Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?
Gas-Rebell:
Da kommen wir der Sache doch schon erheblich näher. Summarisch ist nach meinem Verständnis also von Folgendem auszugehen.
Als übliche Ausgangssituation sei angenommen, dass der Versorger eine oder mehrere Preisneubestimmungen vorgenommen und diese oberflächlich mit (bei Preiserhöhungen) gestiegenen bzw. (bei Preissenkungen) nicht stärker/zeitnaher gesunkenen Bezugskosten begründet hat, worauf der Verbraucher wiederum seinerseits Einrede aus § 315 BGB erhoben sowie entweder (tunlichst) Zahlungseinbehalte vorgenommen oder unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt und den Vorsorger aufgefordert hat, zum Beleg der von ihm behaupteten Billigkeit seiner Preisbestimmungen seine Kalkulationsgrundlagen offenzulegen.
Hinsichtlich der geforderten Auskünfte besteht nun vorprozessual (nach reblaus) keine „Pflicht zum Beweis“ (mittels Beibringung von Belegen und Zeugen), wohl aber (nach RR-E-ft) eine „sekundäre Behauptungslast“ des Versorgers, sprich Pflicht zur schlüssigen, substantiellen Darlegung der von ihm behaupteten und vom Verbraucher bezweifelten Billigkeit seiner Preisneubestimmungen. Entgegen der früheren Darstellungen von reblaus und Black reicht also eine lediglich pauschale Begründung, die Höhe der Preisveränderung habe einer ebensolchen Kostenveränderung entsprochen, nicht aus.
Zwar kann der Versorger auch hier nicht zu einer Offenlegung eventuell auch betriebsgeheimer Hintergründe seiner Preise gezwungen werden, gleichwohl ist die Verweigerung bzw. Nichtbeibringung hinreichender Darlegungen rechtlich dadurch sanktioniert, dass dem Verbraucher die Möglichkeit offensteht, zum einen in Bezug auf seine Zahlungen ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben sowie bei einer daraufhin eingereichten Zahlungsklage des Versorgers entweder zu beantragen, diese als nicht schlüssig abzuweisen oder bei schlüssiger Klage mit für ihn neuem Sachvortrag nach § 93 ZPO ein sofortiges Anerkenntnis auszusprechen.
Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, dem Versorger eine strafbewehrte Vertraulichkeitsverpflichtung anzubieten, um ihn vorprozessual zur Beibringung näherer Auskünfte zu bewegen. Auch ist es nicht erforderlich (wie von reblaus gegenteilig dargestellt), die eigene Einrede aus § 315 BGB mit konkreten Anhaltspunkten zu untermauern, die der Billigkeitsbehauptung des Versorgers entgegenstehen. Vielmehr dürfte schon eine einfache Aufforderung an den Versorger, seinen Darlegungspflichten aus „sekundärer Behauptungslast“ nachzukommen, genügen.
Um den Substantiierungsdruck auf den Versorger zu erhöhen, ist der Verbraucher auch nicht (wie von reblaus gefordert), gehalten, konkrete „Fragen“ an den Versorger zu richten. Ausreichend dürfte sein, den Versorger (ggf. in klarstellendem Nachgang zur ersten Aufforderung, seine Kalkulationsgrundlagen offenzulegen) aufzufordern, vor dem Hintergrund seiner sekundären Behauptungslast jedenfalls über einfache Zusicherungen hinausgehend substantiiert und schlüssig darzulegen, woraus sich im Einzelnen ergeben soll, dass für seine Forderungen im Zeitraum von ... bis .. dergestalt ein Rechtsgrund bestand, dass jede der vorgenommenen Preisneubestimmungen (Preiserhöhungen, -senkungen) auf der Grundlage eines wirksamen einseitigen Leistungsbestimmungsrechts und nach den Grundsätzen der Billigkeit erfolgten, und dabei insbesondere zu jedem Abrechnungszeitraum und jeder Preisänderung in monatlicher Betrachtungsweise (nicht etwa auf der Basis von Jahres- oder gar längeren Durchschnittsberechnungen) konkret nachzuweisen,
– in welcher Höhe, zu welchen Zeitpunkten und aus welchen Lieferantenverhältnissen jeweils Bezugskostenveränderungen weitergegeben wurden
– dass den Bezugskostenveränderungen nicht langfristige Lieferverträge mit überwiegend nur einem Lieferanten zugrunde lagen sowie dass und welche günstigereren Beschaffungsalternativen geprüft wurden
– dass im Verhältnis zu welchen Vorlieferanten nicht Preisanpassungsklauseln und -veränderungen akzeptiert wurden, die über das hinausgingen, was zur Anpassung an den Markt und die Marktentwicklung im Vorlieferantenverhältnis erforderlich war und dass seine Bezugskosten nicht stärker stärker angestiegen sind als der amtlich festgestellte Wert der Ware Erdgas an der deutschen Grenze und die Großhandelspreise für Erdgas in Deutschland nach den amtlichen Feststellungen der Bundesnetzagentur
– dass Sonderzahlungen, Rabatte, Boni und ähnliches zum Zeitpunkt ihres Erhalts und in voller Höhe in die Preisbildung einbezogen wurden
– dass durchweg nur faktisch bezahlte Bezugskosten zugrunde gelegt wurden und nicht etwa abweichende \"kalkulatorische\" Bezugskosten
– dass zwischenzeitliche Bezugskostensenkungen vollständig und ohne Zeitverzögerung weitergegeben wurden, und insoweit dies nicht geschehen sein sollte, aus welchen Gründen nicht
– dass Bezugskostenanstiege nicht durch Kosteneinsparungen (u.a. auch für Personal, Marketing) in der Sparte Gas ausgeglichen werden konnten bzw., dass bei Bezugskostenrückgang die Preissenkungen nicht durch zusätzliche Kosteneinsparungen noch stärker oder frühzeitiger hätten ausfallen können und welche Anstrengungen dazu jeweils mit welchem Ergebnis unternommen wurden
– dass und welche Kostenbestandteile des Preissockels (Netzkostenanteil, Kosten der Messung und Abrechnung, ggf. Konzessionsabgaben, Energiesteuern, etc.) einschl. ihrer zwischenzeitlichen Entwicklung jedenfalls in die Beurteilung der Billigkeit der Preisneubestimmung einbezogen wurden, auch wenn dieser in seiner Gesamtheit einer Billigkeitskontrolle entzogen ist.
Inwieweit sind wir diesbezüglich d’accord?
Black:
--- Zitat ---Original von Gas-Rebell
Entgegen der früheren Darstellungen von reblaus und Black reicht also eine lediglich pauschale Begründung, die Höhe der Preisveränderung habe einer ebensolchen Kostenveränderung entsprochen, nicht aus.
--- Ende Zitat ---
Meine Meinung aus der \"früheren Darstellung\" hat sich nicht geändert.
Nur weil jemand anderes später eine Meinung postet, die Ihnen genehmer ist, können Sie nicht behaupten nunmehr sei verbindlich das Gegenteil festgestellt.
Gas-Rebell:
--- Zitat ---Original von Black
Nur weil jemand anderes später eine Meinung postet, die Ihnen genehmer ist, können Sie nicht behaupten nunmehr sei verbindlich das Gegenteil festgestellt.
--- Ende Zitat ---
Bei genauerem Lesen wäre Ihnen aufgefallen, dass ich nicht irgendein Gegenteil als \"verbindlich festgestellt\" \"behauptet\" habe, sondern versucht habe, \"nach meinem Verständnis\" (m)eine summarische Meinung aufzuzeigen.
Im Übrigen wäre ich Ihnen auch dankbar, wenn Sie Ihr Festhalten an Ihrer Meinung näher begründen würden.
reblaus:
@Gas-Rebell
Meine Meinung aus der früheren Darstellungen hat sich ebenso wenig geändert, wie die von Black. Im Gegenteil fühle ich mich durch den von RR-E-ft gefundenen BGH-Beschluss in meiner Ansicht bestärkt. Meines Wissens bestand zwischen uns drei in einer früheren Diskussion bereits das Einvernehmen, dass die schlüssige Darlegung des Anspruchs ausreichend ist.
Eine sekundäre Darlegungslast obliegt dem Versorger nur dann, wenn der Verbraucher entsprechende Fragen stellt oder Tatsachen vorträgt, die die behauptete Preiserhöhung bei ihrer Richtigkeit unbegründet werden lässt. Insoweit muss ich natürlich an meiner Auffassung festhalten, dass dem Verbraucher dringend zu empfehlen ist, entsprechende Fragen zu stellen oder begründete Zweifel anzumelden. Je detaillierter solche Fragen gestellt werden, desto stärker ist der \"Substantiierungsdruck\" für den Versorger.
Wer den Versorger lediglich auffordert, nach der primären Darlegungslast nun auch noch der sekundären Darlegungslast nachzukommen, wird allenfalls die Rückfrage erhalten, auf welche Fragen oder Einwände der Verbraucher denn eine Antwort wünsche.
Schön dass Sie nun überzeugt sind, dass das Angebot einer strafbewehrten Vertraulichkeitserklärung völlig unsinnig ist.
Gas-Rebell:
--- Zitat ---Original von reblaus
@Gas-Rebell
Meines Wissens bestand zwischen uns drei in einer früheren Diskussion bereits das Einvernehmen, dass die schlüssige Darlegung des Anspruchs ausreichend ist.
--- Ende Zitat ---
Kann ich nicht erkennen.
--- Zitat ---Eine sekundäre Darlegungslast obliegt dem Versorger nur dann, wenn der Verbraucher entsprechende Fragen stellt oder Tatsachen vorträgt, die die behauptete Preiserhöhung bei ihrer Richtigkeit unbegründet werden lässt.
--- Ende Zitat ---
Mir ist nach wie vor schleierhaft, worauf Sie diese Ansicht gründen.
--- Zitat ---Schön dass Sie nun überzeugt sind, dass das Angebot einer strafbewehrten Vertraulichkeitserklärung völlig unsinnig ist.
--- Ende Zitat ---
Nicht unsinnig, sondern lediglich überflüssig, sofern eine sekundäre Behauptungslast des Versorgers besteht.
Abgesehen davon halte ich an meiner These, dass eine falsche und in schädigender Absicht abgegebene Vertraulichkeitserklärung i.V.m. dem Verrat von Geschäftsgeheimnissen den Vorwurf eines Betrug(sversuchs) rechtfertigt, nach wie vor fest.
Ihre weiter oben aufgestellte Behauptung,
--- Zitat ---Eine Lieferbeziehung als solche stellt kein Geschäftsgeheimnis dar. Informationen über Konditionen, Kalkulationen etc. haben keinen Wert in dem Sinn, dass ein Dritter mit diesen Informationen eigene Geschäfte tätigen könnte, was ihm die Kenntnis von Produktionsverfahren oder Kundenkarteien ermöglichen würde.
--- Ende Zitat ---
steht eindeutig in Widerspruch zur Feststellung des BVerfG (Beschluss v. 14.03.2006, 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03)
--- Zitat ---Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können (vgl. Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 2001, § 30 Rn. 13 m.w.N.; K. Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Aufl. 2001, § 56 Rn. 12 m.w.N.).
--- Ende Zitat ---
Vor dem Hintergrund des insofern vorliegenden Vermögensschädigung, die aufgrund der bereits zitierten \"Zweckverfehlungstheorie\" auch als \"unmittelbar anzusehen ist, ist § 263 StGB einschlägig.
Strafandrohung (Freiheitsentzug bis 3 Jahre oder Geldstrafe) besteht darüber hinaus aus § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG:
--- Zitat ---Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zu Gunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, ... ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, ... das er sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt.
--- Ende Zitat ---
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