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Autor Thema: §4 AVBGasV  (Gelesen 21610 mal)

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Offline Black

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§4 AVBGasV
« Antwort #45 am: 15. März 2010, 15:38:30 »
Meine Ausführungen zur \"nachgeholten Preisanpassung\" sind gleichfalls nur für die Grundversorgung zu verstehen und nicht für Sonderverträge.

Die Rechtsprechung des BGH beschert uns aber tatsächlich den Fall, dass von zwei Kunden im gleichen allg. Tarif der Preis für Kunde A unbillig sein kann (rechtzeitig Widerspruch eingelegt) und für Kunde B (Preisanpassungen nie beanstandet) nicht.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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§4 AVBGasV
« Antwort #46 am: 15. März 2010, 15:40:28 »
@Black

Auch bei der Grundversorgung kann nach Auffassung des Senats nichts nachgeholt werden (BGH VIII ZR 225/07 Rn. 26).

Da die Ermessensentscheidung beim gesetzlichen Leistungsbestimmungsrecht gegenüber allen (auch potentiell) grundversorgten Kunden tarifgruppenbezogen einheitlich erfolgt, kann diese nur einheitlich entweder der Billigkeit entsprechen oder auch nicht, ohne dass es dabei auf individuelle Vereinbarungen ankommen kann.

Individuelle Vereinbarungen berücksichtigt der Grundversorger bei seiner Ermessensentscheidung, die der öffentlichen Bekanntgabe (geänderter) Allgemeiner Preise vorausgeht,  überhaupt nicht. Zu kontrollieren ist diese einheitliche Ermessensentscheidung des Grundversorgers.

Der Senatsvorsitzende sagte selbst auf Vortragsreisen, der Maßstab sei kein individueller.

Offline Black

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§4 AVBGasV
« Antwort #47 am: 15. März 2010, 15:49:35 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Auch bei der Grundversorgung kann nach Auffassung des Senats nichts nachgeholt werden (BGH VIII ZR 225/07 Rn. 26).

Das steht da nicht.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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§4 AVBGasV
« Antwort #48 am: 15. März 2010, 15:51:01 »
@Black

Das steht da schon. Man muss es nur lesen können.
Wir wollen es uns in aller Ruhe genauer besehen.

Zitat
BGH VIII ZR 225/07 Rn. 26

§ 4 AVBGasV ermöglicht die Weitergabe von gestiegenen Bezugskosten an Tarifkunden nur insoweit, als die Kostensteigerung nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird (BGHZ 172, 315, Tz. 26; 178, 362, Tz. 39). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Preisanpassungsbefugnis das Äquivalenzverhältnis wahren muss und dem Berechtigten nicht die Möglichkeit geben darf, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (BGH, Urteil vom 21. April 2009, aaO, Tz. 25; Urteil vom 17. Dezember 2008, aaO, Tz. 18; BGHZ 176, 244, Tz. 18; Urteil vom 13. Dezember 2006, aaO, Tz. 21; Urteil vom 21. September 2005, aaO, unter II 2).

Dann lesen wir da noch


Zitat
BGH VIII ZR 225/07 Rn. 28

Aus der Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen folgt, wie oben bereits ausgeführt, weiter, dass das Preisänderungsrecht des Gasversorgungsunternehmens nach § 4 AVBGasV mit der Rechtspflicht einhergeht, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und den Zeitpunkt einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist (BGHZ 176, 244, Tz. 26; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. April 2009, aaO, Tz. 25).

Sie hatten ja gerade zu den Grundsätzen des Vertragsrechts zurückgefunden. Nun  müssen Sie diese auch noch konsequent auf Ihren Meinungsstand zur Grundversorgung anwenden.

Sie sagen doch (mit dem Senat), mit den grundversorgten Kunden seien zunächst Preisvereinbarungen zustande gekommen, aus denen folglich das Äquivalenzverhältnis feststeht, das bei Preisänderungen gewahrt werden muss.

Tücksisch ist dabei, dass Sie (mit dem Senat) davon ausgehen, eine (neue) Preisvereinbarung könne mit dem grundversorgten Kunden auch durch die widerspruchslose Zahlung der Verbrauchsabrechnung geschlossen werden.
Die darin liegende Tücke haben Sie möglicherweise nur noch nicht erkannt. Dann ginge gleich gar nichts nachzuholen. Berücksichtigungsfähig sind nur Kostenerhöhungen nach der jeweils letzten Preisvereinbarung mit dem grundversorgten Kunden.


So hatten Sie sich das wohl eher nicht vorgestellt.


Zitat
Original von Black
Das ist das Problem der \"nachgeholten\" Preisanpassung, bei der der Versorger zunächst zugunsten des Kunden darauf verzichtet eine Preissteigerung sofort weiterzugeben und dies erst zu einem späteren Zeitpunkt nachholt.

Gewiss.

Wer seit BGH VIII ZR 36/06 feiert, dass jede Ermessensentscheidung mit einer vertraglichen Preisvereinbarung bzw. Preisneuvereinbarung  eine Grenze findet, der muss wohl  auch mit dem Kater nach dem Feiern  leben.

Die meisten Grundversorger verschicken die Verbrauchsabrechnungen nicht mehr einmal im Jahr an alle grundversorgten Kunden gleichzeitig, sondern im \"rollierenden System\". Beachtliche neue Preisvereinbarungen mit grundversorgten Kunden kämen demnach monatlich neu zustande.

Wie der Versorger die Kostenentwicklung aller preisbildenden Kostenfaktorehn nach der letzten Preisvereinbarung mit dem einzelnen grundversorgten Kunden aufzeigen wollte, für die es ja für die Billigkeitskontrolle dann ankäme,  bleibt irgendwie rätselhaft.  Noch rätselhafter erscheint, wie der Grundversorger dann die Allgemeinen Preise gegenüber allen grundversorgten Kunden einheitlich neu festsetzen wollte. Diese Aufgabe scheint ja immer komplizierter zu werden.

Den grundversorgten Kunden gegenüber, die die Verbrauchsabrechnungen im Oktober letzten Jahres erhalten und widerspruchslos bezahlt hatten, kann eine öffentlich bekannt gemachte Preisänderung wegen seit dem geänderter Kosten angemessen sein, anderen grundversorgten Kunden gegenüber, welche die Verbrauchsabrechnungen im Januar diesen Jahres erhalten und anstandslos bezahlt hatten, jedoch nicht, weil sich seit der letzten Preisvereinbarung mit die Kosten nicht entsprechend geändert  hatten...  

Mir erscheint die Lösung, die der Senat dem rechtsuchenden Publikum aufzeigt, und die einige hier immer noch vehement verteidigen, bei genauerer Betrachtung doch sehr grenzwertig, vor allem für die Grundversorger nicht praktikabel zu sein.

Vielleicht verwenden Sie doch noch einen Gedanken auf meine Auffassung, dass mit grundversorgten Kunden kein feststehender Preis vereinbart wird, sondern der Grundversorger das jeweils der Billigkeit entsprechende Äquivalenzverhältnis aufgrund des gesetzlichen Tarifbestimmungs- und -änderungsrechts einseitig zu bestimmen hat. ;)

 

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