Energiepreis-Protest > Stadtwerke Lehrte
Kündigung durch Gasgrundversorger SW-Lehrte, GEHT DAS?
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Lehrte:
Hallo,
bevor ich mein drängendes Problem schilder, hier kurz die Vorgeschichte:
Meiner Jahresabrechnung für 2005 habe ich im Februar 2006 erstmalig widersprochen und seitdem jährlich jeder weiteren Jahresabrechnung. Laut Versorger sind bis jetzt über 500,- Euro nachzuzahlen.
Jetzt der Knaller am letzten Wochenende!!
Mein Gasgrundversorger hat mir schriftlich mitgeteilt, dass die Gaslieferung mit Wirkung zum 30.06.10 vorsorglich aufgekündigt und eingestellt wird.
Geht das überhaupt? und wie gehe ich jetzt vor ohne in Fallstricke zu geraten?
Auszüge aus dem Schreiben der Stadtwerke Lehrte:
... seit 2007 widersprechen Sie unseren veröffentlichen allgemeinen Grundversorgungspreisen für Gaslieferungen und nehmen Rechnungskürzungen vor.
- Gemäß der Gasgrundversorgungsordnung, den Ergänzenden Bedingungen der SW-Lehrte sowie dem BGB ist für das Zustandekommen eines Vertrages die Willensbekundung beider Vertragspartner unabdingbar.
- Durch Ihr andauerndes Widersprechen und Rechnungskürzen dokumentieren Sie, dass Sie nicht gewillt sind, unsere allgemeinen Vertragsbedingungen mit unseren veröffentlichten Gas-Grundversorgungspreisen anzuerkennen.
... selbst mit großer Geduld und Nachsicht durch uns, kann so ein Gasliefervertrag nicht zustande kommen.
... wir gehen davon aus, dass deshalb zwischen Ihnen und uns kein wirksamer Gasliefervertrag besteht...
... der guten Ordnung halber möchten wir Sie in Kenntns setzen, dass wir unsere Gaslieferung mit Wirkung zum 30.06.10 vorsorglich aufkündigen und einstellen werden.
Dann kommt der Hinweis, dass 20 andere Gaslieferanten im Netzgebiet anbieten und das die Anmeldefrist von fremden Gaslieferanten beim Gasnetzbetreiber vier Wochen zum nächsten Monatsbeginn beträgt und wenn ich nach dem 30.06.10 Gas entnehme (ohne neuen Lieferanten) ist dieses illegal!!!!
Tschuldigung für die Länge, aber ich bin mega sauer.
Für jede Art der Unterstützung bin ich dankbar.
RR-E-ft:
Der Versorger scheint sehr schlecht beraten zu sein.
Der Grundversorgungsvertrag bestand ja bereits vor dem ersten Widerspruch und der ersten Rechnungskürzung. Ein bestehender Vertrag endet erst durch wirksame Kündigung.
Der Allgemeine Preis des Grundversorgers ist gesetzlich an den Maßstab der Billigkeit gebunden und unterliegt der Billigkeitskontrolle. § 315 BGB findet allein aufgrund des gesetzlichen Leistungsbestimmungsrechts unmittelbare Anwendung (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 14 ff., VIII ZR 225/07 Rn. 28, VIII ZR 56/08 Rn. 20, 36).
Der Kunde kann mit Verweis auf die Unbilligkeitseinrede Rechnungsbeträge kürzen, § 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV. Ob insoweit eine verbindliche Forderung überhaupt besteht, bemisst sich nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Demnach trägt der Versorger die Darlegungs- und Bewislast für die Billigkeit seiner Leistungsbestimmungen.
Der Vertrag endet nicht durch die Kündigung des Grundversorgers, weil dieser gar kein Recht zur Kündigung hat.
Ein Recht zur ordenungsgemäßen Kündigung des Grundversorgungsvertrages besteht für den Grundversorger nicht, § 20 Abs. 1 GasGVV.
Ein Recht zur außerodentlichen Kündigung besteht ebenfalls nicht, wenn sich der Kunde mit Rücksicht auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV mit Zahlungen gar nicht im Verzug befindet.
Nun aber das famose Ergebnis der Rechtsauffassung des Versorgers, von diesem gewiss nicht zu Ende durchdacht:
Wenn der Versorger der Auffassung sein sollte, dass gar kein Vertragsverhältnis bestünde, dann bestünde auch schon kein vertraglicher Zahlungsanspruch des Versorgers gegenüber dem Kunden.
Die vom Kunden bisher geleisteten Zahlungen wären dann - für den Kunden bisher unbekannt - rechtsgrundlos erfolgt und könnten von diesem aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 BGB zurückverlangt werden, da eine vertragliche Schuld ja tatsächlich nicht bestand.
Der Versorger wüsste zudem, dass er zu Gaslieferungen vertraglich nicht verpflichtet war und ist.
Liefert er aber ohne vertragliche Verpflichtung in Kenntnis der Nichtschuld Gas, so kann sich der Kunde hinsichtlich eines Anspruchs des Versorgers aus ungerechtfertigter Bereicherung hinsichtlich der dann ja seit langem ohne Rechtsgrund gelieferten Gasmengen auf die Kenntnis des Versorgers von der Nichtschuld gem. § 814 BGB berufen, mit der Folge, dass der Versorger selbst gar nichts verlangen kann.
Dies hätte zur Folge, dass der Kunde - der nun erst erfährt, dass seine bisher geleisteten Zahlungen allesamt nicht vertraglich geschuldet waren, diese aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen kann, der Versorger sich jedoch wegen seiner Kenntnis von der Nichtschuld gem. § 814 BGB seinerseits nicht auf eine ungerechtfertigte Bereicherung des Kunden durch vertraglich nicht geschuldete Gaslieferungen berufen kann.
Der Versorger, der sich auf diesen Standpunkt stellt, müsste wohl mit dem Klammerbeutel gepudert sein.
In dieser Situation kann man den Grundversorger auf Feststellung verklagen, dass der bestehende Grundversorgungsvertrag nicht durch versorgerseitige Kündigung vom .... beendet wird, dem Grundversorger kein Recht zur Kündigung des Grundversorgungsvertrages, hilfsweise (für den Fall das die Rechtsauffassung des Grundversorgers vom nicht bestehenden Vertrag zutrifft) auf Rückzahlung aller (mindestens) seit 2005 geleisteten Zahlungen des Kunden auf lediglich vermeintlich bestehende vertragliche Zahlungsansprüche des Versorgers.
Übrigends ginge es ab 01.07.10 mindestens mit der Ersatzversorgung gem. § 38 EnWG weiter, so dass die Versorgung auch nicht eingestellt werden kann.
Lehrte:
Entschuldigung,
ich bin kein Jurist und habe ein wenig Schwierigkeiten die fundierten Informationen zu verarbeiten.
Soll heißen, würde es dann ausreichen den SW-Lehrte ein Schreiben zuzustellen und auf die Punkte hinzuweisen:
Ein Recht zur ordenungsgemäßen Kündigung des Grundversorgungsvertrages besteht für den Grundversorger nicht, § 20 Abs. 1 GasGVV.
Ein Recht zur außerodentlichen Kündigung besteht ebenfalls nicht, wenn sich der Kunde mit Rücksicht auf § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, 17 Abs. 1 Satz 3 GasGVV mit Zahlungen gar nicht im Verzug befindet.
- Ich habe in meinen Widersprüchen auf § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (Musterbrief Bd der Energieverbraucher) verwiesen -
Dies hätte zur Folge, dass der Kunde - der nun erst erfährt, dass seine bisher geleisteten Zahlungen allesamt nicht vertraglich geschuldet waren, diese aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen kann, der Versorger sich jedoch wegen seiner Kenntnis von der Nichtschuld gem. § 814 BGB seinerseits nicht auf eine ungerechtfertigte Bereicherung des Kunden durch vertraglich nicht geschuldete Gaslieferungen berufen kann.
oder muss ich hier doch große Geschütze auffahren!!
Die Situation macht mich doch ein wenig nervös, weil ich den Richtigen Ansatz nicht erkenne.
RR-E-ft:
Es gibt keinen Grund, sich dafür zu entschuldigen, dass man (kein) Jurist (geworden) ist.
Ich habe auch einen ehrlichen Beruf erlernt.
Fraglich, ob es ausreicht, die Stadtwerke Lehrte in einem Schreiben auf deren Blödsinn hinzuweisen oder ob dies auch nur sinnvoll ist. Möglicherweise hilft nur klagen.
Warum wollen Sie eigentlich weiter Grundversorgung von den Stadtwerken Lehrte über den 30.06.10 hinaus? Möglicherweise gibt es einen weit günstigeren Anbieter für Gaslieferungen ab dem 01.07.10 (http://www.verivox.de).
Ich kann auch keinen Juristen aus Ihnen machen und möchte es auch nicht.
Es gibt gottlob genug gute Juristen, die Ihnen gern ihre Dienste anbieten. ;)
Wieviel haben Sie denn seit 2005 bis heute insgesamt für die Gaslieferungen an die Stadtwerke Lehrte bezahlt, was man ggf. aus ungerechtfertigter Bereicherung vollständig zurückverlangen könnte, wenn es denn zuträfe, dass nach Kenntnis der Stadtwerke bisher gar kein Grundversorgungsvertrag bestünde?
Mit welcher Rückzahlung müssten die Stadtwerke in einem solchen Fall rechnen?
Noch einmal langsam zum Mitdenken:
Die Stadterke behaupten, es gäbe gar keinen Vertrag. Das ist Ihnen neu. Sie werden von dieser Erkenntnis überrascht.
Sie haben für Gas aber immer einen Kaufpreis bezahlt, obschon Sie bei Nichtbestehen eines Vertrages ja zu keinem Zeitpunkt einen Kaufpreis schuldeten.
Dann wären die Stadtwerke um diese von Ihnen (unwissentlich) rechtsgrundlos geleisteten Kaufpreiszahlungen mindestens seit 2005 ungerechtfertigt bereichert und müssten diese auf Verlangen an Sie zurückzahlen.
Sie bekamen all die Zeit Gaslieferungen von den Stadtwerken. Zu solchen wären die Stadtwerke mangels Vertrages ja gar nicht vertraglich verpflichtet gewesen. Die Stadtwerke könnten deshalb grundsätzlich aus ungerechtfertigter Bereicherung Wertersatz für das rechtsgrundlos gelieferte Gas von Ihnen verlangen.
Zwischen den gegenseitigen Bereicherungsansprüchen hin wie her wäre ein Saldo zu bilden.
Der Haken ist nur, dass die Stadtwerke wussten und wissen, dass diese zu den Gaslieferungen vertraglich nicht verpflichtet waren, weil kein Vertrag bestand. In einem solchen Fall ist der Anspruch der Stadtwerke auf Wertersatz wegen der rechtsgrundlos erfolgten Gaslieferungen gem. § 814 BGB (!) ausgeschlossen. Wegen wissentlich rechtsgrundlos erfolgter Gaslieferungen können die Stadtwerke keinen Wertersatz verlangen.
Unter dem Strich (als Saldo) bliebe mithin allein Ihr Rückzahlungsanspruch gegen die Stadtwerke wegen der insgesamt rechtsgrundlos geleisteten Kaufpreiszahlungen für Gas.
Mit einem solchen Rückzahlungsanspruch gegen die Stadtwerke Lehrte und den Gaslieferungen eines günstigeren Lieferanten ab dem 01.07.2010 ließe sich vielleicht auch gut leben. ;)
Lehrte:
Erläuterungen und Ratschläge sind 1. Klasse
Die SW-Lehrte haben mir übrigens von 2005 bis 2009 insgesamt 3.313,42 Euro für den Gasverbrauch in Rechnung gestellt, die ich natürlich so nicht bezahlt hatte. Lt. SW bin ich etwas über 500,- Euro im Rückstand.
Ich werde mich mit einem Lieferantenwechsel und Rückzahlungsanspruch akut beschäftigen, um das Thema mit den SW-Lehrte zu Ende zu bringen, da alles andere nur reine Zeitverschwendung wäre.
Man muss sich ja erst einmal aus dem Trott (jährlicher Widerspruch) lösen, um anderen Ideen Platz zu schaffen und manchmal sind ein paar Tage frei ganz hilfreich.
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