Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Zeitpunkt der Einbeziehung der AvbGasV - ist Vertragsbestätigung noch Teil des Vertragsschlusses?
Wusel:
Hallo,
ich grübele in meinem Fall (meiner Meinung nach ein Sondervertrag mit ungültiger Preisänderungsklausel) an einem wichtigen Detail herum:
Ich habe nie irgendetwas unterschrieben, sondern lediglich nach telefonischem Kontakt eine Vertragsbestätigung erhalten (2 Seiten).
Seite1: Vertragseinstufungen Gas, Elektro, Wasser und der Satz, dass Grundlage des Vertrages die AVBV ist, die ich beim Versorger einsehen oder mir auf Wunsch zugeschickt werden könne.
Seite 2 enthält das Gas-Sonderabkommen mit einer ungültigen Preisanpassungsklausel. Hier wird darauf hingewiesen, dass die AvbGasV einen wesentlichen Bestandteil des Abkommens bildet. Ein Hinweis, sie mir zur Verfügungs zu stellen, fehlt hier übrigens (ist dieser Hinweis nicht notwendig?).
Da ich nie zugestimmt hatte, war ich bisher der Meinung, die AVBV und AVBGasV sind NICHT wirksam einbezogen worden.
Ich habe allerdings auch seitdem Gas im Rahmen des Sonderabkommens bezogen. Und leider geht ja das aktuelle Urteil des OLG Frankfurts bei widerspruchslosen Gasbezug von einer stillschweigenden wirksamen Einbeziehung der AGB aus. X(
Allerdings:
Lt. AGBG und dem heutigen §305 BGB muss auf die AGB bei Vertragsschluss hingewiesen werden, damit sie überhaupt Bestandteil des Vertrages werden können!
Dazu jetzt die entscheidende Frage:
Ist eine Vertragsbestätigung noch als Teil des Vertragsschlusses zu sehen (z.B. bei telefonischem Antrag und schriftlicher Bestätigung)? Dann wären bei mir die AVBV und die AVBGasV wohl doch einbezogen und gültig.
Oder gehört die Vertragsbestätigung auf keinen Fall zum eigentlichen Vertragsschluss?
Dann wären sie nicht mit einbezogen, da sie erst NACH des Vertragsschlusses mit der Bestätigung nachgereicht wurden...
Eine stillschweigende Einbeziehung gemäß OLG Köln könnte in diesem Fall doch gar nicht mehr erfolgen. Richtig?
Grüße
Wusel
Cremer:
@Wusel,
die AGB lagen bei Vertragsabschluss nicht vor, insofern sind diese nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden und daher unwirksam
Das Vorliegen der AGB, AVBGasv wird bei Vertragabschluß mit Nichtwissen bestritten.
Es fehlt schlicht der vertragrechtliche Abschluss mit Unterschriften
RR-E-ft:
Für die Anwendung von § 305 BGB siehe hier.
Für eine wirksame Einbeziehung gem. § 305 II BGB ist es regelmäßig erforderlich, dass der Kunde die AGB vor Vertragsabschluss kannte und sich bei Vertragsabschluss mit deren Einbeziehung einverstanden erklärte. Eine schriftliche Erklärung des Kunden ist dafür jedoch nicht erforderlich.
Auslegungsfrage kann sein, wann und wie der betreffende Vertrag tatsächlich abgeschlossen wurde (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.09). Ein Sondervertrag unterlag keinem Formerfordernis und konnte auch telefonisch vor der Energieentnahme vereinbart werden.
Erfolgte eine schriftliche (deklaratorische) Vertragsbestätigung nach bereits durch Antrag und Annahme gem. §§ 145 ff. BGB erfolgtem Vertragsabschluss und wurden erst mit dieser deklaratorischen Vertragsbestätigung die AGB bekannt gegeben oder gar nur eine Stelle angegeben, wo man diese einsehen könne, so genügt dies für eine wirksame Einbeziehung regelmäßig nicht.
Darlegungs- und beweisbelastet für die wirksame Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gem. § 305 II BGB ist der Versorger (vgl. AG Starnberg, Urt. v. 22.10.09).
Waren dem Kunden entsprechende AGB vor Vertragsabschluss nicht bekannt oder hatte er sich bei Vertragsbschluss nicht mit deren Einbeziehung einverstanden erklärt, so hat er dies zu betreiten.
Weiß der Kunde davon nichts mehr, weil der Vertragsabschluss schon lange zurückliegt und er es deshalb nicht mehr weiß, kann er dies mit Nichtmehrwissen zulässig bestreiten.
Waren dem Kunden die AGB jedoch vor Vertragsabschluss bekannt und hatte er sich bei Vertragsabschluss auch tatsächlich mit der Einbeziehung einverstanden erklärt und weiß er dies auch noch, ist ein wahrheitswidriges Bestreiten indes unzulässig.
Es wäre auch möglich, dass sich der Kunde erst noch nach Vertragsabschluss mit der Einbeziehung ihm bekannter (ggf. geänderter) AGB einverstanden erklärt hat. Hierfür ist jedoch regelmäßig eine ausdrückliche Zustimmungserklärung erforderlich. Schweigen gilt im nichtkaufmännischen Verkehr jedoch auch bei Energielieferungsverträgen nicht als Zustimmung (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.07- VIII ZR 144/06 am Ende; OLG Hamm, Urt. v. 29.05.09; LG Hamburg, Urt. v. 27.10.09).
agilius:
@Cremer
im Ergebnis gebe ich Ihnen Recht, in der Begründung würde ich differenzieren:
Ein Vertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärung zustande. Angebot und Annahme. Begreift man die schriftliche Vertragsbestätigung des Versorgers als Annahmeerklärung gehört diese dann - um die Formulierung von Wusel aufzugreifen - zum \"eigentlichen Vertragschluss\".
Angesichts der Sachverhaltsschilderung (die AVBGasV lag dem Kunden nicht vor) wird man argumentieren können, dass die AVBGasV jedenfalls bei Vertragsschluss mangels Kenntnis des Inhaltes und mangelnder Zustimmung des Kunden nicht als AGB wirksam einbezogen worden ist, § 305 Abs. 2 BGB. (Eine andere Frage ist dann, inwieweit eine stillschweigende Einbeziehung durch widerspruchslosen Lieferbezug anzunehmen ist)
Das die AGB (jedenfalls die AVBGasV, die der Versorger offenbar als AGB einbeziehen wollte, nicht bei Vertragsabschluss vorlagen) würde ich nicht mit Nichtwissen bestreiten. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die nicht Gegenstand der eigenen Wahrnehmung sind, § 138 Abs. 4 ZPO. Der Umstand, dass der Text der AVBGasV in der Vertragsbestätigung nicht beilag, war aber der eigenen Wahrnehmung zugänglich, denn wusel hat die Vertragsbestätigung erhalten und auch bemerkt, dass dieser keine AGB beilagen. Hier wäre also eine Behauptung des Versorgers entsprechend § 138 Abs. 3 ZPO zu bestreiten.
reblaus:
Bei dem geschilderten Sachverhalt ist in dem Telefonat des Kunden das Angebot und in der schriftlichen Vertragsbestätigung des Versorgers die Annahme zu sehen. Der Vertrag wird erst abgeschlossen, nachdem der Kunde vom Inhalt des Bestätigungsschreibens Kenntnis hat. Der Hinweis auf die Geltung der AVBGasV als AGB ist daher noch vor Vertragsschluss und damit rechtzeitig erfolgt. Gegebenenfalls handelt es sich um einen neuen Antrag nach § 150 Abs. 2 BGB, der vom Kunden durch Erfüllungshandlungen angenommen wird. Grundsätzlich wird bei einem Vertragsschluss unter Abwesenden die AGB nur dann Vertragsbestandteil, wenn sie dem Bestätigungsschreiben beiliegt. Bei telefonischen Verträgen ist eine Zusendung nicht erforderlich, wenn der Kunde auf diese ausdrücklich verzichtet. Denkbar ist, dass in dem nicht angenommenen Angebot, die AGB würden auf Wunsch zugesendet werden, ein solcher Verzicht zu sehen ist. Dies insbesondere dann, wenn das Bestätigungsschreiben ein neues Vertragsangebot darstellen sollte.
Wurde hingegen die Annahme des Vertrages vom Versorger ohne Hinweis auf die AGB bereits in dem Telefonat erklärt, handelt es sich bei dem Bestätigungsschreiben lediglich um eine schriftliche Zusammenfassung der mündlich geschlossenen Vereinbarung. Dann ist der erstmalige Hinweis auf die Geltung der AGB verspätet erfolgt. Dies gilt dann auch für die in dem Bestätigungsschreiben aufgeführten Vertragsklauseln, da auch bei diesen davon auszugehen ist, dass sie in einer Vielzahl von Verträgen verwendet werden. Auch hierbei handelt es sich um AGB.
Wurde der Vertrag fernmündlich ohne die schriftlich bestätigten Klauseln geschlossen, stellt sich jedoch die Frage, ob überhaupt ein Sondervertrag vereinbart wurde, oder tatsächlich ein Grundversorgungsvertrag geschlossen wurde, da sich die Sondervertragseigenschaft ausschließlich aus den nicht vereinbarten AGB-Klauseln ergibt. Der Kunde wird sich nur schlecht darauf berufen können, dass er aufgrund der AGB einen Sondervertrag vereinbart habe, die Vereinbarung dieser AGB aber aus den genannten Gründen nicht anerkenne.
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