@Hennessy
Mit dem Urteil des LG Münster ist die Rechtslage in Bezug auf Sondervertragskunden aus meiner Sicht zutreffend geklärt.
Während Sie nur auf den ersten Leitsatz der Entscheidung abstellen,
den niemand in Frage stellt, setzen Sie sich leider nicht mit den aus meiner Sicht
entscheidenden Leitsätzen Nummer 2. und 3. auseinander.
Gerade diese waren doch Veranlassung für die Anmerkung von Prof. Salje. Dessen Besprechung überzeugt mich - wieder einmal - nicht, weil sie auf angebliche ökonomische Argumente abstellt, die jedoch keine juristischen Kategorien darstellen. Dabei wird wohl sogar versucht, überhaupt die Notwendigkeit einer Spitzabrechnung zu leugnen. Eine solche sei mit
unverhältnismäßigem Aufwand verbunden.
Zunächst ist festzustellen, dass die ÜNB nicht in angemessener Frist eine Spitzabrechnung erstellten. Dies wird als Vorwand dafür genommen, dass es nicht möglich sei, erst noch so spät exakt abzurechnen.
Das müsste sich einmal ein Vermieter hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung getrauen !!!!
Es ist schlicht ein Ding der Unmöglichkeit, wenn alle über Jahre nur Abschläge berechnen, um diese nicht zügig exakt schlussabzurechnen.
Dies liefe auf eine
vollkommene Willkürlichkeit hinaus.
Wer sollte denn die
lediglich auf Prognosen beruhenden Abschlagszahlungen daraufhin kontrollieren können, ob sie angemessen (
billig im Sinne von § 315 BGB) sind, wenn eine Schlussabrechnung nicht stattfindet. Damit entledigt man sich jedweder Kontrollmöglichkeit.
Die Prognose über die zukünftig eingespeiste Strommenge aus Windkraft ist eben nur eine Prognose.
Diese mag zu optimistisch oder zu pessimistisch sein.
Mit der zukünftigen tatsächlichen Entwicklung hat sie wenig gemein.
Es ist vollkommen unwahrscheinlich, dass sich die Prognose exakt mit der späteren Realität deckt.
Zusammengezählt werden kann erst am Ende des Jahres. Auch beim Fußball kann man vor dem Duell zwar einen Tipp abgeben, der tatsächliche Spielstand steht allerdings erst am Schluss des Spiels fest, jedenfalls wenn man bestimmte besondere Konstellationen ausschließt.Man kann doch aber nicht behaupten, die Prognose stimme irgendwann mit der Realität überein, mit anderen Worten, sie selbst sei die Realität. Das wäre so, als wäre die Bundesliga- Tabelle nicht das Ergbenis der einzelnen Matches, sondern der abgegebenen Tipps im Fußball- Lotto.In einem windschwachen Jahr führen die auf einer pessimistischen Prognose beruhenden Abschlagszahlungen ohne weiteres zu Überzahlungen.
Wo es keine Kontrolle gibt, steht ein Missbrauch zu besorgen.
Schließlich handeln Wirtschaftsunternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht und überdurchschnittlichen Renditezielen. Diese muss man ja irgendwie erreichen.
Die Stellungnahme von Prof. Salje ist aus meiner Sicht deshalb weniger juristisch fundiert, als eine Argumentation, die nur auf das Ergebnis schielt, möglichst erst gar keine
Spitzabrechnung durchzuführen.
Schon Stadtwerke und REVU müssen ein eigenes Interesse daran haben, dass die ÜNB schnellstmöglich spitzabrechnen. Schließlich hat man jahrelang nur Abschlagszahlungen geleistet. Es ist also ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft, auf eine zügige Spitzabrechnung zu drängen.
Daran mag man allenfalls dann kein Interesse haben, wenn man der Meinung ist, man könne sowieso
jedwede Kosten auf die Kunden weiter- und somit
abwälzen.
Die Kunden erhalten gar keine Spitzabrechnung und können dann auch nicht kontrollieren, ob sie etwa zuviel gezahlt haben.Und genau bei diesem Irrtum muss angesetzt werden:
Der Kunde fordert eine nachvollziehbare und prüffähige Abrechnung. Hierfür hat er doch gerade den § 315 BGB. Denn die entsprechenden Vorauszahlungen wurden vom EVU eindeutig einseitig bestimmt im Sinne von §§ 315, 316 BGB, keinesfalls zwischen den Vertragspartnern ausgehandelt.Auf einmal wird eine Spitzabrechnung vom Kunden bis zum ÜNB dringendst notwendig, weil sonst keine fälligen Zahlungsansprüche bestehen.
Es gibt dabei auch keinen unverhältnismäßigen Aufwand.
In der Stromwirtschaft ist man es gewohnt, mit aggregierten Größen zu arbeiten und diese dann ganz exakt herunterzubrechen.
Bei der Kalkulation der Netznutzungsentgelte ist dies ja auch möglich. Dabei wird keinerlei Aufwand gescheut, um auch alle Kosten \"verursachungsgerecht\" zuzuordnen.
Was für Sondervertragskunden gilt, gilt natürlich auch für Tarifkunden:
Das ergibt sich schon aus dem in der Entscheidung in Bezug genommenen Urteil des BGH.
Darin wird festgestellt, dass Sondervertragskunden ebenso behandelt werden sollen wie Tarifkunden, vgl. hierzu das BGH- Urteil auf Seite 10/11.
Aus dem Umkehrschluss ergibt sich deshalb ebenso, dass Tarifkunden nicht anders behandelt werden dürfen als Sondervertragskunden.
Also ist auch auf diese die Rechtsprechung des LG Münster zu übertragen.
Die Tarifkunden werden zu Allgemeinen Tarifen versorgt.
Diese werden nach § 12 BTOElt von der Aufsichtsbehörde genehmigt.
Kriterium des § 12 BTOElt ist die Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich-rationeller Betriebsführung.
Es kommt also auf die tatsächlichen Kosten des EVU an.
Jedoch beruht die Tarifgenehmigung nicht wirklich auf den
tatsächlichen Kosten des EVU, sondern vielmehr auf dessen Kosten- und Erlös
prognose, die oft sehr pessimistisch ausfällt und auch von den Behörden nur sehr eingeschränkt überprüft werden kann (umfassend: Braband, Strompreise zwischen Privatautonomie und staatlicher Kontrolle, Dissertation, Jena 2001, erschienen im C.H. Beck- Verlag München 2003, 39 EUR).
Der Tarifaufsicht wird seit Jahren deshalb in Frage gestellt, weil sie sich bisher als vollkommen insuffizient erwiesen hat (vgl. nur Monitoringbericht).
Deshalb wird aktuell zurecht eine \"straffe\" Preiskontrolle gefordert.
Dazu darf man aber nicht nur in den Medien tönen, sondern muss bessere Gesetze schaffen:
http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/544727.html Die tatsächlichen Kosten/ Belastungen des einzelnen EVU aufgrund EEG und KWK-G stehen - unbesehen der zwischen den Netzbetreibern zu erfolgenden Vorauszahlungen - naturgemäß ebenso erst
nach einer entsprechenden Spitzabrechnung fest.
Diese Spitzaberechnung erfolgte lange nicht. Das Gesetz sieht klare Fristen vor. Der Grund dafür liegt wohl bei den ÜNB, welche die entsprechende Verantwortung tragen.
Schlussendlich sind mit den Preisen auch bei Tarifkunden nur tatsächliche Kosten abzurechnen, die immer erst im Nachhinein feststehen.
Eine bestehende Tarifgenehimigung hindert wie aufgezeigt den Unbilligkeitseinwand nicht, weshalb auch Tarifkunden selbst dafür Sorge tragen können, dass sie mit den Strompreisen nur die Lasten zahlen, die tatsächlich auf sie entfallen sollen - nach Spitzabrechnung.
Die Preisaufsichtsbehörden konnten schon gar nicht die tatsächlichen Kosten bei der Tarifgenehmigung berücksichtigen, weil diese ja erst nach der Durchführung des bundesweiten Belastungsausgleichs über den VDN und Spitzabrechnung feststehen können.
Mithin fließen in ex-ante- Preisgenehmigungen per se keine erst ex-post- feststehenden tatsächlichen Kosten ein. Exakt dort liegt der Systemfehler bei der Strompreisaufsicht:
Die Bundesliga-Tabelle ist das Ergebnis der abgegebenen Sportwetten, nicht jedoch der einzelnen Spiele.
Besonders pfiffig dabei:
Den einzig gültigen Tipp hat ein einziger Verein allein abgegeben.
Der Schiedsrichter kontrolliert nur, wieviel Bälle im Spiel sind.
Nur wenn ein Verein mit mehreren Bällen gleichzeitig spielen will, wird er zurückgepfiffen.
Der Fall kommt selten vor, weil man weiß, dass der Schiedsrichter nur einen Ball sehen will.Die Prognosen über die zukünftige Kosten- und Erlöslage wie auch darüber, was die elektrizitätswirtschaftlich-rationelle Betriebsführung erfordert, stammt immer vom EVU selbst.Deshalb würde es eigentlich
immer einer nachträglichen Korrektur bedürfen, so wie das bei den Netznutzungsentgelten im Gesetzentwurf auch noch vorgesehen war und dann auf Betreiben der Lobby entfallen ist.
Denn erst am Ende eines Jahres kann zusammengezählt werden.
Vgl. hierzu nur die Aussagen der Strompreisaufsicht NRW:
http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/536353.htmlWeil die bisherigen Abrechnungen alle nur auf Abschlägen basieren, jedoch nicht auf Spitzabrechnungen, sind sie aus meiner Sicht tatsächlich falsch.
Ein Kunde, der in 2001 z.B. 6.000 kWh verbraucht hat, in 2002 hingegen nur 3.000 kWh, bekommt doch bei lediglich Zu- und Abschlägen auf die EEG- und KWK- Vorauszahlungen
niemals eine für ihn tatsächlich zutreffende Abrechnung hinsichtlich dieser Lasten.
Dabei handelt es sich nicht nur im schlechtesten Fall um einen Zinsnachteil.
Wo es einen Zinsnachteil gibt, gibt es an anderer Stelle auch einen Zinsvorteil undzwar in Summe in ganz erheblichem Umfange.
Dass die Prognosen pessimistisch ausfallen, manchmal mehr als nötig, liegt allein an der zu beachtenden kaufmännischen Vorsicht.
Für 2001 sind eben die tatsächlichen, endgültigen Umlagen nach EEG und KWK-G auf den Verbrauch von 6.000 kWh zu berechnen, für 2002 die enstprechenden endgültigen Belastungen hinsichtlich der 3.000 kWh.
Also keinesfalls Mumpitz.
Es gibt eben nur eine Mischkalkulation, wo es jedoch eine ganz exakte Abrechnung gegenüber allen Kunden geben soll und kann.
Ich habe auch nicht behauptet, dass die gesamte Stromwirtschaft finanzielle Mittel \"einsteckt\", um diese endgültig sachfremd zu verwenden.
Ich habe deutlich gemacht, dass die Stromwirtschaft die Vorfinanzierung zu tragen hat - was ihr auch ohne weiteres möglich ist - und den Kunden erst nach erfolgtem bundesweiten Belastungsausgleich die endgültig feststehenden Beträge nach einer Spitzabrechnung in Rechnung stellen kann - ebenso LG Münster.
Warum sollte der Kunde mit Prognosefehlern belastet werden, wenn eine ganz exakte Abrechnung möglich ist?
Warum meinen Sie, dass ich Sie persönlich auf ein Feld bringen wollte?
Zum einen habe ich keine Veranlassung dazu, zum anderen fehlt mir doch auch schon die Kenntnis über Ihre Identität.
Wenn Sie kein Vordenker sein wollen, dann gibt es solche jedoch ganz sicher in der Energiewirtschaft.
Ich bin und werde auch nicht durch das Fernsehen geprägt.
Vielmehr habe ich meine Prägung wohl längstens woanders erfahren.
Mir geht es tatsächlich um eine sachliche Auseinandersetzung.
Stimmungsmache überlasse ich anderen.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt