Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit
Black:
--- Zitat ---Original von reblaus
@tangocharly
Ich gehe davon aus, dass der Kunde bei einer fehlerfreien Abrechnung zum Anerkenntnis des Saldos vertraglich verpflichtet ist.
--- Ende Zitat ---
Der Kunde ist nicht verpflichtet eine Abrechnung anzuerkennen oder sonstwie mitzuwirken. Das ergibt sich z.B. aus § 17 Abs. 1 Satz 2 GVV
\"Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen gegenüber dem Grundversorger zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur, soweit (Aufzählung der Gründe)\"
Der Gesetzgeber hat also einen abschließenden Katalog von Gründen aufgestellt, die überhaupt ein Zurückbehaltungsrecht des Kunden rechtfertigen. Sollte der Kunde also Einwände gegen eine Rechnung haben, die nicht in § 17 GVV benannt sind, ist er nicht zur Zahlungsverweigerung berechtigt, auch wenn die Einwände korrekt sind. Der Kunde muss nach dem Willen des Gesetzgebers zunächst trotz des Einwandes zahlen und den Betrag ggf. nachträglich zurückfordern.
reblaus:
@Black
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 GasGVV wird die Rechnung nicht mit Zugang zur Zahlung fällig, sondern erst zwei Wochen nach Zugang. Der Grund für diese Frist liegt nicht darin, dass dem Kunden zuerst ein Erholungsurlaub gegönnt werden muss, um sich von der schockierenden Nachricht zu erholen, sondern ihm die Möglichkeit offen stehen muss, die Abrechnung zu prüfen, bevor er sie akzeptiert. Beim Werkvertrag wird die Vergütung mit Abnahme fällig. Wer schon mal eine Bauhandwerkerrechnung erhalten hat, weiß dass angesichts der Vielzahl von Aufmaßen diese weit komplizierter sein kann, als eine Gasabrechnung. Eine Prüffrist hat der Gesetzgeber in diesem Fall trotzdem nicht für erforderlich gehalten, weil dem Kunden durch die Zahlung kein Rechtsverlust wegen fehlerhafter Berechnungen droht.
Durch die vorbehaltlose Zahlung wird ein Saldoanerkenntnis geschlossen. Damit werden sämtliche zum Zeitpunkt des Anerkenntnis bekannten Einwendungen gegen die Abrechnung ausgeschlossen. So ist z. B. die Einwendung der Unbilligkeit einer Preiserhöhung für die abgerechnete Periode nicht mehr möglich.
Lediglich die Einwände und Ansprüche aus nicht offensichtlichen Fehlern bleiben dem Anspruchsberechtigten erhalten. Diese sind bei Abschluss des Saldoanerkenntnisses schließlich nicht bekannt, und es fehlt somit am Willen, darüber eine Vereinbarung zu treffen.
Aus diesem Grunde berechtigen offensichtliche Fehler oder der Einwand nach § 315 BGB zu einer Zahlungsverweigerung. Der Kunde ist jedoch nicht berechtigt, sich durch diffuse Behauptungen einem Saldoanerkenntnis zu entziehen.
Schon dass die Fälligkeit des Anspruchs von der Rechnungsstellung abhängt und nicht von der Leistung des Versorgers, macht nur dann Sinn, wenn die Rechnungsstellung im Vertragsverhältnis eine besondere Bedeutung hat. Auch die Aufzählung von Gründen, bei deren Vorliegen der Kunde die Zahlung verweigern darf, ist doch eine völlig untypische Regelung. Bei keinem anderen Vertragstyp ist mir eine entsprechende gesetzliche Vorgabe bekannt. Diese Regel macht nur dann Sinn, wenn dem Versorger durch die Zahlungsverweigerung ein untypischer rechtlicher Nachteil entsteht.
RR-E-ft:
Von der Vorstellung, es bestünde ein Kontokorrentverhältnis, sollte man sich verabschieden. Es fehlt schon eine Kontokorrentabrede. Es gibt weder eine Verzinsung, noch wäre es möglich, einen Kontokorrent jederzeit zu kündigen und einen Überschuss mit Zins zu beanspruchen. (Mit der Kündigung eines Kontokorrents geht nicht die Kündigung des Grundvertrages einher.)
Man könnte bemerkt haben, dass überschüssige Abschlagsanforderungen gerade nicht verzinst werden. Bei einem Bankvertrag besteht deshalb ein Kontokorrent, weil bei Vertragsabschluss eine entsprechende vertragliche Abrede (Kontokorrentabrede) getroffen wurde (ggf. im Kleingedruckten), was bei Abschluss eines Grundversorgungsvertrages, insbesondere gem. § 2 Abs. 2 GVV gerade nicht der Fall ist.
Der Grundversorger ist wegen §§ 36 Abs. 1, 38 EnWG - anders als andere Leistungserbringer - grundsätzlich vorleistungspflichtig. Er muss auch ohne sofortige Zahlung des Kunden sofort leisten, ohne dass ihm eine Zug- um- Zug- Einrede (§ 320 BGB) zustünde. Er kann seine erbrachte Leistung erst nachträglich abrechnen und die Rechnung wird frühestens 14 Tage nach Zugang beim Kunden fällig. Als Ausgleich für diese Vorleistungspflicht ist dem Grundversorger das Recht eingeräumt, als Vorauszahlungen auf die künftige Verbrauchsabrechnung einseitig Abschläge festzusetzen und solche zu verlangen. Überschüssige Abschlagszahlungen müssen - nach Erstellen der Verbrauchsabrechnung - ausgekehrt oder mit der nächsten Abschlagsanforderung verrechnet werden. Dies mag manchen Grundversorger dazu verleiten, das Abschlagsregime durch geschickte Gestaltung als überaus günstige Außenfinanzierung zu benutzen. Der Kunde liest dann \"Abschlagserhöhung/ keine Preiserhöhung\" und schon werden höhere Beträge aufgrund erteilter Einzugsermächtigung abgebucht. Es mag auch immer noch viele Verbraucher geben, die meinen, hohe Guthaben in der Jahresverbrauchsabrechnung seien für sie von Vorteil und die sich über diesen vermeintlichen Vorteil Jahr für Jahr aufs neue freuen und die enttäuscht wären, wenn es mal keinen hohen Überschuss/ eine hohe Rückzahlung gäbe.
Während ein Kontokorrentanerkenntnis grundsätzlich alle Einwendungen auschließt, ist der grundversorgte Kunde mit keinerlei Einwendungen ausgeschlossen. § 17 GVV regelt lediglich, dass nur bestimmte Einwendungen gegen das mit der Rechnung oder der Abschlagsanforderung verbundene Zahlungsverlangen ein Zurückbehaltungsrecht des Kunden rechtfertigen, was bedeutet, dass wegen aller weiteren denkbaren Einwendungen der Kunde in Konsequenz auf einen entsprechenden Rückerstattungsanspruch verwiesen ist, den es bei einem Kontokorrentanerkenntnis so schon nicht gäbe. Die Einwendungen des grundversorgten Kunden sind jedoch nicht ausgeschlossen, sondern nur das auf solche Einwendungen gestützte Zurückbehaltungsrecht des Kunden entsprechend eingeschränkt.
Es gibt zwischen Grundversorger und Kunden weder eine Kontokorrentabrede noch ein Kontokorrent. Würde der Energielieferungsvertrag entsprechendes enthalten, würde es sich um einen Vertrag zu von den Bestimmungen der GVV abweichenden Bedingungen und somit bereits um einen Sondervertrag handeln. Entsprechendes wäre also innerhalb von Energielieferungsverträgen nicht unzulässig, würde jedoch einer besonderen vertraglichen Abrede bedürfen.
Der grundversorgte Kunde ist weder verpflichtet noch in der Lage, an der Abrechnung des Grundversorgers mitzuwirken. Er ist erst recht nicht verpflichtet, eine in einer Rechnung des Grundversorgers ausgewiesene Forderung anzuerkennen. Wäre ja auch noch schöner.
Wer meint, er stehe mit seinem Grundversorger in einem laufenden Kontokorrentverhältnis, der sollte einfach mal den Kontokorrent innerhalb laufender Rechnungsperiode (zu) kündigen und aus einer solchen Kündigung Rechte zu verfolgen suchen. Über dabei gewonnene Erfahrungen darf berichtet werden. Erinnerung
Black:
Zustimmung.
reblaus:
@RR-E-ft
--- Zitat ---Original von RR-E-ft Es gibt weder eine Verzinsung, noch wäre es möglich, einen Kontokorrent jederzeit zu kündigen und einen Überschuss mit Zins zu beanspruchen.
--- Ende Zitat ---
Ihre Ausführungen zu einer Zinspflicht im Kontokorrent gehen völlig fehl.
Der entsprechende § 355 Abs. 1 HGB stellt keine Verzinsungspflicht für gegenseitige Ansprüche auf, sondern stellt eine Ausnahme vom Zinseszinsverbot des § 289 BGB für den Fall dar, dass Zinsen für den jeweiligen Saldo vertraglich vereinbart wurden. Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied.
Wenn Sie tatsächlich anderer Ansicht sind, sollten Sie morgen früh umgehend Ihre Bank aufsuchen, um für die Guthaben auf Ihren Girokonten die Ihnen bisher nach Ihrer Ansicht vorenthaltenen Zinsen einzufordern. Bitte unterrichten Sie mich über den Erfolg Ihrer Bemühungen. Ich zumindest erhalte für die Guthaben auf meinen Girokonten keine Zinsen. Etwa rechtswidrig?
--- Zitat ---Original von RR-E-ft Wer meint, er stehe mit seinem Grundversorger in einem laufenden Kontokorrentverhältnis, der sollte einfach mal den Kontokorrent innerhalb laufender Rechnungsperiode (zu) kündigen und aus einer solchen Kündigung Rechte zu verfolgen suchen.
--- Ende Zitat ---
Ein Kontokorrent kann nach § 355 Abs. 3 HGB im Zweifel jederzeit gekündigt werden. Eine Kündigung kann erfolgen, in dem nach § 40 EnWG eine Partei eine monatliche Abrechnung fordert. Soweit der Kunde keine monatliche Abrechnung fordert ist der Versorger nach § 13 GasGVV berechtigt, Abschläge im Rahmen eines Kontokorrent zu verlangen. Eine Kündigung kann auch durch Kündigung des Bezugsvertrags erfolgen.
--- Zitat ---Original von RR-E-ft Der Grundversorger ist wegen §§ 36 Abs. 1, 38 EnWG - anders als andere Leistungserbringer - grundsätzlich vorleistungspflichtig.
--- Ende Zitat ---
Unzutreffend ist auch Ihre Behauptung, dass der Versorger anders als andere Leistungserbringer zu Vorleistungen verpflichtet ist. Auch im Werkvertrag ist die Vergütung erst nach Abnahme des Werks fällig (§ 641 BGB). Abschläge darf der Unternehmer nur für erbrachte Leistungen verlangen ( § 632a BGB). Im Dienstvertrag ist die Vergütung nach Leistung der Dienste zu entrichten ( § 614 BGB). In keinem dieser Rechtsverhältnisse steht dem Unternehmer bzw. Dienstleister ein Recht auf Leistung Zug um Zug zu. Trotzdem wurde in diesen Verträgen kein Recht auf Erhebung von Abschlägen, die über die erbrachte Leistung hinausgehen können, eingeräumt.
Die Kontokorrentabrede im Grundversorgungsvertrag liegt darin, dass der Versorger gesetzlich verpflichtet ist, mindestens im Jahresrhythmus die Abschläge mit den Energielieferungen abzurechnen.
Auch ist der Kunde in der Lage offensichtliche Unrichtigkeiten der Abrechnung festzustellen, eine Unbilligkeitseinrede zu erheben, oder festzustellen, dass sein Verbrauch um mehr als das Doppelte zum Vorjahr angestiegen ist.
Dass der Kunde mit Zahlung der Abrechnung diese anerkennt, sieht der BGH bekanntlich anders.
--- Zitat ---BGH Urt. 13.06.07 Az. VIII ZR 36/06
Nicht anders kann es liegen, wenn der Kunde eine auf der Grundlage einer gemäß § 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 4 Abs. 2 AVBGasV öffentlich bekannt gegebenen einseitigen Preiserhöhung vorgenommene Jahresabrechnung des Versorgungsunternehmens akzeptiert hat, (...)
--- Ende Zitat ---
Nicht anders liegt es auch bei Ihrer Behauptung, der Kunde sei mit Einwendungen nicht ausgeschlossen, nachdem er vorbehaltslose Zahlung geleistet habe, oder wollen Sie bestreiten, dass massenhaft Verbraucher mit ihrer Unbilligkeitseinrede für solchermaßen bezahlte Rechnungen gescheitert sind.
Möglicherweise sollte man sich von der Vorstellung verabschieden, man könne den § 355 HGB mal ganz schnell ganz flüchtig lesen, und sei damit bezüglich des Kontokorrent bereits besonders sachkundig.
Möglicherweise wäre es besser statt eine Aneinanderreihung nachweislich falscher Behauptungen vorzunehmen und daraus noch fälschere Schlüsse zu ziehen, sich Gedanken darüber zu machen, was denn mit den bezahlten Abschlägen des Kunden nach Zahlung passiert.
Lösen die sich vorübergehend in Luft auf, sind es Erfüllungshandlungen oder wird nicht etwa doch ein Forderungskonto des Kunden aufgebaut, das der Besicherung der Leistungen des Versorgers dient, und nach Ende der Abrechnungsperiode mit diesen verrechnet wird?
Wenn sie sich in Luft auflösen sollten, könnte der Versorger einem Rückforderungsanspruch dann die Einrede der Entreicherung entgegenhalten, für den Fall dass sie nicht mehr auftauchen?
Wenn es Erfüllungshandlungen sind, muss der Kunde dann nicht jederzeit Überzahlungen gem. § 812 BGB zurückfordern können?
In jedem Fall ist nicht sehr überzeugend hier angebliches Wissen darüber zu verbreiten was die Abrechnungspraxis des Energieliefervertrages nicht ist, ohne sich im geringsten dazu zu äußern, was es denn dann sein soll. Weiß man es etwa gar nicht?
Es handelt sich hier schließlich um keine Orchideenfrage, sondern um den Schlüssel zum Verständnis des Sockelpreises, des Verjährungszeitpunktes, der Berechtigung von Rückforderungsansprüchen aus Zeiten vor einem Widerspruch etc.
@Black
--- Zitat ---Original von Black Zustimmung.
--- Ende Zitat ---
Hat man Sie jetzt etwa davon überzeugt, dass der Sockelpreis gegen das Allgemeine Schuldrecht verstößt? :D
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