Energiepreis-Protest > Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest
BGH, Urt. v. 14.07.10 VIII ZR 246/08 Abgrenzung Tarifkunde/ Sondervertrag (EWE)
RR-E-ft:
Stellungnahme des Lobbyverbandes BDEW
--- Zitat ---Aus der PM des BGH
Hingegen ist die seit dem 1. April 2007 verwendete Preisänderungsbestimmung gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie die Kunden unangemessen benachteiligt. Zwar lässt sich der Klausel entnehmen, dass dem Unternehmen eine einseitige Preisanpassungsbefugnis zustehen soll und die Preise jeweils nominal an die entsprechenden Preise der Grundversorgung gekoppelt sein sollen. Es kommt aber ein Verständnis der Klausel in Betracht, nach dem – anders als bei dem gesetzlichen Preisänderungsrecht gemäß § 5 Abs. 2 GasGVV – wegen der festen Koppelung der Preisänderungen an die Änderungen der Grundversorgungspreise kein Ermessensspielraum besteht und deshalb keine Billigkeitskontrolle stattfindet. Die Preisanpassungsregelung entspricht auch im Übrigen inhaltlich nicht voll der Regelung in § 5 Abs. 2 GasGVV. Denn nach der Klausel muss die Bekanntgabe der Preisänderung nicht mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen. Unerwähnt bleiben auch die in § 5 Abs. 2 Satz 2 GasGVV geregelten weiteren Pflichten des Unternehmens (briefliche Mitteilung der beabsichtigten Änderung, Veröffentlichung im Internet). Ein einseitiges Preisänderungsrecht des Versorgungsunternehmens ergibt sich für die Zeit ab 1. April 2007 auch nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung. Denn der Wegfall der unwirksamen Preisänderungsklausel führt nicht zu einem Ergebnis, das das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten der Kunden verschiebt und deshalb nicht mehr interessengerecht ist.
Der Bundesgerichtshof hat allerdings offen gelassen, ob eine andere Beurteilung geboten ist, wenn es sich um ein langjähriges Gasversorgungsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurück liegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht. Sind in einem solchen Fall die Gestehungskosten des Gasversorgungsunternehmens erheblich gestiegen und ergibt sich daraus für die betroffenen Zeiträume ein erhebliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, lässt sich die Annahme eines nicht mehr interessengerechten Ergebnisses jedenfalls hinsichtlich der länger zurück liegenden Zeitabschnitte nicht ohne weiteres – wie im entschiedenen Fall – mit der Begründung verneinen, dass eine Kündigungsmöglichkeit bestand.
--- Ende Zitat ---
Komisch, wenn der Senat die Frage offen gelassen haben will, sich dann aber doch irgendwie dazu äußert. Wohl die Fortsetzung der bereits kritisierten obiter dicta Tour des Senats.
Zu lesen in der \"Märkischen Allgemeinen Zeitung\"
--- Zitat ---Zwar gilt die Entscheidung direkt nur für die klagenden EWE- Kunden. Bundesweit ist sie aber für alle Sonderkunden von Bedeutung. \"Die Gerichte werden sich in allen anderen Fällen dem BGH anschließen\", sagte der BGH-Sprecher.
--- Ende Zitat ---
Siehe auch: BGH VIII ZR 160/09
RR-E-ft:
Weiterer Bericht in der MAZ
--- Zitat ---Die BGH-Entscheidung ist kein Rückzahlungsurteil. Das heißt, EWE-Kunden müssen ihre Ansprüche selbst bei dem Energieversorger geltend machen und eventuell juristisch durchfechten. Laut BGH kommt es dabei nicht darauf an, ob zuvor Widerspruch gegen eine Preiserhöhung erhoben wurde. Reshöft rät Kunden, die Preissteigerungen in den Gasrechnungen seit April 2007 zu addieren und von EWE zurückzufordern. EWE sei „nicht zur Rückzahlung an Kunden verurteilt worden“, betont Vertriebsleiter Christian Haferkamp. Bei der richterlichen Entscheidung müsse noch geprüft werden, „was das für unsere Kunden und uns bedeutet“.
--- Ende Zitat ---
Weiterer Bericht in der NWZ
RR-E-ft:
Stellungnahme Rechtsanwalt Dr. Jan Reshöft, Aurich (Klägervertreter)
RR-E-ft:
Urteilstext VIII ZR 246/08 veröffentlicht
Daraus ergibt sich m.E. unter (vielem) anderen Folgendes:
I.
Auch bei einer automatischen verbrauchsabhängigen Tarifeinstufung der Kunden nach einer sog. Bestpreisabrechnung durch den Gasversorger ändert nichts daran, dass es sich um Sonderverträge außerhalb der Grundversorgung handelt (Rn. 27). Voraussetzung für das Vorliegen von Sonderverträgen ist folglich kein schriftlicher Vertragsabschluss zu einem Sondervertrag. Auch die automatische Einstufung in einen Sondertarif führt zum Abschluss eines Sondervertrages.
II.
Auch wenn Auftragsformulare für die Herstellung neuer Gasanschlüsse verwendet wurden, in denen es auszugsweise heißt:
\"Es wird die Versorgung mit Erdgas zum Sondertarif beantragt.... Der Auftrag erfolgt aufgrund der \"Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Elektrizitäts- und Gasversorgung von Tarifkunden (AVBEltV/ AVBGasV) vom 21.Juli 1979 einschließlich der \"Ergänzenden Bestimmungen der EWE AG\" in jeweils geltender Fassung\"
oder der Gasversorger Vertragsbestätigungen verwendet, in denen die AVBGasV als Grundlage des Vertragsverhältnisses bezeichnet wird, kann eine Einbeziehung der Bestimmungen der AVBGasV als Allgemeine Geschäftsbedingungen in die Vertragsverhältnisse gem. Art. 229 § 5 satz 2 EGBGB iVm. § 305 II BGB ohne weiteres nicht festgestellte werden (Rn. 1, 64).
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