Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Kostenfolge bei Preisfestsetzung durch Gericht wg. Unbilligkeit

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Black:
Folgte man Ihrer Auffassung könnte sich das Gericht prozessökonomisch nur mit einem Zwischenurteil behelfen, sofern die Anträge entsprechend gestaltet sind.

Opa Ete:
@Black

nur mal aus Interesse: wie kann mir denn der Versorger - ausser mit einer Abrechnung (also Verbrauch*Preis), zu der er ihrer Meinung nach nicht verpflichtet ist  mitteilen, was ich zu zahlen habe? Andersrum gefragt, wenn er nicht abrechnet, wie stellt er fest, was ich zu zahlen habe?
Würfelt er?

reblaus:
@Cremer
Eine Pflicht zur Abrechnung gibt es immer nur, wenn die Zahlung von Abschlägen vereinbart wurden, und die Höhe der Abschläge unabhängig davon sind, dass die Gegenseite zum Fälligkeitstermin mindestens Leistungen in Höhe der Abschläge erbracht hat.

Das ist die typische Fallgestaltung bei Energielieferverträgen. Mir sind keine Energieversorger bekannt, die bei Privatkunden nur bereits erbrachte Energielieferungen abrechnen. Der Abschlag bemisst sich beim Privatkunden nicht nach der bereits gelieferten Menge, sondern nach dem Vorjahresverbrauch, der zu gleichen Teilen auf den laufenden Abrechnungszeitraum umgelegt wird. Der zukünftige Verbrauch ist, soweit glaubhaft gemacht wird, dass er erheblich geringer ausfallen wird, angemessen zu berücksichtigen.

@Black
Ein solches Leistungs- und Gegenleistungsverhältnis nennt man Kontokorrent  Die Legaldefinition findet sich in § 355 Abs. 1 HGB. Der Energieliefervertrag ist insoweit ein untypischer Fall, als die Parteien keine gegenseitigen Warenlieferungen vornehmen, und diese verrechnen, sondern der Kunde eine abstrakte Zahlungspflicht bezüglich der Abschläge eingeht, und der Versorger Energie liefert, deren Menge der Kunde jederzeit an seinem Zähler bestimmen kann.

In § 355 Abs. 2 HGB ist eine jährliche Abrechnungspflicht bestimmt. Nach § 556 BGB ist über Vorauszahlungen für Betriebskosten von Wohnraum jährlich abzurechnen. Sollten Sie an der untypischen Ausgestaltung des Kontokorrents Anstoß nehmen, können Sie wahlweise diese Vorschrift analog heranziehen.

Dass Sie von dem Unterschied zwischen einer normalen Lieferanten- oder Werkrechnung zu einer Abrechnung von bereits erbrachten Leistungen und Gegenleistungen keine Ahnung haben wollen, gereicht einem Anwalt für Energierecht nicht zur Ehre. Ich vermute aber stark, dass diese Ahnungslosigkeit darin begründet ist, dass sich die von Ihnen vertretene Theorie bei Einräumung eines solchen Unterschieds in Wohlgefallen auflösen würde.


--- Zitat ---Original von Black Alternativ kann der Kunde im Wege der Stufenklage zunächst Feststellung des billigen Preises und dann Rückforderung der sich daraus ergebenden Summe verlangen. Es bedarf für den Kunden also keines 2. Prozesses.
--- Ende Zitat ---

Eine Stufenklage kann erst dann eingelegt werden, wenn die Jahresabrechnung vorliegt. Dann ist es für den Kunden möglicherweise bereits zu spät. Er muss schließlich dem Versorger zuvor kommen, da eine Feststellungsklage bekanntlich subsidiär zur Zahlungsklage ist. Da Sie dem Versorger grundsätzlich das Recht zusprechen wollen, auch Beträge, die noch gar nicht fällig sind, erfolgreich einklagen zu können, Sie weiterhin der Ansicht sind, dass es für den Zahlungsanspruch des Versorgers auch nicht auf eine vorherige Abrechnung ankomme, muss der Kunde damit rechnen, dass der Versorger seine Forderung unmittelbar nach Ende der Abrechnungsperiode einklagt. Dies wäre dem Versorger insbesondere dann anzuraten, wenn seine Preisfestsetzung tatsächlich angreifbar ist. Dadurch kann er dann Ihrer Ansicht nach wenigstens die Prozesskosten zu einem Teil auf den Kunden abwälzen.

Aus diesem Grunde könnte sich der Kunde nur dann vor Schäden schützen, wenn er unmittelbar nach Mitteilung der Preisänderung Feststellungsklage erhebt. Was eine zweite Rückforderungsklage erforderlich machen würde.


--- Zitat ---Original von Black Also erst einmal ist es der Kunde, der mit seiner Behauptung der Preis sei unbillig den Rechtsstreit beginnt. Die Unbilligkeitseinrede mit Zahlungsverweigerung beinhaltet nämlich die aktive Behauptung der Unbilligkeit. Wer so etwas behauptet sollte sich also schon etwas sicher sein. Wer sich aber sicher ist, der kann zunächst Feststellungsklage erheben. Dort droht nämlich keine Kostenteilung.
--- Ende Zitat ---

Wir diskutieren hier den Fall, dass der Kunde mit seiner Behauptung ins Blaue hinein Recht hat und es ihm lediglich nicht möglich ist, den Umfang der unangemessenen Preisfestsetzung zu bestimmen, da sich der Versorger bekanntlich auf sein Geschäftsgeheimnis beruft, und seine Unterlagen nicht offenlegt.

Meine Alternative sieht vor, dass der Kunde nach Erhalt der Rechnung die Unbilligkeitseinrede erhebt, und der Versorger seine Preisfestsetzung daraufhin nochmals auf die Richtigkeit überprüft. Hat er keinen Fehler gemacht, braucht er einen Rechtsstreit nicht zu fürchten, da der dann unterliegende Kunde die Kosten zu tragen hat. Hat der Versorger jedoch einen Fehler gemacht, so steht ihm die Möglichkeit offen, den Einwand des Kunden aufzugreifen, und sowohl seine Preisfestsetzung als auch die Abrechnung zu korrigieren. Den korrigierten Anspruch kann der Versorger dann wieder ohne Prozessrisiko einklagen, sollte der Kunde sich mit der Korrektur nicht zufrieden geben.

Ich glaube, dass jeder redliche Unternehmer bei seinen Geschäften so vorgeht. Von der von Ihnen vertretenen Theorie werden daher in erster Linie gewerbsmäßige Betrüger profitieren. Ich gehe nicht davon aus, dass Sie ein solches Ergebnis gutheißen.

Gegen ein Zwischenurteil bei der Zahlungsklage des Versorgers ist nichts einzuwenden. Sie ermöglicht dem Kunden nämlich den danach feststellbaren Zahlungsanspruch sofort anzuerkennen.

RR-E-ft:
@Black

Dass eine einheitliche Entscheidung Bedenken begegnet, hatte ich bereits weiter oben ausgeführt.

Anders mag es liegen, wenn die gerichtliche Bestimmung nicht den ab einem bestimmten Zeitpunkt zwischen den Parteien geltenden Preis, sondern nur die vom Schuldner (einmalig) zu zahlende vertragliche Vergütung selbst betrifft. Auch dabei wollte und sollte der Schuldner jedoch nicht das Risiko des Prozesses tragen.


--- Zitat ---BGH, Urt. v. 04.04.2006 -  X ZR 122/05

21   

Erweist sich die einseitige Honorarfestsetzung als im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB billigem Ermessen entsprechend, ist sie mit der Leistungsbestimmung durch den Kläger für die Beklagte verbindlich geworden (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB) und demzufolge fällig. Unter den Voraussetzungen der § 286 und § 291 BGB schuldet die Beklagte dann Verzugs- wie Prozesszinsen.

22   

Erweist sich die einseitige Honorarfestsetzung unter Beachtung der genannten Grundsätze zur Beurteilung der Frage, ob die Leistungsbestimmung billigem Ermessen entspricht, dagegen als Überschreitung des dem Kläger vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums, so ist sie unverbindlich und die Bestimmung der dem Kläger zustehenden Vergütung durch Gestaltungsurteil zu treffen. Erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung fällig und kann der Schuldner in Verzug geraten (Sen.Urt. v. 5.7.2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 unter II. 1. b; BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; Münch.Komm./Gottwald, BGB, aaO, § 315 BGB Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 BGB Rdn. 17; Staudinger/Rieble, BGB Bearb. 2004, § 315 BGB Rdn. 276; vgl. auch BAG NJW 1969, 1735).

Denn die Gestaltungswirkung des Urteils, die mit der Neubestimmung der Vergütung verbunden ist, tritt erst mit seiner Rechtskraft ein (BGHZ 122, 32, 46). Mit der Rechtskraft des Gestaltungsurteils tritt der Verzug des Schuldners aber ohne weiteres und auch dann ein, wenn das Urteil einen bestimmten Zeitpunkt für die Leistung nicht ausdrücklich festlegt, weil mit ihm dem Schuldner nachdrücklich vor Augen geführt wird, dass er alsbald zu leisten hat (vgl. Staudinger/Löwisch, BGB Bearb. 2004, § 286 BGB Rdn. 65; a.A. Soergel/ Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 284 BGB Rdn. 32; § 291 BGB Rdn. 16).

23   

Demgegenüber können Prozesszinsen nach § 291 BGB im Falle der Bestimmung der Leistung durch Gestaltungsurteil nicht zugesprochen werden. Prozesszinsen sind kein Unterfall der Verzinsungspflicht wegen Verzuges, vielmehr wird der Schuldner durch § 291 BGB schon deshalb einer Zinspflicht unterworfen, weil er es zum Prozess hat kommen lassen und für das damit verbundene Risiko einstehen soll (BGH, Urt. v. 14.1.1987 - IV b ZR 3/86, NJW-RR 1987, 386 m.w.N.; Münch.Komm./Thode, BGB, 4. Aufl., § 291 BGB Rdn. 1). Dieses Risiko kann nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens nicht mehr entstehen, so dass bei einer Geldforderung, deren Fälligkeit erst nach Beendigung der Rechtshängigkeit eintritt, kein Anspruch auf Prozesszinsen besteht (BVerwGE 38, 49, 51; Staudinger/Löwisch, aaO, § 291 BGB Rdn. 10; Münch.Komm./Thode, aaO, § 291 BGB Rdn. 9).
--- Ende Zitat ---

In jenem Fall war die Fälligkeit nicht entgegen § 271 BGB besonders gesetzlich bzw. vertraglich geregelt.

@reblaus

Grundversorger rechnen immer nur die bereits erfolgten (zurückliegenden) Lieferungen mittels Verbrauchsabrechnung ab. Wenn sie für ihre bereits erbrachten Leistungen kein Geld haben möchten, müssen sie indes keine Abrechnung erstellen, die Voraussetzung für eine fällige Forderung sind.

Abschläge (Vorauszahlungen auf den künftigen Rechnungsbetrag) können vom Grundversorger verlangt werden. Er muss sie nicht verlangen.  Hat der Grundversorger Abschläge angefordert und wurden solche vom Kunden auch geleistet, dann sind diese mit der nächsten Verbrauchsabrechnung zu verrechnen. Wird der Verbrauch nicht abgerechnet, wird man die auf die künftige Abrechnung bereits geleisteten Vorauszahlungen womöglich gem. § 812 BGB wieder zurückverlangen können. Die Abschlagszahlungen erfolgten zweckgebunden.  

Hat der Versorger keine Abschläge angefordert und rechnet er den Verbrauch nicht ab, ist fraglich, ob es einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch des Kunden auf Abrechnung gibt.
Ich tendiere dazu, dies zu verneinen.

Ein Kontokorrentverhältnis ist das nicht. Fraglich, ob die Bestimmungen des  HGB - Sonderprivatrecht der Kaufleute - für grundversorgte Haushaltskunden typischerweise überhaupt gilt. Beim faktischen Vertragsabschluss gem. § 2 Abs. 2 GVV wird jedenfalls keine Kontokorrentabrede begründet.

Black:
Sie schreiben stellenweise Unsinn.

1. Ein Kontokorrent besteht nicht.

Es fehlt an der notwendigen Kontokorrentabrede. Es fehlt auch an der Einstellung \"beiderseitiger Ansprüche\" zur Verrechnung. Der Lieferanspruch des Kunden wird ständig sofort erfüllt und nicht eingestellt. Auch der Anspruch des EVU auf Zahlung von Abschlägen wird bei jeweiliger Zahlung erfüllt. Im angeblichen Kontokorrent stehen also keine gegenseitigen noch offenen Ansprüche.

Der notwendige Abgleich von tatsächlicher Forderung des EVU und bereits gezahlten Abschlägen ist kein Kontokorrentausgleich.

Es mag sein, dass aus der Tatsache, dass Abschläge erhoben werden tatsächlich eine Nebenpflicht zur Endabrechnung hergeleitet werden kann. Es ging aber primär nicht darum ob das EVU abrechnen muss, sondern ob das Gericht eine reduzierte Forderung tenorieren darf oder erst warten muss, dass der kläger eine neue rechnung erstellt.

2. zur sofortigen Klage

Sie führen an, ohne Abrechnungspflicht des EVU könne der Versorger statt einer Jahresrechnung sofort klagen. Das stimmt, nur riskiert der Versorger dann ein sofortiges Anerkenntnis.

3. Wirkung der Kostenfolge

So wie Sie schreiben könnte man denken die negative Kostenfolge bei Teilunterliegen sei ein Vorteil des EVU, dass zum Betrug einlädt. Sie vergessen dabei, dass sich auch für das EVU das Teilunterliegen nicht lohnt. Es ist im Ergebnis ein finanziell für beide seiten schlechtes Ergebnis.

Warum ist das so? Weil das Verfahren durch Gutachterkosten sehr teuer wird. Das ist aber eine Folge der Protestbewegegung die weder WP Testaten noch Zeugen traut und nur teure Gutachten gelten lassen wollte. Wer aber im Vorfeld sämtliche anderen beweismittel ablehnt darf nicht plötzlich über die abschreckende Wirkung der daraus entstehenden Kosten jammern.

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