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Autor Thema: Chef des Bundeskartellamtes ermutigt Energiekonzerne  (Gelesen 3137 mal)

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Offline RR-E-ft

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Chef des Bundeskartellamtes ermutigt Energiekonzerne
« am: 15. April 2010, 15:40:10 »
Chef des Bundeskartellamtes ermutigt Energiekonzerne

Zitat
Unterdessen müssen die großen deutschen Versorger aus der Sicht des Bundeskartellamtes keine Befürchtungen vor einer möglichen Zerschlagung haben. Die Energiebranche werde bei der Anwendung des von der Bundesregierung geplanten verschärften Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht im Fokus stehen, sagte der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, in Berlin. Vor allem E.ON und RWE waren im Zusammenhang mit den Plänen für eine Entflechtung von Großunternehmen immer wieder genannt worden.  Mundt sagte, dass die deutschen Energiekonzerne im Vergleich zu anderen, staatlich dominierten Versorgungskonzernen in Europa eine akzeptable Größe hätten. \"Angesichts eines zusammenwachsenden europäischen Energiemarktes werden wir vielleicht noch ganz froh sein, dass wir Energiekonzerne dieser Größe haben\", fügte Mundt hinzu.

Am Rande des ICG Branchentreffens Gas in Berlin gab Mundt zudem zu erkennen, dass das Bundeskartellamt Langfristverträgen wieder aufgeschlossen gegenüberstünde.

Offline Lothar Gutsche

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Chef des Bundeskartellamtes ermutigt Energiekonzerne
« Antwort #1 am: 25. April 2010, 20:26:35 »
Zitat
Unterdessen müssen die großen deutschen Versorger aus der Sicht des Bundeskartellamtes keine Befürchtungen vor einer möglichen Zerschlagung haben. Die Energiebranche werde bei der Anwendung des von der Bundesregierung geplanten verschärften Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht im Fokus stehen, sagte der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, in Berlin.
Wessen Interessen vertritt eigentlich dieser Herr Mundt? Will er die Tradition fortsetzen, die sein Amtsvorgänger Dr. Bernhard Heitzer und die EU-Kommission mit ihren Deals praktizieren? Warum fragt er nicht nach mehr Personal in seinen offenbar chronisch unterbesetzten Beschlussabteilungen 8 und 10, die sich mit Energiefragen befassen? Warum prangert Herr Mundt nicht öffentlich an, dass sein Amt von der Ausstattung her gar nicht in der Lage ist, ein großes Verfahren wegen Missbrauch einer marktbeherrschender Stellung oder wegen Kartellabsprachen gegen E.ON oder RWE durchzuführen, weil ihn die Konzerne mit dicken Gutachten und großen Anwaltskanzleien praktisch arbeitsunfähig machen können?

Die Preisanstiege bei Strom und Gas in den letzten acht Jahren haben wenig mit der Kostenentwicklung zu tun. Weder die Erdgasimportpreise beim Gas noch die Stromerzeugungskosten können die tatsächlichen Preisanstiege auch nur annähernd rechtfertigen. Von Manipulationen der Strombörse ist die Rede, durch zu kleine Netzkapazitäten an den deutschen Grenzen ist der deutsche Strommarkt für Importstrom abgeschottet. Absprachen wie die zur Gas-Pipeline MEGAL zwischen E.ON/E.ON Ruhrgas und dem französischen Energiekonzern GDF Suez beschränken den deutschen Ferngasmarkt so, wie es über Jahre die Langfristverträge für Ferngas und die Stadtwerke-Beteiligungen vermochten.

Zitat
Am Rande des ICG Branchentreffens Gas in Berlin gab Mundt zudem zu erkennen, dass das Bundeskartellamt Langfristverträgen wieder aufgeschlossen gegenüberstünde.
Vermutlich hat Herr Mundt nicht den Abschlussbericht zur Sektoruntersuchung Gastransport gelesen, den das Bundeskartellamt am 17.12.2009 über die Kapazitätssituation in den deutschen Gasfernleitungsnetzen veröffentlichte. Die Sektoruntersuchung erfolgte gemäß § 32e Abs. 3 GWB und ist auf der Homepage des Bundeskartellamtes abrufbar unter http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Stellungnahmen/0912_Abschlussbericht_SU_Gasfernleitungsnetze.pdf. Eine mundgerechte Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich dort auf Seite 3-4.

Wenn nun die Langfristverträge wieder erlaubt würden, bleiben die Ferngasmärkte so abgeschottet wie bisher, und die Stadtwerke unterliegen beim Gaseinkauf einem Preisdiktat der großen Vorlieferanten. Neue Ferngasanbieter, z. B. aus dem Ausland, hätten kaum Chancen, in den Markt einzudringen und den Wettbewerb auf der Vorleistungsebene zu verstärken.

Wessen Interessen vertritt Herr Mundt als der neue Präsident des Bundeskartellamtes? An den nächsten großen Entscheidungen des Bundeskartellamtes z. B. zur Sektoruntersuchung Stromerzeugung/Stromgroßhandel wird zu erkennen sein, wie unabhängig das Bundeskartellamt von den Energiekonzernen ist.

Viele Grüße
Lothar Gutsche

 

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