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Autor Thema: LG Mannheim, Urt. v. 20.08.09, Az. 25 O 1/09, Klage Stadtwerke abgewiesen/ Widerklage erfolgreich  (Gelesen 4585 mal)

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Offline RR-E-ft

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Die 5. Kammer für Handelssachen des LG Mannheim hat mit Urteil vom 20.08.2009, Az. 25 O 1/09, die Zahlungsklage der Stadtwerke Weinheim GmbH gegen einen Gaskunden abgewiesen und der Widerklage des Kunden wegen Rückforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung stattgegeben.

Die Stadtwerke betrachteten dieses Verfahren wohl als eine Art Musterverfahren.

Nach Auffassung des Gerichts handelte es sich bei dem Beklagten um einen Sondervertragskunden, weil dieser zu besonderen Preisen beliefert wurde, die günstiger als die Allgemeinen Tarife waren.

Da kein Preisänderungsrecht vertraglich vereinbart worden sei, fehlte es für den Nachforderungen aufgrund einseitiger Preiserhöhungen an einem Rechtsgrund, so dass die Zahlungsklage der Stadtwerke abzuweisen war.

Auch die einseitigen Preiserhöhungen nach Vertragsabschluss, denen nicht widersprochen worden war, führten nach Auffassung des Gerichts nicht zu Preisneuvereinbarungen, weil das Schweigen des Kunden nicht als Annahme gilt.

Deshalb hätten die bei Vertragsabschluss 2001 vereinbarten Preise weitergegolten. Der Beklagte habe bezüglich aller Rechnungsbeträge, die auf (unwirksam einseitig erhöhten Preisen) beruhten und von ihm geleistet wurden, soweit der Rückzahlungsanspruch nicht verjährt ist, einen Rückforderungsanspruch, der ihm auf seine Widerklage zugesprochen wurde.

Das Urteil ist hier veröffentlicht.

Offline tangocharly

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Zitat
Original von RR-E-ft
Die 5. Kammer für Handelssachen des LG Mannheim hat mit Urteil vom 20.08.2009, Az. 25 O 1/09, die Zahlungsklage der Stadtwerke Weinheim GmbH gegen einen Gaskunden abgewiesen und der Widerklage des Kunden wegen Rückforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung stattgegeben.

Die Stadtwerke betrachteten dieses Verfahren wohl als eine Art Musterverfahren.

Nach Auffassung des Gerichts handelte es sich bei dem Beklagten um einen Sondervertragskunden, weil dieser zu besonderen Preisen beliefert wurde, die günstiger als die Allgemeinen Tarife waren.

Da kein Preisänderungsrecht vertraglich vereinbart worden sei, fehlte es für den Nachforderungen aufgrund einseitiger Preiserhöhungen an einem Rechtsgrund, so dass die Zahlungsklage der Stadtwerke abzuweisen war.

Auch die einseitigen Preiserhöhungen nach Vertragsabschluss, denen nicht widersprochen worden war, [...]

Nicht ganz richtig ! Das schildert der Tatbestand des Urteils anders:

Zitat
LG Mannheim
[...]Der Beklagte hat den Entgelterhöhungen der Klägerin für den Gasbezug ab 01.01.2005
widersprochen.

was aber nichts an der Richtigkeit (gegen den VIII.Senat) der folgenden weiteren Argumentation ändert, weshalb das LG Mannheim dann weiter ausführt:

Zitat
LG Mannheim
[...]Die Parteien hätten eine Erhöhung vereinbaren müssen, Schweigen des Beklagten auf die Abrechnungen der Klägerin allein genügt nicht als Zustimmung zu der Vertragsänderung.

Etwas weniger erbaulich die Argumentation zur Zuständigkeitsfrage, weil keine Grundlage im Gesetz:

Zitat
LG Mannheim
Die Klage ist zulässig. Das angerufene Gericht ist zwar entgegen der Auffassung des
Amtsgerichts Weinheim nicht gemäß § 102 EnWG zuständig, denn diese Regelung findet
Anwendung auf Fragen des Regulierungsrechts, nicht aber auf die Beurteilung des
Anbieterpreises. Die Zuständigkeit ergibt sich aber aufgrund § 281 ZPO. Die Kammer ist insoweit an die Verweisung des Amtsgerichts Weinheim gebunden.

Wenn der Gesetzgeber diese Einschränkung gewollt hätte, dann hätte er dies auch zum Ausdruck gebracht, indem er eine Verweisung auf den Teil -3- ( §§ 11 bis 35 EnWG) gesetzt hätte.

Es muß schon unglaublich schwer sein, sich vor den Einsichten des Gesetzgebers zu verschließen, dass es absolut keinen Sinn macht, die Bedingungen der Grundversorgung eines Grundversorgers, der seine Leistungen überregional anbietet, in Weinheim anders entschieden zu bekommen, als in Mannheim
(oder wollte der Gesetzgeber etwa, dass der Amtsrichter in Weinheim sein Urteil von dem Amtsrichter in Mannheim \"abpinselt\", wie man das im Oberschwäbischen beobachten kann).
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline RR-E-ft

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Zitat
Original von RR-E-ft
Auch die einseitigen Preiserhöhungen nach Vertragsabschluss, denen nicht widersprochen worden war, führten nach Auffassung des Gerichts nicht zu Preisneuvereinbarungen, weil das Schweigen des Kunden nicht als Annahme gilt.

In den Urteilsgründen steht zu lesen:

Zitat
Mangels wirksamer Vereinbarung eines Preisänderungsrechts kann die Klägerin nur den ursprünglich vereinbarten Tarif von 6,55 Pf/kWh verlangen. Etwas anderes gilt auch nicht für den Zeitraum bis zum Widerspruch des Beklagten gegen die Erhöhungen, der erst im Jahre 2005 erfolgt ist. Die Parteien hätten eine Erhöhung vereinbaren müssen, Schweigen des Beklagten auf die Abrechnungen der Klägerin allein genügt nicht als Zustimmung zu der Vertragsänderung.[/COLOR]

Hätte das Landgericht Mannheim gemeint, dass es auf Widersprüche zur Verhinderung einer Preisneuvereinbarung angekommen wäre, hätte es ersichtlich nicht die bei Vertragsabschluss 2001 ursprünglich vereinbarten Preise, sondern die letzten Preise vor dem ersten Widerspruch gegen die Preiserhöhung in 2005 zu Grunde zu legen gehabt. Ausdrücklich führt das Gericht indes aus, dass es nach Vertragsabschluss 2001 zu keinerlei Preisneuvereinbarungen [durch unwidersprochene Preiserhöhungen] gekommen sei, weil Schweigen nicht als Annahme gelte.

 

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