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Autor Thema: BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?  (Gelesen 55757 mal)

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Offline RR-E-ft

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BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?
« Antwort #105 am: 01. Dezember 2009, 22:03:25 »
Ich meine, Sie hätten in die Diskussion eingebracht, falsche Behauptungen des Versorgers innerhalb einer geforderten Erklärung würden einen (versuchten) Betrug darstellen können. Missbrauch von Vertrauen allein steht wohl nicht unter Strafe, jedenfalls nicht im Strafrecht. Rechtsgrund für die Verbindlichkeit ist die - dem Grunde nach zulässige - einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB dann, wenn sie der Billigkeit entspricht....

Strafbarkeit in besonderen Fällen.

Offline Gas-Rebell

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BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?
« Antwort #106 am: 01. Dezember 2009, 23:33:08 »
@ reblaus

Zitat
Der Geschädigte muss beim Betrug durch den Irrtum eine Vermögensverfügung vorgenommen haben. Dies ist ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Abgesehen davon muss der Vermögensschaden unmittelbar durch die Täuschungshandlung entstehen, und nicht etwa später durch den Verrat der Geheimnisse. Ein Betrug ist nicht einschlägig.
Da bin ich nach wie vor anderer Ansicht. Nehmen wir z.B. folgenden Fall: A führt eine Spendensammlung durch und macht den Spendern B weis, dass ihre Gaben an eine gemeinnützige Organisation weitergeleitet werden. Tatsächlich hat er jedoch mit einem Komplizen C verabredet, die vereinnahmten Gelder verdeckt an diesen weiterzuleiten und mit diesem zu teilen. Hier liegt ein klassischer Spendenbetrug vor. Denn (vgl. BGH NStZ 1995, 134) anerkannt ist, dass ein Schaden dann anzunehmen ist, wenn soziale oder wirtschaftliche Zwecke verfehlt werden.

Im vorliegenden Fall greift m.E. die sog. \"Zweckverfehlungstheorie\" ebenso. Es kommt nicht darauf an, dass der Verrat der Geheimnisse (ebenso wie die Spendenweitergabe an den Komplizen) erst später geschieht. Da auch eine Vermögensverfügung vorgenommen wurde, ist § 263 StGB m.E. sehr wohl einschlägig.

Zitat
Wer auf Basis von § 242 BGB ein Recht reklamiert, muss darlegen, dass der Tatbestand erfüllt ist.
Strittig ist zwischen uns nicht die Rechtspflicht zur Begründung eines Anspruchs als solche, sondern der Umfang der zu erteilenden Auskünfte in Breite und Tiefe. Hier zweifeln Sie die Übertragbarkeit der von mir zitierten Teile der Urteilsbegründungen an, worin ich Ihnen ebenfalls nicht folge.

Angenommen, ein Verbraucher hat keinen Zahlungseinbehalt vorgenommen, sondern unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlt. Diesenfalls ist er darauf angewiesen zur Durchsetzung seiner Rechte selbst Klage auf Überprüfung der Billigkeit und ggf. Rückzahlung zu erheben. Wie soll er diesen Anspruch je durchsetzen können, wenn der Versorger sich weigert, hinreichend tiefgehende Informationen zu seinen Preishintergründen offenzulegen? Soll er gezwungen sein, ins Blaue hinein Anträge zu stellen? Wir haben hier die gleiche Konstellation wie in den von mir zitierten Klagen.

Vergleichbar ist auch die Konstellation aus dem Familienrecht, dass Klage auf Abänderung des Unterhalts eingereicht wird. Zitat hierzu aus OLG Köln, Beschluss vom 06.03.1997, 14 WF 16/97:

Zitat
Allerdings kann der Abänderungsbeklagte ... Klageveranlassung mit Kostenfolgen dadurch geben, daß er auf ein begründetes Abänderungsverlangen nicht ganz oder teilweise auf die Rechte aus dem Titel verzichtet (vgl. OLG Hamburg FamRZ 1988, 1077). Eine solche Klageveranlassung gibt er aber nur dann, wenn ihm die Abänderungsvoraussetzungen vollständig und nachvollziehbar vorgetragen und belegt werden und die begehrte Abänderung auch mit der sich daraus ergebenden objektiven Rechtslage übereinstimmt.


@ RR-E-ft

Zitat
Und dafür gibt es § 93 ZPO, nicht aber dafür, um erst nach einer durchgeführten gerichtlichen Beweisaufnahme noch anzuerkennen.
Wollen Sie die Statthaftigkeit eines sofortigen Anerkenntnisses nach Beweisaufnahme tatsächlich auch dann verneinen, wenn der Versorger
a) vorprozessual keine näheren Auskünfte zu seinen Preisgrundlagen erteilt hat,
b) prozessual zum Billigkeitsbeweis ein noch zu erstellendes Gutachten anbietet und
c) dem Verbraucher vor dessen Anordnung/Erstellung auch nicht in die dazu beizubringenden Unterlagen Einblick gewährt?

Diesenfalls wäre dem Verbraucher jede Chance genommen, darüber zu entscheiden, ob er ein sofortiges Anerkenntnis abgeben will oder nicht, was nicht rechtskonform sein kann. In dieser Konstellation müsste m.E. auch dann noch ein (vorbehaltenes) sofortiges Anerkenntnis möglich sein, wenn der Verbraucher erstmals durch das Gutachten von den ihm zuvor vorenthaltenen Tatsachen erfährt.

Offline RR-E-ft

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BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?
« Antwort #107 am: 02. Dezember 2009, 14:51:23 »
Zitat
Original von Gas-Rebell
Wollen Sie die Statthaftigkeit eines sofortigen Anerkenntnisses nach Beweisaufnahme tatsächlich auch dann verneinen, wenn der Versorger
a) vorprozessual keine näheren Auskünfte zu seinen Preisgrundlagen erteilt hat,
b) prozessual zum Billigkeitsbeweis ein noch zu erstellendes Gutachten anbietet und
c) dem Verbraucher vor dessen Anordnung/Erstellung auch nicht in die dazu beizubringenden Unterlagen Einblick gewährt?

Diesenfalls wäre dem Verbraucher jede Chance genommen, darüber zu entscheiden, ob er ein sofortiges Anerkenntnis abgeben will oder nicht, was nicht rechtskonform sein kann. In dieser Konstellation müsste m.E. auch dann noch ein (vorbehaltenes) sofortiges Anerkenntnis möglich sein, wenn der Verbraucher erstmals durch das Gutachten von den ihm zuvor vorenthaltenen Tatsachen erfährt.

Die streitentscheidenden Tatsachen sind - bei Meidung der Unschlüssigkeit der Klage - bereits in der Klageschrift vorzutragen und sind nur im Falle ihres Bestreitens noch zu beweisen. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie dann bereits vorgetragen sind. Und wenn dies trotz vorprozessualer Aufforderung dabei erstmals der Fall sein sollte, so erscheint dann noch ein sofortiges Anerkenntnis gem. § 93 ZPO möglich, nachdem die Klageschrift zugestellt wurde.

Merke:

In der Beweisaufnahme ergeben sich grundsätzlich keine neuen Tatsachen, sondern bereits  behauptete streitentscheidende Tatsachen werden nach Bestreiten durch den Prozessgegner innerhalb einer deshalb erforderlichen Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts  entweder erwiesen oder nicht erwiesen. Eine Beweisaufnahme findet auch nur statt, wenn die streitentscheidenden Tatsachen oder zumindest die für die Einholung eines Gutachtens maßgeblichen Anknüpfungstatsachen substantiiert vorgetragen sind. Sonst ist das Beweisangebot auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet und deshalb unzulässig.

BGH zu § 93 ZPO

Zitat
Die Beklagte hatte auf die vorprozessualen Zahlungsaufforderungen des Klägers mit zwei Anwaltsschreiben mitgeteilt, sie könne die Berechtigung der Forderung nicht abschließend überprüfen. Sie bitte um Nachweis, dass das
Zitat
Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2005 legte der Kläger erstmals unter Vorlage von ... dar, dass .... . Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2005 beantragte die Beklagte Klageabweisung. Sie erhielt auf Antrag eine Schriftsatzfrist von einer Woche zur Erwiderung auf den Klägerschriftsatz vom 19. Mai 2005. Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005 erkannte sie die Klageforderung unter Verwahrung gegen die Kosten an.

Zitat
Anders als der Beklagten waren dem Kläger alle hierfür wesentlichen Umstände bekannt. Ihm oblag es daher jedenfalls im Rahmen der sekundären Behauptungslast, nähere Angaben zu machen (vgl. BGHZ 100, 190, 196; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. vor § 284 Rn. 34; Musielak/Stadler, ZPO 5. Aufl. § 138 Rn. 10).

Die Beklagte hat vorprozessual und in ihren Schriftsätzen vor der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2005 die ...  bestritten und entsprechenden Sachvortrag gefordert. Dieser wurde erst mit Schriftsatz vom 19. Mai 2005 gehalten. Da dieser Schriftsatz neues, klagebegründendes Vorbringen enthielt, hätte er gemäß § 132 Abs. 1 ZPO mindestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung zugestellt sein müssen. Da diese Frist nicht eingehalten war, musste der Beklagten die beantragte Schriftsatzfrist gewährt werden. Innerhalb dieser Frist konnte auf die erstmals schlüssig gemachte Klage ein sofortiges Anerkenntnis abgegeben werden.

(Anstelle der objektiven Gläubigerbenachteiligung tritt hier in den uns interessierenden Fällen das Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung und die Billigkeit der einzelnen einseitigen Leistungsbestimmungen. Das Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast - \"sofortiges\" Anerkenntnis gem. § 93 ZPO - muss nicht unbedingt vorbehalten worden sein).

Entscheidend ist, ob vorprozessual vom Beklagten ein Sachvortrag verlangt wurde, der für die Schlüssigkeit des Anspruchs erforderlich ist und ob und wann dieser Vortrag erstmals im Prozess vom Kläger gehalten wird.

Ein solches Verlangen kann sich m. E. auf alle einzelnen Umstände beziehen, welche für die Billigkeit einer einseitigen Energiepreisfestsetzung bzw. -änderung nach der Rechtsprechung maßgeblich sind.

Siehe zum Beispiel hier. Oder hier.

Wurden vorprozessual entsprechende Nachweise verlangt, kann die Zahlungsklage ohne diese zunächst unschlüssig sein und erst durch entsprechende Darlegungen im Prozess nachträglich schlüssig werden. Erst wenn die Klage demnach schlüssig ist, muss das Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostentragungspflicht abgegeben werden, um noch in den Genuss des § 93 ZPO zu kommen.

Nach einer durchgeführten Beweisaufnahme dürfte es dafür zu spät sein, weil es nur auf die erforderliche Darlegung und nicht auf deren Beweisbarkeit ankommt.

Wann noch die Möglichkeit besteht, als Beklagter in den Genuss des § 93 ZPO zu kommen, ist immer eine Frage des konkreten Einzelfalles.

Offline reblaus

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« Antwort #108 am: 02. Dezember 2009, 18:31:31 »
@Gas-Rebell
Die Pflicht zur Vorlage von Belegen im Familienrecht ergibt sich aus §§ 1580, 1605 BGB und nicht aus § 242 BGB. Das Urteil des OLG Köln ist nicht einschlägig.

Auch wenn es hier nicht mehr darauf ankommt, weil Sie an Ihrer Ansicht zum Betrug nicht mehr festhalten. Ein unmittelbarer Vermögensschaden liegt vor, wenn durch die Vermögensverschiebung des Geschädigten sein Vermögen gemindert wird. Ein mittelbarer Vermögensschaden liegt vor, wenn erst die unbefugte Nutzung eines Geschäftsgeheimnis zu einem Schaden beim Geschädigten führt, die Offenbarung des Geheimnisses an sich aber noch keinen Schaden verursacht.

@RR-E-ft
Machen Mitarbeiter des Versorgers in Ihrer Begründung vorsätzlich falsche Angaben zur Entwicklung der Kostensituation des Versorgers, die wären sie richtig, zu der tatsächlich vorgenommenen Preiserhöhung berechtigen würde, berechtigt die tatsächliche Kostensituation eine solche Preiserhöhung jedoch nicht, so liegt zumindest ein versuchter Betrug vor. Bezahlt der Kunde auf diese Angaben, ist der Straftatbestand vollendet.

Vorgerichtlich wird der Verbraucher daher gut beraten sein, durch Nachfragen den Versorger möglichst detailliert festzulegen.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #109 am: 02. Dezember 2009, 20:48:25 »
Zitat
Original von Gas-Rebell
Angenommen, ein Verbraucher hat keinen Zahlungseinbehalt vorgenommen, sondern unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlt. Diesenfalls ist er darauf angewiesen zur Durchsetzung seiner Rechte selbst Klage auf Überprüfung der Billigkeit und ggf. Rückzahlung zu erheben. Wie soll er diesen Anspruch je durchsetzen können, wenn der Versorger sich weigert, hinreichend tiefgehende Informationen zu seinen Preishintergründen offenzulegen? Soll er gezwungen sein, ins Blaue hinein Anträge zu stellen? Wir haben hier die gleiche Konstellation wie in den von mir zitierten Klagen.

Das ist etwas völlig anderes. Der Kläger muss in einem solchen Fall nur darlegen, dass einseitig festgesetzte Preise zur Abrechnung gestellt und vollständig (unter Vorbehalt) geleistet wurden, jedoch nicht geschuldet waren, weil sie nicht vereinbart waren, kein Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung bestand und selbst im Falle des Bestehens eines solchen Rechts diese nicht der Billigkeit entsprachen. Dann ist es Sache des Beklagten, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass für die erfolgten Zahlungen ein Rechtsgrund bestand, mithin dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bestand und dieses auch der Billigkeit entsprechend ausgeübt wurde, weil.... Dabei greift regelmäßig die sog. sekundäre Behauptungs- und Beweislast. Entspricht der Beklagte (Versorger)  den genannten Anforderungen im Prozess nicht, so wird die Klageforderung zugesprochen. Der Kläger trägt das Risiko, dass seiner Klage Erfolg beschieden ist. Hatte der Kunde schon vorgerichtlich unter Fristsetzung zur Rückzahlung aufgefordert, befand sich der Versorger mit dieser im Verzug und war deshalb Klage geboten, wird sich der Versorger durch ein Anerkenntnis schwerlich noch in den Genuss des § 93 ZPO kommen.

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #110 am: 03. Dezember 2009, 13:26:48 »
Da kommen wir der Sache doch schon erheblich näher. Summarisch ist nach meinem Verständnis also von Folgendem auszugehen.

Als übliche Ausgangssituation sei angenommen, dass der Versorger eine oder mehrere Preisneubestimmungen vorgenommen und diese oberflächlich mit (bei Preiserhöhungen) gestiegenen bzw. (bei Preissenkungen) nicht stärker/zeitnaher gesunkenen  Bezugskosten begründet hat, worauf der Verbraucher wiederum seinerseits Einrede aus § 315 BGB erhoben sowie entweder (tunlichst) Zahlungseinbehalte vorgenommen oder unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt und den Vorsorger aufgefordert hat, zum Beleg der von ihm behaupteten Billigkeit seiner Preisbestimmungen seine Kalkulationsgrundlagen offenzulegen.

Hinsichtlich der geforderten Auskünfte besteht nun vorprozessual (nach reblaus) keine „Pflicht zum Beweis“ (mittels Beibringung von Belegen und Zeugen), wohl aber (nach RR-E-ft) eine „sekundäre Behauptungslast“ des Versorgers, sprich Pflicht zur schlüssigen, substantiellen Darlegung der von ihm behaupteten und vom Verbraucher bezweifelten Billigkeit seiner Preisneubestimmungen. Entgegen der früheren Darstellungen von reblaus und Black reicht also eine lediglich pauschale Begründung, die Höhe der Preisveränderung habe einer ebensolchen Kostenveränderung entsprochen, nicht aus.

Zwar kann der Versorger auch hier nicht zu einer Offenlegung eventuell auch betriebsgeheimer Hintergründe seiner Preise gezwungen werden, gleichwohl ist die Verweigerung bzw. Nichtbeibringung hinreichender Darlegungen rechtlich dadurch sanktioniert, dass dem Verbraucher die Möglichkeit offensteht, zum einen in Bezug auf seine Zahlungen ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben sowie bei einer daraufhin eingereichten Zahlungsklage des Versorgers entweder zu beantragen, diese als nicht schlüssig abzuweisen oder bei schlüssiger Klage mit für ihn neuem Sachvortrag nach § 93 ZPO ein sofortiges Anerkenntnis auszusprechen.

Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, dem Versorger eine strafbewehrte Vertraulichkeitsverpflichtung anzubieten, um ihn vorprozessual zur Beibringung näherer Auskünfte zu bewegen. Auch ist es nicht erforderlich (wie von reblaus gegenteilig dargestellt), die eigene Einrede aus § 315 BGB mit konkreten Anhaltspunkten zu untermauern, die der Billigkeitsbehauptung des Versorgers entgegenstehen. Vielmehr dürfte schon eine einfache Aufforderung an den Versorger, seinen Darlegungspflichten aus „sekundärer Behauptungslast“ nachzukommen, genügen.

Um den Substantiierungsdruck auf den Versorger zu erhöhen, ist der Verbraucher auch nicht (wie von reblaus gefordert), gehalten, konkrete „Fragen“ an den Versorger zu richten. Ausreichend dürfte sein, den Versorger (ggf. in klarstellendem Nachgang zur ersten Aufforderung, seine Kalkulationsgrundlagen offenzulegen) aufzufordern, vor dem Hintergrund seiner sekundären Behauptungslast jedenfalls über einfache Zusicherungen hinausgehend substantiiert und schlüssig darzulegen, woraus sich im Einzelnen ergeben soll, dass für seine Forderungen im Zeitraum von ... bis .. dergestalt ein Rechtsgrund bestand, dass jede der vorgenommenen Preisneubestimmungen (Preiserhöhungen, -senkungen) auf der Grundlage eines wirksamen einseitigen Leistungsbestimmungsrechts und nach den Grundsätzen der Billigkeit erfolgten, und dabei insbesondere zu jedem Abrechnungszeitraum und jeder Preisänderung in monatlicher Betrachtungsweise (nicht etwa auf der Basis von Jahres- oder gar längeren Durchschnittsberechnungen) konkret nachzuweisen,

– in welcher Höhe, zu welchen Zeitpunkten und aus welchen Lieferantenverhältnissen jeweils Bezugskostenveränderungen weitergegeben wurden

– dass den Bezugskostenveränderungen nicht langfristige Lieferverträge mit überwiegend nur einem Lieferanten zugrunde lagen sowie dass und welche günstigereren Beschaffungsalternativen geprüft wurden

– dass im Verhältnis zu welchen Vorlieferanten nicht Preisanpassungsklauseln und -veränderungen akzeptiert wurden, die über das hinausgingen, was zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis erforderlich war und dass seine Bezugskosten nicht stärker stärker angestiegen sind als der amtlich festgestellte Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze und die Großhandelspreise für Erdgas in Deutschland nach den amtlichen Feststellungen der Bundesnetzagentur

– dass Sonderzahlungen, Rabatte, Boni und ähnliches zum Zeitpunkt ihres Erhalts und in voller Höhe in die Preisbildung einbezogen wurden

– dass durchweg nur faktisch bezahlte Bezugskosten zugrunde gelegt wurden und nicht etwa abweichende \"kalkulatorische\" Bezugskosten

– dass zwischenzeitliche Bezugskostensenkungen vollständig und ohne Zeitverzögerung weitergegeben wurden, und insoweit dies nicht geschehen sein sollte, aus welchen Gründen nicht

– dass Bezugskostenanstiege nicht durch Kosteneinsparungen (u.a. auch für Personal, Marketing) in der Sparte Gas ausgeglichen werden konnten bzw., dass bei Bezugskostenrückgang die Preissenkungen nicht durch zusätzliche  Kosteneinsparungen noch stärker oder frühzeitiger hätten ausfallen können und welche Anstrengungen dazu jeweils mit welchem Ergebnis unternommen wurden

– dass und welche Kostenbestandteile des Preissockels (Netzkostenanteil, Kosten der Messung und Abrechnung, ggf. Konzessionsabgaben, Energiesteuern, etc.) einschl. ihrer zwischenzeitlichen Entwicklung jedenfalls in die Beurteilung der Billigkeit der Preisneubestimmung einbezogen wurden, auch wenn dieser in seiner Gesamtheit einer Billigkeitskontrolle entzogen ist.

Inwieweit sind wir diesbezüglich d’accord?

Offline Black

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« Antwort #111 am: 03. Dezember 2009, 13:33:42 »
Zitat
Original von Gas-Rebell
 Entgegen der früheren Darstellungen von reblaus und Black reicht also eine lediglich pauschale Begründung, die Höhe der Preisveränderung habe einer ebensolchen Kostenveränderung entsprochen, nicht aus.

Meine Meinung aus der \"früheren Darstellung\" hat sich nicht geändert.

Nur weil jemand anderes später eine Meinung postet, die Ihnen genehmer ist, können Sie nicht  behaupten nunmehr sei verbindlich das Gegenteil festgestellt.
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #112 am: 03. Dezember 2009, 13:48:15 »
Zitat
Original von Black
Nur weil jemand anderes später eine Meinung postet, die Ihnen genehmer ist, können Sie nicht  behaupten nunmehr sei verbindlich das Gegenteil festgestellt.

Bei genauerem Lesen wäre Ihnen aufgefallen, dass ich nicht irgendein Gegenteil als \"verbindlich festgestellt\" \"behauptet\" habe, sondern versucht habe, \"nach meinem Verständnis\" (m)eine summarische Meinung aufzuzeigen.

Im Übrigen wäre ich Ihnen auch dankbar, wenn Sie Ihr Festhalten an Ihrer Meinung näher begründen würden.

Offline reblaus

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« Antwort #113 am: 03. Dezember 2009, 16:53:06 »
@Gas-Rebell
Meine Meinung aus der früheren Darstellungen hat sich ebenso wenig geändert, wie die von Black. Im Gegenteil fühle ich mich durch den von RR-E-ft gefundenen BGH-Beschluss in meiner Ansicht bestärkt. Meines Wissens bestand zwischen uns drei in einer früheren Diskussion bereits das Einvernehmen, dass die schlüssige Darlegung des Anspruchs ausreichend ist.

Eine sekundäre Darlegungslast obliegt dem Versorger nur dann, wenn der Verbraucher entsprechende Fragen stellt oder Tatsachen vorträgt, die die behauptete Preiserhöhung bei ihrer Richtigkeit unbegründet werden lässt. Insoweit muss ich natürlich  an meiner Auffassung festhalten, dass dem Verbraucher dringend zu empfehlen ist, entsprechende Fragen zu stellen oder begründete Zweifel anzumelden. Je detaillierter solche Fragen gestellt werden, desto stärker ist der \"Substantiierungsdruck\" für den Versorger.

Wer den Versorger lediglich auffordert, nach der primären Darlegungslast nun auch noch der sekundären Darlegungslast nachzukommen, wird allenfalls die Rückfrage erhalten, auf welche Fragen oder Einwände der Verbraucher denn eine Antwort wünsche.

Schön dass Sie nun überzeugt sind, dass das Angebot einer strafbewehrten Vertraulichkeitserklärung völlig unsinnig ist.

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #114 am: 03. Dezember 2009, 17:06:37 »
Zitat
Original von reblaus
@Gas-Rebell
Meines Wissens bestand zwischen uns drei in einer früheren Diskussion bereits das Einvernehmen, dass die schlüssige Darlegung des Anspruchs ausreichend ist.
Kann ich nicht erkennen.

Zitat
Eine sekundäre Darlegungslast obliegt dem Versorger nur dann, wenn der Verbraucher entsprechende Fragen stellt oder Tatsachen vorträgt, die die behauptete Preiserhöhung bei ihrer Richtigkeit unbegründet werden lässt.
Mir ist nach wie vor schleierhaft, worauf Sie diese Ansicht gründen.

Zitat
Schön dass Sie nun überzeugt sind, dass das Angebot einer strafbewehrten Vertraulichkeitserklärung völlig unsinnig ist.
Nicht unsinnig, sondern lediglich überflüssig, sofern eine sekundäre Behauptungslast des Versorgers besteht.

Abgesehen davon halte ich an meiner These, dass eine falsche und in schädigender Absicht abgegebene Vertraulichkeitserklärung i.V.m. dem Verrat von Geschäftsgeheimnissen den Vorwurf eines Betrug(sversuchs) rechtfertigt, nach wie vor fest.

Ihre weiter oben aufgestellte Behauptung,
Zitat
Eine Lieferbeziehung als solche stellt kein Geschäftsgeheimnis dar. Informationen über Konditionen, Kalkulationen etc. haben keinen Wert in dem Sinn, dass ein Dritter mit diesen Informationen eigene Geschäfte tätigen könnte, was ihm die Kenntnis von Produktionsverfahren oder Kundenkarteien ermöglichen würde.
steht eindeutig in Widerspruch zur Feststellung des BVerfG (Beschluss v. 14.03.2006, 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03)
Zitat
Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können (vgl. Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 2001, § 30 Rn. 13 m.w.N.; K. Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Aufl. 2001, § 56 Rn. 12 m.w.N.).
Vor dem Hintergrund des insofern vorliegenden Vermögensschädigung, die aufgrund der bereits zitierten \"Zweckverfehlungstheorie\" auch als \"unmittelbar anzusehen ist, ist § 263 StGB einschlägig.

Strafandrohung (Freiheitsentzug bis 3 Jahre oder Geldstrafe) besteht darüber hinaus aus § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG:
Zitat
Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zu Gunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, ... ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, ... das er sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt.

Offline reblaus

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« Antwort #115 am: 03. Dezember 2009, 17:53:15 »
@Gas-Rebell
An dieser früheren Diskussion haben Sie nicht mitgewirkt. Ich hoffe jedoch, dass Sie sich dem zwischen RR-E-ft, Black und mir damals vorhandenen Einvernehmen anschließen werden.

Wenn der Versorger bereits ohne Fragen und Zweifel des Verbrauchers detailliert die Umstände der Preiserhöhung mitzuteilen hätte, wäre diese Pflicht seiner primären Darlegungslast geschuldet. Um eine sekundäre Darlegungslast handelt es sich dann, wenn die Gegenseite auf die primären Darlegungen mit sachgerechten Fragen und begründeten Zweifeln reagiert. Über diese Einwände hat sich die darlegungsbelastete Partei ergänzend zu erklären (§ 138 Abs. 2 ZPO).

Die sekundäre Darlegungslast stand hier nie in Streit. Sie hat Ihnen bisher nur nicht ausgereicht.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #116 am: 03. Dezember 2009, 18:13:51 »
reblaus würde gewiss hiernach fragen. (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 12.05.2006, Az. 4HK O 10529/05), um zu ersehen, ob gestiegene Bezugskosten dem Vorlieferanten ggf. überhaupt vertraglich geschuldet sein konnten bzw. waren (vgl. BGH VIII ZR 314/07 Tz. 27 f. ).

Offline reblaus

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« Antwort #117 am: 03. Dezember 2009, 19:21:09 »
Dies wäre die erste aber gewiss nicht die letzte Frage.

Offline Gas-Rebell

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« Antwort #118 am: 03. Dezember 2009, 19:25:15 »
Zitat
Original von reblaus @Gas-Rebell An dieser früheren Diskussion haben Sie nicht mitgewirkt. Ich hoffe jedoch, dass Sie sich dem zwischen RR-E-ft, Black und mir damals vorhandenen Einvernehmen anschließen werden.
Wie soll ich mich dem anschließen können, wenn ich Ihre Diskussion nicht kenne?

Zitat
Wenn der Versorger bereits ohne Fragen und Zweifel des Verbrauchers detailliert die Umstände der Preiserhöhung mitzuteilen hätte, wäre diese Pflicht seiner primären Darlegungslast geschuldet.
Das stelle ich nicht in Abrede.

Zitat
Die sekundäre Darlegungslast stand hier nie in Streit. Sie hat Ihnen bisher nur nicht ausgereicht.
Mir ist es ziemlich gleichgültig, ob sich ein Versorger aus einer primären oder sekundären Darlegungslast heraus zu erklären hat. Das Einzige, worauf es mir ankam, war, dass überhaupt eine Auskunftspflicht besteht. Soweit zur Auslösung derselben konkrete Aufforderungen durch den Verbraucher erforderlich sind, kann ich damit bestens leben.

Zitat
Um eine sekundäre Darlegungslast handelt es sich dann, wenn die Gegenseite auf die primären Darlegungen mit sachgerechten Fragen und begründeten Zweifeln reagiert. Über diese Einwände hat sich die darlegungsbelastete Partei ergänzend zu erklären (§ 138 Abs. 2 ZPO).
Wozu muss ich das als Frage oder Einwand formulieren? Ich kann nicht erkennen, dass die von mir o.g. Aufforderung an den Versorger, zu den detailliert benannten Punkten Auskunft zu erteilen, eine mindere Qualität als entsprechende Fragen haben sollte. Daneben auch noch: Inwieweit gilt die ZPO auch für den vorprozessualen Bereich?

Zitat
Dies wäre die erste aber gewiss nicht die letzte Frage.
Für sehr zweckdienlich hielte ich es, wenn Sie (u.a.) Ihr Wissen über die  tunlichst zu stellenden Fragen bzw. die insbesondere relevanten Auskunftspunkte hier in Form einer Liste mit Beispielsformulierungen darlegen würden.

Offline reblaus

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« Antwort #119 am: 03. Dezember 2009, 19:39:26 »
Zitat
Original von Gas-Rebell Wozu muss ich das als Frage oder Einwand formulieren? Ich kann nicht erkennen, dass die von mir o.g. Aufforderung an den Versorger, zu den detailliert benannten Punkten Auskunft zu erteilen, eine mindere Qualität als entsprechende Fragen haben sollte.

Eine Frage ist die Aufforderung an einen anderen,
zu einem (mehr oder weniger) detaillierten Punkt Auskunft zu erteilen.

Das Ergebnis unserer damaligen Diskussion war, dass der Versorger seinen Anspruch vorgerichtlich schlüssig begründen muss, will er kein Anerkenntnis nach § 93 ZPO riskieren.

Mein Fragekatalog würde in einen vielseitigen Brief ausarten, der nur den Verbrauchern nützlich wäre, bei denen sich der Versorger völlig ungenügend geäußert hat. Schon die Vorlage eines WP Testats verlangt ein individuelles Vorgehen im Einzelfall.

Ein paar anzusprechende Punkte haben Sie bereits benannt.

 

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