Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?

<< < (13/26) > >>

reblaus:
Wenn der Versorger die Preiserhöhung damit begründet, dass seine Kosten gestiegen sind, ist das nicht dahingehend zu verstehen, dass seine Bezugskosten gestiegen sind. Wenn der Kaufmann von seinen \"Kosten\" spricht, meint er den Saldo der Gesamtkosten.

Der Versorger hat Anspruch darauf, die Preise in gleichem Umfang zu erhöhen, wie seine Kosten gestiegen sind. Eine solche Aussage ist damit eine vollständige Begründung der vorgenommenen Preiserhöhung.

Ob diese Begründung ausreichend ist, bemisst sich nun nur noch daran, ob der Verbraucher dieser Aussage Glauben schenkt oder nicht. Dieses Misstrauen kann der Verbraucher begründet haben, wenn z. B. die Gaspreise beim Nachbarunternehmen nur halb so stark gestiegen sind, die Rohstoff-, Lohn- und Zinskosten sich am Markt in einer Weise entwickelt haben, die einen spezifischen Kostenanstieg in der behaupteten Höhe unwahrscheinlich machen. Dann wird der Versorger ergänzend dazu Stellung nehmen müssen, warum bei ihm eine Sondersituation vorliegt.

Soweit der Versorger wie oben dargestellt, begründet hat, kann er im Zahlungsprozess auch nicht erstmals bestimmte neue Umstände darlegen. Er kann nur die bereits dargelegten Umstände erstmals mit detaillierteren Informationen untermauern.

Durch § 242 BGB wird unbegründetes Misstrauen nicht geschützt. Unterstellt der Verbraucher dem Versorger ohne Anlass einen Betrugsversuch, kann er sich später nicht treuherzig darauf berufen, er habe nicht gewusst wie ehrlich sein Geschäftspartner in Wahrheit ist.

Die von Ihnen verlangten umfassenden Informationspflichten lassen sich nicht nur auf Preisfestsetzungen nach § 315 BGB beschränken. In einem Kaufvertrag mag der Anspruch unschwer zu begründen sein. Wenn Sie aber schon mal ein Bauvorhaben abgewickelt haben, können Sie möglicherweise erahnen welche Informationspflichten auf ein Handwerksunternehmen zukommen würden, wenn man dort dieselben Maßstäbe ansetzen würde, die Sie für die Billigkeitskontrolle fordern. Dort wären solche rigiden Informationspflichten dem Bauherren mindestens so nützlich wie im Energiegeschäft. Vermutlich haben Sie nicht die geringste Vorstellung wie in diesem Bereich getrickst und geschoben wird.

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von reblaus
Wenn der Versorger die Preiserhöhung damit begründet, dass seine Kosten gestiegen sind, ist das nicht dahingehend zu verstehen, dass seine Bezugskosten gestiegen sind. Wenn der Kaufmann von seinen \"Kosten\" spricht, meint er den Saldo der Gesamtkosten.

Der Versorger hat Anspruch darauf, die Preise in gleichem Umfang zu erhöhen, wie seine Kosten gestiegen sind. Eine solche Aussage ist damit eine vollständige Begründung der vorgenommenen Preiserhöhung.
--- Ende Zitat ---

Der Versorger kann überhaupt nur wegen eines insgesamten Anstiegs nur derjenigen Kosten, welche tatsächlich die preisbildenden Kostenfaktoren des konkreten Vertragspreises ausmachen, den Preis erhöhen. Und auch dabei berechtigt wegen §§ 1,  2 Abs. 1 EnWG nicht jedweder Kostenanstieg eine Preiserhöhung, wie der BGH bereits klar gestellt hat (BGH VIII ZR 138/07 Tz. 43; ähnlich LG Dortmund, Urt.v. 20.08.09). Es kann deshalb zur Begründung gehören, weshalb die Kosten gestiegen sind und dass dies auch bei effizienter Betriebsführung und Ausnutzung günstiger Beschaffungsmöglichkeiten am Markt etwa durch Ausschreibung der Gasbezugsmengen im Wettbewerb unvermeidlich war.

Geschützt ist auch nur der Gewinnanteil am konkreten Vertragspreis pro Absatzmenge. Einige Versorger - auch deren (kommunale) Gesellschafter - sind jedoch immer noch der Auffassung, die Erreichung eines geplanten Spartengewinns  sei über Preisgestaltungen steuerbar, egal ob sich die Absatzmenge etwa infolge witterungsbedingter geringer Nachfrage oder Kundenverluste durch Wettbewerb verringert. Oftmals wird ein stabiler Spartengewinn bei rückläufigen Absatzmengen durch Erhöhung des Gewinnanteils an jenen  Preisen, der von Kleinkunden verlangt wird, angestrebt. Die Woche war erst von einem Kommunalpolitiker auf einer bundesweiten Konferenz zur kommunalen Energieeffizienz  zu hören, die Stadtwerke seiner Stadt  hätten die Gaspreise um einen Tick erhöht, um so 2 Mio. EUR zusätzlich zu erwirtschaften und in einen kommunalen Kostenfonds einzuspeisen, aus dem Energieeffizienz- Projekte in der Stadt gefördert werden können. Bei anderen mag der Sanierungsbedarf eines Schwimmbades eigentlicher Grund sein.

Wie bereits ausgeführt, kommt es immer auf den konkreten Einzelfall an.

Gas-Rebell:
@ reblaus

Ihre Argumentation dreht sich im Kreis. Wie ich schon ausgeführt habe, kann es nur darauf ankommen, dass dem Verbraucher ermöglicht wird, die versorgerseitig behauptete Billigkeit in gleichem Umfang zu überprüfen, wie diese auch prozessual geprüft würde. Denn andernfalls wäre dem Verbraucher eine effektive Rechtsverfolgung verwehrt. Wie hoch wollen wir wetten, dass der BGH dies in noch zu erwartenden Urteilen ebenfalls so sehen wird?


--- Zitat ---Die von Ihnen verlangten umfassenden Informationspflichten lassen sich nicht nur auf Preisfestsetzungen nach § 315 BGB beschränken.
--- Ende Zitat ---
Auch hierzu noch einmal: Es geht darum, dass ein einseitiges Preisbestimmungsrecht höhere Auskunfts- und Informationspflichten auslöst, als ein Rechtsverhältnis, in dem vereinbarte Preise zur Debatte stehen.

reblaus:
@Gas-Rebell

--- Zitat ---§ 242 BGB
Leistung nach Treu und Glauben

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
--- Ende Zitat ---

Ich lasse ja gerne mit mir diskutieren, inwieweit die Darlegungslast des Versorgers geht, da dies meiner Ansicht nach sowieso vom Einzelfall abhängen wird.

Wo entnehmen Sie aus dem obigen Gesetz, dass der Versorger verpflichtet ist, die Richtigkeit seiner Darlegungen vorgerichtlich zu beweisen. Das Gegenteil davon steht in dem Paragrafen drin. Die Leistung ist nämlich mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu erbringen.

Unser gesamtes Wirtschaftssystem beruht aber nicht auf Misstrauen und dem Zwang eine redliche Absicht nachweisen zu müssen, sondern auf Vertrauen in die redlichen Absichten eines Geschäftspartners. Die derzeitige Wirtschaftskrise ist, soweit Sie auf der Bankenkrise beruht, hauptsächlich eine Vertrauenskrise. Fehlendes Vertrauen kann unser gesamtes System in den Abgrund reißen. Sie können daher nicht damit argumentieren, dass unbegründetes Misstrauen der Verkehrssitte entspricht.

Schon in dem mit dem Versorger abgeschlossenen Liefervertrag bringt der Versorger Ihnen als Kunden das Vertrauen entgegen, dass Sie die eingegangenen Zahlungsverpflichtungen auch einhalten werden. Er verlangt von Ihnen keine regelmäßigen Nachweise Ihrer Bonität. In der Grundversorgung darf er ohne besonderen Anlass keine Sicherheitsleistungen verlangen.

Für die von Ihnen geforderte vorgerichtliche Beweislast gibt es nicht die geringste Rechtsgrundlage.

Wer grundlos misstraut, trägt die Kosten. Wer entgegen gebrachtes Vertrauen missbraucht, begeht unter Umständen eine Straftat.

RR-E-ft:
Ziemlich weit hergeholt.

Dass die vertraglich oder gesetzlich zur einseitigen Leistunsbestimmung zugleich berechtigte wie verpflichtete Partei die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit ihrer Ermessensentscheidung trifft, hat wohl nichts mit Vertrauen in deren Redlichkeit zu tun.

Nicht anders verhält es sich, wenn der anderen Vertragspartei vor einem Zahlungsprozess Darlegungen über Umstände, die jedenfalls bei der Beurteilung der Billigkeit in einem Prozess berücksichtigt werden müssen, auf Bestreiten der Billigkeit und Erklärungsverlangen nicht gemacht werden, sondern solche statt dessen erstmals in einem Zahlungsprozess gebracht werden, was den Prozessgegner veranlassen könnte, noch \"sofort\" im Sinne des § 93 ZPO die Foderung anzuerkennen.

Davon, dass die Billigkeit einseitiger Leistungsbestimmungen vom anderen Vertragsteil  bezweifelt werden, die Billigkeit im Zweifel in einem Prozess auf bloßes Bestreiten nachgewiesen werden muss, geht die Welt gewiss nicht unter und auch nur unser derzeitiges Wirtschaftssystem läuft dadurch keine Gefahr.

Die Annahme, spekulative Blasen wären ggf. dann nicht geplatzt, wenn man nur weiter (vernebelt den Verheißungen grenzenlosen Wachstums) vertraut hätte, wäre wohl eine gewagte These. Die Krise hat ihre Ursache  vielleicht eher darin, dass wirksame Kontrollen nicht bestanden oder versagt haben, weil man vertrauen wollte bzw. aus Gier bestimmte Ziele mit zunehmendem Tunnelblick verfolgt wurden. Ob nun besser organisierte Kontrollmechanismen oder aber weiter unkontrolliertes Vertrauen unser Wirtschaftssystem eher gefährden, darüber lässt sich trefflich streiten.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln