Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Grundpreis  (Gelesen 11329 mal)

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Offline Ralf

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Grundpreis
« am: 05. Oktober 2009, 21:23:49 »
Guten Tag,

ich habe in 2006 den Unbilligkeitseinwand nach § 315 geltend gemacht. Nun habe ich ich eine Frage zu dem jährlichen Grundpreis der Süwag. Dieser wurde nämlich in der letzten Abrechnungsperiode gesenkt. Bei der Neuabrechnung der Gas-Jahresrechnung zu \"meinem angemessen (Arbeits-)Preis\" habe ich auch diesen niedrigeren Grundpreis angesetzt.
Dem widerspricht die Süwag und gibt an, bei meiner geänderten Abrechnung hätte ich nicht nur den damals als angemessen festgelegten Arbeitspreis sondern auch den (damals noch höheren) Grundpreis zu anzusetzen.

Nun habe ich im Forum schon verschiedenen Beiträge gelesen, aus denen hervorgeht, dass der Unbilligkeitseinwand sich auf den Gesamtpreis, also Arbeits- und Grundpreis bezieht.

Was bedeutet dies konkret für die Grundpreissenkung? Ist der damalige höhere Grundpreis mit dem Unbilligkeitseinwand nun festgeschrieben, d.h. ich habe keine Preissteigerungen, kann allerdings auch nicht von Senkungen profitieren. Oder gilt die Unbilligkeit nur für Preissteiegrungen und Senkungen kann ich mitnehmen ?! Wenn ja, mit welcher Begründung ?!

Zu diesem Thema habe ich auch schon Beiträge gelesen, muß aber zugeben, dass ich diese bzgl. meines Problems nicht verstanden habe.
Vielleicht kann jemand helfen.

Vielen Dank und freundliche Grüße

Ralf

Offline bolli

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Grundpreis
« Antwort #1 am: 06. Oktober 2009, 08:55:23 »
Hallo @Ralf,

ich gehe mal davon aus, dass Sie einen Grundversorgungsvertrag haben, da ansonsten der § 315 BGB erst nachrangig anzuwenden wäre.

Für den Fall der Grundversorgung hat der Grundversorger ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, gegen das Sie aber, wie Sie es ja auch getan haben, einen Unbilligkeitseinwand erheben können. Der Versorger muss dann nachweisen, dass seine Preise der Billigkeit entsprechen.
Aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des VIII. Senats des BGH gehen derzeit viele davon aus, dass auch in der Grundversorgung der Anfangspreis vereinbart ist und somit nicht mittels Unbilligkeitseinwand (§ 315 BGB) angegriffen werden kann. Spätere Preisveränderungen allerdings sehr wohl.
Ihr Fall ist nun insoweit interessant, als Sie nach der Theorie der Mehrheit nun den höheren Grundpreis zu zahlen hätten, da ja Anfangs vereinbart. Zwar hat der Versorger auch eine Preissenkungspflicht, jedoch ist die Frage, wie Sie die geltend machen wollen, wenn der Versorger im wesentlichen keine Kostensteigerung geltend macht (und diese in den neuen Preisen auch nicht geltend macht) sondern lediglich seinen Grundtarif umstrukturiert (niedrigerer Grundpreis, höherer Arbeitspreis). Kann ich dann den gesamten Preis mittels Unbilligkeitseinwand angreifen, da ich diese Preiszusammenstellung eben nicht am Anfang akzeptiert habe.
Das wäre mal eine Frage an die Anhänger der BGH-Rechtssprechung des VIII. Senats zum Thema Sockelpreis in der gesetzlichen Grundversorgung.

Ich persönlich bin weiterhin der Auffassung, dass nur eine Billigkeitsprüfung des GESAMTEN Preises Sinn macht und den Schutz des Verbrauchers im Sinne von EnWG, GasGVV und BGB darstellt.

Offline Cremer

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Grundpreis
« Antwort #2 am: 06. Oktober 2009, 11:25:06 »
@Ralf,

haben Sie einen Vertrag als Sondervertrag (§307) oder als Grundversorgungsvertrag (§ 315) ?
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline berghaus

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Grundpreis
« Antwort #3 am: 06. Oktober 2009, 11:59:44 »
Zitat
Dem widerspricht die Süwag und gibt an, bei meiner geänderten Abrechnung hätte ich nicht nur den damals als angemessen festgelegten Arbeitspreis sondern auch den (damals noch höheren) Grundpreis zu anzusetzen

Wenn die Süwag -erstaunlicherweise- auf die geänderte Abrechnung eingeht, d.h. sich damit beschäftigt, heißt das doch vielleicht, dass sie die Abrechnung des Verbrauchers mit den Anfangspreisen (Grund- und Arbeitspreis) des Vertrages oder des Jahres vor dem ersten Widerspruch akzeptiert.
Dann wäre doch wohl alles gut und Tarif- oder Sondervertrag spielt keine Rolle.

Oder schreibt die Süwag: \"Wir beharren auf unseren Abrechnungen....... Und im übrigen müssten Sie bei Ihrer Betrachtungsweise auch den Anfangsgrundpreis ansetzen.\"

berghaus  06.10.09

Offline Ralf

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Grundpreis
« Antwort #4 am: 06. Oktober 2009, 20:49:51 »
Hallo zusammen,

in meinem damaliger Widerspruch hatte ich § 315 zugrunde gelegt. Die Süwag hat dem nie widersprochen (\"sie haben einem Sondervertrag, §315 geht nicht\" oder ähnliches). Also gehe ich (und die Süwag) von einem Grundversorgungsvertrag aus.
Mein Widerspruch wurde von der Süwag akzeptiert, verbunden mit dem Hinweis \"wir haben trotzdem recht und warten mal ab wie die Gerichtsurteile ausgehen\".

Mein Problem an der Sache: Wie wirkt der Unbilligkeitseinwand auf Preise, die unter den von mir mit Widerspruch als unstrittig anerkannten Betrag (Arbeitspreis und(oder Grundpreis) gehen. ?!
Darf ich den fallenden Grundpreis \"mitnehmen\", d.h. mit dem Widerspruch sind alle Vorteile auf meiner Seite: Steigen die Preise wirkt mein Unbilligkeitseinwand, fallen diese kann ich Preissenkungen unter den anerkannten Preis mitnehmen ?! Oder wird der damalig anerkannte Preis \"gefixt\" und -ähnlich wie der Festzins bei einem Darlehen -, Preissteigerungen treffen mich nicht, bei Senkungen habe ich aber auch Pech?!

Vielen Dank und freundliche Grüße
Ralf

Offline RuRo

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Grundpreis
« Antwort #5 am: 06. Oktober 2009, 20:59:56 »
@Ralf

Die aktuelle BGH-Rechtsprechung geht von einem vereinbarten Preis aus, wenn nicht in angemessener Frist nach Erhalt der Jahresrechnung der Unbilligkeitseinwand erhoben wird.

Wie lang eine angemessene Frist ist, wurde nicht gesagt.

Für Ihren Fall wäre damit für Preise, die unter den von Ihnen akzeptierten abrutschen, kein Unbilligkeitseinwand zu führen. Aber das ist genau das Problem am \"Preissockel\". Auch der abgesenkte Preis kann immer noch unangemessen hoch sein und überhöhte Kostenelemente enthalten.
Leiderln hoits z\'sam, sonst gehts nimma recht lang

Offline bolli

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Grundpreis
« Antwort #6 am: 07. Oktober 2009, 08:48:13 »
Zitat
Original von Ralf
Hallo zusammen,

in meinem damaliger Widerspruch hatte ich § 315 zugrunde gelegt. Die Süwag hat dem nie widersprochen (\"sie haben einem Sondervertrag, §315 geht nicht\" oder ähnliches). Also gehe ich (und die Süwag) von einem Grundversorgungsvertrag aus.
Mein Widerspruch wurde von der Süwag akzeptiert, verbunden mit dem Hinweis \"wir haben trotzdem recht und warten mal ab wie die Gerichtsurteile ausgehen\".

Das hat nicht unbedingt was zu bedeuten. Zu Beginn der ganzen Protestaktion gingen fast alle Widerständler vom Unbilligkeitseinwand (§315 BGB) aus. Erst 2007 und letztlich nach dem BGH-Urteil Ende 2008 war klar, dass bei Sondervertragskunden zunächst vorrangig ein Verstoß gegen § 307 BGB geprüft wird und da dort in fast allen Verträgen unwirksame Preisänderungsklauseln drin stehen, kommt der Unbilligkeitseinwand nichjt mehr zum Tragen. Derzeit ist aber noch nicht höchstrichterlich entscheiden, ob beim Sondervertrag mit unwirksamer Preisänderungesklausel möglicherweise die Preiserhöhungen konkludent durch stillschweigendes Anerkenntnis vereinbart worden sein können, wenn gegen diese nicht expliziet Widerspruch eingelegt wurde. Hier gibt\'s unterschiedliche OLG-Auffassungen und wie gesagt noch kein BGH-Urteil.
Letztlich bestimmt sich durch die Inhalte des Vertrages, ob es sich um eine Grundversorgung im Sinne der GasGVV handelt oder ob ein Sondervertrag abgeschlossen wurde.
Merkmale für einen Sondertrag sind z.B. beidseitig unterzeichnete Verträge, eine Vereinbarte Mindestlaufzeit (oft 1 Jahr) oder auch Kündigungsfristen, die die der GasGVV übersteigen (z.B. 3 Monate o.ä.).

Zitat
Original von Ralf
Mein Problem an der Sache: Wie wirkt der Unbilligkeitseinwand auf Preise, die unter den von mir mit Widerspruch als unstrittig anerkannten Betrag (Arbeitspreis und(oder Grundpreis) gehen. ?!
Darf ich den fallenden Grundpreis \"mitnehmen\", d.h. mit dem Widerspruch sind alle Vorteile auf meiner Seite: Steigen die Preise wirkt mein Unbilligkeitseinwand, fallen diese kann ich Preissenkungen unter den anerkannten Preis mitnehmen ?! Oder wird der damalig anerkannte Preis \"gefixt\" und -ähnlich wie der Festzins bei einem Darlehen -, Preissteigerungen treffen mich nicht, bei Senkungen habe ich aber auch Pech?!
Das ist genau einer der Pferdefüße der bisherigen BGH-Rechtsprechung des VIII. Senats bei der Sockelpreis-Entscheidung. Hier ist wohl das letzte Wort noch nicht gesprochen und vom Sinn der ganzen gesetzlichen Regelung kann an und für sich nur raus kommen, dass auch der zum Vertragsabschlusszeitpunkt geltende Preis unterschritten werden können muss. Denn letztlich kann man nach dem Vertragsabschluss JEDER Preisänderung mit Unbilligkeitseinwand widersprechen, also auch den Preissenkungen (z.B. dass sie ungenügend seien).

 

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