Energiepreis-Protest > GASUF - Gasversorgung Unterfranken

Vergleichsvorschlag durch Richter (Frist!!!)

(1/1)

Merit:
Hallo - wenn ich meinen Hilferuf hier besser so nicht reinschreibe, dann sagt mir bitte Bescheid.
Aber ich brauche wirklich dringend einen Rat und kann es ja verständlicherweise erst ab Dienstag beim Bund der Energieverbraucher direkt probieren - allerdings dauerte es nach meinen bisherigen Erfahrungen recht lange, bis ich dort jemanden ans Telefon bekomme, der mir eine Auskunft geben kann - oder bis ich Antwort auf eine Email erhalte - wenn überhaupt.

Es geht um eine Zahlungsklage der Gasuf gegen mehrere Kunden vor dem LG Darmstadt.
Der zugrundeliegende Sachverhalt ist exakt wie bei diesem Verfahren (ebenfalls: erst Hausanschluss-Antrag und damit verbunden \"Sonderkunden\"-Vertrag, später erst Gas-Abnahme) > AG Gemünden - Zahlungsklage der Gasuf abgewiesen

Das berichtet mir unser (vom BdE empfohlener) Rechtsanwalt über die Verhandlung (teilweise von mir sinngemäß gekürzt):

Der Richter des LG Darmstadt vertritt die Rechtsauffassung, dass es sich nicht um einen Sondervertrag handele. Allein die Bezeichnung sei irrelevant. Maßgeblich sei alleine, ob hier tatsächlich von der GasGVV abweichende Regelungen vereinbart worden seien. Dies sei nicht der Fall, es handele sich um einen allgemeinen Tarif, der lediglich falsch bezeichnet worden sei. Auf die Frage, ob es sich um einen Sondervertrag handele oder nicht, komme es aber auch nicht an, da schließlich in der Vergangenheit bereits Gaspreiserhöhungen auch unbeanstandet hingenommen worden seien. In diesem Falle könne man sich nachträglich nicht mehr auf den Standpunkt stellen, es liege ein Sondervertrag vor und Gaspreiserhöhungen seien unzulässig.  

Das Gericht geht weiter davon aus, dass die einzelnen Gaspreiserhöhungen nicht unbillig sein dürften. ... es genüge, wenn dargelegt wird, dass eben nur die eigenen gestiegenen Bezugskosten weitergegeben worden seien. Dies sei hier gegeben, so der Vorsitzende. Insbesondere die beiden vorgelegten Gutachten seien zwar Parteigutachten und nicht ohne Weiteres verwertbar. Sie würden jedoch bestätigen, dass lediglich die eigenen gestiegenen Bezugskosten weitergegeben worden sind.  

Daher empfiehlt der Richter dringend einen Vergleich, und zwar dahingehend, dass die Hauptforderung in gesamter Höhe (!!!) aber ohne Verzugszinsen bezahlt werden soll.

Zu seinen eigenen Ausführungen zwecks Wahrung unserer Interessen während der Verhandlung hat sich unser Rechtsanwalt leider nicht geäußert; den Vergleich empfiehlt er anzunehmen. Natürlich werde ich auch mit unserem Rechtsanwalt nochmal darüber sprechen.

Ich habe den Eindruck, dass dieser Richter sich bislang wenig in die Materie vertieft hat und die Verfahren mit möglichst wenig Zeitaufwand schnell wieder vom Tisch haben möchte - ohne ein Urteil fällen zu müssen. Deswegen bin ich (und sind meine \"Mitstreiter\") an andere Meinungen dazu interessiert:

Muss ein Richter denn nicht auch seine \"Hausaufgaben\" machen?
Steht es einem Richter total frei hier im völligen Widerspruch zu anderen Urteilen zu \"beurteilen\" ?
z.B.
> Sondertarifkunde = allgemeiner Tarifkunde, weil lediglich falsch bezeichnet
> bis Tag X Gaspreiserhöhungen nicht beanstandet, also auch später keine Einwendungen mehr möglich

Gibt es denn irgendwas, was man da noch tun kann? (außer diesem lachhaften Vergleich zuzustimmen)

Für jeden Rat, wären wir wirklich sehr dankbar!

ESG-Rebell:

--- Zitat ---Original von Merit
Der zugrundeliegende Sachverhalt ist exakt wie bei diesem Verfahren AG Gemünden - Zahlungsklage der Gasuf abgewiesen
--- Ende Zitat ---
Das ist doch die Frage. Liegt der Fall anhand der Fakten wirklich exakt so wie in dem zitierten Verfahren; insbesondere was das Zustandekommen des Vertrags betrifft?


--- Zitat ---Original von Merit
Maßgeblich sei alleine, ob hier tatsächlich von der GasGVV abweichende Regelungen vereinbart worden seien. Dies sei nicht der Fall ... es handele sich um einen allgemeinen Tarif, der lediglich falsch bezeichnet worden sei.
--- Ende Zitat ---
Gerade erst am 17.03.10 hatte der Zivilsenat die Begründung eines BG gerügt, die GVV sei als Verordnung in einen Vertrag eingeflossen. In Verträge können diese nur als AGB übernommen werden und unterliegen damit den BGB §§306ff. Dies alleine macht aus dem Sondervertrag aber noch keine Belieferung nach allgemeinen Tarifen im Rahmen der Grundversorgung.


--- Zitat ---Original von Merit
Auf die Frage, ob es sich um einen Sondervertrag handele oder nicht, komme es aber auch nicht an, da schließlich in der Vergangenheit bereits Gaspreiserhöhungen auch unbeanstandet hingenommen worden seien.
--- Ende Zitat ---
Hier nimmt das Gericht die mutmaßlich am 16.06.10 durch den BGH zu äußernde Entscheidung vorweg. Vielleicht ist es zweckmäßig, das Verfahren bis dahin ruhen zu lassen?


--- Zitat ---Original von Merit
... es genüge, wenn dargelegt wird, dass eben nur die eigenen gestiegenen Bezugskosten weitergegeben worden seien. ... die beiden vorgelegten Gutachten ... würden jedoch bestätigen, dass lediglich die eigenen gestiegenen Bezugskosten weitergegeben worden sind.
--- Ende Zitat ---
Wie so oft bleibt auch hier die Frage unbeantwortet, ob die Bezugskosten durch Einsparungen bei anderen Kostenbestandteilen hätten kompensiert werden können.


--- Zitat ---Original von Merit
den Vergleich empfiehlt er (unser Rechtsanwalt) anzunehmen. Natürlich werde ich auch mit unserem Rechtsanwalt nochmal darüber sprechen.
Ich habe den Eindruck, dass dieser Richter sich bislang wenig in die Materie vertieft hat und die Verfahren mit möglichst wenig Zeitaufwand schnell wieder vom Tisch haben möchte - ohne ein Urteil fällen zu müssen.
--- Ende Zitat ---
Sie sollten die Verfahrensstrategie ihres Anwalts schon verstehen und damit einverstanden sein. An dieser Stelle kann man nur spekulieren. Möglicherweise sieht ihr Anwalt in einem Berufungsverfahren von vorne herein bessere Erfolgsaussichten und möchte u.U. auch deshalb nicht in diesem Verfahren in die Beweisführung eintreten, wenn Sie die Privatgutachten bestreiten.


--- Zitat ---Original von Merit
Muss ein Richter denn nicht auch seine \"Hausaufgaben\" machen?
Steht es einem Richter total frei hier im völligen Widerspruch zu anderen Urteilen zu \"beurteilen\" ?
--- Ende Zitat ---
1) Nein. Vielleicht in der Theorie - nicht aber in der alltäglichen Praxis.
2) Ja. Bereits zahlreich bewiesen wurde, dass Richter vollkommen frei entscheiden und beliebigen Mist verzapfen dürfen - auf Kosten der streitenden Parteien.

Die Begründungen von BGH-Urteile stellen oft einen - höflich formulierten - Verriss der Urteile und Vorgehensweisen der Untergerichte dar.

Gruss,
ESG-Rebell.

Merit:

--- Zitat --- Zitat: Original von Merit Der zugrundeliegende Sachverhalt ist exakt wie bei diesem Verfahren AG Gemünden - Zahlungsklage der Gasuf abgewiesen
--- Zitat ---Zitat: Original von ESG-Rebell Das ist doch die Frage. Liegt der Fall anhand der Fakten wirklich exakt so wie in dem zitierten Verfahren; insbesondere was das Zustandekommen des Vertrags betrifft?
--- Ende Zitat ---

--- Ende Zitat ---
Ich kann natürlich nur das vergleichen, was mir bekannt ist - zumindest ist der Sachverhalt absolut identisch mit allen Punkten der Urteilsbegründung des AG Gemünden (auch was das Zustandekommen des Vertrags betrifft).


--- Zitat --- Zitat: Original von Merit den Vergleich empfiehlt er (unser Rechtsanwalt) anzunehmen. Natürlich werde ich auch mit unserem Rechtsanwalt nochmal darüber sprechen. Ich habe den Eindruck, dass dieser Richter sich bislang wenig in die Materie vertieft hat und die Verfahren mit möglichst wenig Zeitaufwand schnell wieder vom Tisch haben möchte - ohne ein Urteil fällen zu müssen.
--- Zitat ---Zitat: Original von ESG-Rebell Sie sollten die Verfahrensstrategie ihres Anwalts schon verstehen und damit einverstanden sein. An dieser Stelle kann man nur spekulieren. Möglicherweise sieht ihr Anwalt in einem Berufungsverfahren von vorne herein bessere Erfolgsaussichten und möchte u.U. auch deshalb nicht in diesem Verfahren in die Beweisführung eintreten, wenn Sie die Privatgutachten bestreiten.
--- Ende Zitat ---

--- Ende Zitat ---
Demnach ist also auch nach einem Vergleich noch eine Berufung möglich!?

Da unser Anwalt davon nichts erwähnt hat, ist das ja zumindest ein möglicher Ansatzpunkt für mein Gespräch - ebenso die Frage nach seiner  (weiteren) Verfahrensstrategie. Bislang haben wir aus seinem Bericht, Anraten zum Vergleich und dem abschliessenden Hinweis \"kann ich kaum anraten, das Verfahren weiterzuführen\" gedeutet, dass er den Fall damit als erledigt betrachten möchte und sich ebenfalls gar nicht mit den jüngsten Entwicklungen/Urteilen auseinandergesetzt hat.

tangocharly:

--- Zitat ---Auf die Frage, ob es sich um einen Sondervertrag handele oder nicht, komme es aber auch nicht an, da schließlich in der Vergangenheit bereits Gaspreiserhöhungen auch unbeanstandet hingenommen worden seien. In diesem Falle könne man sich nachträglich nicht mehr auf den Standpunkt stellen, es liege ein Sondervertrag vor und Gaspreiserhöhungen seien unzulässig.
--- Ende Zitat ---


Die Beurteilung der Frage, ob ein Sondervertrag oder eine Versorgung zu Allgm. Bedingungen vorliegt, ist Rechtsfrage die der Richter auf der Grundlage des im Prozess vorgetragenen Tatsachenmaterials beantworten muss.

Eine Rechtsfrage ist aber zu einer Tatsache wesensverschieden. Nur Tatsachen lassen sich unstreitig stellen. Rechtsfragen sind nicht anerkenntnisfähig (auch wenn sich alle Parteien darin einig sein sollten, wie die Rechtsfrage zu beantworten sein könnte).

Weil aber nicht anerkenntnisfähig, stellt auch die unbeanstandete Zahlung der Tarife, die der Versorger als Allg. Tarife bezeichnet, kein Anerkenntnis dar, geschweige denn die Anerkennung der Frage, um welche Art von Versorgung es sich im Streitfall handelt.


--- Zitat ---Demnach ist also auch nach einem Vergleich noch eine Berufung möglich!?
--- Ende Zitat ---

Nein ! (Abgesehen von dem hier nicht ersichtlichen Sonderfall, dass der Vergleich wegen Täuschung, Irrtum, etc. angefochten werden müsste).

Ein Vergleich schließt das Verfahren (inter pares) endgültig für alle Zeiten ab.

Didakt:
@ merit

Es ist schwierig, als Dritter in dieser Sache eine Bewertung abzugeben.
In  Erweiterung der Ausführungen von tangocharly hier dazu noch eine zusätzliche Information, zitiert aus WIKIPEDIA:

\"Als Vergleich bezeichnet man in der Rechtswissenschaft einen Vertrag, durch den streitige oder zweifelhafte Rechte unter gegenseitigem Nachgeben neu festgelegt werden.
Wird der Vergleich zum Zwecke der gütlichen Beilegung eines bei Gericht anhängigen Rechtsstreits geschlossen (Prozessvergleich), hat er eine Doppelnatur: Er ist sowohl Prozesshandlung als auch materielles Rechtsgeschäft. Der Prozessvergleich muss zu richterlichem Protokoll genommen werden (§ 160 III Nr. 1 ZPO). Er beendet den Prozess und ist Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ein Rechtsstreit wird durch einen Prozessvergleich beendet und verliert damit seine Rechtshängigkeit. Ein Prozessvergleich entwickelt keine Rechtskraft.\"

Ihr RA sollte Ihnen schon dezidiert Auskunft darüber geben, weshalb der Vergleichsvorschlag auch aus seiner Sicht das Nonplusultra sein soll. Sein aus Ihrer Sicht geschildertes Verhalten bedarf doch unbedingt einer Erklärung.
Wenn der Vergleich zu einer fast vollständigen Begleichung der Klageforderung führen soll, und die Rechtslage von Ihnen ähnlich der im Urteil des AG Gemünden eingeschätzt wird, wäre zunächst eine Ablehnung des Vergleichs sinnvoll. Dem danach folgenden Urteil könnten Sie doch dann mit  Rechtsmitteln begegnen. Die Kosten-/Nutzen-Abschätzung wird Ihnen aber keiner abnehmen.

Navigation

[0] Themen-Index

Zur normalen Ansicht wechseln