Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: §4 AVBGasV  (Gelesen 18922 mal)

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Offline Black

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§4 AVBGasV
« Antwort #15 am: 12. März 2010, 14:59:01 »
Zitat
Original von RR-E-ft
...wonach ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht dann nicht vertraglich vereinbart ist, wenn sich die Parteien bei Vertragsabschluss auf einen feststehenden  Preis geeinigt haben, wie dies bei Sonderverträgen gerade der Fall ist.

Ich darf daran erinnern, dass sowohl im Bereich der Grundversorgung, als auch der Sonderverträge der Anfangspreis immer vertraglich vereinbart ist.

Im übrigen sind ihre Argumente noch immer die Selben, wie vor diesen beiden Entscheidungen des BGH vom 15.07.2010. Für die Praxis damit überholt.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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§4 AVBGasV
« Antwort #16 am: 12. März 2010, 15:14:03 »
Im Bereich der Grundversorgung ist der Anwendungsbereich des § 315 BGB wegen des gesetzlichen Tarifbestimmungsrechts  eröffnet, vertraglich soll ein solches nicht vereinbart sein (BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).

An den ganannten Stellen wird doch gerade deutlich herausgestellt, was die Folgen der vertraglichen Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsechts einerseits und der vertraglichen Vereinbarung eines feststehenden Preises bei Vertragsabschluss andererseits sind und dass das eine das andere innerhalb einer vertraglichen Einigung regelmäßig ausschließt (ebenso BGH KZR 24/04).

Was besagen denn sonst die zwei ersten Sätze in BGH VIII ZR 36/06 Rn. 32 bzw. VIII ZR 138/07 Rn. 16 ?!

Soweit ersichtlich, hat sich der Senat mit meinen Argumenten in den genannten Entscheidungen überhaupt nicht auseinandergesetzt.

Offline Black

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§4 AVBGasV
« Antwort #17 am: 12. März 2010, 15:29:29 »
Zitat
Original von RR-E-ft
Soweit ersichtlich, hat sich der Senat mit meinen Argumenten in den genannten Entscheidungen überhaupt nicht auseinandergesetzt.

Unverschämtheit aber auch!
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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§4 AVBGasV
« Antwort #18 am: 12. März 2010, 16:35:17 »
Sie waren es, der auf meine Argumente abgestellt hatte.

Zitat
BGH VIII ZR 138/07 Rn. 16

Eine unmittelbare Anwendung von § 315 Abs. 1 und 3 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle nach Abschluss des Vertrages die Leistung bestimmen. Daran fehlt es, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Einigung über den Preis zustande gekommen ist.

Da sehe ich wenig Interpretationsspielraum. Es handelt sich um einen tragenden Begründungssatz innerhalb der Entscheidung.

Offline Black

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§4 AVBGasV
« Antwort #19 am: 12. März 2010, 16:50:27 »
Das liegt aber nur daran, dass es für Sie nur zwei Möglichkeiten gibt:

1. Preis vereinbart

2. Preis einseitig bestimmt

Das mag für einmalige Rechtsgeschäfte zutreffend sein. Aber Energielieferverträge sind Dauerschuldverhältnisse und da gibt es die Möglichkeit Nr.

3. Der Anfangspreis ist vereinbart, Preisänderungen werden einseitig bestimmt.

Dieses Modell Nr. 3 kennt der BGH schon seit 2007. Da hat er nämlich den Anfangspreis als vereinbart anerkannt und gleichzeitig ein Preisänderungsrecht nach § 315 BGB bestätigt. Nach nunmehr 3 Jahren sollte man das verstanden haben.
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Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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§4 AVBGasV
« Antwort #20 am: 12. März 2010, 17:03:26 »
Zitat
Original von Black
Das liegt aber nur daran, dass es für Sie nur zwei Möglichkeiten gibt:

1. Preis vereinbart

2. Preis einseitig bestimmt

Das mag für einmalige Rechtsgeschäfte zutreffend sein. Aber Energielieferverträge sind Dauerschuldverhältnisse und da gibt es die Möglichkeit Nr.

3. Der Anfangspreis ist vereinbart, Preisänderungen werden einseitig bestimmt.

Dieses Modell Nr. 3 kennt der BGH schon seit 2007. Da hat er nämlich den Anfangspreis als vereinbart anerkannt und gleichzeitig ein Preisänderungsrecht nach § 315 BGB bestätigt. Nach nunmehr 3 Jahren sollte man das verstanden haben.


Das wollen wir uns einmal in Ruhe genauer besehen.

In allen Entscheidungen hat der BGH gesagt, dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich nicht vereinbart wurde. Gegenstand waren jeweils Energielieferungsverträge.
Die Begründung lautet jeweils wie folgt:


Zitat
BGH 28.03.07 VIII ZR 144/06 Rn. 11

Die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle die Leistung bestimmen (BGHZ 128, 54, 57). An dieser Voraussetzung fehlt es. Die Parteien haben nicht vereinbart, die Klägerin solle die Leistung einseitig - nach billigem Ermessen - bestimmen. Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat.

Das war eine Entscheidung zu einem Strom- Sondervertrag \"local plus\" der E.ON edis.

Zitat
BGH, aaO., Rn. 16

Anders mag es dagegen bei Preiserhöhungen liegen, die ein Versorgungsunternehmen im Rahmen eines bereits abgeschlossenen Vertrages gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBEltV vornimmt, weil diese einseitig in Ausübung eines gesetzlichen Leistungsänderungsrechts erfolgen. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht.

Wenn jedoch - wie dort - bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nicht vertraglich vereinbart wurde und zudem kein gesetzliches Tarifbestimmungsrecht Anwendung findet (weil es sich um einen Sondervertrag handelt), dann fehlt es schlicht und ergreifend an den Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB (BGH VIII ZR 144/06 Rn. 11, VIII ZR 36/06 Rn. 32, VIII ZR 138/07 Rn. 16).

Was Sie deshalb seit drei Jahren womöglich nicht verstanden haben wollen:

Die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle die Leistung bestimmen (BGHZ 128, 54, 57). An dieser Voraussetzung fehlt es. Die Parteien haben nicht vereinbart, die Klägerin solle die Leistung einseitig - nach billigem Ermessen - bestimmen. Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat.

Wenn die Parteien - wie dort - kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart haben, sich ein solches im konkreten Fall auch nicht aus einem Gesetz ergibt, sind einseitige Leistungsbestimmungen im laufenden Vertragsverhältnis vertraglich unzulässig und es kommt deshalb auch nicht auf eine Billigkeitskontrolle an. Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 315 BGB liegen dann nämlich nicht vor.

Ich stelle auf den Menschenverstand (eigentlich Gesetze der Logik) ab, der wohl besagt, dass bei Vertragsabschluss entweder ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart oder aber nicht vereinbart wurde. Zunächst ist also zu prüfen, ob ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde und dazu sagt uns der BGH seit drei Jahren für Energielieferungsverträge, dies sei eindeutig nicht der Fall, wenn bei Vertragsabschluss die vom Kunden zu erbringende Leistung (in Form einer Preisvereinbarung) konkret vereinbart wurde.

Ganz langsam tasten wir uns nochmals an die Lösung ran, für alle die, wo mitdenken möchten.

Wir fragen unmissverständlich:

Liegen die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 315 BGB vor?

Und erfahren eindeutig:

Die unmittelbare Anwendung des § 315 BGB setzt voraus, dass die Parteien vereinbart haben, eine von ihnen solle die Leistung bestimmen (BGHZ 128, 54, 57).

Wir fragen deshalb unmissverständlich weiter:

Haben die Parteien ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart?

Und erfahren dazu eindeutig:

An dieser Voraussetzung fehlt es.
Die Parteien haben nicht vereinbart, die Klägerin solle die Leistung einseitig - nach billigem Ermessen - bestimmen.
Sie haben vielmehr konkret festgelegt, welche Leistung der Beklagte zu erbringen hat.


Ergo:

Man kann nicht zugleich einen feststehenden Preis und ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbaren (BGH KZR 24/04).
Der BGH entscheidet doch dabei selbst eindeutig entweder/ oder. Zutreffend, weil es einen dritten Weg nicht gibt.

Offline RR-E-ft

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§4 AVBGasV
« Antwort #21 am: 12. März 2010, 23:16:45 »
Um noch einmal auf Opa_Ete zurückzukommen:

Der Gesetz- und Verordnungsgeber kann das (unzweifelhaft nach dem EnWG bestehende)  gesetzliche Tarifbestimmungsrecht überhaupt nicht transparenter regeln, weil es jederzeit auf alle von der gesetzlichen Regelung betroffenen Vertragsverhältnisse passen soll und muss, die Kostenstrukturen der einzelnen Versorger sich jedoch unterscheiden, insbesondere auch die besonders änderlichen Bezugskosten sich jeweils unterscheiden, sich zudem auch wandeln können. Siehste hier.

Das gesetzliche Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (BGH KZR 2/07 Rn. 26) muss deshalb notwendigerweise abstrakt- generell geregelt sein, wie es gesetzlichen Regelungen nun einmal aus der Natur der Sache eigen ist.

Es grenzt an Unfug (so offen müssen wir wohl das Wort führen), daraus herzuleiten, der Gesetzgeber habe damit ein Maß an Transparenz für AGB- Preisänderungsklauseln in Energielieferungsverträgen vorgegeben.

Dem einzelnen Energielieferanten wäre es nämlich demgegenüber durchaus möglich, Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen, die er im Rahmen der Vertragsfreiheit auf dem Markt  anbietet,  transparenter zu gestalten, da er ja die dem angebotenen Vertragspreis konkret zu Grunde liegende Kostenkalkulation, deren Bestandteile und deren Gewichtung am angebotenen Preis genau kennt. Und man muss dies auch von ihm erwarten.

Preisänderungsklauseln dienen immer dazu, erhöhte Kosten ohne Änderungskündigung auf die Kundschaft abzuwälzen. Sie sind nicht schon an sich unzulässig.
 
Es besteht jedoch keinerlei Grund, einen Energielieferanten insoweit besser zu stellen, als einen anderen Verwender von Preisänderungsklauseln in AGB, an welche hohe Anforderungen gestellt werden (BGH III ZR 247/06 Rn. 10). Schließlich werden Preisänderungsklauseln immer im Massengeschäft verwendet und die Verwender solcher Klauseln stehen auf dem Markt regelmäßig im Wettbewerb mit anderen Anbietern und tragen auch das unternehmerische Risiko unwirksamer Klauseln.

Dabei gilt:

Zitat
BGH v. 15.11.08 III ZR 247/06 Rn. 10

Die Schranke des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wird allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; BGH, Urteile vom 21. September 2005 aaO und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 21; jeweils m.w.N.).   Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann (Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 aaO; vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79 - NJW 1980, 2518, 2519 unter II 2. c); vom 19. November 2002 - X ZR 253/01 - NJW 2003, 746, 747 unter III. 2. a) m.w.N.; vom 21. September 2005 aaO S. 1717 f unter II. 3.b) und vom 13. Dezember 2006 aaO Rn. 23 ff).

Zitat
BGH 21.04.09 XI ZR 78/08 Rn. 37, 38  

(1) Stellt eine Preis- und Zinsänderungsklausel nicht die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses sicher und ist deswegen nicht ausgeschlossen, dass der Verwender unangemessene Erhöhungen zur Steigerung seines Gewinns vornehmen kann, wirkt sich eine Kündigung seitens des Kunden nur zu Gunsten des Verwenders und nicht zum Vorteil des Kunden aus. Der Verwender erhält damit die Möglichkeit, durch unangemessene Preis- oder Zinsänderungen und anschließende Kündigung des Kunden von einem zuvor für ihn ungünstigen, für den Kunden jedoch vorteilhaften Vertrag frei zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34; Borges, DB 2006, 1199, 1204; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 49). Ferner stellt ein Kündigungsrecht bei Aktivgeschäften eines Kreditinstituts für einen Darlehensnehmer auch schon mit Blick auf die hohen Transaktionskosten einer häufig erforderlichen Umschuldung keine adäquate Kompensation für das Leistungsbestimmungsrecht des Kreditinstituts dar (Habersack, WM 2001, 753, 757; Schimansky, WM 2001, 1169, 1172 und WM 2003, 1449; Metz in Hadding/Nobbe, RWS Forum 17 - Bankrecht 2000 S. 183, 197).

(2) Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer. Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag. Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage, ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann (Habersack, WM 2001, 753, 757).

Dass eine Besserstellung der Energielieferanten in Bezug auf die Transparenzkontrolle von Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB erfolgen soll, ergibt sich insbesondere nicht aus § 310 Abs. 2 BGB, der den § 307 BGB gar nicht aufführt. § 307 BGB nicht uneingeschränkt auch auf Preisänderungsklauseln in den AGB von Energielieferungsverträgen anzuwenden, wäre mithin auch contra legem.  Wenn Energieversorger, die im Rahmen der Vertragsfreiheit Verträge anbieten, wie normale Unternehmen im Wettbewerb behandelt werden wollen, dann müssen sie sich auch ebenso wie andere Unternehmen im Wettbewerb den gesetzlichen Anforderungen stellen.

Aber sei es drum:

Zum Ausgleich dafür, dass das gesetzliche Preisbestimmungs- und -änderungsrecht notwendigerweise abstrakt- generell geregelt sein muss, könnte man sich freilich eine Modifizierung des § 5 GVV dergestalt vorstellen, dass in den öffentlichen Bekanntgaben, brieflichen Mitteilungen und Veröffentlichungen im Internet die gesamten Preisgefüge der Grund- und Ersatzversorgung aufgeführt und zu jedem Allgemeinen Preis jeweils die Preiskalkulation offen gelegt werden muss und zwar hinsichtlich aller allgemeinen und besonderen verbrauchsunabhängigen und verbrauchsabhängigen Kosten der Belieferung, namentlich Netzkosten, Kosten des Messstellenbetriebs, der Messung und Abrechnung, Konzessionsabgaben, Energiesteuer, Umlagen nach EEG und KWKG, Bezugskosten, Risikoaufschlag der Grundversorgung,...

Beizufügen wäre jeweils die vorhergehend ebenso offen gelegten Preiskalkulationen, wobei Veränderungen bei einzelnen Positionen besonders hervorzuheben sind.

Dies korrespondiert damit, dass nach der Rechtsprechung bei Dauerschuldverhältnissen zu kostenbasiert- veränderlichen Preisen notwenigerweise  mit der Preisänderungsklausel zugleich vor Vertragsabschluss die Preiskalkulation offen gelegt werden muss (BGH III ZR 247/06 Rn. 10).

Die Gleichbehandlung zwischen grundversorgten Kunden und Kunden außerhalb der Grund- und Ersatzversorgung. Schließlich wäre auch den europarechtlichen Vorgaben zur Transparenz von Energiepreisen Genüge getan. Die Gleichbehandlungsapologeten werden hoch zufrieden zeigen.

Änderungen wären so für den Kunden leichter nachzuvollziehen und er könnte die Angemessenheit leichter beurteilen, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen muss. Schließlich würden die Gerichte auch nicht dadurch belastet, dass Sondervertragskunden allenthalben über eine aufwendige Billigkeitskontrolle die vertragliche Verpflichtung zur umfassenden Weitergabe gesunkener Kosten durchsetzen wollen.

Ich meine, das ließe sich mit Menschenverstand wohl auch noch gerade nachvollziehen.
Black hat entgegen dem Menschenverstand sicher auch keine Erklärung, warum es anders sein sollte.

Mal darüber nachdenken.

Wir brauchen nur noch eine knappe Formulierung des Verordnungsergänzungstextes, die Unterstützung des VZBV und des Verbraucherschutzministeriums,  und Politiker, die sich etwa im NRW- Wahlkampf dafür begeistern und eine Transparenz - Inititaive über den Bundesrat unterstützen. Volksbegehren wären wohl auch ein Weg.

Offline Black

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§4 AVBGasV
« Antwort #22 am: 13. März 2010, 11:55:11 »
@RR-E-ft

Das einzige was Sie mit Ihrer Rechtsauffassung maximal erreichen könnten wäre die Nichtanwendung des § 315 BGB auf die von mir geschilderte Kombination.

Grundversorgung
Es ist mittlerweile wiederholte Rechtsprechung des BGH, das der \"Einstiegspreis\" des Kunden nicht einseitig vom Versorger bestimmt wurde, sondern vertraglich vereinbart wurde.

Anders dagegen die Preisänderung. hier steht dem Grundversorger ein gesetzliches Preisänderungsrecht zu. Daher findet hierauf § 315 BGB Anwendung.

Normsondervertrag
Neben vielen anderen Möglichkeiten der Gestaltung eines Sondervertrages besteht die Möglichkeit das Modell der Grundversorgung zu übernehmen.

Der Anfangspreis des Kunden wird auch hier vertraglich vereinbart. Da es am gesetzlichen Preisänderungsrecht fehlt, wird dieses vertraglich vereinbart, indem § 5 GVV (§ 4 AVB) in den Vertrag einbezogen wird. Das hat zur Folge, dass auch hier Preisänderungen der Billigkeitskontrolle unterliegen, aber der Gesamtpreis nicht.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline nomos

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§4 AVBGasV
« Antwort #23 am: 13. März 2010, 15:06:45 »
@Black, und sind die Versorger damit glücklich?

Wie eine Preisanpassungsklausel aussehen muss, damit sie wirksam ist, hat der BGH ja weder formuliert noch entschieden. Auch Fehlanzeige was die konkrete Feststellung der Billigkeit angeht.  Der Gesetz- und Verordnungsgeber war auch nicht tätig.  :(

Lediglich Preisanpassungsklauseln im Rahmen des § 5 GasGVV sind nach dem BGH grundsätzlich möglich. Danach sind wir bei der ersten Preisänderung wieder bei der Billigkeitsfrage mit dem  § 315 BGB und die Sosse ist wieder am Kochen.

Tolles deutsches Energiepreisrecht!  X(  -  ein weiteres Armutszeugnis deutscher Politik!

@all, die Empfehlung an die Verbraucher kann da nur lauten, Wettbewerb befördern und Wechseln was das Zeug hält und Protest bei jeder Gelegenheit, inbesondere gegenüber den gewählten Bürgervertretern.

Offline RR-E-ft

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§4 AVBGasV
« Antwort #24 am: 13. März 2010, 16:11:47 »
@Black

Auf das gesetzliche Tarifbestimmungs- und -änderungsrecht (Grundversorgung) findet § 315 BGB unmittelbare Anwendung, auf sonstige Verträge indes nur, wenn bei Vertragsabschluss ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich vereinbart wurde, wenn die Parteien also vereinbart haben, der Versorger solle nach Vertragsabschluss die Leistung einseitig bestimmen. Letzteres soll dann nicht der Fall sein, wenn bei Vertragsabschluss ein feststehender Preis vereinbart wurde (BGH VIII ZR 320/07 Rn. 46).

Bei den öffentlichen Bekanntgaben gibt es - wie aufgezeigt -  sicher noch Verbesserungsmöglichkeiten, um die Transparenz zu erhöhen.

@all

Wie wir wohl wissen,  kann nicht von jedem erwartet werden, dass er verstanden hat, welche Anforderungen laut BGH an Preisänderungsklauseln grundsätzlich zu stellen sind und wie man auch die Gleichbehandlungsapologeten vorliegend recht einfach zufrieden stellen kann. Manch einer palavert erfahrungsgemäß  lieber auf mehr oder minder Niveau. Auch auf mehrere Bitten steht keine Verschonung zu erwarten, so dass es uns wohl noch oft begegnen  wird.

Offline Lothar Gutsche

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§4 AVBGasV
« Antwort #25 am: 13. März 2010, 16:43:08 »
@ Black
Zitat
Original von Black
Es ist mittlerweile wiederholte Rechtsprechung des BGH, das der \"Einstiegspreis\" des Kunden nicht einseitig vom Versorger bestimmt wurde, sondern vertraglich vereinbart wurde.
Sie sollten besser differenzieren zwischen \"Rechtsprechung des BGH\" und den Entscheidungen des VIII. Zivilsenates unter dem Vorsitz von Richter Wolfgang Ball.  Wegen der Details verweise ich auf meine Kritik an der Preissockeltheorie unter http://www.cleanstate.de/Preissockel_Energiepreise.html.

@ RR-E-ft
Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn Energieversorger, die im Rahmen der Vertragsfreiheit Verträge anbieten, wie normale Unternehmen im Wettbewerb behandelt werden wollen, dann müssen sie sich auch ebenso wie andere Unternehmen im Wettbewerb den gesetzlichen Anforderungen stellen.
Energieversorger waren und sind nie \"normale Unternehmen im Wettbewerb\". Denn sie bieten besondere Leistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge an, sie unterliegen eigens für sie geschaffenen Gesetzen wie dem EnWG oder § 29 GWB.  Soweit die Energieversorger sogar mehrheitlich der öffentlichen Hand gehören wie z. B. viele Stadtwerke als Kommunalunternehmen, gelten auch einschlägige Kommunalvorschriften aus Gemeindeordnungen und Haushaltsordnungen mit Vorschriften zur Gewinnbegrenzung und zur Ausrichtung am Gemeinwohl. Selbst die Grundrechtsfähigkeit solcher Kommunalunternehmen existiert oft nicht, siehe z. B. die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts  BVerfG 1 BvR 1731/05 (Mainova AG aus Frankfurt am Main) vom 18.05.2009 unter http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090518_1bvr173105.html  

Für den Wettbewerb wäre es schön, wenn die deutschen und europäischen Kartellbehörden ihrer Aufgabe nachkommen würden, dass auch die Energieversorger die allgemeinen und die einschlägigen Wettbewerbsvorschriften einhalten. Davon sind wir jedoch in einer Welt von Kartell-Deals meilenweit entfernt. Wenn die Einhaltung von wettbewerbs-, kommunal- und energiewirtschaftsrechtlichen Vorschriften sichergestellt ist, dann interessieren mich auch Paragraphen wie 307, 310 und 315 BGB.

Viele Grüße
Lothar Gutsche

Offline RR-E-ft

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§4 AVBGasV
« Antwort #26 am: 13. März 2010, 16:56:51 »
@Lothar Gutsche

Die Sache mit den \"Gänsefüßchen\" ist andernorts hinlänglich thematisiert worden.

Sie bringen kein tragfähiges Argument dafür, warum Unternehmen wie Lichtblick, Goldgas etc. pp., die im Rahmen der Vertragsfreiheit Energie im Wettbewerb anbieten  bei der Inhalts- und Transparenzkontrolle von Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB anders zu behandeln wären als alle anderen, namentlich auch Banken und Sparkassen, Kabelnetzbetreiber etc. pp., zu denen die Rechtsprechung aufgezeigt wurde.

Es geht bei § 307 BGB jeweils um Preisänderungsklauseln in Verträgen, bei denen bei Vertragsabschluss ausdrücklich ein Preis vereinbart wurde. Nur ein vertraglich vereinbarter Preis lässt sich vermittels vertraglicher Preisänderungsklausel abändern. Dabei ist bei Vertragsabschluss regelmäßig innerhalb der Preisänderungsklausel  selbst die Preiskalkulation offen zu legen, damit die Klausel wirksam ist.

Diese Frage hat -wie auch alles andere in diesem Thread- damit, ob wirksamer Wettbewerb herrscht oder nicht, rein überhaupt gar nichts zu tun, ebensowenig wie mit der (Un-)Tätigkeit der Kartellbehörden.

So besonders sind Energieversorgungsunternehmen und die Dienstleistungen, die sie im Rahmen der Vertragsfreiheit anbieten, nun auch wieder nicht.

Offline nomos

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§4 AVBGasV
« Antwort #27 am: 13. März 2010, 17:23:08 »
Zitat
Original von RR-E-ft
@all
Wie wir wohl wissen,  kann nicht von jedem erwartet werden, dass er verstanden hat, welche Anforderungen laut BGH an Preisänderungsklauseln grundsätzlich zu stellen sind und wie man auch die Gleichbehandlungsapologeten vorliegend recht einfach zufrieden stellen kann. Manch einer palavert erfahrungsgemäß  lieber auf mehr oder minder Niveau. Auch auf mehere Bitten steht keine Verschonung zu erwarten, so dass es uns wohl noch oft begegnen  wird.
    Was für ein Niveau! Wenn man unter Palaver eine Endlosdebatte versteht, dann hat man hier im Forum genug Anschauungsmaterial dafür, dass das Niveau dabei belanglos ist.

Offline RR-E-ft

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§4 AVBGasV
« Antwort #28 am: 13. März 2010, 17:28:16 »
Selten bewahrheiten sich Prophezeiungen so rekordverdächtig schnell. ;)

Offline Lothar Gutsche

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§4 AVBGasV
« Antwort #29 am: 14. März 2010, 11:43:03 »
@ RR-E-ft
Zitat
Original von RR-E-ft
Sie bringen kein tragfähiges Argument dafür, warum Unternehmen wie Lichtblick, Goldgas etc. pp., die im Rahmen der Vertragsfreiheit Energie im Wettbewerb anbieten bei der Inhalts- und Transparenzkontrolle von Preisänderungsklauseln gem. § 307 BGB anders zu behandeln wären als alle anderen, namentlich auch Banken und Sparkassen, Kabelnetzbetreiber etc. pp., zu denen die Rechtsprechung aufgezeigt wurde.
\"Banken und Sparkassen, Kabelnetzbetreiber etc. pp.,\" bieten kein Produkt an, das dem Energiewirtschaftsgesetz und dort speziell den Preisgünstigkeitsanforderungen der §§ 1,2 EnWG unterliegt. Wo ist denn im Energiebereich der \"Wettbewerb\"? Es gibt ein Oligopol von Gasimporteuren, es gibt ein Duopol bei der Stromerzeugung in Deutschland, es gibt zu wenig Möglichkeiten, ausländischen Strom nach Deutschland zu importieren, es gibt beim Strom eine Börse EEX, deren Preise laut einem Beitrag von Klaus-Dieter Benner  in ZNER Heft 4-2009 (Seite 371 - 377) nicht als Referenzpreise dienen können und gerade kein Produkt des freien Marktes und freien Wettbewerbs sind. Was bleibt da noch für den \"Wettbewerb\" übrig, um ein wirklich günstiges Preisniveau im Sinne des EnWG zu erreichen?

Mit meinem gestrigen Beitrag wollte ich darauf hinweisen, dass Wettbewerb in der Energiewirtschaft nicht selbstverständlich ist und dass diese Branche in weiten Teilen anderen Vorschriften unterliegt als Kabelnetzbetreiber. Sie haben natürlich recht, dass § 307 BGB auch für Energieversorger gelten müsste. An die Gültigkeit von § 315 BGB für einseitig bestimme Energiepreise glaubte ich auch, bis ein BGH-Senat der Furcht der Energieversorger vor einer Prozessflut den Vorrang vor dem Gesetz einräumte.  Vielleicht schafft der VIII. Zivilsenat des BGH auch bezüglich § 307 BGB noch eine Lösung im Interesse der Energieversorger.

Es passt zu der Tendenz in diesem Forum, sich fast nur noch mit Preisänderungsklauseln und anderen Formalien zu befassen, statt die ökonomischen und politischen Wurzeln überhöhter Energiepreise anzupacken. Diese Kritik hatte ich schon an anderer Stelle geäußert. Die Ausgangsfrage von Opa Ete dürfte geklärt sein, eine weitere Diskussion erübrigt sich zumindest in diesem Thread.

Viele Grüße
Lothar Gutsche

 

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