Energiepreis-Protest > EWE
Der VIII. Zivilsenat, der EuGH oder doch der Große Senat für Zivilsachen des BGH
PLUS:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Etwas Allgemeinverbindliches kann wohl nicht den Bereich der Vertragsfreiheit betreffen, Art. 2 GG.
--- Ende Zitat ---
@RR-E-ft, warum wollen Sie das trotz wiederholter Klarstellung weiter unbedingt missverstehen? Es geht nicht um allgemeinverbindliche Energietarife! Es geht hier um allgemeinverbindliche Normen, um allgemeinverbindliche Regelungen zur Prüfung und Festlegung der Billigkeit im Sinne des § 315 BGB mindestens im Bereich der Grundversorgung. Also um eine ergänzende Rechtsverordnung zur Durchführung und Umsetzung des § 315 BGB. Es gibt auch in anderen Bereichen solche verbindlichen Verordnungen zur Ausführung von Gesetzen. Mir ist nicht bekannt, dass hierin ein Verstoß gegen das GG gesehen wird.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Warum meinen Sie ggf., dass man so etwas allgemeinverbindlich den grundversorgten Kunden zumuten sollte ?!!
--- Ende Zitat ---
Ich sehe im jetzigen Zustand eine Zumutung. Das habe ich doch schon deutlich gemacht. Der Zustand ist für Verbraucher untragbar, eine Lösung ist überfällig.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Es gibt eine gehörige Zahl an Billigkeitsprozessen, die ohne Sachverständigengutachten zugunsten von als Tarifkunden angesehenen Verbrauchern ausgingen, ...
--- Ende Zitat ---
Für mich eine ungenügende Zahl und die tatsächliche Feststellung der Billigkeit hat wohl Seltenheitswert. Es liegt vielleicht auch an der fehlenden klaren Vorgabe (Norm). Man drückt sich daher davor wo man kann (Gerichte, Anwälte, Versorger etc. pp.)
RR-E-ft:
Zur Erinnerung:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Die gerichtliche Billigkeitskontrolle selbst entscheidet sich in der ersten Instanz durch Tatsachenvortrag, Bestreiten und ggf. eine Beweisaufnahme.
Niemand kann den Parteien eines Zivilprozesses vorschreiben, was sie vorzutragen haben und wie sie ihren Vortrag unter Beweis zu stellen haben.
Ebensowenig, in welchem Umfange sie ihr Betreiten ausrichten.
Ein Zivilprozess ist die ureigenste Privatangelegenheit der Parteien.
Niemandem kommt die Kompetenz zu, den Parteien darüber Vorschriften zu machen, ob und ggf. wie sie einen solchen Prozess zu führen haben.
Die Gerichte sind im Zivilprozess in der Beweiswürdigung frei.
Die Gerichte selbst sind unabhängig.
Jeder Zivilprozess ist mit Kosten verbunden, die von den Parteien zu tragen sind.
Schließlich handelt es sich um eine Privatangelegenheit der Parteien.
Die Billigkeitskontrolle erfordert eine Einzelfallentscheidung (BGH III ZR 277/06 Rn. 20). Es ist gerade der Vorteil des § 315 BGB, dass er Einzelfallgerechtigkeit ermöglicht.
Deshalb lässt sich \"die Billigkeit\" generell-abstrakt (wie für eine Gesetzesnorm erforderlich) wohl nicht konkreter fassen.
Gäbe es hingegen eine konkretere gesetzliche Regelung, so wäre § 315 BGB neben dieser schon gar nicht mehr anwendbar.
Es wäre die Quadratur des Kreises.
--- Ende Zitat ---
--- Zitat ---Original von PLUS
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Es gibt eine gehörige Zahl an Billigkeitsprozessen, die ohne Sachverständigengutachten zugunsten von als Tarifkunden angesehenen Verbrauchern ausgingen, ...
--- Ende Zitat ---
Für mich eine ungenügende Zahl und die tatsächliche Feststellung der Billigkeit hat wohl Seltenheitswert. Es liegt vielleicht auch an der fehlenden klaren Vorgabe (Norm). Man drückt sich daher davor wo man kann (Gerichte, Anwälte, Versorger etc. pp.)
--- Ende Zitat ---
@PLUS
Die Zahlungsklagen der Versorger wurden in den genannten Billigkeitsprozessen ohne Sachverständigengutachten jeweils deshalb abgewiesen, weil der Versorger die Billigkeit im Prozess nicht nachgewiesen hatte.
Was soll der Kunde denn mehr erreichen wollen, als dass rechtskräftig festgestellt wird, dass die Zahlungsansprüche des Versorgers wegen fehlenden Billigkeitnachweises nicht bestehen, die Zahlungsklage des Versorgers wegen der vom Kunden [nach Unbilligkeitseinrede ganz einfach] gekürzten Beträge deshalb rechtskräftig abgwiesen wird?!
Dem betroffenen Kunden geht es um eine einfache, effektive Möglichkeit, sein Geld bei sich in der Tasche zu behalten.
Und diese Möglichkeit hat er bei gesetzlicher Preisbestimmungspflicht nur mit der Unbilligkeitseinrede gem.§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB und der darauf gründenden Zahlungskürzung.
Dem betroffenen Kunden geht es in der Regel nur um sein Geld, nicht um Weltgerechtigkeit und nicht um den Weltfrieden.
Werden die Tatsachen, die die Billigkeit begründen sollen, erst im Zahlungsprozess vom Versorger nachvollziehbar und prüffähig (nämlich durch eine Beweisaufnahme im Falle des Bestreitens) dargelegt, verbleibt dem Kunden die Möglichkeit des sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO. Er zahlt dann nicht mehr, als der Versorger ohnehin immer von ihm haben wollte.
Wenn ein mit hohen Kosten verbundenes gerichtliches Sachverständigengutachten in einem solchen Prozess eingeholt wird, dann immer nur deshalb, weil der betroffene Kunde als Beklagter es in diesem Verfahren aufgrund freier Willensentschließung genau darauf ankommen lassen wollte. Und das darf man nun getrost jedem einzelnen betroffenen Kunden, der die Möglichkeit dazu hat, selbst überlassen.
PLUS:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Die Zahlungsklagen der Versorger wurden in den genannten Billigkeitsprozessen jeweils deshalb abgewiesen, weil der Versorger die Billigkeit im Prozess nicht nachgewiesen hatte.
--- Ende Zitat ---
Sie unterdrücken, dass die Münze nicht selten auf die andere Seite fällt und man dann solche Berichte lesen durfte:
Gaskunden des Nürnberger Versorgers N-Ergie stehen nach den Gaspreiserhöhungen der Jahre 2004 bis 2007 keine Rückzahlungen in Aussicht. Das Oberlandesgericht Nürnberg wies die Berufung gegen ein Urteil zurück, das festgestellt hatte, die Preisgestaltung des Versorgers sei nicht zu beanstanden. Ein so genannter „Gasrebell“ hatte dagegen geklagt.
Gestiegene Bezugskosten dürfe der Versorger dann weitergeben, wenn der Anstieg nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden könne. Das sei hier der Fall: Die Erhöhungen der fraglichen Jahre seien allein auf die Entwicklung der Bezugskosten zurückzuführen. Die N-Ergie AG habe diese Kosten auch nicht in anderen Geschäftszweigen kompensieren können.
Es sei dem Versorger zudem erlaubt, andere Teile des Konzerns querzusubventionieren, in diesem Fall wurden Verluste der Verkehrsbetriebe ausgeglichen. Dass es sich in diesem Fall um einen Spezialtarif und nicht um einen Grundversorgungstarif gehandelt habe, mache für die Bewertung keinen Unterschied. Gaskunde unterliegt am OLG Nürnberg
Eine längere Aufzählung mit ähnlichen gerichtlichen Feststellungen und \"Erfolgen\" für die Verbraucher wären eine leichte Übung, die ich mir aber erspare.
RR-E-ft:
@PLUS
Ja lesen muss man viel.
Ich unterdrücke gewiss nichts.
Auch dieser Kunde hatte sich aus freier Willensentschließung heraus dazu entschieden, selbst zu klagen.
Hätte er schon nicht gemusst.
Er hätte bei gesetzlicher/ vertraglicher Preisbestimmungspflicht des Versorgers nach Unbilligkeitseinrede einfach seine Zahlungen kürzen und sodann abwarten können, ob und ggf. mit welchem Erfolg er vom Versorger verklagt wird.
Dabei hätte ihm ggf. die Möglichkeit des sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO offen gestanden.
Ihm stand deshalb von Gesetzes wegen ein einfacherer, effektiverer Weg mit geringerem Kostenrsisiko zur Verfügung.
Wenn er sich für einen anderen Weg entschieden hatte, kann er dafür niemanden verantwortlich machen.
In dem genannten Fall des OLG Nürnberg ging es zudem einen Kunden mit Sondervertrag, der erst in der Berufungsinstanz und somit gem. § 531 ZPO verspätet, die wirksame Einbeziehung der Bedingungen der AVBGasV in sein Vertragsverhältnis bestritten haben soll. Das liegt aber am eigenen Prozessverhalten, welches man niemandem vorschreiben kann. Wäre das Bestreiten rechtzeitig in der ersten Instanz erfolgt, wäre der Streit wohl anders zu entscheiden gewesen.
bolli:
Mein Posting
--- Zitat ---Ich habe so das Gefühl, dass man sich hier im Thread vom Thema des TE immer weiter entfernt und zunehmend Detailfragen diskutiert, die theoretisch interessant sein könnten, für die Mehrheit aber eher zweitrangig sind.
--- Ende Zitat ---
bezog sich u.a darauf, ob es tatsächlich eine Rechtsfolge hat, wenn § 41 EnWG nun erfüllt ist oder nicht und welche Konstellation da wie wirkt.
Die Frage, was passiert, wenn eine Preisänderungsklausel aus den AGB nicht wirksam in einen Sondervertrag eingebunden wurde oder unwirksam ist, hat der BGH schon mehrfach beantwortet, zuletzt im Urteil vom 14.07.2010 VIII ZR 246/08. Es gilt halt einfach der Anfangspreis (ob da über ein Obiter dicta noch Dinge nachgeschoben werden, bleibt abzuwarten). Beide Varianten sind meines Erachtens Unterfälle eines Verstoßes gegen § 41 Abs 1 Nr. 1 EnWG und genauso zu sehen wie ein absolutes Fehlen einer solchen Vereinbarung. Warum hier also so lange über diesen § 41 diskutiert wird, ist mir nicht ganz ersichtlich. Gleichwohl ist ein solcher Paragraph mit einer nicht explizit genannten Rechtsfolge nicht besonders befriedigend, wenn die Rechtsfolge ohne ihn die gleiche ist, kann und sollte man ihn weglassen, da er ansonsten wohlmöglich noch auf falsche Gedanken bringt (bei unseren Richtern ist heutzutage alles möglich).
--- Zitat --- Original von RR-E-ft
Bei der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gibt es regelmäßig keinen langen Instanzenzug. Die Eingangsinstanz sollte konzentriert bei einer besonderen KfH an einem Landgericht liegen, §§ 108, 102, 103 EnWG.
--- Ende Zitat ---
Ich habe so langsam das Gefühl, Sie entwickeln sich zu einem reinen Theoretiker, der die Praxis völlig aus den Augen verliert und den Träumen der \"was wäre wenn Welt\" nachhängt.
Bei dem ersten Satz muss ich Ihnen (leider) größtenteils zustimmen, aber nur, weil mittlerweile doch die überwiegende Zahl der Fälle der Billigkeitskontrolle gar nicht mehr an den zuständigen Gerichten gem. § 102, 108 EnWG landet und nur nach \"normalem\" Vertragsrecht abgehandelt wird und vielfach die Berufungshürden nicht mehr nimmt.
Und wenn denn tatsächlich mal ein Fall der Billigkeitsfrage über die zuständigen Kartellsenate der OLG bis zum BGH kommt, wird dieser nach den \"neuen Geschäftsverteilungsrichtlinien des BGH\" (wo das schriftlich allgemeingültig festgelegt ist, hat mir bisher noch niemand zeigen können) an den VIII. Senat statt den an und für sich gemäß der öffentlich zugänglichen Geschäftsordnung (siehe hier: Geschäftsverteilung BGH 2011 zuständigen Kartellsenat abgegeben.
Dieses wurde mittlerweile in zwei Verfahren so praktiziert (VIII ZR 178/09 und VIII ZR 295/09, wovon ersteres wegen Revisionsrücknahme nicht verhandelt wurde) und niemand schreitet dort ein. SIE, RR-E-ft, haben einmal kurz erwähnt, dass nicht der vorgesehenen Geschäftsvertreilung entspricht, aber das war\'s dann auch. Und nun tun Sie so, als ob da mit dem Rechtsweg bei der Billigkeitskontrolle alles in Ordnung wäre. Mitnichten ist dem so, vor allem wenn man so sieht, was da einige Amtsrichter (aber durchaus auch die sogenannten Fachrichter an den KfH der LG) alles so munter drauflosentscheiden.
Also bitte tun Sie nicht so, als ob da alles in Ordnung wäre.
Auch Ihre Aussage
--- Zitat ---Zudem besteht selbst bei vertraglicher Preisbestimmungspflicht im Falle von einseitigen Preisänderungen neben der Billigkeitskontrolle immer auch gleichwertig die Alternative zum Lieferantenwechsel (BGH VIII ZR 56/08 Rn. 20/36; BGH VIII ZR 246/08 Rn. 41).
--- Ende Zitat ---
erschließt sich mir nicht ganz.
Aus meiner Sicht sind Billigkeitskontrolle und Lieferantenwechselmöglichkeit eben keine gleichwertigen Alternativen (mal abgesehen vom Fall des Sondervertrages mit einseitigem Leistungsbestimmungsrecht des Versorgers, der ja wohl bisher noch nicht vorgekommen ist, warum wohl nicht ?).
Im Sondervertrag werden die Preise vereinbart und ich habe eben nicht die Möglichkeit, die Preise auf ihre Angemessenheit überprüfen zu lassen. Daher ist dieses kein gleichwertiger Ersatz zur Billigkeitskontrolle. Und selbst die Billigkeitskontrolle ist doch derzeit ebenfalls nur eine theoretische Konstruktion, da in der Praxis aufgrund der vom VIII. Senat aufgestellten Sockelpreistheorie in der Grundversorgung de facto gar eine Billigkeitsprüfung des gesamten Preises stattfindet. Und solange Sie, RR-E-ft, mir nicht mal einige Fälle zeigen, in denen irgendwelche Gerichte (auch Untergerichte) in der letzten Zeit von dieser BGH-Rechtssprechung abgewichen sind und den gesamten Preis überprüfen (lassen), kann ich Ihre Ausführungen dazu un ddem Herumreiten auf der \"ach so tollen Billigkeitsprüfung\" auch nur noch begrenzt Ernst nehmen, denn sie sind durch die Praxis derzeit ausgehebelt.
Und kommen Sie mir bitte jetzt nicht mit Ihrer üblichen Aussage, man müsse dem VIII. BGH-Senat nur mal die richtigen Gesetzesworte in der richtigen Betonung vorlesen, dann kämen diese Damen und Herren gar nicht um die \"göttliche Erkenntnis\" der wahren Bedeutung der §§ 36 EnWG, 5 GasGVV/StromGVV umhin. Damit kompromittieren Sie sowohl Ihre am BGH zugelassenen Kollegen als auch die entsprechenden Richter/-innen des VIII Senats.
Man sollte also die Praxis bei seinen Theorien nicht gänzlich aus dem Auge verlieren und insbesondere den geneigten Leser hin und wieder darauf hinweisen, dass diese derzeit noch anders aussieht. Nicht jeder verfolgt das Forum dauerhaft und intensiv und kennt überall den neuesten Stand. Dann würden sich nämlich ne Reihe Fragen von selbst erledigen.
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