Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?
Gas-Rebell:
@ reblaus
Wenn wir beide immer nur wieder dieselben Argumente gegeneinander stellen, wird uns das wenig weiterbringen. Deshalb will ich das Thema einmal etwas näher aus Ihrer Perspektive beleuchten.
Angenommen, es wäre zutreffend, dass der Verbraucher bei Preisneubestimmungen des Versorgers, die dieser als billig darstellt, da sich angeblich seine Kosten entsprechend verändert hätten, dies zunächst einmal zu glauben habe, sofern er nicht tatsächliche Anhaltspunkte vorweisen kann, die gegen die Billigkeitsbehauptung des Versorgers sprechen.
Wäre es dann nicht auch so, dass dem Verbraucher, sofern er der Billigkeitsbehauptung des Versorgers keine konkreten gegenteiligen Verdachtstatsachen entgegen setzt, hinsichtlich seiner Zahlungen auch kein Zurückbehaltungsrecht zusteht?
Und wäre die Folge dann nicht, dass der Versorger bei Zahlungseinbehalten des Verbrauchers ohne weiteres Zahlungsklage gegen diesen erheben könnte und jedenfalls auch obsiegen würde, ohne gezwungen zu sein, sich zur behaupteten Billigkeit seiner Preisforderung näher zu erklären, solange der Verbraucher nicht konkrete Unbilligkeitsnachweise beibringt?
P.S.
--- Zitat ---Die derzeitige Wirtschaftskrise ist, soweit Sie auf der Bankenkrise beruht, hauptsächlich eine Vertrauenskrise.
--- Ende Zitat ---
Das glauben Sie jetzt wohl nicht ernsthaft, oder? Die Bankenkrise entstand ganz im Gegenteil durch zuviel (da giergesteuertes) Vertrauen, dass die den Immobilienerwerbern und Häuslebauern gewährten Kredite bis in alle Ewigkeit auch bedient werden würden. Diese Vertrauensblase platzte jedoch, als die Fed die Leitzinsen anhob, immer mehr Kreditnehmer daraufhin den erforderlichen Kapitaldienst nicht mehr leisten konnten und die Banken im Ergebnis gezwungen waren, Milliardenkredite abzuschreiben. Und da auch zig weitere Banken über Beteiligungen und Kredite an die Immobilienfinanzierer mit im Boot saßen, gab es dann den bekannten Crash. Und die Moral von der Geschicht: Vertraue besser nicht, sonst gehts Dir wie den Banken! :P
RR-E-ft:
@Gas- Rebell
Der Versorger kann, nachdem der Kunde eine auf einer einseitigen Leistungsbestimmung beruhende Forderung durch Unbilligkeitseinrede bestreitet und deren Zahlung verweigert, diese gerichtlich einklagen undzwar vollkommen unabhängig davon, ob er zuvor eine Erklärung darüber, warum seine einseitige Leistungsbestimmung der Billigkeit entsprechen soll, abgegeben hatte oder nicht.
Ob eine solche Klage Erfolg hat oder nicht, hängt allein davon ab, ob die für die Billigkeit darlegungs- und beweisbelastete Partei (Versorger) im Prozess den Billigkeitsnachweis erbringt. Wie es sich nach der klaren gesetzlichen Regelung gem. § 315 Abs. 3 BGB verhält, wurde oben ausgeführt.
Eine davon gedanklich zu trennende, vollkommen andere Frage ist es, ob und bis wann dem beklagten Kunden ggf. die Möglichkeit verbleibt, im Zahlungsprozess noch \"sofort\" anzuerkennen.
Der Versorger, der die Billigkeit auf Verlangen vorprozessual überhaupt nicht dargelegt hat, kann mit seiner Zahlungsklage gleichwohl wie aufgezeigt obsiegen, begibt sich jedoch in die Gefahr, dass dem beklagten Kunden die Möglichkeit verbleibt, die Klageforderung noch \"sofort\" anzuerkennen. Im Falle eines zulässigen \"sofortigen\" Anerkenntnisses kann der Versorger von Anfang an die erhöhten Preise und auch (soweit eingeklagt) Verzugszinsen aufgrund des Anerkenntnisses und des darauf ergehenden Anerkenntnisurteils beanspruchen, hat jedoch (ausnahmsweise, gerade wegen des \"sofortigen\" Anerkenntnisses) die Verfahrenskosten zu tragen.
Erfolgt kein (sofortiges) Anerkenntnis des Kunden und sieht das Gericht im streitigen Verfahren, ggf. nach Beweisaufnahme, den Billigkeitsnachweis durch den Versorger als erbracht an, befand sich der Kunde von Anfang an im Verzug und schuldet deshalb auch den Verzugsschaden (Mahnkosten, Zinsen). Als im Prozess Unterlegener hat der Kunde dann auch die Prozesskosten zu tragen.
Ob die einseitige Leistungsbestimmung aber gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nun der Billigkeit entsprach oder nicht, muss auf ein einfaches Bestreiten des Kunden erst ein entsprechndes Gerichtsverfahren erbringen, innerhalb dessen die Frage der Billigkeit zu klären ist.
Auf ein Vertrauen kommt es dabei nicht an.
Gas-Rebell:
@ RR-E-ft
Ich folge Ihnen voll und ganz. Deshalb nochmals @ reblaus:
Der Versorger wird wohl nicht umhinkommen, die Billigkeit seiner Preisneubestimmung auch schon vorprozessual weit über die Vorlage von Testaten hinaus zu \"beweisen\", wenn er vermeiden möchte, dass er aufgrund eines sonst möglichen sofortigen Anerkenntnisses des Verbrauchers im Fall einer Zahlungsklage zu den Kosten verurteilt wird.
Ihre (reblaus) Behauptung \"Wer grundlos misstraut, trägt die Kosten.\" greift deshalb nur, wenn der Verbraucher im Prozess kein sofortiges Anerkenntnis erklärt und dann unterliegt.
Darüber hinaus: Wenn der Versorgers zum Beweis der behaupteten Billigkeit lediglich ein vom Gericht noch anzuordnendes Sachverständigengutachten anbietet, ist der Verbrauchers erst nach dessen Kenntnis in der Lage darüber zu entscheiden, ob er ein sofortiges Anerkenntnis erklären möchte oder nicht.
Hat er sich vor diesem Hintergrund vorterminlich vorbehalten, nach Kenntnis des Sachverständigengutachtens noch sofort anzuerkennen, dürfte der Versorger diesenfalls auch die vollen Kosten für das Gutachten zu tragen haben.
Insofern ist die vielerorts geschürte Angst des Verbrauchers vor „u.U. 10.000 Euro teuren Sachverständigengutachten“ hier wohl unbegründet.
RR-E-ft:
Dass man erst noch nach einer Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten) noch \"sofort\" anerkennen könne, habe ich nicht gesagt.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Erfolgt kein (sofortiges) Anerkenntnis des Kunden und sieht das Gericht im streitigen Verfahren, ggf. nach Beweisaufnahme, den Billigkeitsnachweis durch den Versorger als erbracht an, befand sich der Kunde von Anfang an im Verzug und schuldet deshalb auch den Verzugsschaden (Mahnkosten, Zinsen). Als im Prozess Unterlegener hat der Kunde dann auch die Prozesskosten zu tragen.
--- Ende Zitat ---
Man kann indes noch nach einem Beweisbeschluss, der die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens anordnet, undzwar vor der Beauftragung des Gutachters oder der Erstellung des Gutachtens die Klageforderung normal anerkennen, um dem Risiko der Gutachtenkosten zu entgehen. Im Falle eines einfachen Anerkenntnisses gibt es ein Anerkenntnisurteil ohne weitere Begründung und der Beklagte trägt die bisher entstandenen Verfahrenskosten.
Der klagende Versorger trägt die Verfahrenskosten einschließlich der Kosten eines gerichtlich bestellten Sachverständigengutachtens dann, wenn er in dem Prozess unterliegt, weil er die Billigkeit nicht nachweisen kann oder wenn er die Klage nach Gutachtenerstellung zurücknimmt.
reblaus:
@RR-E-ft
--- Zitat ---Original von RR-E-ft Ziemlich weit hergeholt.
Dass die vertraglich oder gesetzlich zur einseitigen Leistunsbestimmung zugleich berechtigte wie verpflichtete Partei die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit ihrer Ermessensentscheidung trifft, hat wohl nichts mit Vertrauen in deren Redlichkeit zu tun.
--- Ende Zitat ---
Da sind Sie mal wieder Opfer Ihres nachlässigen Umgangs mit dem Sachverhalt geworden. Die gerichtliche Beweislast steht in dieser Diskussion nicht in Frage, es geht ausschließlich um eine vorgerichtliche Beweispflicht.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft Die Annahme, spekulative Blasen wären ggf. dann nicht geplatzt, wenn man nur weiter (vernebelt den Verheißungen grenzenlosen Wachstums) vertraut hätte, wäre wohl eine gewagte These. Die Krise hat ihre Ursache vielleicht eher darin, dass wirksame Kontrollen nicht bestanden oder versagt haben, weil man vertrauen wollte bzw. aus Gier bestimmte Ziele mit zunehmendem Tunnelblick verfolgt wurden.
--- Ende Zitat ---
Die besondere Problematik an der jetzigen Krise liegt nicht in dem Platzen einer Spekulationsblase, sondern in dem Zusammenbruch des Vertrauens in die Zahlungsfähigkeit der Banken. Spekulationsblasen platzen seit Jahrhunderten mit schönster Regelmäßigkeit.. Dies ist Teil des Auf und Abs der Konjunktur. Wenn eine Bank wegen fehlenden Vertrauens am Kapitalmarkt keinen Kredit mehr erhält, ist sie gezwungen ihre Wertpapiere zu jedem Preis auf den Markt zu werfen, um Liquidität zu generieren. Dadurch sinkt der Marktwert dieser Papiere wegen Überangebots oft weit unter den inneren Wert. Dies zwingt die Bank die noch im Besitz befindlichen Papiere auf diesen geringen Marktwert abzuschreiben, mit weiteren negativen Folgen für ihre Bonität. Man kann die gesündeste Bank ruinieren, wenn man ihren Kredit ruiniert. Wie Sie eine Regulierung bewerkstelligen wollen, bei der die Bank Ihnen vor jeder Bareinzahlung über 10 € ihre aktuelle Zahlungsfähigkeit nachweisen soll, die Banken untereinander bei jeder Überweisung sich nachzuweisen hätten, dass sie gegebenenfalls eine fehlerhafte Zahlung auch zurückzahlen könnten, ist mir schleierhaft. Wenn Sie durch Regulierung Vertrauen entbehrlich machen wollten, müssten Sie den Tauschhandel wieder einführen. Denn selbst die Zahlung mit unserer Papierwährung ist nichts als Vertrauen darauf, dass man einen Fetzen Papier jederzeit in einen Wertgegenstand eintauschen kann.
Vertrauen im Geschäftsleben ist unverzichtbarer Teil der Verkehrssitte.
@Gas-Rebell
In unserer Diskussion geht es doch darum, ob der Versorger aus § 242 BGB verpflichtet ist, die Billigkeit seiner Preiserhöhung vorgerichtlich zu beweisen. Es geht nicht darum, ob der Verbraucher aus § 242 BGB verpflichtet ist, dem Versorger blindes Vertrauen entgegen zu bringen.
Ich sage, dass der Versorger hierzu nicht verpflichtet ist, weil er seine Leistung nur so zu erbringen hat, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Die Verkehrssitte ist aber, dass zwischen Geschäftspartnern Vertrauen besteht.
Wenn der Verbraucher dieses Vertrauen nicht hat, so ist ihm dies unbenommen. Stellt sich im Prozess aber später heraus, dass sein Misstrauen unbegründet war, muss er die Folgen dieser Fehleinschätzung tragen. Nicht anders verhält es sich, wenn er wegen fehlendem Vertrauen sein Zurückbehaltungsrecht wahrnimmt. Stellt sich im Prozess heraus, dass die Preiserhöhung der Billigkeit entsprach, hatte der Verbraucher hierzu kein Recht, und muss dem Versorger die dadurch entstandenen Kosten erstatten.
In der Realität ist es aber so, dass wohl die wenigsten Versorger die Gründe Ihrer Preiserhöhungen in der geforderten Form dargelegt haben. Viele Verbraucher könnten daher die Verfahrenskosten damit auf den Versorger abwälzen. Wenn eine Darlegungspflicht für die Preiserhöhung besteht, wird die Forderung erst nach erfolgter Begründung zur Zahlung fällig, so dass bis zur Begründung keine Verzugskosten anfallen, die der Versorger beim Verbraucher geltend machen könnte.
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