestrittenen Vortrag des Versorgers unbillig sind (maßgebliche Preisentwicklung auf der Großhandelsebene, Gasangebote ohne Ölpreisbindung auf dem markt etc. pp.).
Es gibt u.a. die Urteile des LG Erfurt v. 10.02.09, LG Dortmund vom 20.08.09, LG Köln vom 24.08.09, mit denen Zahlungsklagen des Gasversorgers gegenüber Tarifkunden wegen nicht nachgewiesener Billigkeit abgewiesen wurden, ebenso Urteile des AG Paderborn. Leidglich in Köln spielte hierfür ein Sachverständigengutachten eine Rolle.
Die Zahlungsklagen wurden dabei jeweils abgewiesen und nicht etwa eine Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 2 BGB getroffen.
Freilich hat kein Gericht den \"billigen Gaspreis\" festgesetzt und wo dies ausnahmsweise geschehen ist, war es rechtsfehlerhaft, weil die Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB voraussetzt, dass
1.
die Unbilligkeit feststeht (was bei nicht erwiesener Billigkeit prozessual noch nicht der Fall ist!),
2.
ein Antrag des Versorgers gem. § 308 ZPO auf Ersatzbestimmung gestellt wird und zudem
3.
dem Gericht die Kalkulatuionsgrundlagen für eine solche Ersatzbestimmung zur Verfügung gestellt werden (vgl. BGH VIII ZR 240/90 am Ende, BGH X ZR 60/04 unter II 1).
Ein Sachverständigengutachten kann auf entsprechenden Beweisantrag allenfalls dann eingeholt werden, wenn die Anknüpfungstatsachen zunächst vorgetragen und sodann bestritten wurden. Fehlt es am Vortrag der Anknüpfungstatsachen, ist der Beweisantrag auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet und unzulässig.
Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Anknüpfungstatsachen (Entwicklung aller preisbildenden Kostenfaktoren seit der vorhergehenden Tariffestsetzung) hinreichend substantiiert vorgetragen wurden und es für diese für den Fall des Bestreitens das Beweisangebot eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens gab.
Zudem gibt es vor Einholung eines Sachverständigengutachtens genügend Ausstiegsszenarien, wenn dem beklagten Kunden das Risiko zu hoch werden sollte.
Wenn dem beweisbelasteten Versorger vom Gericht durch Beschluss aufgegeben wird, für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens einen Kostenvorschuss in vierstelliger Höhe einzuzahlen und dieser sich dann auch dazu bereit findet und einen solchen leistet, kann man ja immer noch überlegen, ob man nicht etwa die Billigkeit und den Klägervortrag dazu doch noch unstreitig stellt. Auch ein gerichtliches Anerkenntnis der Forderung wäre möglich. Wird dem beklagten Kunden ein solcher Vorschuss aufgegeben, hat er die Möglichkeit, einen solchen nicht zu leisten. Dann gibt es auch kein gerichtliches Sachverständigengutachten.
Wieso das eigentlich so einfache Bestreiten der Billigkeit mit Nachteilen behaftet sein sollte, ist nach alldem nicht nachvollziehbar.
Man sollte nicht selbst in Gedanken einen Popanz aufbauen und sich dann selbst vor diesem fürchten. :D
Relative Ermutigung für Didakten. ;)
bolli:
@RR-E-ft
Immer wieder erheiternd Ihre Fundgruben. ;) Dafür ist Ihr \"Anwurf\" gegenüber \"einfachen\" Verbrauchern manchmal schon SEHR direkt, wenn ich Ihnen im Grundprinzip meistens Recht gebe.
--- Zitat ---Da wurde wohl etwas grundsätzlich nicht verstanden. Heimwerker 2000.
Ich frage mich langsam, ob die Beiträge hier im Forum nicht nur dazu beitragen, dass sich einige vor Gericht allein zuviel zutrauen, von dem sie eigentlich nur vollkommen unzureichende Kenntnis haben.
--- Ende Zitat ---
Aber man muss ja nicht gleich den größten Hammer auspacken, wenn man nur einen kleinen Nagel einschlagen will.
Bezüglich der Kosten, u.a. auch des Sachverständigengutachtens, hab ich bei der Grundversorgung aber noch ein Problem:
Im Gegensatz zu den LG Köln und Dortmund hat das LG Erfurt bei der Kostenentscheidung eine Kostenaufteilung vorgenommen, obwohl es die Kundin als Grundversorgungskundin ansah und auch teilweise die Preise als unbillig gewertet hat (ab dem Widerspruch gegen diese Preise).
Da aber Klagegegenstand ja eine Forderung des Versorgers war und dieser Forderung zumindest teilweise (nämlich den Erhöhungen bis zum ersten Widerspruch) stattgegeben wurde, ist wohl die Kostenaufteilung erfolgt.
Hier fängt dann aber die Krux an: Wenn ich bei dem Gesamtpreis eine Unterteilung in beanstandete und nicht beanstandete Preisbestandteile vornehme (der Logik des VIII. Senats folgend), dann komme ich ÜBERWIEGEND zu dem Ergebnis, dass der größere Anteil unbeanstandete Preisanteile sind, die schon früher galten und nur die letzten, widersprochenen Preiserhöhungen möglicherweise unbillig sind. Wenn dann noch, wie beim LG Erfurt-Urteil erfolgt, die Kostenaufteilung danach erfolgt, in welchem prozentualem Anteil die Forderung im Verhältnis zur Entscheidung stand, bleibt immer ein Kostenanteil am Verbraucher hängen, obwohl die Forderung auch bei einer \'Teilunbilligkeit\' insgesamt erstmal unbillig und damit nicht fällig war. Ein bisschen schwanger gibt\'s halt nicht. Das man mit der Entscheidung dann den billigen Anteil nachbezahlen muss ist klar. Aber warum der Beklagte einen Kostenanteil bezahlen muss, ist mir nicht klar, da doch keine Fälligkeit wegen der Unbilligkeit vorlag.
Und weiter gesponnen bedeutet dieses, dass im Falle eines Sachverständigengutachtens auch davon ein Teil als Prozesskosten bezahlt werden muss, obwohl der Preis unbillig war (wenn auch nur in Teilen). Nicht dass ich Angst hätte (hab ne RSV und zahle auch noch in den Prozesskostenfond ein :D ), aber ich kann in diesem Zusammenhang schon diejenigen verstehen, die sich um die Kosten ihres Rechtsstreites Srogen machen, auch wenn ich, genau wie Sie, immer wieder auf die im Verhältnis zu den Ersparnissen des Protestes relativ geringen Kosten für z.B. eine Mitgliedschaft im BdEV und Einzahlung in den Prozesskostenfond als eine mögliche Absicherung hinweise und als zweitens eine rechtzeitig abgeschlossene RS-Versicherung als gute Alternative dazu sehe, die man heutzutage (leider) immer brauchen kann.
Aber Fakt ist auch, manch ein Verbraucher knappst heute schon am unteren Limit der Lebenshaltungskosten und muss sich um seine Ausgaben leider größere Sorgen machen als möglicherweise wir beide.
Daher kann ich die Versuchung nach Kostenersparnis bei fehlendem RS oder BdEV-Mitgliedschaft/Prozesskostenfondeinzahlung) schon verstehen, wenn ich auch immer wieder vor dem Erliegen dieser Versuchung warne, und das nicht, weil ich Geld mit der Vertretung solcher Verbraucher verdiene. A
ber das Feld ist fachlich auch schon so komplex genug, ganz abgesehen von den unkundigen Richtern, die sich bei der Thematik selbst überschätzen und denen man das eine oder andere an Rechtssprechung und Fakten \"um die Ohren hauen\" muss, und die selbst dann manchmal noch haarsträubende Entscheidungen treffen.
RR-E-ft:
@bolli
Wer nur in dem Umfange der widersprochenen Preisänderungen kürzt, kommt nicht in die Situation, wie sie der zitierten Entscheidung des LG Erfurt zu Grunde lag. Wer - wie dort - weiter kürzt, geht damit bekanntlich ein höheres Kostenrisiko ein. (Nicht anders der Sondervertragskunde, der auf den bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis kürzt).
Wurde im Umfange widersprochener Preisänderungen gekürzt, sind die daraus resultierenden Zahlungsansprüche, soweit eingeklagt, streitgegenständlich. Bei Tarifkunden hängt nach Unbilligkeitseinrede im Prozess die Entscheidung von der Frage der Billigkeit ab, die im Prozess vom Kunden bestritten werden muss, weil sie sonst zugestanden ist.
Jener Anspruch wird - abhängig von der Frage der Billigkeit - zugesprochen oder abgewiesen.
Hierfür kommt es nicht darauf an, ob die Preisänderungen oder der Gesamtpreis als unbillig gerügt werden. Das ändert nämlich an dem eingeklagten Betrag und somit an dem für die Verfahrenskosten maßgeblichen Streitwert nichts.
Dass es vollkommen unsinnig ist, die Billigkeit von Anfang an mangels Bestreiten gem. § 138 Abs. 3 ZPO zuzugustehen, weil man dies - im Fall der Fälle - auch immer noch später tun kann, sollte deutlich geworden sein.
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