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Autor Thema: LG Köln Urteil vom 16.09.2009 - Keine Rückzahlung bei unwirksamer Klausel  (Gelesen 7988 mal)

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Offline WattWurm

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Herr Fricke hat das aktuelle Urteil betreffend die AggerEnergie Az. 90 O 50/09 eingestellt. Vielen Dank dafür.

Der Thread \"Gerichtsurteile\" kann nur von den aktiven Experten kommentiert werden, deshalb starte ich eine Diskussion über diese Entscheidung hier in unserem Unterforum (unter A = AggerEnergie).

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Soweit mir bekannt ist, sind in dieser Verhandlung einige wichtige Punkte gar nicht erst zur Sprache gekommen, so dass wir Protestler uns von diesem Urteil nicht entmutigen lassen sollten. Vielleicht kann ein Prozessbeobachter hierzu einmal etwas schreiben.

Grüße vom
WattWurm
\"Die Wahrheit ist ein dreischneidiges Schwert: Meine Meinung, Deine Meinung und das was wirklich passierte.\" (Quelle unbekannt)

Offline bolli

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LG Köln Urteil vom 16.09.2009 - Keine Rückzahlung bei unwirksamer Klausel
« Antwort #1 am: 25. September 2009, 20:07:40 »
Hallo WattWurm,

wenn ich das hier: Kommentar zum Urteil von Prozessbeobachter richtig gelesen habe, wird\'s wohl nicht allzuviele Beobachter gegeben haben und vn-mini hat ja schon was dazu geschrieben.

Was vielleicht noch interessant sein könnte, ist, dass es sich bei dem Kläger nicht um eine Privatperson sondern einen gewerblichen Kunden handelte. An diesen werden möglicherweise andere Anforderungen bezgl. Unterlassen einer Handlung (kein Einspruch gegen Rechnungen und dadurch ggf. konkludentes Anerkenntnis des Preises) gestellt wie an einen Privatmann.

Offline WattWurm

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LG Köln Urteil vom 16.09.2009 - Keine Rückzahlung bei unwirksamer Klausel
« Antwort #2 am: 25. September 2009, 20:53:11 »
@bolli
Danke für den Hinweis und für die Verlinkung, da die Kommentare von Reblaus, VN-Mini und Ihnen für interessierte AE-Kunden in dieser Grundsatzdiskussion \"Verjährung von Rückforderungsansprüchen\" (vielleicht) schwer zu finden sind.
\"Die Wahrheit ist ein dreischneidiges Schwert: Meine Meinung, Deine Meinung und das was wirklich passierte.\" (Quelle unbekannt)

Offline vn-mini

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LG Köln Urteil vom 16.09.2009 - Keine Rückzahlung bei unwirksamer Klausel
« Antwort #3 am: 28. September 2009, 10:24:24 »
Tatsächlich war ich während der - kurzen - Verhandlung die \"gesamte Öffentlichkeit\" im Saal.

Viel zu berichten gibt es nicht; die Richterin ließ klar erkennen, dass sie die Rechtsauffassung bevorzuge, derzufolge die Passivität des Kunden zu einer konkludenten Preisanpassung führe.
 
Da es sich um ein Verfahren vor der Handelskammer gehandelt hat (der Streitwert gab\'s her und die Klägerin war eine GmbH), mag zwar latent mitgeschwungen haben, dass am Rechtsgeschäft nur Unternehmer beteiligt waren; ausdrücklich ist das aber weder in der mündlichen Verhandlung noch in den Urteilsgründen ventiliert worden.

Und nochmals: Der Richterin war unbekannt, dass die Aggergas Ende 2005 ihre Kunden gebeten hatte, von (weiteren) Preisprotesten Abstand zu nehmen, weil dies keinen Einfluss nehme auf eine etwaige Rückzahlung.

Und noch am Rande: Die Richterin zeigte sich in einer Verhandlungspause ganz erstaunt darüber, dass beim AG Gummersbach zahlreiche Verfahren auf (Teil-)Rückzahlung anhängig seien. Sie gehe nach § 102 EnWG von einer ausschließlichen Zuständigkeit der Kölner Handelskammer aus.
(Vorbehaltlich einer Entscheidung des AG Gummersbach dürfte dieser Auffassung wohl nicht gefolgt werden.)

Gruß aus dem Bergischen, vn-mini

Offline vn-mini

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Zitat
Original von vn-mini
Tatsächlich war ich während der - kurzen - Verhandlung die \"gesamte Öffentlichkeit\" im Saal.
Tatsächlich war ich wiederum während der - ausführlichen - Verhandlung die \"gesamte Öffentlichkeit\" im Saal.
Bekanntlich scheiterten erstinstanzlich die Rückforderungen daran, dass die Klägerseite keine (zeitnahen) Widersprüche gegen die damaligen Preisanhebungen vorgetragen hatte. In der zweiten Instanz wurden klägerseits Widersprüche vorgetragen, die voraussichtlich - soweit sie unstreitig sind - zu einer teilweisen Abänderung des erstinstanzlichen Urteils führen werden.
Der Senat führte dazu konjunktivisch, vorbehaltlich besserer Erkenntnisse und der internen obligatorischen Beratung aus:
Wiedergabe im Telegrammstil:
- Ohne einen zeitnahen Widerspruch/Zahlungsvorbehalt gelten die erhöhten Preise als vereinbart. Eine \"Dauerwirkung\" des einmal erhobenen Widerspruchs sieht er nicht. Zur Zeitkomponente scheint er dahin zu tendieren, sechs Wochen als ausreichend zu betrachten, drei Monate aber nicht.
- Worauf sich allerdings der Widerspruch bezog (Billigkeit/Klausel), sei wiederum gleichgültig.  
- Der Senat befasst sich nicht mit dem öffentlichen Aufruf der Gasgesellschaft aus 2005, auf Massenproteste zu verzichten, \"weil man ohnehin alle gleich behandeln wolle\". Dieser Aufruf war nicht Prozessgegenstand in Köln.
- Die von Beklagtenseite vorgetragene, angeblich anspruchsbeseitigende Entreicherung (§ 818 III BGB) scheitere aus Rechtsgründen, namentlich wegen fehlender Kausalität.
- Den Verwirkungseinwand ließ der Senat ebenfalls aus Rechtsgründen nicht zu.
- Der Senat befasst sich nicht mit der Klärung der - im Prozess nicht relevanten - Frage, ob zur Ermittlung des Rückforderungsbetrages auf den Arbeitspreis bei Vertragsabschluss zururückgegegriffen werden kann. Der Kläger hatte nachvollziehber - wohl um Verwirkungseinwänden entgegenzuwirken - in das Rechenschema den Arbeitspreis aus Ende 2005 eingestellt (womit auch eine gewisse Synchronisierung mit der Forderungsverjährung einhergeht).

Fazit: Selbst wenn man das erwartete Urteil als regional maßgeblich erachtet, bleiben immer noch einige wichtige Fragen ungeklärt.

Warten wir mal ab, was der nächste Dienstag bringt, dort bin ich nicht \"Öffentlichkeit\". ;)

Gruß aus dem Oberbergischen, vn-mini

Offline bolli

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LG Köln Urteil vom 16.09.2009 - Keine Rückzahlung bei unwirksamer Klausel
« Antwort #5 am: 21. November 2010, 00:52:25 »
Falls man das Urteil des OLG Köln lesen möchte, finde man dieses unter dem Az. 19 U 143/09 in der Kommentierung hier.

 

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