Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
EU-Richlinie Gasbinnenmarkt - 2003/55/EG
RuRo:
Wer von den Forumsteilnehmern kann zur nationalen Umsetzung, insbesondere zu den Belangen des Verbraucherschutzes, einen Sachstandsbericht abgeben?
tangocharly:
Also wenn Sie den Herrn Brüderle fragen, dann war der erste Wurf der, dass der Verbraucher wechseln darf (z.B. zwischen Pest und Cholera) und im Übrigen war der große Wurf die Netzentflechtung, wo wundersame Dinge geschehen.
Ja, das war\'s dann wohl. Und im Übrigen will man da oben halt unter sich bleiben.
Wenn man dann noch einen Blick in\'s BMELV wirft, dann zeigt sich wiederum deutlich, wo noch wahrlich Verbraucherpolitik gemacht wird: in der Spielzeug-Richtlinie, die leider nicht weit genug geht ....
Lothar Gutsche:
@ RuRo
Zielen Sie mit Ihrer Frage auf das Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission am 25.6.2009 gegen Deutschland eröffnet hat?
Demnach sieht die EU-Kommission Schwierigkeiten der deutschen Verbraucher, die Vorteile des europäischen Binnenmarktes für Strom und Erdgas zu genießen. Die EU-Kommission bemängelt, dass Streitbeilegungsverfahren für Verbraucher in Deutschland fehlen. In der Pressemitteilung IP/09/1035 der EU-Kommission vom 25.6.2009 heißt es: „Es ist eine Grundprämisse der Strom- und der Erdgasrichtlinie, dass alle Bürger, denen die wirtschaftlichen Vorteile des Binnenmarktes zugute kommen, auch ein hohes Verbraucherschutzniveau genießen sollten. Ohne transparente, einfache und wenig kostenaufwändige Verfahren für den Umgang mit den Beschwerden kann es jedoch dazu kommen, dass die Verbraucher zögern, die Möglichkeiten des Binnenmarkts aktiv zu nutzen. Die Elektrizitäts- und die Erdgasrichtlinie enthalten eindeutig die Verpflichtung, dass solche Verfahren vorhanden sein und den Verbrauchern tatsächlich Alternativen zur Verfügung stehen müssen.“
(Quelle: http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/09/1035&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en)
U. a. wegen dieses schweren Verstoßes gegen den Verbraucherschutz eröffnete die EU-Kommission am 25.6.2009 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, siehe auch http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/8570_de.htm.
Was aus diesem Vertragsverletzungsverfahren konkret geworden ist, kann ich allerdings nicht sagen. Wegen der Neubesetzung der EU-Kommission könnte es auch vorläufig ruhen.
Viele Grüße
Lothar Gutsche
Wolfgang_AW:
Ich weiß nicht, welche spezifische Verbraucherrechte Sie im Auge haben, aber das EnwG 2005 ist mit ein Ausfluß der EU-Richtlinie 2003/55/EG.
Dazu gab es im Jahr 2007 einen \"Entwurf (Stand 13.7.2007) Evaluierungsbericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag und den Bundesrat nach § 112 des Energiewirtschaftsgesetzes über die Erfahrungen und Ergebnisse mit der Regulierung Kurzfassung\"
Entwurf-Evaluierungsbericht-EnwG
--- Zitat ---Das EnWG sowie Rechtsverordnungen zum Netzzugang und zu Netzentgelten haben im Jahre 2005 grundlegend neue Rahmenbedingungen für die leitungsgebundene
Energiewirtschaft geschaffen. Damit wurden auch die Binnenmarktrichtlinien 2003/55/EG und 2003/55/EG in nationales Recht umgesetzt.
(...)
Seit 2005 ist das Energiewirtschaftsrecht bereits weiterentwickelt worden, insbesondere in Bezug auf die Wettbewerbsbedingungen bei der Belieferung von Haushaltskunden. Durch den Erlass der Rechtsverordnungen zur Ausgestaltung von Netzanschluss, Anschlussnutzung und Grundversorgung wurden die Verbraucherrechte deutlich gestärkt und die Rahmenbedingungen für Lieferantenwechsel weiter verbessert. (...) Derzeit ist zu erwarten, dass der Wettbewerb in diesem Bereich an Fahrt gewinnt. Dieses Anliegen unterstreichen entsprechende Appelle aus Politik und Verbraucherverbänden. Durch einen Lieferantenwechsel können Verbraucher auch selbst dazu beitragen, dass der Marktmacht von Energieversorgern Grenzen gesetzt werden.
--- Ende Zitat ---
Allerdings wird die 2003/55/EG zukünftig durch 2009/73/EG vom 13.Juli 2009 ersetzt und ist zum 03.März 2011 anzuwenden.
http://energieverbraucher.de/de/site/Hilfe/Gesetze/EU-Richtlinie-Erdgasbinnenmarkt__447/
--- Zitat ---Die Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt war ein wichtiger Beitrag zur Schaffung des Erdgasbinnenmarktes.
Die Freiheiten, die der Vertrag den Bürgern der Union garantiert unter anderem der freie Warenverkehr, die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr, sind nur in einem vollständig geöffneten Markt erreichbar, der allen Verbrauchern die freie Wahl ihrer Lieferanten und allen Anbietern die freie Belieferung ihrer Kunden gestattet.
(...)
Die Kommission legt ... einen detaillierten Bericht über die Fortschritte bei der Schaffung des Erdgasbinnenmarktes vor. In dem Bericht wird insbesondere Folgendes geprüft: ...
die Frage, inwieweit der volle Nutzen der Marktöffnung Kleinunternehmen und Haushaltskunden zugute kommt, insbesondere im Hinblick auf die Qualitätsstandards der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, ...
die Frage, inwieweit die Kunden tatsächlich den Versorgerwechseln und die Tarife neu aushandeln ...
--- Ende Zitat ---
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang_AW
nomos:
In den USA genügt fast ein Mausklick – und der geschädigte Verbraucher wird zum Kläger.
z.B. WIWO
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Wahlwerbung zur Europa-Wahl eines Mitglieds des Europäischen Parlaments (Sozialdemokratischen Fraktion (SPE)):Verbrauchersammelklagen für Europa[/B]
In 13 Mitgliedstaaten gibt es bereits Verbrauchersammelklagen. Diese erlauben es Verbrauchern sich zusammenzuschließen, wenn sie von unlauteren Geschäftspraktiken eines Unternehmens betroffen sind. Besonders hilfreich sind Verbrauchersammelklagen bei so genannten Streuschäden, bei denen sich für den einzelnen Bürger der mit einer Klage verbundene Aufwand nicht lohnt, der Gesamtschaden aber durchaus beträchtlich sein kann. Wenn wir die Bürger und Bürgerinnen ermutigen wollen, den EU- Binnenmarkt zu nutzen, dann müssen wir ihnen auch entsprechende Rechte an die Hand geben. Dazu gehört ein EU- weites System an Sammelklagen.-------
Für viele Verbraucher sind nicht nur die Anwalts- und Gerichtskosten eine Hürde, sondern vor allem die möglichen Gutachterkosten, die in keinem Verhältnis zum Schaden des einzelnen Verbrauchers stehen. Der Verbraucher wird dadurch abgehalten sein Recht durchzusetzen. Ob es da um das EnWG, die Billigkeit der Preise nach § 315 BGB, um Ansprüche aus dem Verstoß gegen das GWB oder um die Einhaltung der Beschränkungen des kommunale Wirtschaftsrechts geht, das Kostenrisiko ist für einzelne Verbraucher in aller Regel untragbar und abschreckend bzw. es bestehen noch zusätzliche Hindernisse die Rechte durchzusetzen. Verbraucherverbände helfen da bisher nur sporadisch.
Die Verhinderung der Klagen zum Schutz der Gerichte etc. ist die erkennbare Absicht der deutschen Politik (Kartellrecht). Sammelverfahren würden die Gerichte allerdings nicht nur entlasten, eine einheitlichere und insgesamt qualitativ bessere Rechtssprechung wäre zu erwarten.
Bei GWB-Verstoß sind private Schadensersatz- und Unterlassungsklagen nicht vorgesehen. Da die Art. 81 und 82 EGV jedoch Schutzgesetz im Sinn des § 823 II BGB sind, kann und muss als zivilrechtliche Sanktion auch eine Klage auf Schadensersatz oder Unterlassung vor den ordentlichen deutschen Gerichten möglich sein.
PS: Europa ...... und wie sieht die Situation mit der Vereinbarkeit des deutschen Grundgesetzes aus?
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