Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

BdEV-Informationen zu \"Sofortigem Anerkenntnis\" unrichtig?

<< < (22/26) > >>

RR-E-ft:
Ich meine, Sie hätten in die Diskussion eingebracht, falsche Behauptungen des Versorgers innerhalb einer geforderten Erklärung würden einen (versuchten) Betrug darstellen können. Missbrauch von Vertrauen allein steht wohl nicht unter Strafe, jedenfalls nicht im Strafrecht. Rechtsgrund für die Verbindlichkeit ist die - dem Grunde nach zulässige - einseitige Leistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB dann, wenn sie der Billigkeit entspricht....

Strafbarkeit in besonderen Fällen.

Gas-Rebell:
@ reblaus


--- Zitat ---Der Geschädigte muss beim Betrug durch den Irrtum eine Vermögensverfügung vorgenommen haben. Dies ist ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Abgesehen davon muss der Vermögensschaden unmittelbar durch die Täuschungshandlung entstehen, und nicht etwa später durch den Verrat der Geheimnisse. Ein Betrug ist nicht einschlägig.
--- Ende Zitat ---
Da bin ich nach wie vor anderer Ansicht. Nehmen wir z.B. folgenden Fall: A führt eine Spendensammlung durch und macht den Spendern B weis, dass ihre Gaben an eine gemeinnützige Organisation weitergeleitet werden. Tatsächlich hat er jedoch mit einem Komplizen C verabredet, die vereinnahmten Gelder verdeckt an diesen weiterzuleiten und mit diesem zu teilen. Hier liegt ein klassischer Spendenbetrug vor. Denn (vgl. BGH NStZ 1995, 134) anerkannt ist, dass ein Schaden dann anzunehmen ist, wenn soziale oder wirtschaftliche Zwecke verfehlt werden.

Im vorliegenden Fall greift m.E. die sog. \"Zweckverfehlungstheorie\" ebenso. Es kommt nicht darauf an, dass der Verrat der Geheimnisse (ebenso wie die Spendenweitergabe an den Komplizen) erst später geschieht. Da auch eine Vermögensverfügung vorgenommen wurde, ist § 263 StGB m.E. sehr wohl einschlägig.


--- Zitat ---Wer auf Basis von § 242 BGB ein Recht reklamiert, muss darlegen, dass der Tatbestand erfüllt ist.
--- Ende Zitat ---
Strittig ist zwischen uns nicht die Rechtspflicht zur Begründung eines Anspruchs als solche, sondern der Umfang der zu erteilenden Auskünfte in Breite und Tiefe. Hier zweifeln Sie die Übertragbarkeit der von mir zitierten Teile der Urteilsbegründungen an, worin ich Ihnen ebenfalls nicht folge.

Angenommen, ein Verbraucher hat keinen Zahlungseinbehalt vorgenommen, sondern unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlt. Diesenfalls ist er darauf angewiesen zur Durchsetzung seiner Rechte selbst Klage auf Überprüfung der Billigkeit und ggf. Rückzahlung zu erheben. Wie soll er diesen Anspruch je durchsetzen können, wenn der Versorger sich weigert, hinreichend tiefgehende Informationen zu seinen Preishintergründen offenzulegen? Soll er gezwungen sein, ins Blaue hinein Anträge zu stellen? Wir haben hier die gleiche Konstellation wie in den von mir zitierten Klagen.

Vergleichbar ist auch die Konstellation aus dem Familienrecht, dass Klage auf Abänderung des Unterhalts eingereicht wird. Zitat hierzu aus OLG Köln, Beschluss vom 06.03.1997, 14 WF 16/97:


--- Zitat ---Allerdings kann der Abänderungsbeklagte ... Klageveranlassung mit Kostenfolgen dadurch geben, daß er auf ein begründetes Abänderungsverlangen nicht ganz oder teilweise auf die Rechte aus dem Titel verzichtet (vgl. OLG Hamburg FamRZ 1988, 1077). Eine solche Klageveranlassung gibt er aber nur dann, wenn ihm die Abänderungsvoraussetzungen vollständig und nachvollziehbar vorgetragen und belegt werden und die begehrte Abänderung auch mit der sich daraus ergebenden objektiven Rechtslage übereinstimmt.
--- Ende Zitat ---


@ RR-E-ft


--- Zitat ---Und dafür gibt es § 93 ZPO, nicht aber dafür, um erst nach einer durchgeführten gerichtlichen Beweisaufnahme noch anzuerkennen.
--- Ende Zitat ---
Wollen Sie die Statthaftigkeit eines sofortigen Anerkenntnisses nach Beweisaufnahme tatsächlich auch dann verneinen, wenn der Versorger
a) vorprozessual keine näheren Auskünfte zu seinen Preisgrundlagen erteilt hat,
b) prozessual zum Billigkeitsbeweis ein noch zu erstellendes Gutachten anbietet und
c) dem Verbraucher vor dessen Anordnung/Erstellung auch nicht in die dazu beizubringenden Unterlagen Einblick gewährt?

Diesenfalls wäre dem Verbraucher jede Chance genommen, darüber zu entscheiden, ob er ein sofortiges Anerkenntnis abgeben will oder nicht, was nicht rechtskonform sein kann. In dieser Konstellation müsste m.E. auch dann noch ein (vorbehaltenes) sofortiges Anerkenntnis möglich sein, wenn der Verbraucher erstmals durch das Gutachten von den ihm zuvor vorenthaltenen Tatsachen erfährt.

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von Gas-Rebell
Wollen Sie die Statthaftigkeit eines sofortigen Anerkenntnisses nach Beweisaufnahme tatsächlich auch dann verneinen, wenn der Versorger
a) vorprozessual keine näheren Auskünfte zu seinen Preisgrundlagen erteilt hat,
b) prozessual zum Billigkeitsbeweis ein noch zu erstellendes Gutachten anbietet und
c) dem Verbraucher vor dessen Anordnung/Erstellung auch nicht in die dazu beizubringenden Unterlagen Einblick gewährt?

Diesenfalls wäre dem Verbraucher jede Chance genommen, darüber zu entscheiden, ob er ein sofortiges Anerkenntnis abgeben will oder nicht, was nicht rechtskonform sein kann. In dieser Konstellation müsste m.E. auch dann noch ein (vorbehaltenes) sofortiges Anerkenntnis möglich sein, wenn der Verbraucher erstmals durch das Gutachten von den ihm zuvor vorenthaltenen Tatsachen erfährt.
--- Ende Zitat ---

Die streitentscheidenden Tatsachen sind - bei Meidung der Unschlüssigkeit der Klage - bereits in der Klageschrift vorzutragen und sind nur im Falle ihres Bestreitens noch zu beweisen. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie dann bereits vorgetragen sind. Und wenn dies trotz vorprozessualer Aufforderung dabei erstmals der Fall sein sollte, so erscheint dann noch ein sofortiges Anerkenntnis gem. § 93 ZPO möglich, nachdem die Klageschrift zugestellt wurde.

Merke:

In der Beweisaufnahme ergeben sich grundsätzlich keine neuen Tatsachen, sondern bereits  behauptete streitentscheidende Tatsachen werden nach Bestreiten durch den Prozessgegner innerhalb einer deshalb erforderlichen Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts  entweder erwiesen oder nicht erwiesen. Eine Beweisaufnahme findet auch nur statt, wenn die streitentscheidenden Tatsachen oder zumindest die für die Einholung eines Gutachtens maßgeblichen Anknüpfungstatsachen substantiiert vorgetragen sind. Sonst ist das Beweisangebot auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet und deshalb unzulässig.

BGH zu § 93 ZPO


--- Zitat ---Die Beklagte hatte auf die vorprozessualen Zahlungsaufforderungen des Klägers mit zwei Anwaltsschreiben mitgeteilt, sie könne die Berechtigung der Forderung nicht abschließend überprüfen. Sie bitte um Nachweis, dass das
--- Ende Zitat ---

--- Zitat ---Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2005 legte der Kläger erstmals unter Vorlage von ... dar, dass .... . Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2005 beantragte die Beklagte Klageabweisung. Sie erhielt auf Antrag eine Schriftsatzfrist von einer Woche zur Erwiderung auf den Klägerschriftsatz vom 19. Mai 2005. Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2005 erkannte sie die Klageforderung unter Verwahrung gegen die Kosten an.
--- Ende Zitat ---


--- Zitat ---Anders als der Beklagten waren dem Kläger alle hierfür wesentlichen Umstände bekannt. Ihm oblag es daher jedenfalls im Rahmen der sekundären Behauptungslast, nähere Angaben zu machen (vgl. BGHZ 100, 190, 196; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. vor § 284 Rn. 34; Musielak/Stadler, ZPO 5. Aufl. § 138 Rn. 10).

Die Beklagte hat vorprozessual und in ihren Schriftsätzen vor der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2005 die ...  bestritten und entsprechenden Sachvortrag gefordert. Dieser wurde erst mit Schriftsatz vom 19. Mai 2005 gehalten. Da dieser Schriftsatz neues, klagebegründendes Vorbringen enthielt, hätte er gemäß § 132 Abs. 1 ZPO mindestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung zugestellt sein müssen. Da diese Frist nicht eingehalten war, musste der Beklagten die beantragte Schriftsatzfrist gewährt werden. Innerhalb dieser Frist konnte auf die erstmals schlüssig gemachte Klage ein sofortiges Anerkenntnis abgegeben werden.
--- Ende Zitat ---

(Anstelle der objektiven Gläubigerbenachteiligung tritt hier in den uns interessierenden Fällen das Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung und die Billigkeit der einzelnen einseitigen Leistungsbestimmungen. Das Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast - \"sofortiges\" Anerkenntnis gem. § 93 ZPO - muss nicht unbedingt vorbehalten worden sein).

Entscheidend ist, ob vorprozessual vom Beklagten ein Sachvortrag verlangt wurde, der für die Schlüssigkeit des Anspruchs erforderlich ist und ob und wann dieser Vortrag erstmals im Prozess vom Kläger gehalten wird.

Ein solches Verlangen kann sich m. E. auf alle einzelnen Umstände beziehen, welche für die Billigkeit einer einseitigen Energiepreisfestsetzung bzw. -änderung nach der Rechtsprechung maßgeblich sind.

Siehe zum Beispiel hier. Oder hier.

Wurden vorprozessual entsprechende Nachweise verlangt, kann die Zahlungsklage ohne diese zunächst unschlüssig sein und erst durch entsprechende Darlegungen im Prozess nachträglich schlüssig werden. Erst wenn die Klage demnach schlüssig ist, muss das Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostentragungspflicht abgegeben werden, um noch in den Genuss des § 93 ZPO zu kommen.

Nach einer durchgeführten Beweisaufnahme dürfte es dafür zu spät sein, weil es nur auf die erforderliche Darlegung und nicht auf deren Beweisbarkeit ankommt.

Wann noch die Möglichkeit besteht, als Beklagter in den Genuss des § 93 ZPO zu kommen, ist immer eine Frage des konkreten Einzelfalles.

reblaus:
@Gas-Rebell
Die Pflicht zur Vorlage von Belegen im Familienrecht ergibt sich aus §§ 1580, 1605 BGB und nicht aus § 242 BGB. Das Urteil des OLG Köln ist nicht einschlägig.

Auch wenn es hier nicht mehr darauf ankommt, weil Sie an Ihrer Ansicht zum Betrug nicht mehr festhalten. Ein unmittelbarer Vermögensschaden liegt vor, wenn durch die Vermögensverschiebung des Geschädigten sein Vermögen gemindert wird. Ein mittelbarer Vermögensschaden liegt vor, wenn erst die unbefugte Nutzung eines Geschäftsgeheimnis zu einem Schaden beim Geschädigten führt, die Offenbarung des Geheimnisses an sich aber noch keinen Schaden verursacht.

@RR-E-ft
Machen Mitarbeiter des Versorgers in Ihrer Begründung vorsätzlich falsche Angaben zur Entwicklung der Kostensituation des Versorgers, die wären sie richtig, zu der tatsächlich vorgenommenen Preiserhöhung berechtigen würde, berechtigt die tatsächliche Kostensituation eine solche Preiserhöhung jedoch nicht, so liegt zumindest ein versuchter Betrug vor. Bezahlt der Kunde auf diese Angaben, ist der Straftatbestand vollendet.

Vorgerichtlich wird der Verbraucher daher gut beraten sein, durch Nachfragen den Versorger möglichst detailliert festzulegen.

RR-E-ft:

--- Zitat ---Original von Gas-Rebell
Angenommen, ein Verbraucher hat keinen Zahlungseinbehalt vorgenommen, sondern unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlt. Diesenfalls ist er darauf angewiesen zur Durchsetzung seiner Rechte selbst Klage auf Überprüfung der Billigkeit und ggf. Rückzahlung zu erheben. Wie soll er diesen Anspruch je durchsetzen können, wenn der Versorger sich weigert, hinreichend tiefgehende Informationen zu seinen Preishintergründen offenzulegen? Soll er gezwungen sein, ins Blaue hinein Anträge zu stellen? Wir haben hier die gleiche Konstellation wie in den von mir zitierten Klagen.
--- Ende Zitat ---

Das ist etwas völlig anderes. Der Kläger muss in einem solchen Fall nur darlegen, dass einseitig festgesetzte Preise zur Abrechnung gestellt und vollständig (unter Vorbehalt) geleistet wurden, jedoch nicht geschuldet waren, weil sie nicht vereinbart waren, kein Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung bestand und selbst im Falle des Bestehens eines solchen Rechts diese nicht der Billigkeit entsprachen. Dann ist es Sache des Beklagten, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass für die erfolgten Zahlungen ein Rechtsgrund bestand, mithin dass ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bestand und dieses auch der Billigkeit entsprechend ausgeübt wurde, weil.... Dabei greift regelmäßig die sog. sekundäre Behauptungs- und Beweislast. Entspricht der Beklagte (Versorger)  den genannten Anforderungen im Prozess nicht, so wird die Klageforderung zugesprochen. Der Kläger trägt das Risiko, dass seiner Klage Erfolg beschieden ist. Hatte der Kunde schon vorgerichtlich unter Fristsetzung zur Rückzahlung aufgefordert, befand sich der Versorger mit dieser im Verzug und war deshalb Klage geboten, wird sich der Versorger durch ein Anerkenntnis schwerlich noch in den Genuss des § 93 ZPO kommen.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln