Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Fallstudie Gas- Preisspaltung eines kommunalen Gasversorgers zu Lasten der Haushaltskunden
RR-E-ft:
Fallstudie Gas- Preisspaltung eines kommunalen Gasversorgers zu Lasten der Haushaltskunden
Lothar Gutsche:
Ein weiteres konkretes Beispiel zur kartellrechtswidrigen und damit unbilligen Preisspaltung findet sich bei den Stadtwerken Würzburg sowohl in der Stromversorgung als auch in der Gasversorgung. Belege dazu finden sich [*]in Abschnitt 1.2 auf Seite 3-5 und in Abschnitt 2.1 auf Seite 10 -12 in dem Schriftsatz vom 18.2.2009 unter http://www.ra-bohl.de/Schriftsatz_18.02.09.pdf
[*]in Abschnitt 1.3.3 auf Seite 13/14 und in Abschnitt 2.3.3. auf Seite 26/27 des Schriftsatzes vom 21.1.2010 unter http://www.ra-bohl.de/SS_vom_21.01.2010.pdf
[/list]Der Ansatz \"Preisvergleich von Haushaltskunden mit Geschäftskunden\" bzw. der Ansatz \"Preisvergleich der eigenen Strom- bzw. Gasrechnung mit dem Stadtwerke-Durchschnitt\" müsste sich bei vielen anderen Energieversorgern wiederholen lassen. Mit dem Nachweis der Preisspaltung verschiebt sich nach § 19 Abs. 4 Nr. 3 GWB auch im Kartellzivilprozess die Darlegungs- und Beweislast vom Verbraucher zum Stadtwerk, vgl. ausfürlicher Abschnitt 3.2 auf Seite 33/34 im Schriftsatz vom 21.1.2010 unter http://www.ra-bohl.de/SS_vom_21.01.2010.pdf.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
courage:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Fallstudie Gas- Preisspaltung eines kommunalen Gasversorgers zu Lasten der Haushaltskunden
--- Ende Zitat ---
Einfach genial, weil genial einfach.
Jeder kann jetzt ausrechnen, um wieviel der Gewinnanteil in seinem Gaspreis im Laufe der letzten Jahre mindestens erhöht wurde. Die (kleine) Mühe, die Umsatzdaten des Versorgers (jährliche Gasabsatzmengen und Gaserlöse) rauszufinden, muss man halt auf sich nehmen: unter http://www.ebundesanzeiger.de den Versorgername in die Suchmaske eingeben. Die eigenen Zahlen hat man in seinen Abrechnungen; und schon kanns losgehen. Ich war über meine Ergebnisse recht erstaunt; insbesondere wenn ich daran denke, dass mein Versorger stets beschworen hat, seine Kunden fair zu behandeln.
Angesichts deren Einfachheit frage ich mich, was an der Berechnung falsch oder unlogisch sein könnte, denn die Versorger werden nach den möglichen Fehlern suchen und, sofern vorhanden, auch finden. Ich habe noch keine Fallstricke entdeckt. Sofern jemand doch Kritik hat, möge er sie vortragen. Denn falls dieser einfache Rechengang korrekt ist und die Unbilligkeit von Preisänderungen ans Licht befördert, wovon ich ausgehe, könnte man damit die Versorgervorträge und teuren Wirtschaftsprüfertestate vom Tisch fegen.
Lothar Gutsche:
@ courage
Die Fallstudie Stadtwerke K. (Niederrhein) unter \"Fallstudie Gas- Preisspaltung eines kommunalen Gasversorgers zu Lasten der Haushaltskunden\" nennt leider nicht alle Randbedingungen, die der Versorger vorbringen könnte und die möglicherweise einen Teil der Preisdifferenzen zwischen dem Haushaltskunden und dem Durchschnittskunden erklären. Der Nutzer „bolli“ wies gestern im Thread Stadtwerke Kleve / Niederrhein – Nachrechnen unter http://forum.energienetz.de/thread.php?postid=71114#post71114 auf Sonderverträge und nicht monetäre Vereinbarungen hin, die auch den Preis beeinflussen können. Mit dem Stichwort Sonderverträge verbinde ich spontan drei Größen, die den Umsatz und die Kosten beeinflussen:
• Forderungsausfall
• Konzessionsabgaben
• Langfristbezug
Forderungsausfall
Die Stadtwerke Würzburg argumentierten als Klägerin in dem Prozess mit mir am Landgericht Würzburg auf Seite 7 ihrer Berufungsbegründung vom 8.9.2009 zu den Preisunterschieden zwischen Grundversorgung und Sondertarifen wie folgt:
„Die Klägerin hat den Status einer Grundversorgerin. Dies bedeutet, dass jeder Kunde akzeptiert werden muss, d.h. auch Kunden, die – dies gilt nicht für den Beklagten – eine schlechte Bonität aufweisen und bei denen von vornherein Forderungsausfälle drohen. Ein Energiegrundversorger wie die Klägerin hat jährliche Forderungsausfälle im deutlich sechsstelligen Euro-Bereich. Dies schlägt sich auch auf die Kalkulation durch, so dass die Klägerin sowohl bei Strom als auch bei Gas gegenüber sogenannten freien Anbietern, die teilweise Vorauskasse oder Kaution verlangen, ungünstiger anbieten muss.“
Konzessionsabgaben
Für Sondervertragskunden sind die gezahlten Konzessionsabgaben niedriger als in der Grundversorgung. Damit reduzieren Sonderverträge sowohl den Umsatz als auch die Kosten.
Langfristbezug
Der Versorger fordert bei Sondervertragskunden eine längere Vertragslaufzeit und reduziert die Kündigungsmöglichkeiten. Dadurch kann der Versorger seinen Gasbedarf entsprechend besser planen und Gas in längerfristigen Verträgen günstiger als für die jederzeit kündbaren Grundversorgungsverträge einkaufen.
Wenn bei Ihrem Versorger viele Kunden von der Grundversorgung in Sonderverträge wechseln, dann wirken die drei Effekte auf die Umsatz- und Kostenstruktur, die der Fallstudie zu Grunde liegen. Ob die genannten Effekte die Preisspaltung auch der Höhe nach rechtfertigen können, ist im konkreten Einzelfall im Prozess zu klären. Ohne vom Gericht beauftragte Gutachter dürfte sich das nicht endgültig klären lassen.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
courage:
@Lothar Gutsche
Ihre Beispiele liefern mögliche Erklärungen für den Preisunterschied zwischen Grundversorgung und Sonderverträgen. Darum geht es in der Fallstudie aber nicht.
Es geht vielmehr um den Nachweis, dass in einer Zeitabfolge von mehreren Jahren der Gewinnanteil innerhalb des Grundversorgungstarifs (oder innerhalb des Sondertarifs) zu Lasten des Haushaltskunden erhöht wurde. Ihr Vortrag kann m.E. die Plausibilität des Rechengangs in der Fallstudie (gottseidank ;)) nicht erschüttern. Trotzdem danke für die Mühe.
Anmerkungen zum Forderungsausfall:
Wieviel Prozent macht denn der Forderungsausfall am Gesamtumsatz mit dem Grundversorgungstarif aus? Wieviel Preisaufschlag wäre somit gerechtfertigt?
Zum Langfristbezug:
ein eher schwaches Argument; gerade Grundversorgungskunden sind versorgertreu und wenig preissensibel, sonst wären sie nämlich nicht im teuersten Tarif.
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