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Autor Thema: BGH, 04.12.2001 - VI ZR 447/00 und das DVGW Arbeitsblatt G 685 \"Gasabrechnung\"  (Gelesen 2355 mal)

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Offline tangocharly

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Was hat es mit der \"Trumpfkarte\" der Versorger, das Arbeitsblatt DVGW G 685 \"Gasabrechnung\", bzgl. der vom Versorger zu liefernden Abrechnungen auf sich ?

In der Entscheidung vom 04.12.2001  hatte sich der BGH (in einem etwas anders gelagerten Sachverhalt) mit den sogenannten Technischen Regeln des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) zu befassen. Dort heißt es unter Ziff. II.2.a

Zitat
a) Eine Verpflichtung zur Absperrung des Schiebers läßt sich - entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts - bereits aus Teil 8 Ziff. 5 Abs. 2 der DIN
1988 - Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen; Technische Regel
des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) - herleiten.
Nach dieser DIN-Norm, die den Stand der für die betroffenen Kreise geltenden
anerkannten Regeln der Technik widerspiegelt und somit zur Bestimmung des
nach der Verkehrsauffassung zur Sicherung Gebotenen in besonderer Weise
geeignet ist
(vgl. Senat, BGHZ 103, 338, 341 f.), [...]

Es handelt sich also um \"Regeln\". Regeln werden aber gesetzt. Und wenn sie allgemeinverbindlich sein sollen, dann benötigt der Regulator einer Legitimation.

Verbindlich sind sie (so der BGH) nur insoweit, als sie für \"die betroffenen Kreise\" gelten, welche \"mit Technik\" zu schaffen haben. Normbefehl besitzen sie deshalb, weil sie \"zur Bestimmung [...] des Gebotenen\" heran zu ziehen sind.

Hierzu stützt sich der BGH auf die Vorentscheidung vom 01.03.1988 (BGHZ 103, 338 ). Und in dieser Entscheidung kam es dann zu folgenden, aufschlußreichen Ausführungen des BGH:

 
Zitat
b) Es begegnet auch keinen Bedenken, daß das BerGer. zur Feststellung von Inhalt und Umfang der die Bekl. treffenden Verkehrssicherungspflichten die im Dezember 1976 erlassene DIN-Norm 7926, Teil 1, mit herangezogen hat, die für ein Spielgerät mit Handlauf und einer Fallhöhe von 1 m bis 2 m als Bodenbeläge nur nicht gebundene Böden nach DIN 18034 wie Naturboden, Rasen oder Sand bzw. Feinkies vorsieht. Auch wenn es sich bei DIN-Normen nicht um mit Drittwirkung versehene Normen i. S. hoheitlicher Rechtsetzung, sondern um auf freiwillige Anwendung ausgerichtete Empfehlungen des \"DIN Deutschen Instituts für Normung e. V.\" handelt (vgl. Senat, NJW 1987, 2222 = VersR 1987, 783 (784)), so spiegeln sie doch den Stand der für die betroffenen Kreise geltenden anerkannten Regeln der Technik wieder und sind somit zur Bestimmung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit Gebotenen in besonderer Weise geeignet (vgl. Senat, NJW 1980, 1219 (1221) = VersR 1980, 380 (382) und VersR 1987, 891).

Also, wie sieht es nun mit der Trumpfkarte \"DVGW\" im Falle der vom Versorger zu liefernden Abrechnungen aus ?

(1) ihr fehlt es an \"Drittwirkung\"
(2) ihr fehlt es an \"hoheitlicher Rechtsetzung\"
(3) ihr fehlt es an \"Allgemeinverbindlichkeit\"
(4) ihr fehlt es an einem \"Verpflichtenden Charakter\" (grundsätzlicher Natur).

Was stellt das DVGW Arbeitsblatt G 685 dann dar ?

(1) eine Empfehlung einer (demokratisch) nicht legitimierten Institution
(2) eine freiwillige Orientierungsgrundlage
(3) die zur Ausfüllung unbestimmter Tatbestandsmerkmale anderweitiger hoheitlicher Normen heran gezogen werden kann.

Und was ist das DVGW Arbeitblatt jedenfalls nicht:

(1) ein vertraglich vereinbarter Vertragsbestandteil, welcher die Leistung bestimmt

Und weil dies so ist (einseitige Anwendung durch den Versorger), unterliegt diese Anwendung auch der Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

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