Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?

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RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von reblaus
Wenn eine Darlegungspflicht für die Preiserhöhung besteht, wird die Forderung erst nach erfolgter Begründung zur Zahlung fällig, so dass bis zur Begründung keine Verzugskosten anfallen, die der Versorger beim Verbraucher geltend machen könnte.
--- Ende Zitat ---

Woraus soll sich das ergeben?

Wenn es richtig ist, dass eine - dem Grunde nach zulässige -  einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB allein schon dann  verbindlich ist, wenn sie (nur) der Billigkeit entspricht, so gilt dies wohl auch dann, wenn auf Bestreiten und entsprechende Verlangen vorprozessual keinerlei Darlegungen dazu erfolgen, warum die einseitige Leistungsbestimmung der Billigkeit entsprechen soll. Die Verbindlichkeit und Fälligkeit ist materiell- rechtlich nicht davon abhängig, ob eine geforderte Erkärung zur Billigkeit gegeben wurde oder nicht.  Davon zu trennen ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Zahlungsprozess noch ein \"sofortiges\" Anerkenntnis gem. § 93 ZPO erfolgen kann. Schließlich werden beim sofortigen Anerkenntnis auch - soweit beantragt und anerkannt -  Verzugszinsen zugesprochen. Allein die Verfahrenskosten können im Falle eines zulässigen sofortigen Anerkenntnisses gem. § 93 ZPO dem Kläger zur Last fallen.

reblaus:
Wenn dem Gläubiger nach § 242 BGB die Pflicht obliegt, dem Schuldner gegenüber den Grund einer Forderung darzulegen, so kann diese Forderung erst dann zur Zahlung fällig werden, wenn dem Schuldner dieser Grund bekannt ist. Kein Schuldner kann gezwungen sein, eine völlig unbestimmte Forderung, deren Rechtsgrund er nicht kennen kann, bezahlen zu müssen.

Wenn Sie aber der Ansicht sind, dass es eine solche Informationspflicht nicht gäbe, macht der Gläubiger auch nichts falsch, wenn er schweigt. Dann hätte der Schuldner bezahlen müssen, um die Kosten des Verfahrens zu vermeiden. Für § 93 ZPO bestünde in diesem Fall kein Raum.

bolli:

--- Zitat ---Original von reblaus
Wenn dem Gläubiger nach § 242 BGB die Pflicht obliegt, dem Schuldner gegenüber den Grund einer Forderung darzulegen, so kann diese Forderung erst dann zur Zahlung fällig werden, wenn dem Schuldner dieser Grund bekannt ist. Kein Schuldner kann gezwungen sein, eine völlig unbestimmte Forderung, deren Rechtsgrund er nicht kennen kann, bezahlen zu müssen.
--- Ende Zitat ---
Hab ich was verpasst oder verwechseln Sie hier was ?
Es geht doch hier nicht darum, dass man den Grund einer Forderung darlegen muss (der ergibt sich in der Grundversorgung aus dem EnWG und der GasGVVsowie dem Vertragsverhältnis zwischen Versorger und Verbraucher) sondern um die angemessene Höhe dieser Forderung, die mittels einseitiger Leistungsbestimmung festgesetzt werden darf und deren Billigkeit der Verbraucher mittels § 315 BGB anzweifeln darf, oder?

Denn das dem Grunde nach eine Forderung auf Bezahlung der Energie besteht, die der Versorger in Rechnung stellt, steht doch garnicht in Frage, sondern lediglich die angemessene Höhe, oder ?

Gas-Rebell:

--- Zitat ---Original von reblaus:
@Gas-Rebell

In unserer Diskussion geht es doch darum, ob der Versorger aus § 242 BGB verpflichtet ist, die Billigkeit seiner Preiserhöhung vorgerichtlich zu beweisen. Es geht nicht darum, ob der Verbraucher aus § 242 BGB verpflichtet ist, dem Versorger blindes Vertrauen entgegen zu bringen.  

Ich sage, dass der Versorger hierzu nicht verpflichtet ist, weil er seine Leistung nur so zu erbringen hat, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Die Verkehrssitte ist aber, dass zwischen Geschäftspartnern Vertrauen besteht.
--- Ende Zitat ---

Zum einen geht es nicht um die Frage einer Beweispflicht des Versorgers, sondern um seine Auskunftspflichten. Desweiteren mögen Sie mit Ihrer These des „Vertrauens als geschäftlicher Verkehrssitte“ im Bereich der Rechtsphilosophie gut aufgehoben sein, nicht jedoch in der Rechtspraxis.

Hier nur einige Auszüge aus den gesetzlichen Grundlagen und der ständigen Rechtssprechung:


--- Zitat ---§ 241 BGB Pflichten aus dem Schuldverhältnis

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
--- Ende Zitat ---


--- Zitat ---AG Dannenberg, Teilurteil v. 18.08.2009, 31 C 202/09:

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Auskunft und Offenlegung der Abrechnungsgrundlagen sowie auf korrigierte Abrechnung nach § 242 BGB i.V.m. § 280 BGB aufgrund des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien.

Nach § 242 BGB wird eine Auskunft im Einzelfall dort geschuldet, wo sich aus dem Wesen des Rechtsgeschäfts ergibt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder über den Umfang seines Rechtes im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen, die zur Beseitigung jener Ungewissheit geeignet sind (vgl. MüKo, Bd. 2a, 4. Aufl. § 260 Rn 12). Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben dann bestehen, wen der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder über den Umfang seines Rechtes im Ungewissen, er sich die zur Vorbereitung und Durchführung seines Zahlungsanspruchs notwendigen Auskünfte nicht in zumutbarer Weise selbst beschaffen kann, und der Verpflichtete sie unschwer, d.h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag (vgl. BGH, Urteil vom 13.06.1985, 1 ZR 35/85)“
--- Ende Zitat ---


--- Zitat ---BGH, Urteil v. 6. Februar 2007, X ZR 117/04:  

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebieten es Treu und Glauben, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderliche Auskunft zu erteilen (BGHZ 10, 385, 387; 81, 21, 24; 95, 285, 287 f.; 148, 26, 30; 152, 307, 316).  

Der Auskunftsanspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Erteilung der Auskunft dem Schuldner Mühe bereitet und ihn Zeit und Geld kostet. \"Unschwer\" kann die Auskunft vielmehr immer dann erteilt werden, wenn die mit der Vorbereitung und Erteilung der Auskunft verbundenen Belastungen entweder nicht ins Gewicht fallen oder aber, obwohl sie beträchtlich sind, dem Schuldner in Anbetracht der Darlegungs- und Beweisnot des Gläubigers und der Bedeutung zumutbar sind, die die verlangte Auskunft für die Darlegung derjenigen Umstände hat, die für die Beurteilung des Grundes oder der Höhe des in Frage stehenden Hauptanspruchs wesentlich sind. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird \"unschwer\" dementsprechend auch im Sinne von \"ohne unbillig belastet zu sein\" erläutert (BGHZ 95, 274, 279; 126, 109, 113; 149, 165, 175). Ob der Schuldner in diesem Sinne unbillig belastet wird, ist jeweils aufgrund einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen, bei der auch Bedeutung gewinnen kann, ob der Schuldner ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse an Angaben geltend machen kann, die er machen soll, oder ob er zu deren Offenbarung gegenüber dem Gläubiger ohnehin verpflichtet war (vgl. auch BGH, Urt. v. 13.12.2001 - I ZR 44/99, GRUR 2002, 602, 603).
--- Ende Zitat ---

Wie der BGH in VIII ZR 138/07 Rz. 47 ausdrücklich betont, ist es dabei bei Vorliegen einer strafbewehrten Verschwiegenheitsverpflichtung,

--- Zitat ---„nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein solches Vorgehen geeignet ist, den Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu gewährleisten, insbesondere, weil es sich bei der Gegenpartei nicht um einen Wettbewerber der Beklagten, sondern um einen Kunden handelt und folglich nicht schon die Bekanntgabe der Geheimnisse selbst eine Geheimnisverletzung zur Folge hätte.“
--- Ende Zitat ---

Auch müsste eine konkrete Gefährdung dargelegt werden.


--- Zitat ---BGH, Beschluss v. 8.9.2009, X ZR 81/08:
Allein der Umstand, dass der Kläger bei einem (potentiellen) Konkurrenzunternehmen tätig sei, belegt keine konkreten Nachteile, die der Beklagten aufgrund der von ihr zu erteilenden Auskünfte drohen könnten. ...  (vgl. zu den an eine Substantiierung konkreter Nachteile zu stellenden Anforderungen BGH, Beschl. v. 10.06.1999 - VII ZB 17/98, NJW 1999, 3049; Beschl. v. 04.07.2001 - IV ZB 7/01; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, § 139 Rdn. 169 m.w.N.).
--- Ende Zitat ---

Sogar ein Anspruch auf Belegvorlage ist gegeben.


--- Zitat ---Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 03.12.2008,  5 U 143/03:
In der Rechtsprechung des BGH ist jedoch anerkannt, dass sich im Rahmen des aus Treu und Glauben abgeleiteten Auskunftsanspruchs ausnahmsweise auch ein Anspruch auf Vorlage von Belegen ergeben kann, wenn der Gläubiger hierauf angewiesen ist und dem Schuldner diese zusätzliche Verpflichtung zugemutet werden kann (BGH WRP 03, 653, 655 - Cartier-Ring; BGH WRP 02, 947, 950 - Entfernung der Herstellungsnummer III; BGH GRUR 01, 841, 845 - Entfernung der Herstellungsnummer II).
--- Ende Zitat ---


--- Zitat ---§ 259 BGB Umfang der Rechenschaftspflicht

(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
--- Ende Zitat ---

@ RR-E-ft


--- Zitat ---Original von RR-E-ft: Dass man erst noch nach einer Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten) noch \"sofort\" anerkennen könne, habe ich nicht gesagt.
--- Ende Zitat ---
Nicht gesagt, aber auch nicht verneint. Ich denke, dass, wenn der Versorger seinen schuldhaft Auskunftspflichten nicht nachkommt, der Verbraucher entweder auch nach Beweisaufnahme noch sofort und für sich kostenbefreiend anerkennen kann oder einen Schadensersatzanspruch aus § 280 (2) BGB geltend machen kann, der sich auch auf die Kosten des wegen des Auskunftsversäumnisses des Versorgers notwendigen Sachverständigengutachten bezieht.

reblaus:
@Bolli
Ausreichend begründet ist eine Forderung, wenn der Schuldner den Rechtsgrund für die Gesamtschuld kennt. Hierzu gehört, dass er nachvollziehen kann, aus welchem Grund eine in die Forderung eingeflossene Preiserhöhung erfolgt ist.

@Gas-Rebell
Das Teilurteil des AG Dannenberg habe ich zwar gelesen, Ihrem Zitat jedoch wohl aus Faszination über andere kluge und dort niedergeschriebene Feststellungen nicht die gebührende Achtung geschenkt. Allerdings habe ich hier keine vom AG Dannenberg abweichende Ansicht vertreten (wenn man von meinen Überlegungen zum fehlenden Saldoanerkenntnis beim Unbilligkeitseinwand einmal absieht).

Ich bin der Ansicht, dass es eine Rechtspflicht zur Begründung eines Anspruchs gibt, und die Forderung vor Erfüllung nicht fällig wird. Die Ausgestaltung dieses Auskunftsanspruchs ist jedoch im Einzelfall zu beurteilen, und hängt entscheidend davon ab, welche sachgerechten Einwände der Auskunftsgläubiger gegen die Angaben des Schuldners vorbringt.

Nach wie vor folge ich Ihrer Ansicht nicht, dass zur Erfüllung dieses Anspruchs auch die Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen gehört. Wenn diese Geschäftsgeheimnisse im Rahmen des Gerichtsverfahrens unter Ausschluss der Öffentlichkeit offengelegt werden, so ist ein Verrat dieser Tatsachen durch § 353d StGB strafbewehrt. Eine zivilrechtliche, strafbewehrte Unterlassungserklärung stellt keinen gleichwertigen Schutz her, was schon allein durch die fehlenden staatsanwaltlichen Ermittlungsmöglichkeiten begründet ist.

Die insoweit von Ihnen zitierte Rechtsprechung bezog sich auf die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen im Gerichtsverfahren, und ist bei unserer Frage nicht einschlägig.

Ich kann Ihnen auch noch darin folgen, dass im Ausnahmefall auch die Vorlage von Unterlagen des Auskunftsschuldners gefordert werden kann. Dies halte ich aber nur dann für angemessen, wenn der Auskunftsschuldner durch sein vorheriges Verhalten ernste Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit geschürt hat.

So wie ich Sie bisher verstanden habe, wollen Sie die Pflicht zur Vorlage von Belegen bei § 315 BGB jedoch generell annehmen. Das geht mir zu weit.

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