Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?
Gas-Rebell:
--- Zitat ---Original von reblaus
@Gas-Rebell
Ein Mitbewerber könnte jederzeit eine dritte Person beauftragen, sich als Kunde in das Geschäft des Wettbewerbers einzuschleichen, und durch Abgabe einer strafbewehrten Verschwiegenheitsverpflichtung im Rahmen einer vorgetäuschten Unbilligkeitseinrede sich die Kalkulationsgrundlagen verschaffen.
--- Ende Zitat ---
Mit Verlaub, reblaus, haben Sie gerade im Fernsehen einen schlechten Krimi gesehen? In meinem Namen wird sich da niemand \"einschleichen\" können, wenn der Versorger u.a. die Originalunterschrift unter der Vertraulichkeitserklärung mit der Unterschrift im Personalausweis vergleicht. Eine sichere Identitätsfeststellung ist ohne weiteres möglich, auch z.B. dadurch, dass sich der Versorger auch noch Teile der geführten Korrespondenz zeigen lässt und die Unterschrift darunter mit einer in seinem Beisein abgegebenen Unterschrift vergleicht.
Darüber hinaus mag es - diesen Fall haben Sie wohl gemeint - auch theoretisch möglich sein, dass ein beauftragter \"Spion\" sich als Kunde tarnt und mit hoher krimineller Energie, entsprechendem Aufwand und einer vorsätzlich falschen Verschwiegenheitserklärung versuchen könnte, sich auf diese Weise Zutritt zu geheimen Daten zu verschaffen. Aber wollen Sie mit einer derartigen Begründung gleich die Rechte sämtlicher Verbraucher kippen? Ihr Argument liegt auf der gleichen Ebene, als wenn Sie gleich das ganze Internet verbieten lassen möchten, weil ja Kriminelle auf die Idee kommen könnten, sich dort unrechtmäßig zu bereichern.
--- Zitat ---Sie müssen sich auch vor Augen führen welchen Verwaltungsaufwand ein Versorger betreiben müsste, um jedem Kunden dieses Recht einzuräumen. Dieses Recht kann überhaupt nur eingeräumt werden in der Hoffnung, dass davon nur sporadisch Gebrauch gemacht wird. Anderenfalls würde die Energieversorgung zusammenbrechen, oder sich so verteuern, dass der erhoffte Vorteil sich ins Gegenteil wenden würde.
--- Ende Zitat ---
Wo ist da ein unzumutbarer Verwaltungsaufwand? Der Versorger muss doch auch in jedem Individualverfahren den gleichen Aufwand betreiben. Die vorprozessuale Beibringung ausreichender Informationen hilft doch sogar zusätzlichen Aufwand zu vermeiden, wenn der Verbraucher daraufhin anerkennt und eine Klage nicht mehr notwendig ist.
--- Zitat ---Die oben erwähnte Mindesterläuterung ist präzise und vollständig. Kann dem Versorger nachgewiesen werden, dass er diese Aussage vorsätzlich unrichtig getätigt hat, um seine Kunden zur Zahlung unberechtigter Preiserhöhungen zu veranlassen, stellt dies zumindest einen versuchten Betrug dar. Darüber hinausgehende Erläuterungen halte ich nur für geboten, wenn der Sachverhalt hierzu objektiv Anlass gibt.
--- Ende Zitat ---
Wie kann eine Mindesterläuterung präzise und vollständig sein? Ein Widerspruch in sich.
--- Zitat ---Anderenfalls wäre ein sofortiges Anerkenntnis daran gebunden, wenn dem Verbraucher einfällt, dass er dem Versorger nun doch glauben möchte.
--- Ende Zitat ---
Wenn der Versorger nicht bereit ist, für eine Billigkeitsprüfung hinreichende Informationen bereits vorprozessual beizubringen, dann wird er sich auch gefallen lassen müssen, dass er im Falle der sofortigen Anerkenntnis im Verfahren auch zu den Kosten (einschließlich der des evtl. notwendigen Gutachtens) verurteilt wird.
reblaus:
@Gas-Rebell
Und das wollen Sie alles aus § 242 BGB herleiten? Sie müssen bedenken, dass solche umfassenden Aufklärungs- und Informationspflichten dann bei der Geltendmachung aller Forderungen zu berücksichtigen wären. Jeder Gläubiger wäre gezwungen all die Informationen vorab zur Verfügung zu stellen, die ansonsten nur im Gerichtsverfahren zu erteilen wären.
Eine wahre Spielwiese für zahlungsunwillige Schuldner.
Wenn das Recht wäre, was Sie da verlangen, würde unser Wirtschaftssystem völlig andes aussehen. Wenn das Recht würde, könnten wir einpacken.
Leistungen würden vermutlich nur noch Zug um Zug ausgetauscht werden. Wer noch auf Kredit liefert, würde sich das fürstlich entlohnen lassen.
Gas-Rebell:
@ reblaus
Denkgesetzkonforme Argumentation ist doch gerade in der Juristerei keine Kür, sondern Pflicht. Weshalb wandeln Sie da jetzt (schon wieder) auf Abwegen?
Hier geht es um § 315 BGB und entsprechende Billigkeitseinreden. Hier bestehen aufgrund des bestehenden einseitigen Preisbestimmungsrechts besondere Aufklärungs- und Informationspflichten.
Niemand spricht davon, dass diese in gleichem Umfang auch für andere Rechtsverhältnisse, wie z.B. Kaufverträge mit vereinbarten Preisen, gelten müssten. Da ziehen Sie einen Fehlschluss par excellance aus der Tasche.
RR-E-ft:
Für einseitige Leistungsbestimmungen gibt § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eine klare Regel.
Sie sind dann und aber nur dann verbindlich und können infolge ihrer Verbindlichkeit eine fällige Forderung begründen, wenn sie der Billigkeit entsprechen. Erweist sich in einem Verfahren auf Unbilligkeitseinrede des Kunden, dass sie der Billigkeit entsprachen, befand sich der Kunde von Anfang an im Verzug. Kann die Billigkeit im Prozess auf Bestreiten hingegen nicht nachgewiesen werden, wird die auf der einseitigen Leistungsbestimmung beruhende Klageforderung regelmäßig abgewiesen. Ausnahmsweise kommt, wenn die Unbilligkeit positiv festgestellt wurde [nicht aber schon dann, wenn die Billigkeit nicht nachgewiesen wurde], auf Antrag einer Partei (§ 308 ZPO) eine Ersatzbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB in Betracht (BGH, Urt. v. 02.10.91 - VIII ZR 240/90 am Ende). Eine Forderung aufgrund einer solchen Ersatzbestimmung, mit welcher das Gericht die unbillige Leistungsbestimmung durch eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung ersetzt, wird frühestens mit der Rechtskraft des Gestaltungsurteils zur Zahlung fällig (BGH X ZR 60/04).
Mit einem Saldoanerkenntnis hat das alles nichts zu tun.
Zunächst ist auf Unbilligkeitseinrede völlig offen, ob die einseitige Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht. Die Umstände, welche die Billigkeit rechtfertigen sollen, kennt nur die Partei, welche die Leistungsbestimmung getroffen hat. Diese trägt deshalb auch im Prozess die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit. Wenn diese Partei die Umstände nicht zuvor darlegt, kann der Kunde im Zahlungsprozess noch sofort anerkennen. Gestiegene Bezugskosten allein rechtfertigen keine Preiserhöhung, wenn nicht auch andere Umstände abgeprüft wurden, die jedenfalls auch in die Beurteilung der Billigkeit jeder einzelnen einseitigen Leistungsneubestimmung mit einbezogen werden müssen, siehe hier.. Ähnlich auch LG Dortmund, Urt. v. 20.08.09.
Oft werden in einem Zahlungsprozess erstmals bestimmte Umstände dargelegt, aufgezeigt und unter Beweis gestellt, die den Beklagten ggf. vernlassen könnten, noch \"sofort\" anzuerkennen. Das ist immer eine Frage des Einzelfalles. Eine generelle Aussage lässt sich dazu nicht treffen.
Gas-Rebell:
--- Zitat ---Original von RR-E-ft
Zunächst ist auf Unbilligkeitseinrede völlig offen, ob die einseitige Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht. Die Umstände, welche die Billigkeit rechtfertigen sollen, kennt nur die Partei, welche die Leistungsbestimmung getroffen hat. ... Wenn diese Partei die Umstände nicht zuvor darlegt, kann der Kunde im Zahlungsprozess noch sofort anerkennen.
--- Ende Zitat ---
Ganz meine Meinung.
--- Zitat ---Gestiegene Bezugskosten allein rechtfertigen keine Preiserhöhung, wenn nicht auch andere Umstände abgeprüft wurden, die jedenfalls auch in die Beurteilung der Billigkeit jeder einzelnen einseitigen Leistungsneubestimmung mit einbezogen werden müssen,
--- Ende Zitat ---
Entsprechend umfassend kann auch nur die aus § 242 BGB resultierende Offenlegungspflicht gegenüber dem Verbraucher sein.
--- Zitat ---Oft werden in einem Zahlungsprozess erstmals bestimmte Umstände dargelegt, aufgezeigt und unter Beweis gestellt, die den Beklagten ggf. vernlassen könnten, noch \"sofort\" anzuerkennen. Das ist immer eine Frage des Einzelfalles. Eine generelle Aussage lässt sich dazu nicht treffen.
--- Ende Zitat ---
Ob sich der Verbraucher aufgrund der erstmals vorgetragenen Umstände zu einem sofortigen Anerkennung veranlasst sieht oder nicht, ist eine von seiner persönlichen Entscheidung abhängige Frage. Jedenfalls ist wohl zu konstatieren, dass er, wenn er daraufhin die vom Versorger behauptete Billigkeit sofort anerkennt, nicht mit den Verfahrenskosten belastet werden kann.
Im Ergebnis lässt sich deshalb auch wohl festhalten, dass die Informationen des BdEv zum Thema \"Sofortiges Anerkenntnis\" nicht, wie hier manche mit immer dünner werdenden Argumenten zu suggerieren versuchten, unrichtig sind, sondern weiterhin die Rechtslage treffen.
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