Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Alle Stromrechnungen sind falsch !

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Schwalmtaler:
Hallo Herr Fricke,

ich wollte mit meiner Frage nur verhindern, das Herr Böge durch eine unnötige Vielzahl an Mails und Briefen zu diesem Thema von seiner eigentlichen Arbeit abgehalten wird.
Da ich schon wegen der Gaspreise meines Versorgers Kontakt mit dem Bundeskartellamt hatte, scheue ich mich auch nicht in diesem Fall tätig zu werden. Aber da sie ja auch einen guten Draht zu ihm haben, hatte ich aus o.a. Grund erst gefragt.
Außerdem können sie im die Rechtslage viel besser darlegen als ein Laie, der nur ihren Hinweis aufnehmen und an das Bundeskartellamt weiterleiten kann.
Leider geht aus ihrer Antwort nicht eindeutig hervor, ob sie dieses Thema schon platziert haben. Oder scheint es ratsam, das sich möglist viele Verbraucher melden, um die Notwendigkeit einer Überprüfung zu unterstreichen?

Hennessy:

--- Zitat ---Fraglich bloß, warum alle Verantwortlichen immer nur so \"blind\" durch die Welt laufen wollen.

Eine gewisse Obrigkeitsgläubigkeit und das nicht vorhandene kritische Hinterfragen von Dingen, die man als \"gottgegeben\" hinnimmt, sind aus meiner Sicht die Gründe dafür. Viele haben verlernt, eigenständig zu denken und übernehmen nur alles, was ihnen von Größeren vorgegeben wird.

--- Ende Zitat ---


Herr Fricke,

wenn der Sachverhalt so ist, wie Sie ihn beschreiben, dann plündern Sie bitte den Prozesskostenfonds des Bundes der Energieverbarucher und schaffen Sie klare rechtliche Rahmenbedingungen für alle Stromkunden! Ihnen als Rechtsanwalt dürfte es wohl nicht schwerfallen, als Strom-Privatkunde erfolgreich den Gerichtsweg zu beschreiten. Wenn Sie das nicht tun, sollten Sie sich solche threads zukünftig verkneifen.

Cremer:
Hallo Herr Fricke,

habe mir Ihre Antwort schon vorstellen können.

Deshalb ergeht morgen ein Schreiben an die SW KH, worin für die Abschlagszahlung September den Betrag 30,30 + Mehrwert aus 2004 zum Abzug bringen werde, ferner kürze ich die laufende Abschlagszahlungen bis Dez. noch um den anteiligen Betrag aus 2005 ein.

RR-E-ft:
@Hennessy

Warum beziehen Sie das Zitat der Blindheit auf sich?

Es gibt natürlich auch in der Energiewirtschaft Vordenker.

Diese haben es nicht immer leicht.

Das Wort \"alle\" muss ich zurücknehmen.
Ich würde es durch \"viele\" ersetzen wollen.

In aller Form bitte ich Sie um Entschuldigung.


In medias:


Das Urteil wurde mir erst jetzt bekannt.

Insoweit konnten auch erst jetzt die entsprechenden Schlüsse daraus gezogen werden.

Ich selbst habe bisher keine Veranlassung zu klagen, zahle ich doch selbst seit über sieben Monaten bekanntlich nichts für Strom und Gas, wegen Unbilligkeit.

Im Übrigen werden Sie bemerkt haben, dass meine Beiträge hier etwas mit Information der Verbraucher und nichts mit Aquise zu tun haben.

Es ist auch bekannt, dass bereits eine Sammelklage von Verbraucherverbänden auf Rückzahlung von Strompreisen in Vorbereitung ist.

Bei diesem Pilotverfahren, Eingangsinstanz Landgericht, wird die entsprechende Frage inzident zu erörtern sein.

Ich weiß nicht, wer der Prozessbevollmächtigte für oben genannte Sammelklage sein wird, werde diesem jedoch meine Erfahrung gern zur Verfügung stellen.

Warum sollte man viele Verbraucher ohne Not allein auf die Reise schicken, wenn Profis in allernächster Zeit das Feld bestellen werden?

Was bei Klagen einzelner Verbraucher vor Amtsgerichten alles möglich ist, ist doch nun hinlänglich bekannt.

Der Kunde muss ja schon nicht selber klagen, sondern kann die Unbilligkeit einwenden und hiernach kürzen.

Dann ist es am Versorger zu klagen und dabei auch die Spitzabrechnung EEG/ KWKG dem Gericht nachvollziehbar und prüffähig nachzuweisen.

Unbesehen davon:

Was für ein Bild haben Sie sich denn selbst darüber gemacht?

Liegen die Überlegungen voll neben der Sache oder ist die Argumentation gestützt auf das genannte Urteil nicht vielmehr plausibel und nachvollziehbar?

Suggestivfrage- I know.

Man kann natürlich rhetorisch zum Plündern des Prozesskostenfonds auffordern, aber bringt dies die Diskussion weiter?

Der Prozesskostenfond soll den Verbrauchern Beistand leisten, die von Versorgern mit Klagen überzogen werden.

Im Übrigen gab und gibt es so etwas auch an anderer Stelle:

Es gab bekanntlich eine Unterstützung der ostdeutschen Stadtwerke für eine Klage gegen EMO und die VEAG- Preise:



Die Stadtwerke stellten dabei  wohl ebenso einen Prozesskostenfond und unterstützen ein Pilotverfahren.

http://www.udo-leuschner.de/energie-chronik/970705.htm


Warum sollten Verbraucher nicht genauso klug agieren.

Immerhin steht diesen eine finanzstarke Gruppe gegenüber, welche die besten Anwälte im Lande aufbieten wird.

Dem muss man schon halbwegs Adäquates entgegensetzen.

Hierzu werden ggf. auch Rechtsgutachten verschiedener Zivilrechtsspezialisten (Universitätsprofessoren erlesener juristischer Fakultäten) beitragen. Entsprechende Kollegen bestätigen nach überschlägiger Einschätzung die hier getroffenen Aussagen:

Die Versorger haben den Belastungsausgleich vorzufinanzieren, da diese es bisher allein in der Hand haben, ob und wann eine notwendige Spitzabrechnung erfolgt.

Hierzu sind die Versorger auch ersichtlich in der Lage.
Die bisherigen Margen lassen dafür genügend Raum.

Auf die Expertise der üblichen Experten kann man sich dabei aus Verbrauchersicht wohl schon allein deshalb nicht verlassen, weil diese bereits ersichtlich in anderen Diensten stehen.

Weil wir uns auf Sachlichkeit verständigt hatten:

Was setzt man den hier genannten Argumenten inhaltlich entgegen?

Bevor ich nicht mit guten Argumenten vom Gegenteil überzeugt werde, werde ich mir die Publikation entsprechender Beiträge natürlich nicht verkneifen.

Woher sollten die Verbraucher sonst Informationen beziehen, die sie sodann einer eigenen kritischen Bewertung unterziehen können.

Rechtsauffassungen und Wertungen- gerade pluralistische - als Angebot zur Diskussion sind doch gerade die Voraussetzung dafür, dass mündige Verbraucher sich eigenverantwortlich selbst ein Bild schaffen können.

Die wenigsten Verbraucher sind Abonnenten der RdE und der anderen Fachpublikationen.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

RR-E-ft:
Was besagt das genannte Urteil eigentlich?

Natürlich muss man es kennen, um sich darüber eine Meinung zu bilden.



LG Münster, Urt. v. 09.02.2005 - 21 O 221/04 (rechtskräftig)


Leitsätze (nicht amtlich):


1.

Mehraufwendungen aus EEG- und KWK-G können über die sog. Steuer- und Abgabenklausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dem belieferten Kunden in Rechnung gestellt werden (im Anschluss an die Entscheidung des BGH vom 22.12.2003, RdE 2004, 105).


2.

Die Lieferantin ist allerdings zu einer konkreten (Spitz-) Abrechnung dieser Mehrbelastungen binnen angemessener Frist nach Ende des Berechnungszeitraumes verpflichtet.

3.

So lange diese Endabrechnung noch nicht erfolgt ist, ist der Anspruch auf Abrechnung der Mehrbelastungen aus EEG und KWK-G noch nicht fällig, so dass auch Abschlagsbeträge nicht beansprucht werden können.



Das Urteil ist auszugsweise veröffentlicht in der RdE 2005, 204 ff. mit Anmerkung von Salje.


Die genannten Leitsätze stammen übrigends von der RdE- Schriftleitung.

Nach alldem scheint es sich doch um einen klaren Fall zu handeln.

Nach dem entsprechenden Unbilligkeitseinwand können wie üblich Rechnungen und Abschläge um die entsprechend gesondert ausgewiesenen Beträge gekürzt werden.

Auch bei Stromtarifkunden steht dabei nichts entgegen.

Insbesondere eine erteilte Tarifgenehmigung hindert die entsprechende Billigkeitskontrolle und somit den Einwand der Unbilligkeit nicht:


Aus dem Urteil des BGH vom 05.07.2005 - X ZR 60/04 unter II. 1


1.

Den Kunden eines Versorgungsunternehmens steht grundsätzlich die Einrede der unbilligen Tariffestsetzung zu.

a)

Es ist in der Rechtsprechung des BGH seit langem anerkannt, dass Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Bennutzungsverhältnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall  angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und einer Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.01.1983 - VIII ZR 81/82, NJW 1983, 659; Urt. v. 03.11.1983, aaO, BGHZ 115, 311, 316 m.w.N.; Urt.v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131). Dies ist zum Teil aus der Monopolstellung des Versorgungsunternehmens hergeleitet worden (BGH, Urt. v. 04.12.1986 - VII ZR 77/86, NJW 1987, 1828; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9.A., § 8 Rdn. 15; dagegen und für eine Kontrolle über § 138, 305 f. BGB Staudinger/ Rieble, BGB (2004), § 315 Rdn. 51 f.)....

b)

Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, dass die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur dann verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB).

Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO., Rdn. 294 f.).

Erst die vom Gericht neu festgesetzten geringeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4.Aufl.,§ 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64.Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO.,Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.

c)

Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des BGH grundsätzlich auch dann, wenn die Tarifbestimmung mit Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörden getroffen worden ist. Denn die rein öffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung beschränkt sich auf das Verhältnis der Behörde zum Genehmigungsempfänger und ist für die privatrechtliche Überprüfung eines einseitig festgesetzten Entgelts anhand des § 315 BGB nicht präjudizell ( vgl. nur BGHZ 115, 311, 315; BGH, Urt. v. 02.07.1998 - III ZR 287/97, NJW 1998, 3188, jeweils m.w.N.; vgl. auch Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 30 AVBEltV Rdn. 56).


2.

Entegegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte nicht darauf beschränkt, die Einrede der unbilligen Leistungsbestimmung im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen.


Und weiter

Im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB trifft nach ständiger Rechtsprechung des BGH den Bestimmungsberechtigten die vollständige Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht (vgl. nur BGH, Urt.v. 30.04.2003, aaO, m.w.N.; so auch die herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. nur MüchKomm./Gottwald, aaO, Rdn. 53, Staudinger/Rieble,aaO, Rdn. 288 f.; a.A. Palandt/Sprau, aaO., Rdn. 19).  

Weil viele Versorgungsunternehmen immer noch auf die Berliner Rechtsprechung verweisen, unbedingt deshalb auch das Urtel des Kammergerichts Berlin (Berliner OLG) vom 15.02.2005, Az. 7 U 140/04 lesen:

http://www.kammergericht.de/entscheidungen/7_u_140-04.pdf

Hiernach bleiben wohl nur wenige Fragen offen.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

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